04.12.2012 Aufrufe

Die Profitabilität wird nachhaltig gesteigert - KSPG AG

Die Profitabilität wird nachhaltig gesteigert - KSPG AG

Die Profitabilität wird nachhaltig gesteigert - KSPG AG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das Profil 3/2002 Das aktuelle Thema<br />

Seite 9<br />

<strong>Die</strong> Militärgeschichte weist eine Reihe von<br />

Unstetigkeiten oder Diskontinuitäten auf, die<br />

durch technische Neuerungen wie das Schießpulver<br />

oder das Flugzeug ausgelöst wurden. Militärtheoretiker<br />

der ehemaligen Sowjetunion nannten<br />

solche Diskontinuitäten „Militärisch-Technische Revolutionen“<br />

(MTR). In den Vereinigten Staaten von<br />

Amerika benutzt man den Begriff „Revolution in Military<br />

Affairs“, kurz RMA. Eine Revolution ist nach Meinung<br />

der Amerikaner durch technische Neuerungen<br />

und gleichzeitige Veränderung von Organisation<br />

Ratingen. Im amerikanischen Heer<br />

läuft derzeit unter dem Arbeitstitel<br />

„Zukünftiges Kampfsystem“ („Future<br />

Combat“-System – FCS) ein Forschungs-<br />

und Technologieprogramm.<br />

Ein vernetztes System von kleinen,<br />

hoch mobilen Sensor- und Waffenträgern<br />

soll die einem Kampfpanzer vergleichbare<br />

Kampfkraft erzeugen. Wenn<br />

diese Entwicklung erfolgreich ist, <strong>wird</strong><br />

der Kampfpanzer zukünftig nur noch für<br />

spezielle Aufgaben benötigt. <strong>Die</strong>s ist<br />

ein in der Tat revolutionärer Denkansatz,<br />

und er <strong>wird</strong> entsprechend kontrovers<br />

diskutiert.<br />

<strong>Die</strong> derzeitige<br />

Revolution in militärischenAngelegenheiten<br />

zu<br />

beschreiben, ist<br />

eine Herausforderung.<br />

Weder läßt<br />

sich der Begriff<br />

eindeutig definieren<br />

noch ist eine<br />

geschlossene<br />

Dr. Burkhard Theile Darstellung möglich.<br />

Der interessierte „Profil“-Leser<br />

kann durch eigene Recherche eine<br />

große Menge von Literatur zu diesem<br />

Thema finden, ohne jedoch unbedingt<br />

ein klareres Bild zu erhalten. Das liegt<br />

in der Natur einer Revolution, die –<br />

nach lexikalischer Definition – ein<br />

„lange währender Prozeß einer sozialen<br />

oder kulturellen Umgestaltung ist“.<br />

Das vollständige Bild einer Revolution<br />

läßt sich ohnehin erst aus der historischen<br />

Distanz zeichnen.<br />

<strong>Die</strong> Militärgeschichte dokumentiert<br />

mehrere solcher Revolutionen. Das<br />

Schießpulver veränderte die Kriegführung<br />

zu Lande und zu Wasser. <strong>Die</strong><br />

Erfindung des Verbrennungsmotors ermöglichte<br />

die Mechanisierung<br />

von Streitkräften durch<br />

Panzer und anderes Gerät.<br />

Durch die Einführung des<br />

Flugzeuges wurden Luftbeobachtung<br />

und Angriff aus<br />

der Luft möglich. Ein durch<br />

Funk gestütztes, gemeinsames<br />

operatives Konzept von<br />

Land- und Luftstreitkräften<br />

war das Erfolgsrezept für<br />

den „Blitzkrieg“ der deutschen<br />

Streitkräfte im Zweiten<br />

Weltkrieg. <strong>Die</strong> Gegner<br />

hatten auch Panzer, Artillerie<br />

und Flugzeuge, setzten<br />

die verschiedenen Waffensysteme<br />

jedoch unkoordiniert<br />

ein.<br />

<strong>Die</strong> aktuelle Revolution in<br />

militärischen Angelegenheiten<br />

zeigte vor rund zehn Jahren<br />

die ersten Konturen. Sie<br />

<strong>wird</strong> noch für mindestens<br />

zwei Dekaden Techniker,<br />

Konzeptionäre, Doktrinäre<br />

und Operateure beschäfti-<br />

und Doktrin charakterisiert. Das amerikanische Verteidigungsministerium<br />

definierte bereits in den<br />

neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts den Begriff<br />

RMA mit den Worten: „Eine Revolution in militärischen<br />

Angelegenheiten ist eine erhebliche Veränderung<br />

der Art und Weise der kriegerischen Auseinandersetzung,<br />

hervorgerufen durch innovative Anwendung<br />

neuer Technologien. Durch wesentliche Veränderung<br />

der militärischen Doktrin, der operativen Konzepte<br />

und der Organisation <strong>wird</strong> der Charakter militärischer<br />

Operationen drastisch verändert.“<br />

RMA – die „Revolution in militärischen Angelegenheiten“<br />

<strong>Die</strong> Netzwerkzentrierung<br />

ist der Motor des Wandels<br />

Photoalbum durch die Festplatte. Abbildende<br />

Radare ermöglichen den<br />

Blick durch Wolkenschichten und erzeugen<br />

schwarz-weiße Radarbilder –<br />

unabhängig von der Tageszeit. Netze<br />

künstlicher Erdsatelliten sorgen für<br />

weltumspannende Kommunikation<br />

und Navigation.<br />

Neben der Elektronik treiben technologische<br />

Entwicklungen auf dem Materialsektor,<br />

bei der Energiegewinnung<br />

und -speicherung Innovationen für zivile<br />

und militärische Anwendungen voran.<br />

Software und Simulationstechnologie<br />

sind weitere wesentliche technologische<br />

Elemente der derzeitigen RMA.<br />

Komplizierte mathematische Berechnungen<br />

können heute durch Rechenverfahren<br />

auf Großrechnern durchgeführt<br />

werden; und komplizierte Zusammenhänge<br />

wie Fertigungsverfahren<br />

oder die Leistungsfähigkeit eines<br />

Kampfverbandes können durch Simulation<br />

dargestellt werden. Auch an dieser<br />

Stelle mag ein Beispiel aus der zivilen<br />

Welt zur Veranschaulichung beitragen:<br />

Im „Formel-1“-Rennsport werden<br />

Boxenstopp-Strategien durch Simulationsmodelle<br />

untersucht.<br />

<strong>Die</strong> Revolution in militärischen Angelegenheiten<br />

löst eine Abkehr<br />

von der Plattform-Orientierung<br />

aus. Was bedeutet das? Plattform-orientiert<br />

heißt, daß das Waffensystem –<br />

sei es ein Panzer oder ein Kampfflugzeug<br />

– in den Leistungen dem Panzer<br />

oder dem Flugzeug der Gegenseite<br />

überlegen sein muß. <strong>Die</strong>se Überlegenheit<br />

<strong>wird</strong> durch bessere Waffenwirksamkeit,<br />

schnellere Schußsequenz,<br />

größere Beweglichkeit und besseren<br />

Eigenschutz hergestellt, um einige<br />

wichtige Parameter zu nennen. <strong>Die</strong> Abkehr<br />

von der Plattform-Orientierung<br />

dem Teilnehmer ein aktuelles<br />

Lagebild. Durch sogenannte<br />

Hintergrunddaten<br />

(z.B. Geländemodelle, Verkehrswege<br />

und Wetterdaten)<br />

können Entscheidungshilfen<br />

gegeben werden.<br />

Schließlich kann durch Anbindung<br />

an eine Führungsstruktur<br />

durch sogenanntes<br />

Battlemanagement der Einsatz<br />

optimiert werden. Den<br />

hier skizzierten organischen<br />

Systemverbund nennt man<br />

auch das „System der Systeme“.<br />

<strong>Die</strong> Auslegung des<br />

Systemverbundes geschieht<br />

nach den folgenden Kriterien:<br />

Sehe zuerst, erfasse als erster die Lage,<br />

handele zuerst und stelle durch<br />

entschiedenes Handeln andauernde<br />

Überlegenheit her.<br />

<strong>Die</strong> Leistungsmöglichkeiten eines<br />

Systemverbundes im Vergleich zur einzelnen<br />

Plattform können an einem einfachen<br />

Alltagsproblem des Straßenverkehrs<br />

veranschaulicht werden.<br />

Gerät man ohne Kenntnis von Verkehrsmeldungen<br />

und ohne Navigationssystem<br />

in einen Stau, kann man<br />

das geduldig durchstehen oder verläßt<br />

die Autobahn an der nächsten Abfahrt.<br />

Nach der Orientierung anhand<br />

einer Karte fährt man einen Teil der<br />

Strecke über Landstraßen. Es ist eine<br />

Problemlösung ohne die für eine optimale<br />

Entscheidung erforderlichen Informationen<br />

gefragt.<br />

Wenn jedoch die Länge des Staus<br />

bekannt ist (aktuelles Lagebild), wenn<br />

im Auto eine digitale Karte verfügbar<br />

ist (Hintergrundinformation) und<br />

wenn das Navigationssystem die optimale<br />

Entscheidung für das Verhalten<br />

schiebung oder Entsendung eines<br />

Vertreters zu einem Termin.<br />

<strong>Die</strong>ses zivile Beispiel zeigt: <strong>Die</strong> Verbesserung<br />

einer Plattformleistung –<br />

z.B. die erreichbare Höchstgeschwindigkeit<br />

eines Autos – führt nicht automatisch<br />

zu einer besseren Systemleistung,<br />

nämlich in möglichst kurzer<br />

Zeit von A nach B zu gelangen. Eingangs<br />

wurde die RMA als ein lange<br />

währender Prozeß charakterisiert, der<br />

nicht vollständig definiert und beschrieben<br />

werden kann. Das Staubeispiel<br />

ist eine starke Vereinfachung<br />

und weit entfernt von der Komplexität<br />

militärischer Operationen, zeigt aber<br />

den Unterschied von Plattformorientierung<br />

und Systemorientierung. <strong>Die</strong>ser<br />

Übergang von plattformzentrierten<br />

zu netzwerkzentrierten Systemen<br />

ist ein wesentliches Merkmal der Revolution<br />

in militärischen Angelegenheiten.<br />

Das weitere wesentliche Merkmal<br />

ist der doktrinäre Wandel. <strong>Die</strong>ser<br />

schlägt sich in neuartigen Forderungen<br />

an die Streitkräftefähigkeiten<br />

Ein wichtiges Merkmal der aktuellen „Revolution in militärischen Angelegenheiten“ ist die organisatorische Zusammenfassung mehrerer gleich- oder<br />

andersartiger Plattformen zu einem Gesamtsystem (Netzwerk-Philosophie). <strong>Die</strong> dabei angewandte Technik – eine offene Internet-Architektur – erlaubt<br />

es, daß unterschiedlichste Funktionen bzw. Aufgabenbereiche miteinander kommunizieren können. UnserFoto-„Triple“ zeigt – am Beispiel hochmogen.<br />

A<br />

derner Rheinmetall-DeTec-Produkte – das Zusammenspiel von Informationserfassung (Aufklärung) und –verarbeitung mit dem „Spürpanzer Fuchs“.<br />

uf den Punkt gebracht<br />

kann man sagen: <strong>Die</strong> Miniaturi- geschieht durch die organische Zu- bei dem genannten Stau berechnet nieder. <strong>Die</strong> amerikanischen Streitkräfsierung<br />

der Elektronik macht die sammenfassung mehrerer gleicharti- („Battle“-Management), dann steht te entwickeln neue operative und ma-<br />

heutige RMA möglich. Aus dieser Miger und andersartiger Plattformen zu eine Grundlage für alternative Vorgeterielle Konzepte. In der „Joint Vision<br />

niaturisierung folgen noch vor Jahren einem Gesamtsystem.<br />

hensweise zur Verfügung. Im Ver- 2020“ <strong>wird</strong> ein Konzept teilstreitkräf-<br />

nicht denkbare Leistungen in der <strong>Die</strong> dabei angewandte Technik kann gleich zum nicht vernetzten Verkehrsteübergreifender operativer Einheiten<br />

Informations- und Kommunikations- im Prinzip eine offene Internet-Architeilnehmer kennt man die Länge des erarbeitet. Es <strong>wird</strong> eine gemeinsame<br />

technik. Sensoren im optischen und tektur sein. Durch ein solches militäri- Staus, man hat das Lagebild und Doktrin der Teilstreitkräfte entwickelt.<br />

infraroten Wellenlängenbereich liefern sches Internet können Kampffahrzeu- kann, unterstützt durch das Navigati- <strong>Die</strong>se Doktrin ist in Afghanistan be-<br />

eine hohe Bildqualität. Eine Entwickge, Aufklärungsdrohnen, zufällig im onssystem, verzögerungsfrei und entreits angewandt worden. <strong>Die</strong> vier opelung,<br />

die im übrigen auch auf dem zivi- Einsatzgebiet fliegende bemannte schieden handeln. Mögliche Folgen rativen Konzepte sind:<br />

len Sektor gang und gäbe ist: Mancher Luftfahrzeuge oder auch einzelne Sol- der Verzögerung kann man quantita- ★ Überlegene Beweglichkeit der mi-<br />

von uns hat bereits eine digital aufdaten miteinander kommunizieren. Eitiv einschätzen und entsprechend litärischen Kräfte („Dominant Maneuzeichnende<br />

Kamera und ersetzt sein ne derartige Vernetzung vermittelt je- managen, sei es durch Terminver- ver“);<br />

★ Präzisions-Bekämpfung („Precision<br />

Engagement“);<br />

★ Vollständiger Schutz („Full Dimensional<br />

Protection“);<br />

★ Bedarfsgesteuerte Logistik („Focussed<br />

Logistics“).<br />

<strong>Die</strong> Materialforderungen werden<br />

aus diesen operativen Konzepten hergeleitet.<br />

Den spektakulärsten Wandel<br />

plant das Heer mit dem „Future Combat“-System.<br />

Aber auch die Marine<br />

und die Luftwaffe arbeiten an neuer<br />

Ausrüstung. Unbemanntes Gerät<br />

nimmt dabei eine zunehmend wichtige<br />

Rolle ein. Informationsoperationen<br />

oder Informationskrieg sind ein weiteres<br />

neues militärisches Fähigkeitsgebiet.<br />

<strong>Die</strong> vier von den US-Streitkräften aufgestellten<br />

operativen Konzepte finden<br />

ihren Niederschlag in der im Frühjahr<br />

1999 verabschiedeten „Defence Capabilities<br />

Initiative“ (DCI) der Nato und<br />

die im „European Headline Goal“ zusammengefaßten<br />

militärischen Fähigkeitsforderungen<br />

der EU.<br />

Fazit: <strong>Die</strong> Revolution in<br />

militärischen Angelegenheiten<br />

ist durch Technologie-<br />

Entwicklungen, insbesondere<br />

im Informations- und Kommunikationsbereich,ausgelöst.<br />

Neue Doktrinen, neue<br />

Organisationsformen und<br />

verändertes Material führen<br />

zu einem neuen Fähigkeitsprofil<br />

der Streitkräfte. Es ist<br />

nicht vorhersehbar, wann<br />

die derzeitige RMA zu einem<br />

Abschluß kommt. <strong>Die</strong> Entwicklung<br />

von Nano-Technologien<br />

und biologische Technologien<br />

werden das Thema<br />

RMA in den nächsten Jahrzehnten<br />

weiterhin dynamisch<br />

gestalten.<br />

<strong>Die</strong> durch die RMA ausgelöstenMaterialpräferenzen<br />

der Streitkräfte können<br />

nur durch Systemfirmen<br />

erfüllt werden. <strong>Die</strong> Rheinmetall<br />

DeTec <strong>AG</strong> <strong>wird</strong> durch<br />

die Anfang diesen Jahres<br />

eingeleitete Neuorganisation<br />

in zwei System- und zwei<br />

Komponentenhäuser die strukturellen<br />

Voraussetzungen eines Systemanbieters<br />

für das Heer schaffen. Im Technologie-Bereich<br />

sind Elemente wie ein<br />

militärisches Internet und „Battle“-<br />

Management vorhanden oder in der<br />

Entwicklung. <strong>Die</strong> strategische Ausrichtung<br />

des Unternehmens <strong>wird</strong> durch<br />

die Revolution in militärischen Angelegenheiten<br />

wesentlich beeinflußt.<br />

Dr. Burkhard Theile*<br />

* Dr. Burkhard Theile leitet bei der Rheinmetall De-<br />

Tec <strong>AG</strong> die Hauptabteilung „Strategische Unternehmensentwicklung<br />

und Technologie“.<br />

Fotos(3): Danetzki+Weidner – Digitale Bildbearbeitung: Björn Schmitz

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!