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Lesungen der deutschen + brasiLianischen autoren ...

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SA | 12.10.2013 | 14H [ Ist <strong>der</strong> Ball noch rund? – Zeit, dass sich was dreht! ]Übrigens, vor einiger Zeit musste ich mich von Zweientrennen. Ich weiß, es mag lächerlich klingen, aber es warnicht einfach. Nachdem ich mich so viel mit ihnen vergnügthatte, fühlte ich mich, als ob ich einen allergrößten Verratanzetteln würde. Wie könnte ich sie nur im Stich lassen?Dadurch, dass ich immer und immer wie<strong>der</strong> den Momentaufschob, fand ich schließlich ein Mittel, das Lin<strong>der</strong>ungversprach: ich fotografierte sie! Es sollte eine Möglichkeitsein, sie über die Erinnerung hinaus zu behalten. Und sohabe ich es dann auch gemacht.Aber selbst heute, wenn ich mich an diesen Umstan<strong>der</strong>innere, ist es unvermeidlich, dass ich mich frage, beiwelchen Füßen sie schließlich gelandet sind. Ob sie wohlimmer noch Jemandem Freude bereiteten? Der Ball, wieich Ihnen bereits sagte, wurde unter verschiedenen an<strong>der</strong>enBeleidigungen beschuldigt, so auszusehen, alswäre er „im Supermarkt gekauft“ worden. Also, als ich einkleiner Junge war, da habe ich viele Bälle „aus dem Supermarkt“gekauft und auch geschenkt bekommen. Undwie viel Freude haben sie mir bereitet. Wie all die Jungsin meiner Straße habe ich nie große Sympathien für Bällegehabt, die zu leicht waren. Ich habe sie aber nicht verschmähtund das ist wichtig einmal klarzustellen.Einer, den wir wirklich gut fanden, war etwas schwererund sehr robust. Er hatte sogar einen Namen: Milchzahn.Er war aus Plastik, jawohl, und ist im Supermarkt gekauftworden. Er war ganz weiß und imitierte das klassischeDesign <strong>der</strong> Bälle aus Le<strong>der</strong>, mit den sechseckigen, schwarzangemalten „Waben“. Er war <strong>der</strong> Beste! Ein wahrhaftigerKonsumtraum. Wir wollen hier auch gar nicht erst vonden Bällen reden, die aus alten Socken gemacht wurden,o<strong>der</strong> von den frenetisch umkämpften Meisterschaften,die mit Tennisbällen ausgetragen wurden. O<strong>der</strong> die Bälleaus genähtem Le<strong>der</strong> mit einer Schweinsblase drin, beidenen uns mit jedem Schuss die Füße brannten.[ SO | 13.10.2013 | 11H30 ]Ausgetanzt [o<strong>der</strong>][Antônio Prata]Ronaldos BauchAm 4. März 2009, nach 15 Jahren, in denen er für europäischeClubs gespielt hatte, kehrte Ronaldo zurück,um nun wie<strong>der</strong> für einen brasilianischen Verein zu spielen,Corinthians. Das Phänomen war außer Form undstark übergewichtig. Viele haben in seinem Bauch eintrauriges Zeichen <strong>der</strong> Dekadenz gesehen, eine nachlässigeHaltung von Jemandem, <strong>der</strong> vorzeitig ins Rentenaltereintrat. Im Juli 2009, habe ich in <strong>der</strong> Zeitung Jornalde São Paulo eine Glosse geschrieben, in <strong>der</strong> ich eineetwas an<strong>der</strong>e Art vorschlug, diesen Wanst zu betrachten.Hier nun <strong>der</strong> Text:Zu Beginn haben die Leute noch an ihm herumgenörgelt.„Wann wird er wohl wie<strong>der</strong> hun<strong>der</strong>tprozentig in Formsein?“, fragten die Reporter. „Mit dem Übergewicht,da wird er nichts zustande bringen“, murrten die Fans.Jedes Mal, wenn er auf dem Feld auflief, schauten wirneugierig auf seinen Bauchumfang. Ist er wohl noch da?Bis vor Kurzem war ich enttäuscht, dass dem wohl sowar. So langsam aber bin ich mir klar darüber geworden,dass es unter diesem Trikot mehr gab, als nur eine Kurve:es war eine Parabel.Der Mythos unserer Zeit ist wie ein Standardskript ausHollywood: Irgendjemand will unbedingt etwas eigentlichUnerreichbares. Und alle sagen ihm: „Vergiss esJunge, das schaffst du doch nicht!“ Dieser Jemand aberist ein Dickkopf; er hört auf niemanden, nur auf seineinnere Stimme. Er wird tausende Male provoziert, aberwas er sich selbst eingebrockt hat, muss er auch auslöffeln.Und letztendlich hat er dann ja auch erreicht, was erwollte. Er ist wie Rocky Balboa, <strong>der</strong> seine Adrian alleineim Bett liegen lässt und in die Metzgerei trainieren geht,wo er auf gefrorene Schweinehälften einprügelt. Er istwie JFK, als dieser 1962 sagte, dass bis zum Ende diesesJahrzehnts <strong>der</strong> Mensch auf dem Mond sein würde, undim Jahr 1969 dann, war dort die amerikanische Flaggezu sehen und bestätigte, dass <strong>der</strong> Himmel nicht mehrlänger die Grenze sei. Man will, man kann: das ist <strong>der</strong>Geist unserer Zeit.Ach! Der Ball! Man lege nur einen in irgendeinem Raumab und schaue, wer in <strong>der</strong> Lage ist, ihm gegenüber gleichgültigkarte abgestempelt als <strong>der</strong>zu bleiben. Wer nur, könnte uns sagen, was ein Ballzug schon abgefahren istalles in uns auslösen kann?meine lieben bin gut gelandetes geht gut komme nachDrei Mal hat Ronaldo seine Rolle in diesem Skriptoberschlesien noch in deutschlandgespielt. Zuerst, als er die Vorstadt von Rio verließ undherzliche grüsse und küssezum Besten <strong>der</strong> Welt wurde. Danach, als er zwei Verletzungeneuer juller steht vor einemerlitt, von denen man sagte, dass er sie nichttor nach dem es keine hoffnungüberstehen werde – „Vergiss es, Ronaldo!“ – er hat sieaber überstanden. Er ist <strong>der</strong> Spieler, <strong>der</strong> am meistengibt und keinen weg zurückTore in Weltmeisterschaften geschossen hat, er wurdeins spiel den rücken gebeugtdrei Mal von <strong>der</strong> FIFA zum weltbesten Fußballer gewählt,über links wo sein herz nochaber all das reicht uns wohl noch nicht.1immer pässe schlägt20 212 3VomFALLENindieTiefendesRaumes...[Albert Ostermaier]lAUFWEGE Ode an julius hirschim sturm den rücken gebücktals ihm noch alles glücktauf links den ball über die liniegedrückt das volk verzücktdie kirsche gepflückt und gleichden hollän<strong>der</strong>n vier stück keinkick ohne zauber kein trickohne fairplay nur toreheimwehgentlemen in kurzen hosenganz ohne turnvaterjahnposennoch gibts keine hatz auf demenglän<strong>der</strong>platz den rasen kurzgeschoren haben sie sich demsieg verschworen <strong>der</strong> nationjuller läuft im laufschritt jullerer hat die kugel er schiesstdas eiserne kreuz auf <strong>der</strong> brustbricht ihm als stern das herzdarunter er wird zu stein denaktenkoffer umklamert steht erden rücken nach vorn gebeugtam spielfeldrand den linkenfuss schwingend verliert ersein gleichgewicht stürzt eraus dem zug in frankreichverrückt ohne fussball rast erins leere trennt er sich miteiner täuschung von frau undkind wie von einem gegner läuftdavon sie zu schützen ins messerverbannt auf den schrottplatzwartet er in seinem strafraumzu lange auf ein wun<strong>der</strong> diewende in letzter minute vordem apfiff schickt er eineSO | 13.10.2013 | 11H30 [ Ausgetanzt [o<strong>der</strong>] Vom Fallen in die Tiefen des Raumes ]

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