Akteursanalyse, Grundlagenrecherche und Leitbil<strong>de</strong>ntwicklung1. Zielstellung und „Aufbau“ <strong>de</strong>s Leitfa<strong>de</strong>nsständigen und Missverständnisse zu vermei<strong>de</strong>n. Für Natura2000-Gebiete können Leitbil<strong>de</strong>r auch aus <strong>de</strong>r Ausstattungmit FFH-Lebensraumtypen bzw. <strong>de</strong>r Artenausstattungabgeleitet wer<strong>de</strong>n.GewässerDünenKuppen und GrundmoräneSenkenNie<strong>de</strong>rungenanthropogene FormenGroßlandschaftGräfenhainichen-Söllichauer Platte<strong>Oranienbaumer</strong> TalsandgebietGebietsgrenzeNationales NaturerbeGeologische Verhältnisse in <strong>de</strong>r <strong>Oranienbaumer</strong><strong>Hei<strong>de</strong></strong> (Kartengrundlage: Topographische Karte,Geologische Karte Lizenznr. <strong>de</strong>r TK LVermD/P/196/97)2.4 Ableitung von DefizitenDurch Abgleich <strong>de</strong>s aktuellen Zustan<strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>m abgestimmtenLeitbild und, falls vorhan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Schutzzielenlaut NSG-Verordnung können bestehen<strong>de</strong> Defizite (z. B.fortgeschrittene Gehölzsukzession, Überalterung vonBesenhei<strong>de</strong>bestän<strong>de</strong>n, Fehlen offener Bo<strong>de</strong>nstellen, Nährstoffeintragetc.) qualifiziert ermittelt und konkretisiertwer<strong>de</strong>n.2.5 Mo<strong>de</strong>llbeispiel <strong>Oranienbaumer</strong> <strong>Hei<strong>de</strong></strong>Die südöstlich von Dessau-Roßlau gelegene <strong>Oranienbaumer</strong><strong>Hei<strong>de</strong></strong> (Abb. S. 4) ist durch eine in Ost-West-Richtungdurch das Gebiet verlaufen<strong>de</strong> geologische Grenze zweierGroßlandschaften geprägt. Der nördliche und mittlere Teilgehört zum „<strong>Oranienbaumer</strong> Talsandgebiet“ <strong>de</strong>s Elbe-Elster-Tieflan<strong>de</strong>s und weist überwiegend nährstoffarmeSan<strong>de</strong> auf. Die „Gräfenhainicher-Söllichauer-Platte“ imsüdlichen Teil <strong>de</strong>s Gebietes hingegen zählt zur „Dahlen-Dübener <strong>Hei<strong>de</strong></strong>“ und ist durch Grundmoränen und teilweisedurch Reste eines Endmoränenzuges geprägt. Hierdominieren Bän<strong>de</strong>rsan<strong>de</strong> mit einer Unterlagerung durchGeschiebemergel (SCHULTZE 1955).Zur Erfassung <strong>de</strong>s Ausgangszustan<strong>de</strong>s erfolgte unter Einbeziehungvon CIR-Luftbil<strong>de</strong>rn aus <strong>de</strong>n Jahren 2005 und2009 sowie <strong>de</strong>r CIR-Biotoptypen- und Nutzungstypenkartierung aus <strong>de</strong>n Jahren 1992 (PETERSON & LANGNER 1992)und 2005 zunächst eine Klassifikation in nachvollziehbar<strong>de</strong> tektierbare Einheiten, wie z. B. Besenhei<strong>de</strong>-Bestän<strong>de</strong>,Gehölzbestän<strong>de</strong>, Gras- und Stau<strong>de</strong>nfluren und Offen bo -<strong>de</strong>n be reiche. Des Weiteren wur<strong>de</strong> eine flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>FFH-Kartierung auf Grundlage <strong>de</strong>r jeweils aktuellen Kartieranleitung(LAU 2004, 2010) durchgeführt.8
Akteursanalyse, Grundlagenrecherche und Leitbil<strong>de</strong>ntwicklungZum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Ersterfassung im Jahr 2007 entsprachenin <strong>de</strong>m ca. 1.200 ha großen Offenlandbereich etwa 492 haFFH-relevanten Lebensraumtypen (Abb. S. 10), davon 67 hamit Entwicklungspotenzial zu FFH-Lebensraumtypen. Etwazwei Drittel (ca. 328 ha) <strong>de</strong>r FFH-relevanten Fläche entfielenauf <strong>de</strong>n Lebensraumtyp Trockene Europäische <strong>Hei<strong>de</strong></strong>n (LRT4030). Ein weiteres Drittel aller FFH-relevanten Flächen(ca. 136 ha) konnten <strong>de</strong>n Basenreichen Sandrasen (LRT6120*) bzw. Mosaiken aus Basenreichen Sandrasen undEuropäischen <strong>Hei<strong>de</strong></strong>n (LRT 6120*/4030) zugeordnetwer<strong>de</strong>n. Silbergraspionierfluren (LRT 2330) und <strong>Hei<strong>de</strong></strong>n(LRT 2310) auf Binnendünen kamen auf ca. 17 bzw. 11 ha<strong>de</strong>r FFH-relevanten Flächen vor. Offenlandflächen, dienicht FFH-Lebensraumtypen entsprachen, wur<strong>de</strong>n überwiegenddurch Landreitgrasfluren (ca. 221 ha) und durchGras-Krautfluren (ca. 71 ha) geprägt. Feuchtbereichekamen nur sehr kleinflächig (ca. 1 ha) vor. Pionierwäl<strong>de</strong>rnahmen ca. 418 ha ein, Feldgehölze und Gebüsche weitere16 ha sowie Gehölzpflanzungen ca. 7 ha.Die Verteilung <strong>de</strong>r FFH-Lebensraumtypen spiegelt die geologischeSituation wi<strong>de</strong>r. Auf <strong>de</strong>n ärmeren Standorten imNor<strong>de</strong>n dominieren Besenhei<strong>de</strong>-Bestän<strong>de</strong> und im Sü<strong>de</strong>nBasenreiche Sandrasen bzw. Mosaike von Sandrasen und<strong>Hei<strong>de</strong></strong>n (Abb. S. 10).Bislang konnten für das Gesamtgebiet etwa 800 Pflanzenarten,darunter 74 Arten <strong>de</strong>r Roten Liste <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Sachsen-Anhalt,38 Arten <strong>de</strong>r Roten Liste Deutschlands und 22Arten <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sartenschutzverordnung nachgewiesenwer<strong>de</strong>n (JOHN et al. 2010). Florengeographische Be<strong>de</strong>utungerhält das Gebiet durch die Überschneidung von Verbreitungsarealensubatlantischer und kontinentaler Pflanzenarten,wobei eine Vielzahl <strong>de</strong>r nachgewiesenen Arten anstickstoffarme Bedingungen gebun<strong>de</strong>n ist (JOHN et al.2010). Aus avifaunistischer Sicht ist das Vorkommen vonwertgeben<strong>de</strong>n Arten (Anhang I, EU-Vogelschutz-Richtlinie)<strong>de</strong>r Offen- und Halboffenlandschaften hervorzuheben, wiez.B. <strong>Hei<strong>de</strong></strong>lerche, Grauammer, Braunkehlchen, Schwarzkehlchen,Sperbergrasmücke, Wen<strong>de</strong>hals, Neuntöter,Raubwürger und Ziegenmelker (IÖN 1993, ÖKOPLAN 1995,SCHULZE & PSCHORN 2006, PSCHORN 2009). Zu<strong>de</strong>m bietet dasGebiet Lebensraum für z. B. Ringelnatter und Glattnatterund ist durch eine artenreiche Insektenfauna gekennzeichnet.2009 konnten im südlichen und mittleren Teil <strong>de</strong>r<strong>Oranienbaumer</strong> <strong>Hei<strong>de</strong></strong> 53 Tagfalterarten (Papilionoi<strong>de</strong>a undHesperiidae) sowie 5 Wid<strong>de</strong>rchen-Arten nachgewiesenwer<strong>de</strong>n. Das sind mehr als 50 % <strong>de</strong>r insgesamt in <strong>de</strong>rRegion Dessau nachgewiesenen Tagfalterarten, davonunterliegen 23 Arten einer Schutz- und / o<strong>de</strong>r Gefährdungskategorie(KARISCH 2010, PSCHORN et al. 2009). Ebensowur<strong>de</strong>n ausschließlich im zentralen Offenbereich 30 Heuschreckenartenerfasst, davon wer<strong>de</strong>n 8 Arten als geschütztund / o<strong>de</strong>r gefähr<strong>de</strong>t geführt (PSCHORN et al. 2009).Allerdings wur<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Ermittlung <strong>de</strong>s Ausgangszustan<strong>de</strong>sauch die folgen<strong>de</strong>n Defizite ermittelt (Abb. S. 12–13).Starke Beeinträchtigungen resultierten auf ca. 80 % <strong>de</strong>rTrockenen Europäischen <strong>Hei<strong>de</strong></strong>n (LRT 4030), auf 76% <strong>de</strong>rBasenreichen Sandrasen (LRT 6120*) und auf fast allenMosaikflächen (LRT 6120*/4030) durch Verbuschung mitSand-Birke, Wald-Kiefer und Zitter-Pappel. 90% <strong>de</strong>r Besenhei<strong>de</strong>-Bestän<strong>de</strong>befan<strong>de</strong>n sich in <strong>de</strong>r Degenerationsphase,die Juvenilphase fehlte nahezu vollständig. Der Anteil anoffenen Bo<strong>de</strong>nstellen lag in allen Lebensraumtypen <strong>de</strong>utlichunter 5%. Auch die FFH-Lebensraumtypen auf <strong>de</strong>n Binnendünenwaren auf jeweils ca. 55 % <strong>de</strong>r Flächen durchVerbuschung stark beeinträchtigt. Zu<strong>de</strong>m kam im Jahr2007 die neophytische Spätblühen<strong>de</strong> Traubenkirsche einzelno<strong>de</strong>r in Gruppen im gesamten zentralen Bereich vor.Nahezu alle Flächen <strong>de</strong>r Basenreichen Sandrasen wiesenstarke, die Zwergstrauchhei<strong>de</strong>n mittlere Beeinträchtigungeninfolge von Vergrasung, v. a. mit Land-Reitgras, o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>m Vorkommen von Brachezeigern auf. Zu<strong>de</strong>m waren dieDünenbereiche infolge <strong>de</strong>s militärischen Übungsbetriebesstark überprägt bzw. vollkommen zerstört und zu<strong>de</strong>m überweite Bereiche bereits bewal<strong>de</strong>t.Blütenreicher Sandrasen im JuniThymian-Wid<strong>de</strong>rchen, Steinklee-Wid<strong>de</strong>rchen9