Praxisleitfaden Oranienbaumer Heide - Offenlandinfo.de

Zielstellung und „Aufbau" des Leitfadens6. Langfristige betriebswirtschaftliche Absicherung der Weidefläche6.1 AnfangsinvestitionenDie Einrichtung von extensiven Ganzjahresstandweidenmit Megaherbivoren erfordert Anfangsinvestitionen fürInfrastruktur, wie z. B. Zaunmaterial, Fangstand, Tränken,Gitterroste, Auto und Hänger. Ebenso müssen Tierebeschafft und auf die Weide transportiert werden (vgl. Abb.S. 23). Diese Investitionen sind zwar kalkulierbar und überschaubar,von einem kleineren Bewirtschafter können sietrotzdem nur schwer aus dem laufenden Betrieb aufgebrachtwerden. Eine Förderung dieser anfänglichen Investitionenist demzufolge erforderlich. Von größeren Betriebenmit höheren Kapitalrücklagen sind entsprechendeInvestitionen leichter zu realisieren.In der Oranienbaumer Heide wurde die Einrichtung derWeidefläche über die Deutsche Bundesstiftung Umwelt,die Naturschutzrichtlinie (ELER, Sachsen-Anhalt) sowie dieStiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhaltgefördert. Der Tierbesatz und die Transporteerfolgten überwiegend in Eigenleistung durch den Bewirtschafter.6.2 Absicherung des Betriebs der WeideflächeFür eine langfristige Absicherung der extensiven Ganzjahresstandweidesind, ähnlich wie bei anderen landwirtschaftlichenBetrieben auch, Flächenprämien aus der1. Säule und Agrarumweltmaßnahmen aus der 2. Säuleerforderlich. Für viele ehemalige militärische Übungsflächenbesteht jedoch kein Anspruch auf Betriebsprämien.Darüber hinaus greift, infolge von langjährigen Pflegedefizitenund der damit einhergehenden zunehmenden Verbuschung,die Grünlanddefinition häufig nicht mehr.Um dennoch die Durchführung von Maßnahmen in naturschutzfachlichrelevanten Offenlandlebensräumen, wiez. B. Heiden oder Sandmagerrasen honorieren zu können,besteht in Sachsen-Anhalt in der aktuellen Förderperiodedie Möglichkeit, aus der zweiten Säule „Freiwillige Naturschutzleistungen“(FNL) auch für Flächen zu beantragen,für die keine landwirtschaftlichen Betriebsprämien gezahltwerden (NB 200). Hierbei handelt es sich um Flächen mitden Nutzungscodes „Heide“ (Heidemosaike, Sandtrockenrasensowie Silbergraspionierfluren) oder „Sonstige nichtbetriebsprämienfähige Flächen“. Da die bestehenden Förderprogrammejedoch auf statischen Bewirtschaftungsvorgabenbasieren, werden sie dynamischen Prozessen, wiebeispielsweise einer in Natura 2000-Gebieten durchauserwünschten Entwicklung von Gehölzinseln, Gebüschgruppenund Einzelgehölzen oder auch Ökotonen, z.B. alsBrut- oder Nahrungshabitat, nicht gerecht. Eine Ausweisungvon Gehölzstrukturen als Landschaftselemente ist indiesem Fall nicht zielführend, da sie lagegetreu erhaltenwerden müssen, was bei einer Ganzjahresbeweidung nichtgewährleistet werden kann. Bei einem Verlust von Gehölzstrukturen,die als Landschaftselemente ausgewiesen wurden,drohen in der aktuellen Förderperiode, ebenso wie beieiner Durchsetzung der Weidefläche mit Gehölzgruppen,Sanktionen bei der Vergabe von Fördermitteln.Vor diesem Hintergrund wurde in der OranienbaumerHeide nicht die gesamte Weidefläche in die Förderungeinbezogen, sondern ausschließlich Flächen, die über ausreichendgroße gehölzfreie Bereiche verfügen (bislang ca.305 ha der 770 ha großen Weidefläche, Abb. S. 29).Angesichts der 2014 beginnenden neuen Förderperiodeist deshalb darauf hinzuwirken, dass die Bewirtschaftereine zielorientierte Honorierung der durch sie erbrachtenLeistungen erfahren. In der künftigen Förderperiode solltedeshalb u. a. sichergestellt werden, dass die gesamteextensiv beweidete Fläche, einschließlich Nicht-FFH-relevanterLebensraumtypen, über die 1. und 2. Säule gefördertwerden kann, auch wenn sie nicht von typischen Weidegräserndominiert ist und sich auf ertragsschwachenStandorten befindet. Zudem sollte ein nach naturschutzfachlichenKriterien festgelegter maximaler Verbuschungsgradauf der gesamten Weidefläche (z.B. 20 bis 30 %) oderteilflächenspezifisch toleriert werden (METZNER et al. 2010).28