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Fore - Golf im Norden. Nr.7 - Sommer 2015

Ernährungstipps, Regelquiz, Clubporträts, Ausrüstung

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FORE! trifft<br />

Den Mitstreiter <strong>im</strong>mer achtsam<br />

<strong>im</strong> Auge behalten – was Ljubomir<br />

Vranjes einst als Spieler und jetzt<br />

als Trainer auf dem Handballfeld<br />

einen Vorteil verschafft, das kann er<br />

auch auf dem <strong>Golf</strong>platz nicht ganz<br />

abschalten (Bild oben). Seine <strong>Golf</strong>routine<br />

kehrt schnell zurück, nur<br />

be<strong>im</strong> Putten hakt es etwas.<br />

er nicht in der Trainingshalle oder am Spielfeldrand<br />

steht, sitzt er am Computer, analysiert Gegner und<br />

komponiert Spielzüge aus Gedankenblitzen. „Manchmal<br />

sitze ich drei, vier Stunden und schreibe, schreibe,<br />

schreibe.“ Dann kommen Ideen wie die unmöglich<br />

scheinende offensive Abwehr, mit der die SG <strong>im</strong> Mai<br />

den deutschen Pokal<br />

gewann. Ich frage, ob<br />

er in der Handball-<br />

Geschichte eine Marke<br />

setzen will wie Bernhard<br />

Kempa, nach dem<br />

ein spektakulärer Spielzug benannt ist. „Die Vranjes-<br />

Abwehr?“, fragt er grinsend. „Nein, aber ich versuche,<br />

ständig etwas Neues zu entwickeln. Alle haben gesagt,<br />

es ist unmöglich, so zu spielen. Aber wie kann es unmöglich<br />

sein, wenn wir es getan haben? Für mich gibt<br />

es keine Grenzen. Wenn ich doch eine sehe, versuche<br />

ich, diese Grenze zu brechen.“<br />

Das hat Vranjes oft getan. Seine Biografie, die in<br />

diesem Jahr erscheinen soll, erzählt von einer schwierigen<br />

Jugend in Kortedala, sozialer Brennpunkt Göteborgs.<br />

Er drohte ins kr<strong>im</strong>inelle Milieu abzugleiten, der<br />

Sport sei seine Rettung gewesen. Mit nur 1,66 Meter<br />

Körpergröße trotzte er der „Unmöglichkeit“, in einem<br />

Sport der Hünen zu einem der weltbesten Spielmacher<br />

aufzusteigen.<br />

Unbändiger Wille treibt ihn an. Und doch ruht er in<br />

sich, tritt freundlich und entspannt gegenüber jedermann<br />

auf. Ljubomir Vranjes schafft die Balance. „Ich<br />

bin gut darin, Zeit zu nutzen, um zu genießen“, sagt<br />

er. Etwa, wenn er für die Familie kocht. „Am Tag vor<br />

einem He<strong>im</strong>spiel bin ich meistens nachmittags fertig<br />

mit der Arbeit. Dann gehe ich einkaufen, für Vorspeise,<br />

Hauptgericht, Nachspeise. Immer etwas Neues“,<br />

erzählt er und seine Augen leuchten. „Ich koche bunt<br />

durch die Welt, kreativ, nicht nur mit Salz und Pfeffer.<br />

Frische Kräuter machen Spaß. In Doha auf dem Markt<br />

habe ich frischen Safran gekauft, Weltklasse. Ich liebe<br />

Kochen, da kriege ich Energie.“<br />

Dazu gehört der passende Wein. Vranjes ist ein<br />

Kenner, ich frage nach einer Empfehlung. „Ein Ornellaia<br />

2002 in der Magnumflasche – damit kann ich leben“,<br />

sagt er. Ganz schön teuer. „Wenn wir einen schönen<br />

Sieg hatten, belohne ich mich mit einem guten<br />

Glas Wein“, sagt Vranjes mit der Betonung auf „einem“<br />

Glas. „Ich habe etwas Tolles entdeckt: Ein System zum<br />

Weinzapfen, ohne die Flasche zu öffnen. Du gehst mit<br />

einer hohlen Nadel durch den Korken und gießt ein<br />

Glas aus dieser 350-Euro-Flasche ein. Nadel raus und<br />

der Korken ist wieder dicht. Den Wein kann ich vier<br />

Wochen aufbewahren, eine fantastische Erfindung.“<br />

Ich will wissen, wie er sich fühlt mit serbischen Wurzeln,<br />

schwedischem Pass, zeitweise spanischer und<br />

nun deutscher Wahlhe<strong>im</strong>at, als Weltbürger, der fünf<br />

Sprachen spricht. „Ich fühle mich wie ein Chamäleon“,<br />

sagt Vranjes. „Belgrad zum Beispiel: Das ist eine fantastische<br />

Stadt geworden mit Weltklasserestaurants.<br />

Da tauche ich sofort ein. Barcelona ist wie ein Zuhause<br />

für mich. Wenn ich am nächsten Tag in Göteborg<br />

bin, passe ich mich sofort wieder dem Stil dieser Stadt<br />

an. In Lysekil, wo mein <strong>Sommer</strong>haus steht, sitze ich<br />

mit alten Leuten aus dem Fischerdorf zusammen<br />

und rede über alte Zeiten.“ Vranjes’ Erlebnishunger<br />

ist noch lange nicht<br />

„Für mich gibt es keine Grenzen.<br />

Wenn ich doch eine sehe, versuche<br />

ich, diese Grenze zu brechen.“<br />

gestillt. „Südamerika<br />

will ich besuchen,<br />

China sehen und mit<br />

der Transsibirischen<br />

Eisenbahn fahren. Ich<br />

muss nach Vietnam und Neuseeland. Wenn ich aufhöre<br />

mit dem Handball, werde ich viel reisen. Und<br />

fotografieren. Ich hoffe, dass ich für eine Zeitschrift<br />

fotografieren kann. Das könnte meine Zukunft sein.“<br />

Unsere Runde nähert sich dem Ende und ich staune,<br />

woher er diese Abschläge holt: Mehr als 200 Meter<br />

mit Holz fünf, einer wie der andere. Immerhin gelingt<br />

mir am schweren Dogleg 8 ein Birdie. „Weltklasse“,<br />

sagt Vranjes nach meinem Drei-Meter-Putt. Ja! Das<br />

wollte ich nur einmal hören. Es regnet übrigens nicht,<br />

während wir spielen. Der H<strong>im</strong>mel öffnet seine Schleusen<br />

just, als wir das Clubhaus betreten.<br />

<br />

10 FORE!

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