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Einsatzbereiche neuartiger Transportsysteme zwischen Bus und Bahn

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Angenommene Dissertationzum Erlangen des Grades Doktor-Ingenieurim Fachbereich D, Abteilung Bauingenieurwesen derBergischen Universität Wuppertalvorgelegt von Dipl.-Ing. Volker Deutsch Wuppertal, im Oktober 2003


V o r b e m e r k u n gIBegleitung der DissertationDie Monographien, dargestellt in dem Kapitel 4, beziehen Ausführungenvon H. HONDIUS (2002/a, 2002/b) sowie R. BENJARI (2002) mit ein. Ansprechpartnervor Ort sind in Utrecht: Herr K. KOONSTRA, GVU <strong>und</strong>Ch. KEUNEN, Van Hool; in Rouen: Herr R. HUE, TCAR <strong>und</strong> HerrPh. LEMASSON, TCAR; in Eindhoven: Herr J. SPLINT, Herr A. F. vANDRUNEN, GVA <strong>und</strong> R. BOUWMAN, APTS; in Clermont-Ferrand: HerrF. MOULIN, SMTC <strong>und</strong> Herr M. KÖRBER, Lohr Industrie; in Orléans:F. LUCIANO, Transdev, Herr E. OMNES, SEMTAO <strong>und</strong> Herr W. PERRERA,SEMTAO.Der Anhang C stützt sich im Wesentlichen auf eine gemeinschaftlicheVeröffentlichung mit den Herren Z. KHATIR, CERTU, <strong>und</strong> C. SOULAS,CERTU.Die im Anhang E dargestellten Kostenstrukturen der Fahrwegkonstruktionenberuhen auf Auskünften der Tiefbauämter Remscheid, Solingen<strong>und</strong> Ulm, Schümann Sasol International AG, Schreck-Mieves GmbH,Ed. Züblin AG, Inf<strong>und</strong>o GmbH sowie Leonhard Weiss BauunternehmungGmbH & Co. Zum Zwecke der Vergleichbarkeit sind die Kostendateneinheitengerecht angepasst worden.


I IV o r b e m e r k u n g


K u r zr e f e r a tI IIKurzreferatDie Dissertation behandelt Systementwicklungen <strong>und</strong> -anwendungen<strong>neuartiger</strong> <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> Linienbusverkehr <strong>und</strong> Straßenbahn,die in innerstädtischen Verkehrsräumen eingesetzt werden sollen.<strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> können hierbei als niederflurige<strong>und</strong> kapazitätsstarke Fahrzeuge auf Basis moderner <strong>Bus</strong>technologiebezeichnet werden, die bevorrechtigt auf hochwertig ausgebauten Eigentrasseneingesetzt werden. Untersuchungsergebnisse <strong>und</strong> Erkenntnissezu diesen <strong>Transportsysteme</strong>n sind bisher nur in sehr begrenztemUmfang verfügbar. Deshalb wird ein umfassendes Bild der Vor- <strong>und</strong>Nachteile erstellt. Die Forschungsarbeit ist auch als Entscheidungshilfefür Neuplanungen gedacht.Wichtiger Bestandteil dieser Arbeit ist eine übergeordnete Klassifizierungder Fahrzeugkonzepte <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>, danach erfolgt eine umfassendefahrzeug- <strong>und</strong> fahrwegseitige Untersuchung, wobei die Betriebsreifeanhand der technischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Realisierbarkeitder einzelnen fahrzeug- <strong>und</strong> fahrwegseitigen Systemkomponenten – diessind Fahrzeug- <strong>und</strong> Antriebskonzept, Komponenten wie Querführung,Stromzuführung, elektronische Deichsel sowie Fahrwegkonstruktionen –kritisch betrachtet wird. Dabei zeigt sich, dass man bei einer breit angelegtenAnwendung vorerst noch auf bewährte Nutzfahrzeug- bzw. <strong>Bahn</strong>techniksetzten sollte.Darüber hinaus wird der Weg von einzelnen Städten vorgestellt <strong>und</strong> anhandderen Systemimplementierungen das verkehrsplanerische Leistungsspektrumder <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> vor Augengeführt. Es werden verkehrsplanerische Einsatz- <strong>und</strong> Entwurfsparameterabgeleitet. Da eine komplexe Entscheidung wie die Auswahl einesTransportsystems per se weder allgemeingültig noch in „Maß <strong>und</strong> Zahl“ausdrückbar ist, wird das Leistungsspektrum dieser Fahrzeugtypen in einemPlanungsleitfaden gegenübergestellt, der systemspezifische, betriebstechnische,städtebauliche sowie wirtschaftliche Aspekte beinhaltet.Der weitergehende Prozess einer Eignungsfeststellung setzt voraus,dass einzelfallspezifisch gesamtgemeindliche Zielsetzungen, Nutzungsverträglichkeitensowie das Betriebsprogramm vorab bekannt seinmüssen.


I VK u r zr e f e r a tFestgehalten werden kann, dass die <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong><strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> eine erweiterte verkehrstechnische Wahlmöglichkeit schaffen<strong>und</strong> die Wirtschaftlichkeit bei den Bau- <strong>und</strong> Betriebskosten steigern. DerPlanungsansatz eines neuen Straßenbahnsystems wäre demnach auswirtschaftlicher Hinsicht so lange zu vermeiden, wie es die Bewältigungdes Fahrgastaufkommens ermöglicht. Dies erfordert aber die entschlosseneNutzung moderner planerischer, gestalterischer <strong>und</strong> betriebstechnischerErkenntnisse bei der Verwendung eines busorientierten Transportsystems,insbesondere im Bereich der städtebaulichen Integration einerEigentrasse sowie bei der Vermittlung eines hochwertigen Bedienungsangebots.


A b s tr a c tVAbstractThe research discusses developments and applications of new types ofintermediate rubber-tyred transport systems between a bus and a tram,intended for operation in inner city areas. Intermediate transport systemsbetween a bus and a tram are here defined as low-floor, high-capacityvehicles based on modern bus technology, operating on high-qualitytracks with their own right-of-way. There has so far only been a very limitedamount of knowledge and experience of these transport systems. Acomprehensive picture will therefore be presented of the advantages anddisadvantages. This research paper is also intended to help in the decision-makingprocess when deciding on new planned systems.An important component of this research is a more detailed classificationof the vehicle concepts relating to bus and light rail. It also includes acomprehensive investigation of the vehicles and track infrastructure. Operationalmaturity is critically assessed on the basis of the technical andeconomic practicability of the individual vehicle and track system components.These include the vehicle and drive concept, components such asguidance, power supply, electronic coupling, and track construction. It isclear that for general use well-established vehicle and rail technology isstill to be preferred for the time being.In addition the route that individual cities have taken is presented andusing their implementation of the systems as an example, the range ofapplication of the intermediate transport systems is shown from the viewpointof transport planning. Transport planning implementation and designparameters are illustrated. As a complex decision such as the selectionof a transport system is per se neither universally valid nor expressiblein facts and figures, the performance spectrum of these types ofvehicles is compared in a planning survey, which includes systemspecific,technical and operational, urban planning and economic aspects.Prerequisites for the continuing process of determining suitabilityare that for each individual case the overall community objectives, compatibilityof use, and the operational programme must be known in advance.


V IA b s tr a c tIt can be concluded that intermediate rubber-tyred transport systems extendthe choice for a technical transport system and increase the economicviability of infrastructure and operational costs. From an economicviewpoint, planning a new tram system should be avoided for as long asthe number of passengers can be accommodated. However, this requiresresolute usage of modern planning, design and operational technicalknowledge when using a bus-orientated transport system, especially if aseparate track has to be integrated into a city and in order to provide ahigh-quality service.


I n h a l tV I IInhaltsverzeichnis1 Einleitung................................................................. 11.1 Motivation ....................................................................................11.2 Ziel der Arbeit ..............................................................................21.3 Begriffserklärungen .....................................................................31.4 Aufbau der Arbeit ........................................................................52 Derzeitiges Herstellerangebot<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>......................................... 72.1 Der Markt der <strong>Transportsysteme</strong> ................................................72.2 Die Idee eines Dual-Mode-Konzeptes ........................................82.3 Richtungsweisende Forschungsprogramme...............................82.4 Anwendungen des Spurbusses...................................................92.5 Bimodale Antriebstechnik..........................................................102.6 Les Systèmes guidés sur Pneus...............................................122.7 Das Projekt RUBIS....................................................................162.8 Weitere Entwicklungen zur <strong>Bus</strong>bahn ........................................172.9 Oberhausen: <strong>Bus</strong>züge im Fahrgastprobebetrieb ......................192.10 <strong>Bus</strong>züge im ÖPNV – aktueller Großversuch in NRW ...............212.11 Überblick: der heutige internationale Fahrzeugmarkt ...............223 Technische Untersuchung ................................... 253.1 Vorgehensweise........................................................................253.2 Fahrzeug- <strong>und</strong> Antriebskonzept (Anhang A).............................263.3 Querführung (Anhang B)...........................................................263.4 Stromzuführung (Anhang C) .....................................................283.5 Elektronische Deichsel (Anhang D) ..........................................283.6 Fahrwegkonstruktionen (Anhang E)..........................................283.7 Marktreife Fahrzeugtypen .........................................................293.8 Perspektive der Fahrzeugtypen ................................................303.9 Technische Daten der Fahrzeugtypen ......................................324 Monographien projektierter <strong>und</strong>realisierter <strong>Transportsysteme</strong>.............................. 354.1 Planerische Vorleistungen.........................................................354.2 Auswahl von Anwendungsbeispielen........................................364.3 Utrecht: Transportsystem mit <strong>Bus</strong>zügen...................................374.4 Rouen: Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn............................................424.5 Eindhoven: Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn .....................................474.6 Clermont-Ferrand: Straßenbahn auf Gummireifen ...................534.7 Orléans: Transportsystem Straßenbahn...................................584.8 Diskussion der Monographien...................................................634.9 Gegenüberstellung der Vergleichsdaten...................................664.10 Merkmale der <strong>Transportsysteme</strong> ..............................................67


V I III n h a l t5 Entwicklung eines Planungsleitfadens.............715.1 Problemstellung......................................................................715.2 Übergeordnete Bewertungsebenen .......................................725.3 Zielfelder.................................................................................725.4 Systemspezifische Eigenschaften..........................................755.5 Betriebstechnische Anforderungen........................................815.6 Städtebauliche Eignung .........................................................925.7 Wirtschaftliche Auswirkungen..............................................1016 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Ausblick..................1097 Literatur.............................................................119Anhang AFahrzeug- <strong>und</strong> Antriebskonzepte....................121A.1 <strong>Bus</strong>züge mit herkömmlichenVerbrennungsmotoren.....................................123A.1.1 Verbrennungsmotoren, Kraftstoffe <strong>und</strong> Emission................123A.1.2 Antriebskonzeption mit Mittelmotor .....................................127A.1.3 Niederflurige Doppelgelenkfahrzeuge .................................128A.1.4 Solobus mit Personenanhänger ..........................................130A.2 Elektrischer Fahrantrieb mit Oberleitung.......133A.2.1 Lokale Emissionsfreiheit......................................................133A.2.2 Obus ....................................................................................133A.2.3 Duobus ................................................................................135A.2.4 Duo-Spurbus........................................................................136A.3 <strong>Bus</strong>bahnen mit Verbrennungsmotor/Generator-Aggregat .........................................139A.3.1 On-Board Stromerzeugung..................................................139A.3.2 Der elektrische Einzelradantrieb..........................................140A.3.3 Evolutionäre <strong>Bus</strong>bahn..........................................................141A.3.4 Individuelle <strong>Bus</strong>bahn mit Power-Pack .................................143A.4 Elektrischer <strong>Bahn</strong>betrieb.................................145A.4.1A.4.2A.4.3Straßenbahn auf Gummireifen mit Oberleitung...................145Systembahnen <strong>und</strong> pneubereifte Straßenbahn...................146Alternative Energiequellen...................................................148A.5 Technische Einzelfragen .................................149A.5.1 Energiemanagement eines Hybridantriebs .........................149A.5.2 Ultra-kompaktes Antriebssystem.........................................151A.5.3 Brennstoffzellenantrieb........................................................153A.6 Zusammenfassung...........................................157A.7 Literatur.............................................................161


I n h a l tI XAnhang BAutomatische Querführung ............................ 163B.1 Aspekte einerautomatischen Querführung........................... 165B.1.1 Zielsetzung einer automatischen Querführung ...................165B.1.2 Zulässige Fahrzeuglänge ....................................................166B.1.3 Begriffe zur Querführung bei Straßenfahrwerken ...............167B.1.4 Anforderungen an ein Querführungssystem .......................168B.1.5 Prinzipien aktueller Querführungstechniken........................170B.2 Handlenkung bei Fahrzeugenmit Sonderlänge............................................... 171B.2.1 Mehrachslenkung.................................................................171B.2.2 Betriebserfahrungen ............................................................171B.2.3 Formstein mit Selbstlenkungseffekt ....................................173B.2.4 Einsatzhinweise des Formsteins .........................................174B.2.5 Wirkungsweise des profilierten Formsteins.........................175B.3 Mechanische Spurregelungan einer Leitkante ............................................ 177B.3.1 Erfahrungen mit mechanisch geregelten Spurbussen ........177B.3.2 Technik der mechanischen Spurregelung ...........................178B.3.3 Fahrzeugseitige Spurführungskomponenten ......................179B.3.4 Vor- <strong>und</strong> Nachteile der mechanischen Spurregelung..........180B.4 Mechanische Spurführungan einer Monoschiene ..................................... 183B.4.1 Ausgangssituation ...............................................................183B.4.2 Einsatzziele eines Zweiwegefahrzeugs...............................184B.4.3 GLT/TVR: Führungsrollen mit beidseitigem Spurkranz.......185B.4.4 Translohr: V-förmiges Führungsrollenpaar..........................186B.5 Berührungsfreie Spurregelung....................... 189B.5.1 Meilensteine.........................................................................189B.5.2 Zielsetzung der berührungsfreien Spurregelung .................191B.5.3 Induktive, optische <strong>und</strong> Odometrie-basierte Leitsysteme ...192B.5.4 Regelprozess.......................................................................196B.5.5 Deaktivierung der Spurregelung im Gefahrenmoment........197B.5.6 Sicherheitsaspekte ..............................................................198B.5.7 Passive Nothilfsführung.......................................................199B.5.8 Abschätzung der <strong>Einsatzbereiche</strong>.......................................200B.6 Vergleichende Bewertungder Querführungstechniken............................ 201B.6.1 Breitenbedarf der Betriebsanlagen......................................201B.6.2 Einsatzempfehlung der Querführungstechniken .................202B.6.3 Zusammenfassung ..............................................................204B.7 Literatur ............................................................ 205


I n h a l tX IAnhang E:Fahrwegkonstruktionen .................................. 241E.1 Einleitung.......................................................... 243E.1.1 Vorbemerkung .....................................................................243E.1.2 Anforderungen an <strong>Bus</strong>verkehrsflächen ...............................244E.1.3 Bauklasse nach den RStO 01 .............................................244E.1.4 Verkehrsflächen mit besonderer Beanspruchung ...............245E.1.5 Ergänzende Regelwerke .....................................................246E.2 Oberbauvarianten für <strong>Bus</strong>verkehrsflächen ... 247E.2.1 Bauweisen für den fließenden Verkehr ...............................247E.2.2 Bauweisen bei Haltestellenanlagen <strong>und</strong> Standverkehr.......250E.2.3 <strong>Bus</strong>verkehrsflächen mit Beton-Gleitschalungstechnik ........252E.2.4 Fertigteilbauweise bei unabhängigem Fahrweg..................253E.2.5 Fertigteilbauweise bei Mischbetriebsfahrweg......................254E.3 Technische Sonderfragen ............................... 255E.3.1 RUBIS: Spurrinnenbildungsversuch....................................255E.3.2 Temperaturausgleich bei Asphaltbefestigungen .................257E.3.3 Leitungsfreiheit <strong>und</strong> Fahrkomfort.........................................257E.3.4 Rasengleisvarianten ............................................................258E.4 Fahrzeugtypen <strong>und</strong> empfohlener Oberbau.... 261E.4.1 Auswahl der Straßenbautechnik..........................................261E.4.2 Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zug............................................................262E.4.3 Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn..........................................................262E.4.4 Fahrzeugtyp Straßenbahn auf Gummireifen .......................263E.5 Kostensätze Fahrwegkonstruktionen ............ 265E.5.1 Kostendaten Splittmastixasphalt .........................................265E.5.2 Kostendaten Sonderbindemittel/Monoschieneneinbau.......266E.5.3 Kostendaten Beton-Gleitschalungstechnik..........................267E.5.4 Kostendaten Straßenbahngleis ...........................................268E.5.5 Interpretation der systemspezifischen Kostenfaktoren........269E.6 Literatur ............................................................ 271


X I II n h a l tListe der genormten MaßeinheitenDruck................................................................... Pascal PaFrequenz............................................................. Hertz HzLeistung.............................................................. Watt WMasse (Gewicht)................................................. Kilogramm kgSchallpegel Dezibel/A dB(A)Stromspannung.................................................. Volt VStromstärke........................................................ Ampere ATemperatur.......................................................... Grad Celsius °CZeit....................................................................... Sek<strong>und</strong>e secMinuteminSt<strong>und</strong>ehAbbildungsverzeichnisAbbildung 1: Kernaspekte eines Nahverkehrssystems .......................3Abbildung 2: Herstellerangebot <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>..................23Abbildung 3: Die Fahrzeugtypen <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>................29Abbildung 4: Marktreife Fahrzeugtypen.............................................30Abbildung 5: Fahrzeugkonzeptionen <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> .........34Abbildung 6: Öffentliche <strong>Transportsysteme</strong> in Utrecht ......................38Abbildung 7: Öffentliche <strong>Transportsysteme</strong> in Rouen .......................43Abbildung 8: Öffentliche <strong>Transportsysteme</strong> in Eindhoven.................49Abbildung 9: Öffentliche <strong>Transportsysteme</strong> in Clermont-Ferrand .....54Abbildung 10: Öffentliche <strong>Transportsysteme</strong> in Orléans .....................59Abbildung 11: Streckenvarianten in einem Verkehrskorridor ..............88Abbildung 12: Ablauf des Richtungswechselbetriebs .........................95Abbildung B.1: Elektronische Spurregelung.......................................196Abbildung C.1: Systemskizze der Kontaktschiene, Stream ...............211Abbildung C.2: Kontaktschienensegment, Innorail ...........................215Abbildung C.3: Funktionsprinzip der Stromzuführung, Innorail ..........216Abbildung C.4: Funktionsprinzip der Stromzuführung, ALISS............220Abbildung D.1: Train-Coupling <strong>und</strong> -Sharing......................................235


I n h a l tX I IITabellenverzeichnisTabelle 1: ..... Technische Vergleichsparameter derFahrzeugtypen <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> ..........................33Tabelle 2: .... Vergleichsdaten von bisher projektierten<strong>Transportsysteme</strong>n <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> ...................66Tabelle 3: .... Verkehrsplanerische Entwurfs- <strong>und</strong> Einsatzparametereines Transportsystems <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>............68Tabelle 4: .... Systemspezifische Eigenschaften mitBeschreibungsgrößen.......................................................75Tabelle 5: .... Betriebstechnische Anforderungen mitBeschreibungsgrößen.......................................................82Tabelle 6: .... Städtebauliche Bewertungskriterien mitBeschreibungsgrößen.......................................................93Tabelle 7: .... Mindestmaße von Fahrwegbreitenin der Geraden..................................................................94Tabelle 8: .... Mindestmaße von Fahrwegbreitenan Haltestellen ..................................................................95Tabelle 9: .... Wirtschaftliche Bewertungskriterien mitBeschreibungsgrößen.....................................................102Tabelle 10: .. Durchschnittliche Systemkosten der neuerenfranzösischen Straßenbahnsysteme .............................103Tabelle 11: .. Fahrzeugbeschaffungskosten ........................................105Tabelle 12: .. Idealtypische Kalkulation derFahrzeugbetriebskosten <strong>Bus</strong>zug/Straßenbahn ..............108Tabelle B.1: . Querführungssysteme im Überblick ...............................168Tabelle E.1: . Kostenstruktur Splittmastixasphalt,Bauklasse II ....................................................................265Tabelle E.2: . Kostenstruktur Splittmastixasphalt,Bauklasse II, b = 6,80 m .................................................266Tabelle E.3: . Kostenstruktur Splittmastixasphalt (Sonderbindemittel),Bauklasse II, b = 5,30 m .................................................267Tabelle E.4: . Kostenstruktur bei einem nachträglichen Einbaueiner Monoschiene in eine Asphaltstraße ......................267Tabelle E.5: . Kostenstruktur Straßenbahn auf Gummireifen inGleitschalungstechnik, b = 2,20 m .................................267Tabelle E.6: . Kostenstruktur eines schwingungsgedämpftenStraßenbahngleises mit Kammerfüllkörper ....................268Tabelle E.7: . Kostenstruktur eines Straßenbahngleisesmit Ortec-Flüsterschiene ................................................268Tabelle E.8: . Idealtypische Kostenfaktoren vonFahrwegkonstruktionen im Überblick .............................269


X I VI n h a l tListe der AbkürzungenACTALISSAPTSASEAGBLFA-TKBMFTBMVBWBNBOKraftBOMBOStrabBRTBVGCARCCAOCERTUCLEOCRTCUGNDEDESDHMDRISDVWGEAEEAHVESGETCSEURFCFGSVGARTGfKGIEGLTGVFGGVUHOVIGBTIMTSAzienda Consorziale Trasporti 2xokAlimentation Statique par le SolAdvanced Public Transport SystemsAachener Straßenbahn <strong>und</strong> Energieversorgungs-AGB<strong>und</strong>-Länder-Fachausschuss fürTechnisches KraftfahrwesenB<strong>und</strong>esministerium für Forschung <strong>und</strong> TechnologieB<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau <strong>und</strong> WohnungswesenWaggonfabrik Brugeoise et NivellesVerordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen imPersonenverkehrBrabantse Ontwikkeling MijStraßenbahn- Bau- <strong>und</strong> Betriebsordnung<strong>Bus</strong> Rapid TransitBerliner VerkehrsbetriebeCommunauté d‘AgglomérationCommunauté de Communs de l’Agglomération OrléanaiseCentre d‘Études sur les Réseaux, les Transports,l‘Urbanisme et les Constructions publiquesConcevoir la Liaison Est-OuestContinuously Regenerating TrapCommunauté Urbaine du Grand NancyDiesel-elektrischer AntriebDiesel-elektrischer Antrieb mit SpeichermediumDiesel-hydromechanischer AntriebDoorstroming, Regelmaat, Informatievoorzienig, StiptheidDeutsche Verkehrswissenschaftliche GesellschaftEmpfehlungen für die Anlage von ErschließungsstraßenEmpfehlungen für die Anlage von HauptverkehrsstraßenEmpfehlungen zur Gestaltung innerhalb bebauter GebieteEuropean Train Control SystemEuroFuel CellForschungsgesellschaft für Straßen- <strong>und</strong> VerkehrswesenGroupement des Autorités Responsables de TransportGlasfaserverstärkter KunststoffGroupement d’Intérêt EconomiqueGuided Light TransitGemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzGemeentelijk Vervoerbedijf UtrechtHoogwaardig Openbaar VervoerInsulated Gate Bipolar TransistorIntelligent Multi-Mode Transit System


I n h a l tX VITELéoLFLPGLSALSOLZBMBMIVMLPMVEL-NRWNFNRWNSÖPNVÖVPDUPEMPmBPREDITR.V.I.RAS-LRAS-ÖRATPRBLRiLSARisRStORUBISSAESAEIVSAEMSAPEISAPHIRSCRSEMTAOSGTESIVOMSMAInstitut zur Erforschung technologischer EntwicklungslinienLiaison Est-OuestLow FloorLiquefied Petroleum GasLichtsignalanlageB<strong>und</strong>-Länder-Fachausschuss für Stadtbahnen <strong>und</strong>andere spurgeführte OrtsverkehrssystemeLinienförmige ZugbeeinflussungMercedes-Benz OmnibusseMotorisierter IndividualverkehrMétro Léger sur PneusMinisterium für Verkehr, Energie <strong>und</strong> Landesplanung desLandes Nordrhein-WestfalenNiederflurNordrhein-WestfalenNiederländische StaatsbahnÖffentlicher PersonennahverkehrÖffentlicher VerkehrPlan de Déplacements UrbainsProton Exchange MembranePolymermodifizierte BindemittelProgramme Recherche Innovation Transport TerrestresRenault Vehicules IndustrielsRichtlinie für die Anlage von Straßen - LinienführungRichtlinie für die Anlage von Straßen - Anlagen desöffentlichen PersonennahverkehrsRégie Autonome des Transports ParisiensRechnergestütztes BetriebsleitsystemRichtlinien für LichtsignalanlagenReizigers Informatie SysteemRichtlinien für die Standardisierung des Oberbaus vonVerkehrsflächenRubber-tyred Intermediate Transport SystemSystème d’Aides à l’ExploitationSystème d’Aide à l’Exploitation et à l’Informationdes VoyageursSociété Anonyme d’Économie MixteServices Annexes aux Poles d’Échange IntermodauxSystème d’Aide Électronique à la Préparation des Horaires,à l’Information et la Régulation du TraficSelective Catalytic ReductionSociété d’Économie Mixte de Transport del’Agglomération OrléanaiseSociété Générale de Techniques et d’ÉtudesSyndicat Intercommunal à Vocations MultiplesSplittmastixasphalt


X V II n h a l tSMTCACSNCFSNVSP HOVSPNVSRESSBSTEPSTIFSTIFSTOAGSTPStreamSTSStVZOT2CTABTCARTCSPTECTEORTfLTLTPGNTSFTÜVTVMTVRUITPukAULFVALVBLVCTVDVVGCVINEXVLPWAPZFZTVZVBSyndicat Mixte des Transports en Commune del’Agglomération CaennaiseFranzösische StaatsbahnStudiengesellschaft NahverkehrStichting Platform Hoogwading Openbaar VervoerSchienenpersonennahverkehrSamenwerkingsverband Regio EindhovenStuttgarter Straßenbahnen AGSystème de Transport Electrique sur PneusSyndicat des Transports d’Ile de FranceSystème de Transport Intermédiaire du FerStadtwerke Oberhausen AGSyndicat des Transports ParisiensSistema di Trasporto Elettrico ad Attrazione MagneticaSpezial-Transport-SystemeStraßenverkehrszulassungsordnungTransport de CommunTechnische AufsichtsbehördeTransports en Commun de l'Agglomération RouennaiseTransport Collectif en Site PropreTransport en Commun en WallonieTransport Est-Ouest RouennaisTransport for LondonTransports Publics de la Région LausannoiseTramway sur Pneus du Grand NancyTramway Standard FrançaisTechnischer ÜberwachungsvereinTrans Val de MarneTransport sur Voie RéservéeUnion Internationale des Transports PublicsUltra kompaktes AntriebssystemUltra Low FloorVéhicules Automatiques LégèresVerkehrsbetriebe der Stadt LuzernVirtually Coupled Train FormationsVerband Deutscher VerkehrsunternehmenVolvo Emission ControlVlerde Ruimteijke Ordening Nota ExtraVeículo Leve sobre PneusWireless Application ProtocolZahnradfabrik FriedrichshafenZusätzliche Technische VertragsbedingungenZugerland Verkehrsbetriebe


E i n l e it u n g 11 Einleitung1.1 Motivation<strong>Bus</strong> Rapid Transit, <strong>Bus</strong>bahn, Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme <strong>und</strong> Tramway surPneus – es stehen hierbei Fahrzeugkonzepte im Mittelpunkt, deren Zieleine aufwandsarme Infrastruktur unter Verwendung der kostengünstigen<strong>Bus</strong>technologie ist, <strong>und</strong> die darüber hinaus das positiv belegte Image einerStraßenbahn vermitteln <strong>und</strong> damit die Attraktivität <strong>und</strong> Akzeptanz desÖPNV steigern wollen (Bild 1).Die zahlreichen Fahrzeugkonzepte sind allesamt erneute Versuche eineroptimierten Superposition des Verkehrssystems Straßenbahn mit demmodernen Linienbusverkehr. Ausgehend von dem Großserienprodukt<strong>Bus</strong> soll eine eigenständige Verkehrskategorie gebildet werden. Auch solleine Alternative zu einer Schienenbahn geschaffen werden, denn die<strong>Bus</strong>industrie findet sowieso, dass viel zu viel Geld in <strong>Bahn</strong>systeme fließt.Geworben wird mit berührungsfreien Spurregelungen, Monoschienenführung,Brennstoffzelle, elektronischer Deichsel, bimodalen Fahrwerken<strong>und</strong> vielem mehr. Anders als beim Linienbusverkehr sind eigene, störungsfreieFahrwege fester Bestandteil der Überlegungen. !"# $%&%'%()*&In dieser Aufbruchsstimmung ist bisher die Frage unbeantwortet geblieben,bei welcher verkehrsplanerischen Aufgabenstellung der Einsatz derinnovativen <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> 1 überhaupt geeignetist.Eine große Erschwernis bei Bewertungen <strong>und</strong> Vergleichen ist die Tendenzzur geschönten Vorteilsbilanz der Fahrzeughersteller. Da es sichum neue Fahrzeugtypen handelt, gibt es auch für die Planungsbeteiligtenkaum gesicherte Erkenntnisse, auf die zurückgegriffen werden könnte.So werden von den Fahrzeugherstellern zahlreiche Vorteile herausgestellt,die nur bedingt auf ein Fahrzeugkonzept „auf Gummireifen“ zurückzuführensind. Was bei der Vielfalt der Fahrzeugkonzepte zunächst einmalfehlt, ist ein Bewertungsansatz, der ein objektives Urteil über die Eignungder Fahrzeugtypen einschließlich ihrer Betriebsanlagen ermöglicht.1 Im Hause des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) findet die Bezeichnung„Innovative <strong>Transportsysteme</strong> auf Basis der <strong>Bus</strong>technologie“ Verwendung. „Intermediale“oder „High-Performance“ <strong>Transportsysteme</strong> sind ebenfalls gebräuliche Bezeichnungen. Inden Niederlanden hat sich die Bezeichnung „Hoogwaardig Openbaar Vervoer“ (HOV), also„Hochwertiger (bzw. anspruchsvoller) öffentlicher Verkehr“ durchgesetzt. Die gewählteBezeichnung „Nahverkehrssysteme <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>“ orientiert sich an den Bezeichnungen„Rubber-tyred Intermediate Transport Systems“ bzw. „Système Intermédiare“,welche als gummibereifte „Zwischen“-Systeme übersetzt werden können.


2E i n l e it u n g+,- $./.!$(0.'1Die Aktualität der Thematik lässt sich daran ablesen, dass die innovativen,teils bimodalen <strong>und</strong> auch hybriden Fahrzeugkonzepte zukünftigz. B. in Eindhoven (Phileas) <strong>und</strong> Utrecht (HOV; beide Niederlande), LasVegas (USA), Clermont-Ferrand <strong>und</strong> Rouen (alle drei Civis), Caen <strong>und</strong>Nancy (GLT/TVR, Guided Light Transit/Transport sur Voie Réservée, dieletzten vier Städte in Frankreich), Clermont-Ferrand, Padua (Italien) <strong>und</strong>Aquila (Italien, die letzten drei Translohr) sowie Triest (Probebetrieb Stream,Italien) im innerstädtischen Linienverkehr zum Einsatz kommen werdenoder bereits im Linieneinsatz sind (Bild 2).1.2 Ziel der ArbeitZiel der Arbeit ist es, einen Planungsleitfaden über <strong>Transportsysteme</strong><strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> für den Bereich der operativen Verkehrsplanungzu erstellen. Auf diese Weise soll Planungsbeteiligten eine konzeptionelleEntwurfs- <strong>und</strong> Entscheidungshilfe bei Neuplanungen an die Hand gegebenwerden.An den Anfang der Arbeit wird dazu eine technische Gegenüberstellunggesetzt. Im Mittelpunkt steht hierbei die „Hardware“ der neuenNahverkehrssysteme, also das eigentliche Transportsystem, welches imWesentlichen durch das Verkehrsmittel <strong>und</strong> seine entsprechenden Betriebsanlagengekennzeichnet ist. Es werden zunächst einheitliche Begriffsdefinitionen<strong>und</strong> eine Klassifizierung erarbeitet, um eine Verständigungüber die wesentlichen technischen Zusammenhänge zu erleichtern.Als nächstes gilt es die Möglichkeiten des Einsatzes dieser <strong>Transportsysteme</strong>für städtische Verdichtungsräume offen zu legen. Eine Studie ersterprojektierter Systeme wird dargestellt. Bei diesen Betrachtungen sollweniger die Technik eine Rolle spielen als vielmehr die planerischen Einsatz-<strong>und</strong> Entwurfsparameter der <strong>Transportsysteme</strong>.Darüber hinaus soll den Planungsbeteiligten ein Verfahren für eine verkehrsmittelgerechteBewertung der <strong>Transportsysteme</strong> zur Verfügung gestelltwerden, welches vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines konkreten Verkehrsraumesbei einer Systemauswahl angewandt werden kann. Dort hineinwerden letztlich die Erkenntnisse aus der technischen Untersuchung <strong>und</strong>der Gegenüberstellung der planerischen Entwurfs- <strong>und</strong> Einsatzgrößeneinfließen.Im Vordergr<strong>und</strong> soll hierbei vor allem eine differenzierte Betrachtung vonArgumenten stehen, die üblicherweise für oder gegen ein Transportsystemherangezogen werden − <strong>und</strong> nicht etwa die Bewertung der <strong>Transportsysteme</strong>selbst.


E i n l e it u n g 31.3 BegriffserklärungenEhe auf Einzelfragen einer verkehrsmittelgerechten Einsatzplanung eingegangenwird, ist es zweckmäßig, die Begriffe Transportsystem <strong>und</strong>Nahverkehrssystem klar voneinander abzugrenzen.Ein Transportsystem ist gebildet aus der Menge gleichartiger Fahrzeuge<strong>und</strong> dem zugehörigen Fahrweg. Auch die Regeleinrichtungen, die diesebeiden Komponenten zu einem System verknüpfen, sind Bestandteiledes Systems. Ein neuartiges Transportsystem für sich betrachtet ist abernoch kein vollständiges System. Erst die Integration in ein öffentlichesNahverkehrsangebot <strong>und</strong> eine umfassende Einführungsstrategie, die dieAufmerksamkeit der Öffentlichkeit fördert, vermag aus einem neuenTransportsystem ein hochwertiges <strong>und</strong> wirksames Nahverkehrssystemzu formen.Die Kernaspekte eines wirksamen, städtischen Nahverkehrssystems hatder Autor in einem Beitrag im Rahmen einer Vortragsreihe an der BergischenUniversität Wuppertal, Fachzentrum Verkehr, Oktober 2000, wiefolgt bezeichnet:ServiceorientierungEntschlossenheitSystemgedankeMobilitätsoptimierungKonkurrenzfähigkeitWirtschaftlichkeitImageStadtgestaltung("". /" 2 0- • Mobilitätsoptimierung im Sinne abgestimmter TeilverkehrssystemePkw, Rad, zu Fuß, ÖPNV; verkehrslenkende <strong>und</strong> flankierende Maßnahmen(Zufahrtsbeschränkungen, Parkraumreduzierung); DifferenzierteBedienungsformen; Mobilitätsmanagement etc.,• Konkurrenzfähigkeit gegenüber MIV – zuverlässiges, verfügbares<strong>und</strong> schnelles Verkehrsangebot mit sicheren Anschlüssen; Netzdichte,Dichte <strong>und</strong> Erreichbarkeit der Zugangsstellen, attraktive Tarifstruktur(günstige Gemeinschafts- bzw. Verb<strong>und</strong>tarife, Zeitkarten-Abonnement); bequemes Vertriebssystem etc.,• Wirtschaftlichkeit – hohe Effektivität <strong>und</strong> Wirkungsgrade, professionelleManagementorganisation; Reduzierung von Kapital- <strong>und</strong> Betriebskosten(private Finanzierungsansätze; Verkehrsmittelwahl entsprechenddem Fahrgastaufkommen; kurze Umlaufzeiten) etc.,


4E i n l e it u n g• Stadtgestaltung – Re-Design der Innenstädte/Fußgängerzone; Orientierungder Siedlungsentwicklung an dem ÖPNV-System (Aufwertungvon Stadtteilen durch attraktives Nahverkehrsangebot; Planungvon Neuansiedlungen entsprechend den Linienästen) etc.,• Entschlossenheit – zielgerichtetes Vorgehen (Eintracht innerhalbder Parteienlandschaft; erster Realisierungsschritt ist unumkehrbar)etc.,• Serviceorientierung – Fahrgäste bedienen; sichere, saubere,fre<strong>und</strong>liche Erlebniswelt für den Fahrgast; Ansprechpartner vor Ort;Beschwerdemanagement; Marketingstrategie unter Einbezug intermodalerProduktangebote (Fahrradbeförderung, AnrufSammelTaxi,Car-sharing, Autovermietung, Park-and-Ride etc.),• Fahrzeug <strong>und</strong> Fahrweg als System – niederflurige <strong>und</strong> emissionsarmeFahrzeuge auf Eigentrassen (Beschleunigungs- <strong>und</strong> Bevorrechtigungsmaßnahmen,ÖPNV-Sonderfahrstreifen, besondereÖPNV-Fahrwege); barrierefreie <strong>und</strong> standardisierte Haltestellen;Steuerungs- <strong>und</strong> Regelungseinrichtungen (LSA-Beeinflussung, Integrationder Datenhaltungen, Betriebsstörungsmanagement); Fahrgastinformationselemente etc.,• Image – vermittelnde Öffentlichkeitsarbeit („Tue Gutes <strong>und</strong> rede darüber“);Verkehrsmittel unterstreicht Einzigartigkeit der Stadt; Corporate-Design;politisches Marketing, Bewusstseinsbildung im Hinblickauf den gesellschaftlichen Nutzen.3.44 556 7!.6 /&" -Eine Bindung an ein bestimmtes Verkehrsmittel ist bei den dargestelltenKernaspekten, die die Integration in ein öffentliches Nahverkehrsangeboterst ermöglichen, nicht gegeben. Die Wirksamkeit eines Nahverkehrssystemsist vielmehr über organisatorische Merkmale charakterisiert, dieverkehrsmittelübergreifend sind. In Frankreich zeigt sich die konsequenteWeiterführung dieser Erkenntnis denn auch in dem Bestehen einereigenen, verkehrsmittelübergreifenden Verkehrskategorie. Hierspricht man von TCSP: Transport Collectif en Site Propre – also Nahverkehrauf einer bevorrechtigten ÖPNV-Eigentrasse in einem hierarchischaufgebauten ÖPNV-Vorrangnetz – ohne dass hierbei ein bestimmtesVerkehrsmittel im Vordergr<strong>und</strong> stehen muss (Bild 3).Für die Erarbeitung einer verkehrsmittelgerechten Planung ist dieser Zusammenhanginsofern von Bedeutung, da sich die o. g. Merkmale einesNahverkehrssystems nicht dazu eignen, im Rahmen einer verkehrsmittelgerechtenEinsatzplanung die Präferierung eines der unkonventionellen<strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> zu ermöglichen. Die Untersuchungbeschränkt sich deshalb in erster Linie nur auf Merkmale, dieauch eindeutig einem bestimmten Verkehrsmittel zugeordnet werdenkönnen.


E i n l e it u n g 51.4 Aufbau der ArbeitDie einzelnen Untersuchungsschritte, Erkenntnisse <strong>und</strong> Empfehlungender verkehrsmittelgerechten Einsatzplanung werden im vorliegendenHauptteil der Arbeit wiedergegeben. Aufbauend auf den Erkenntnissender technischen Untersuchung (Anhänge A - E) wird eine ganzheitlicheBetrachtung der <strong>Transportsysteme</strong> vorgenommen. Es stehen hierbei zumeinen das Zusammenwirken, zum anderen gegenseitige Abhängigkeitender Einzelkomponenten eines Transportsystems im Vordergr<strong>und</strong>. ImDetail enthält der Hauptteil der Arbeit folgende Ausführungen:Kapitel 2richtet den Blick auf bisherige Meilensteine der Entwicklungunkonventioneller <strong>Transportsysteme</strong> einschließlichihrer prägenden Merkmale, so dass eine Klassifizierung allerLösungsansätze <strong>zwischen</strong> Linienbusverkehr <strong>und</strong> dem<strong>Bahn</strong>verkehr Rad/Schiene möglich wird.Kapitel 3stellt als Ergebnis einer umfassenden fahrzeug- <strong>und</strong> fahrwegseitigenUntersuchung eine vereinfachte Klassifizierungvor, die sich nur noch auf marktreife <strong>Transportsysteme</strong>beschränkt.Kapitel 4leitet anhand beispielhafter Monographien verkehrsplanerischeEntwurfs- <strong>und</strong> Einsatzgrößen ab, so dass vor demHintergr<strong>und</strong> eines konkreten Verkehrsraumes die Anzahlder marktreifen <strong>Transportsysteme</strong> auf eine Vorauswahl vonprojektgeeigneten <strong>Transportsysteme</strong>n reduziertwerden kann.Kapitel 5widmet sich im Rahmen eines Planungsleitfadens detailliertden systemspezifischen Eigenschaften, den betriebstechnischenAnforderungen, der städtebaulichen Eignung sowieden wirtschaftlichen Auswirkungen, um die bisherige Auswahleines zielgerechten Transportsystems in ausgewogenerWeise unterstützen zu können.Kapitel 6fasst schließlich die Ergebnisse zusammen.Die technischen Untersuchungsergebnisse der neuartigen fahrzeug- <strong>und</strong>fahrwegseitigen Systemkomponenten (Kapitel 2 <strong>und</strong> 3) sind in den AnhängenA - E zusammengestellt. In den Anhängen werden die Komponenten„freigeschnitten“ dargestellt <strong>und</strong> hinsichtlich technischer Einzelfragenvertiefend erläutert. In den Anhängen werden folgende Einzelkomponentenbehandelt:


6E i n l e it u n gAnhang AAnhang BAnhang CAnhang D:Anhang E:Fahrzeug- <strong>und</strong> AntriebskonzeptAutomatische QuerführungStromzuführungElektronische DeichselFahrwegkonstruktionenIn den Anhangbänden werden hinsichtlich der fahrzeug- <strong>und</strong> fahrwegseitigenSystemkomponenten begriffliche Definitionen eingeführt, bishergewonnene Erfahrungen zusammengestellt, der Stand der Entwicklungdokumentiert sowie zukünftige realistische Entwicklungsrichtungen abgeleitet.


D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n 72 Derzeitiges Herstellerangebot<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong><strong>Bahn</strong>2.1 Der Markt der <strong>Transportsysteme</strong>Die heute den Markt maßgeblich beeinflussenden französischen Zwischensystemeberuhen auf dem Bestreben, kostengünstigere <strong>Transportsysteme</strong>im Vergleich zur Straßenbahnen zu entwickeln – ohne dabeiaber weniger attraktiv zu sein. Mitauslöser der Entwicklung war ein Briefvon Marcel Cavaillé, Staatssekretär des französischen Verkehrsministers.In dem unter seinem Namen bekannt gewordenen Brief (1975) andie größten Provinzstädte des Landes forderte Cavaillé die Städte auf,nach rasch <strong>und</strong> kostengünstig umzusetzenden verkehrstechnischen Lösungenfür oberflächengeb<strong>und</strong>ene ÖPNV-Systeme zu suchen – mit einemMaximum an eigenen Fahrkörpern. Aufgr<strong>und</strong> der Energiekrise, desweiter ansteigenden <strong>und</strong> kaum zu bewältigenden Kraftfahrzeugaufkommenssowie eines oft sehr unattraktiven öffentlichen Verkehrs, war derStaat bereit, für eine stadtverträglichere Verkehrspolitik elektrischeÖPNV-Systeme finanziell zu fördern. Cavaillé betonte, dass es sich dabeium Straßenbahnen moderner Prägung handeln könnte. Kern der Cavaillé-Botschaftwar allerdings nicht der Planungsauftrag für Straßenbahnen,sondern das Plädoyer für unbehindert befahrbare Hauptachsen in einemhierarchisch aufgebauten ÖPNV-Vorrangnetz − gleich von welchem Verkehrsmittel.Der Gedanke der unkonventionellen Système Intermédiaireals Alternative zur Rad/Schiene-Straßenbahn wurde geboren.Die wichtigsten Lösungsansätze dieser <strong>und</strong> anderer unkonventionellerFahrzeugtypen <strong>zwischen</strong> dem modernen Großserienprodukt Omnibus<strong>und</strong> der leichten Schienenbahn werden im Folgenden zunächst allgemeinbeschrieben. Sie werden chronologisch vorgestellt, um auch Beweggründe<strong>und</strong> Wertvorstellungen damaliger Rahmenbedingungen vermitteln zukönnen. Das Ziel ist letztlich eine Gruppierung der bisherigen Lösungsansätze,d. h. die einzelnen Bauarten sollen begrifflich einem eingeführtenFahrzeugtyp zugeordnet werden.


8D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h nBetrachtet werden nachfolgend auf der einen Seite <strong>Bus</strong>züge, also vierachsigeStraßenfahrzeuge mit Sonderlänge, sowie auf der anderen Seitespurgeführte Fahrzeuge auf Gummireifen im 30-m-Bereich bzw. zumweiterführenden Vergleich entsprechende leichte <strong>und</strong> aufwandsarmeFahrzeugtypen aus dem Bereich der Rad/Schiene-Technik.Es werden damit ausschließlich Fahrzeugkonzepte <strong>zwischen</strong> dem modernenLinienbusverkehr <strong>und</strong> dem <strong>Bahn</strong>verkehr Rad/Schiene untersucht,wobei niederflurige Fahrzeugprodukte mit vergleichbarer, hoher Beförderungskapazitätin den Vordergr<strong>und</strong> gerückt werden. Allen Fahrzeugkonzeptenist gemein, dass sie, anders als beispielsweise beim Linienbusverkehr,weitestgehend auf einer spezifischen Fahrweginfrastruktur eingesetztwerden <strong>und</strong> ferner, dass die Fahrzeugzulassung nicht ohneWeiteres mit der StVZO vereinbar ist.2.2 Die Idee eines Dual-Mode-KonzeptesMit Beginn der siebziger Jahre stand besonders in Deutschland die Dual-Mode-Technik am Anfang aller Überlegungen eines Fahrgastbetriebs aufBasis eines hochwertigen <strong>und</strong> universell einsetzbaren Omnibusses. DieDual-Mode-Technik bildete bereits in den siebziger Jahren im Förderungsprogrammdes damaligen B<strong>und</strong>esministeriums für Forschung <strong>und</strong>Technologie (BMFT) einen der wesentlichen Schwerpunkte.Unter den Begriff Dual-Mode <strong>Bus</strong> fällt hierbei gleichermaßen der Duobus(<strong>Bus</strong> mit bimodalem Antrieb) als auch der spurgeführte Omnibus, welcheranfangs auch als „automatisch quergeführter <strong>Bus</strong>“ bezeichnet wurde. DieOmnibusse mit elektronischer oder mechanischer Querführung sind alsDual-Mode <strong>Bus</strong> oder kurz <strong>und</strong> prägnant als Spurbus verkehrstechnischeingeführt.Der Dual-Mode <strong>Bus</strong> zeichnet sich im klassischen Sinne durch vier möglicheKombinationen der Betriebsmodi aus, <strong>zwischen</strong> denen im Regelbetriebannähernd übergangslos gewechselt werden kann:• automatisch quergeführt <strong>und</strong> dieselbetrieben (Betrieb als Spurbus)• automatisch quergeführt <strong>und</strong> Elektro-Modus (Betrieb als quergeführterElektrobus),• handgelenkt <strong>und</strong> dieselbetrieben (Betrieb als Omnibus)• handgelenkt <strong>und</strong> Elektro-Modus (Betrieb als Elektrobus).2.3 Richtungsweisende ForschungsprogrammeNeben der konventionellen Weiterentwicklung der Fahrzeuge <strong>und</strong> ihrerAusstattung standen in den siebziger Jahren insbesondere bimodale Antriebe<strong>und</strong> Fragen des Fahrwegs im Vordergr<strong>und</strong>. Im Bereich der Fahr-


D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n 9wegentwicklung befasste man sich mit Elementen der Fahrbahn <strong>und</strong> derHaltestelle, dann aber vor allem mit der Frage, wie sich ein Omnibus aufseinem Fahrweg selbsttätig lenken oder führen lässt. Den theoretischenUntersuchungen folgten praktische Erprobungen. Hierfür errichteten dieFirmen Daimler-Benz in Rastatt <strong>und</strong> MAN in München auf ihrem jeweiligenBetriebsgelände Erprobungsanlagen. Auf der internationalen Verkehrsausstellungin Hamburg im Jahre 1979 hatte die Öffentlichkeit erstmalsGelegenheit, an R<strong>und</strong>fahrten mit elektronisch <strong>und</strong> mechanischquergeregelten Omnibussen teilzunehmen.Ziel dieser Entwicklungen war es, das Verkehrsmittel Omnibus zu einemso genannten <strong>Bus</strong>verkehrssystem zu erweitern. Dieses neuartige Systemsollte neben den bekannten Systemen Straßenbahn, Stadtbahn, U-<strong>Bahn</strong><strong>und</strong> S-<strong>Bahn</strong> erweiterte verkehrstechnische Wahlmöglichkeiten schaffen<strong>und</strong> gleichzeitig – aufbauend auf dem vergleichsweise kostengünstigenFahrzeug Omnibus – die Wirtschaftlichkeit bei den Bau- <strong>und</strong> Betriebskostensteigern (AHLBRECHT 1992, S. 1).Aufgr<strong>und</strong> systematischer Vorüberlegungen <strong>und</strong> kritischer Analysen, dargestelltin der vom BMFT geförderten Studie Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systemevon Dornier System <strong>und</strong> Dorsch Consult (1975), ging man zuvor davonaus, dass das Risiko der Entwicklung von bimodalen <strong>Bus</strong>verkehrssystemenmöglichst klein gehalten werden sollte. Hieraus folgte, dass Dual-Mode-Systeme – sowohl hinsichtlich des Antriebs als auch der Querführung– nur in evolutionärer Weise auf Basis der konventionellen <strong>Bus</strong>technikin Angriff zu nehmen waren, also der Aufbau auf möglichst bewährte<strong>und</strong> erprobte Technologien zu setzen hatte.2.4 Anwendungen des SpurbussesGefördert vom B<strong>und</strong>esforschungsministerium ist so zum Beispiel 1980 inEssen eine erste spurgeführte ÖPNV-Trasse eröffnet worden (FulerumerStraße), die mit modifizierten Standard-Fahrzeugen der HerstellerfirmenMercedes-Benz Omnibusse <strong>und</strong> MAN befahren wurden. Später wurde imVerlauf der Wittenbergstraße eine Mischbetriebsstrecke Straßenbahn/Linienbusmit einer ergänzenden zweipoligen Fahrdrahtanlage fürden Duobus eingerichtet, um die Einbeziehung eines Duospurbusses inden Straßenbahn-Innenstadttunnel vorzubereiten (Bild 4).Losgelöst von dem Probebetrieb in Essen benennen die Hersteller dieVorteile einer automatischen Querführung mit der Zulässigkeit hoherFahrgeschwindigkeiten bis 100 km/h bei geringstem Platzanspruch <strong>und</strong>mit der damit verb<strong>und</strong>enen Steigerung der Leistungsfähigkeit. Ein gewichtigerVorteil zum damaligen Omnibusverkehr – die Entwicklungstendenzenzum Niederflurverkehrssystem waren noch nicht absehbar –wurde des Weiteren in der genauen Anfahrt der Haltestellenplattformenmittels einseitiger Spurführung gesehen:85 "" 9" :1 7" /'"1..101121.(;


1 0D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n


D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n 1 1ßen, hohe Energiedichte des Diesel-Kraftstoffes sowie hohe betrieblicheFlexibilität genannt, als nachteilig stellte sich die Abhängigkeit von Erdöl<strong>und</strong> die lokale Emissionslast heraus, damals noch gut sichtbar als Rußwolke.Gerade in den siebziger Jahren fielen diese Nachteile stark insGewicht, da Dieselkraftstoff zum einen knapp <strong>und</strong> teuer war <strong>und</strong> zum anderenUmweltaspekte zunehmend an Bedeutung gewannen.Der elektrische Antrieb bot hier eine gewisse Unabhängigkeit von derPreisspirale bei der Erdölproduktion <strong>und</strong> darüber hinaus einen lokalemissionsfreien Fahrbetrieb – wobei diese beiden Vorteile mit der Einrichtungeiner doppelpoligen Fahrleitungsanlage <strong>und</strong> einem höherenFahrzeuggewicht verknüpft sind. Der Duo-Obus mit jeweils zwei vollwertigenFahrantrieben – einem Dieselaggregat (oder einer Batterie für denAntrieb) <strong>und</strong> einer abschnittsweisen Oberleitungsanlage – sollte mittelsVerschmelzung der Vorteilsbilanzen neue Spielräume bei einer verkehrsmittelgerechtenÖPNV-Planung ermöglichen.Ein erstes Duo-Obus-Konzept wurde in Deutschland im Frühjahr 1975von der Daimler-Benz AG als Netz-/Batterie-Fahrzeug fertiggestellt. Zweiweiterentwickelte Fahrzeuge Mercedes O 305 B sind im Fahrgastprobebetriebab 1979 in Esslingen eingesetzt worden, es folgten drei weitereNetz-/Diesel-Fahrzeuge. Überarbeitete Fahrzeugversionen sind in Esslingen(zwei Mercedes Benz O 405 GTD ab Ende 1983) <strong>und</strong> Essen (abMai 1983 ein Mercedes Benz O 405 GTD <strong>und</strong> ein MAN SG 240 H Duo,beide mit automatischer Querführungsvorrichtung) im Fahrgastbetriebgetestet worden <strong>und</strong> schließlich auch als Kleinserie im Betriebsalltag zumEinsatz gekommen.Nicht nur in Deutschland, auch in Frankreich wurde die Duobusentwicklungbei R.V.I. (Renault Véhicules Industriels) im Zuge der Energiekriseforciert: Ab 1973 wurde der Solo-Duobus Renault ER 100R/ER 100Hentwickelt <strong>und</strong> zur Einsatzreife gebracht, teilweise auch mit Nickel-Cadmium-Batterie. Im Jahr 1982 wurden 48 Diesel-/Netz-Serienfahrzeuge Renault PER 180H in einer Gelenkausführung sowohlmit einem vollwertigen elektrischen (Choppersteuerung), als auch einemdiesel-hydromechanischen Fahrantrieb zuerst an die Stadt Nancy, späterauch an die Städte St. Etienne <strong>und</strong> Grenoble ausgeliefert. Aus der Zeitder frühen achtziger Jahre stammen weitere Konstruktionsentwürfe vonDuo-Obussen in den Niederlanden (Van Hool/Kiepe), Schweiz (Volvo/ABB),Finnland (SWS Trolleybus) <strong>und</strong> Italien (Mauri, Fiat).Seit Winter 1996 findet eine weitere Variante des Duobusses Beachtung.Das Konzept von AnsaldoBreda, genannt Stream (Sistema di TrasportoElettrico ad Attrazione Magnetica), umfasst ebenfalls ein bimodalesFahrzeug, das einerseits für die elektrische Energieversorgung über einestraßenbündige Stromzuführung ausgerüstet ist <strong>und</strong> andererseits übereine an Bord befindliche Traktionsbatterie verfügt:


1 2D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n@'1" $'; ." #"9 #" :"/-. $(0.(&'%1'(• Das System Stream ist als ein Netz-/Batterie-<strong>Bus</strong> mit abschnittsweiserstraßenbündiger Stromzuführung (Duo-Elektrobus) zu bezeichnen.Derzeit ist der Technologieträger ein Niederflur-ElektrobusN 6114 des Fahrzeugherstellers Neoplan mit Batteriehilfsantrieb. EinGelenk-Elektrobus N 6121 steht ebenfalls zur Verfügung. Die Batteriebussesind mit einem unter dem Fahrzeugrahmen kardanisch aufgehängtenGleitschlitten als Stromabnehmer ausgestattet, der einenKontaktschuh als Schleifer mit sich führt. Die Omnibusse sind optionalfür eine automatische Spurregelung vorbereitet, jedoch wird eineAnwendung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ins Auge gefasst. Essollten auch Tests auf einer Demonstrationsstrecke im Rahmen einesVersuchs der Azienda Consorziale Trasporti (ACT) im Stadtzentrumvon Triest durchgeführt werden, jedoch erfolgte bisher noch keineallgemeine Zulassung des Stromzuführungssystems, wohl aber Mitte2002 eine „Notice to operate“ (Bild 7).2.6 Les Systèmes guidés sur Pneus − französischeNeuentwicklungenLosgelöst von den Obus-Entwicklungen der frühen achtziger Jahre wurdenMitte der neunziger Jahre in Frankreich die ersten anwendungsreifenNeuentwicklungen unkonventioneller <strong>Transportsysteme</strong> auf Basis der<strong>Bus</strong>technologie vorgestellt. Während der UITP-Ausstellung (Union Internationaledes Transports Publics) 1997 in Stuttgart wurde schließlich einGIE (Groupement d’Intérêt Economique) gegründet. Teilnehmer des GIEkommen aus der Industrie ANF Industrie/SPIE Enertrans, Lohr Industrie,Matra, Renault <strong>und</strong> Michelin. Von der Betreiberseite beteiligen sich u. a.die RATP (Régie Autonome des Transports Parisiens), Transdev sowieCariane (<strong>Bus</strong>tochter der französischen Staatseisenbahn SNCF). Seitensder Verkehrsbehörden <strong>und</strong> Aufgabenträger nehmen teil: Syndicat desTransport Parisiens, Syndicat Clermont-Ferrand, SMTCAC Caen (SyndicatMixte des Transport en Communale l’Agglomération Caennaise),PREDIT (Programme Recherche Innovation Transport Terrestres), GART(Groupement des Autorités Responsables de Transport).A1 -- # 5 $%";&BC5 C!- DD@#;*15Auf der TVM-Strecke (Trans Val de Marne) in Paris (Rungis Marché International– Saint-Maur Créteil), einem 1993 eröffneten <strong>Bus</strong>system aufeigener, 12 km langer ÖPNV-Trasse in Mittellage, sollten Technologie<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit von abschnittsweise quergeführten, gummibereiften<strong>Transportsysteme</strong>n, zulassungsfähig auf Basis der in Frankreich geltendennationalen Vorschriften, unter Beweis gestellt werden. Anders alsbei den Spurbussen mit aufragenden Leitkanten, sollten nur Fahrzeugtypenzum Einsatz kommen, deren Fahrweg auch von allen anderenStraßenverkehrsteilnehmern höhengleich gequert werden kann (Bild 8).


D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n 1 3Angestrebt wurde, die drei entwickelten, innovativen <strong>Transportsysteme</strong>der französischen Industrie unter ähnlichen Einsatzbedingungen zeitlichnacheinander in einem Probebetrieb mit Fahrgästen einzusetzen <strong>und</strong> einerBewertung zu unterziehen. Im Gegensatz zu den Bestrebungen dersiebziger Jahre stellen die vorgestellten Fahrzeugkonzepte vollständigeNeuentwicklungen dar. In Frankreich lautet die Bezeichnung der Verkehrsmittel<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> Systèmes guidés sur Pneus bzw.Systèmes intermédiaires. Hierzu zählen die Bauarten GLT/TVR, Translohr<strong>und</strong> Civis:• Der GLT/TVR (Guided Light Transit/Transport sur Voie Réservée)von ANF Industrie/SPIE Enertrans, heute zugehörig zu BombardierTransportation, ist von der Konzeption her ein diesel-elektrisch angetriebener,vierachsiger Duo-Doppelgelenkbus, der abschnittsweise aneiner Mittelschiene in der Fahrbahn geführt werden soll, ebenso aberauch handgelenkt über eine Allradlenkung steuerbar ist. Der r<strong>und</strong>24,50 m lange GLT/TVR kommt aktuell in Nancy <strong>und</strong> in Caen (Frankreich)zum Einsatz (Bild 9).Die mechanische Spurführung an einer Monoschiene ist 1985 ursprünglichvon der damaligen belgischen Waggonfabrik BN (Brugeoise et Nivelles),Brügge, heute Teil von Bombardier Transportation, entwickeltworden. Der diesel-elektrische Doppelgelenk-Duobus erhielt die BezeichnungMLP (Métro Léger sur Pneus). Nunmehr als GLT (GuidedLight Transit) bezeichnet, pendelten zwei hochflurige Doppelgelenk-Duobusse mit einem Chopper-Obusantrieb <strong>und</strong> einer Dieselgeneratoreinheitab 1988 im Linienverkehr jeweils im Sommerhalbjahr <strong>zwischen</strong>Jemelle <strong>und</strong> Rochefort (Belgien) auf einer eingleisigen, umgebauten Eisenbahntrasseüber 4 km Länge unter Fahrdraht <strong>und</strong> anschließend diesel-elektrischweiter über Han-sur-Lesse bis Levisse (10 km; HONDIUS1990, S. 70).D. ;&+EEE%5('*11,%(*&E. ;&B." /0%5('*1(0.6%(*%0Als die französische Stadt Caen im Jahr 1993 Interesse an dem spurgeführtenDoppelgelenkbus bek<strong>und</strong>ete, wurde als eine dritte Version einniederfluriger Dual-Mode-Prototyp entwickelt, der 1996 die Straßenzulassungerhielt. 1997 wurde der abermals umbenannte TVR (Transport surVoie Réservée) im Fahrgastbetrieb von der RATP auf der TVM über immerhin30.000 km erprobt. Nach mehreren Anläufen gelang es schließlich,in Caen – ein 15,7 km langes System mit 24 Fahrzeugen – <strong>und</strong> inNancy – 9 km geführt <strong>und</strong> 3 km als Obus mit 25 Fahrzeugen – erste Aufträgezu bekommen. In Caen wird eine Einfachfahrleitung verwendet, dadie Schiene als Rückleiter benutzt werden kann. In Nancy wird dagegendie vom Duobus-Netz her bereits weitgehend bestehende doppelpoligeObusfahrleitung verwendet (Bild 10). Ferner ist dort eine 14%ige Steigungzu bewältigen.


1 4D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h nDie Fahrzeugbestellung der CUGN (Centre Urbaine du Grand Nancy),dem Aufgabenträger der Stadt Nancy, erfolgte 1998 bei Bombardier(Crespin, Nordfrankreich). Das designmäßig weiter angepasste FahrzeugTPGN (Tramway sur Pneus du Grand Nancy) kann im Dezember 2000erstmalig nach seiner Zulassung als Sonderfahrzeug des öffentlichenPersonentransports mit einer Betriebsgenehmigung des Präfekten im Linienverkehrzum Einsatz. Der <strong>zwischen</strong>zeitlich unterbrochene Fahrgastbetriebist ab März 2002 nach fahrzeugtechnischen <strong>und</strong> streckenseitigenNachbesserungen stufenweise wieder aufgenommen worden.Dennoch ist es wiederholt zu weiteren Entgleisungen der Schienen-Fahrwerke gekommen.1 1 / .66 &%*0',.*1+( / " &%*0',.*1Eine weitere Fahrzeugvariante, die auf der TVM im Fahrgastbetrieb erprobtwurde, ist der „Translohr“ von Lohr Industrie. Der Anlass der Fahrzeugentwicklungim Hause Lohr Industrie war zunächst die Ausschreibungin Caen, später kam hinzu, dass in Paris das damalige STP(Syndicat des Transports Parisiens), neu STIF (Syndicat des Transportsd’Ile de France), auf einer Halbmesserlinie eine entsprechende Straßenbahnauf Gummireifen mit einer Wagenkastenbreite von 2,20 m, einerFahrzeuglänge von 32,50 m <strong>und</strong> einer Spurführung über die gesamteStrecke projektierte (Bild 11). Im Vordergr<strong>und</strong> stand hier ein minimalerVerkehrsflächenbedarf, um einen bevorrechtigten Betrieb durch einendurchgängigen, besonderen ÖPNV-Fahrbahnkörper sicherstellen zukönnen. Bei der Vorplanung dieser gummibereiften Straßenbahn wurdeentsprechend den örtlichen Streckenverhältnissen festgestellt, dass nurdurch eine automatische Querführung <strong>und</strong> die Wahl eines kleinprofiligenWagenkastens eine Vielzahl von Gr<strong>und</strong>stücksankäufen vermieden werdenkönnte:• Der Translohr (Lohr Industrie) ist als eine elektrisch betriebeneLeitschienenbahn auf Gummireifen einzustufen, also mit Oberleitungsanlage,permanent spurgeführt an einer Monoschiene, optionalfür Mehrfachtraktion kupplungsfähig. Der Translohr basiert auf einemmodularen Fahrzeugsystem, um das Fahrzeug unterschiedlichenKapazitäten <strong>und</strong> verschiedenen Bedürfnissen des Marktes anzupassen(Bild 12).36 F .!> #&%*0',.*1Ab 1997 wurde in Duppigheim von dem Hersteller Lohr Industrie forciertan dem Konzept einer Kleinprofilstraßenbahn auf Gummireifen (Systèmede Transport Electrique sur Pneus, STEP) gearbeitet. Lohr Industrie hatneben zwei Versuchsträgern auch einen dreiteiligen Prototypen gefertigt.Der 25,00 m lange Prototyp mit der Bezeichnung Translohr SE 3, für einenspurtreuen Fahrbetrieb in Handlenkung ursprünglich noch mit elektro-hydraulischerAnlenkung aller Achsen <strong>und</strong> einem Lenkrad ausgestattet,befand sich seit November 2000 in Paris auf der TVM <strong>und</strong> ist dort bisMärz 2001 im Testbetrieb mit Spurführung erprobt worden.


D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n 1 5Der Antrieb erfolgte wie beim TVR/GLT in Anlehnung an den üblichenelektrischen <strong>Bahn</strong>betrieb. Zwar sollte für den autonomen Einsatz auf derTVM der Translohr ursprünglich mit einer Gasturbine als Generator ausgestattetwerden, auf eine entsprechende Fahrzeuganpassung ist aberverzichtet worden, da Lohr Industrie in erster Linie auf eine bewährteEinfach-Fahrdrahtanlage zurückgreifen möchte, nach Wunsch gegebenenfallsergänzt um eine herkömmliche Traktionsbatterie bzw. eine kleineNotfahrbatterie.Mittlerweile liegt für Paris im Rahmen des Contrat de Plan Etat – RégionIle-de-France 2000/2006 ein Beschluss vor, eine Straßenbahn auf Gummireifenvon St-Denis nach Garges (Nr. 21 des Contrat de Plan) zu bauen– vorbehaltlich der noch ausstehenden Ausschreibung. Darüber hinaussteht fest, dass der Translohr 2005 auf einer im Bau befindlichen,12 km langen Strecke in Clermont-Ferrand (23 vierteilige Fahrzeuge)zum Einsatz kommen wird. Auch in den italienischen Städten Padua(10,5 km, 14 dreiteilige Fahrzeuge) <strong>und</strong> L‘Aquila (5,7 km, 7 dreiteiligeFahrzeuge) liegen Vertragsabschlüsse vor, wenngleich noch Rechtsunstimmigkeitenvor dem Baubeginn zu klären sind. (Bild 13 u. 14).86 .6$ #&%*0',.*1Die dritte innovative französische Fahrzeugentwicklung ist der Civis:• Die Bauart Civis (Irisbus/Iveco Gruppe) entspricht von der Fahrzeugtechnikher weitestgehend dem Designer-Niederflur-Obus Cristalismit Radnabenantrieb, der in drei französischen Städten (Limoges,Lyon, St. Etienne) die veralteten Obusse ersetzen wird. Abweichendist bei dem Fahrzeugkonzept Civis der Fahrerarbeitsplatz mittigeingerichtet, <strong>und</strong> es ist mit dem optischen Lenksystem Visée vonMatra Transport ausgerüstet (Bild 15). Als Lenksignal dient hierbeieine Linienmarkierung, die auf die Straßenoberfläche aufgetragenwird. Aufgr<strong>und</strong> seines diesel-elektrischen Antriebs <strong>und</strong> seines neuartigenLenksystems – aber auch wegen des Design- <strong>und</strong> Marketingkonzepts– gilt der Civis als „<strong>Bus</strong>bahn“-Vorreiter.


1 6D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h nDie Citizen Area Transit (CAT) in Las Vegas unterschrieb eine Absichtserklärungfür die Lieferung von fünf diesel-elektrischen Civis für eine 6 kmlange Demonstrationsstrecke, Lieferung Anfang 2003. Es liegt eine Optionfür fünf weitere Civis vor, Lieferung bei Einlösung 2004.@!- . '71 +EE


D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n 1 7einer Monoschiene <strong>und</strong> in Clermont-Ferrand mit dem Civis eine optischeSpurregelung im allgemeinen Fahrgastbetrieb angewendet. Aus Leeds(Großbritannien) fließen Erkenntnisse aus der Erweiterung des vorhandenenSpurbus-Systems mit ein. Darüber hinaus sollte ab Ende 2002 eineBewertung der straßenbündigen Stromzuführung in Triest (Italien) mitElektrobussen von AnsaldoBreda (System Stream) durchgeführt werden.2.8 Weitere Entwicklungen zur <strong>Bus</strong>bahnDrei technische Entwicklungen im Bereich einer <strong>Bus</strong>bahn mit Auswirkungenauf künftige, mehrteilige vierachsige Niederflur-<strong>Bus</strong>züge sind bemerkenswert:Zum einen der Einsatz von 17 Einfach-GelenkversionenMB 0 405 GNDE (Evo<strong>Bus</strong>/Mercedes-Benz Omnibusse) mit radnaherMotorentechnik in Stuttgart, des Weiteren die Serienfertigung von 28Duogelenkbussen N 6121 STS des Herstellers Neoplan für die Verkehrsbetriebein Lausanne (Schweiz), ebenfalls mit radnaher Motortechnik,sowie das <strong>Bus</strong>bahn-Projekt Phileas in Eindhoven (Niederlande). Die o. g.Fahrzeugbauarten sind allesamt vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines vierachsigenDoppelgelenkers konzipiert worden, wenngleich die abgelieferten Fahrzeugezunächst noch als Einfach-Gelenkvarianten in den Betrieb gegangensind oder gehen werden.• Den Fahrzeugtyp Mercedes-Benz 0 405 GNDE, ausgestattetmit radnahen Motoren an den beiden hinteren Achsen, nahmen dieSSB (Stuttgarter Straßenbahnen AG) zum 52. UITP-WeltkongressAnfang Juni 1997 auf ihrer Linie 42 in Betrieb. Im Anlieferungszustandhatten die diesel-elektrischen <strong>Bus</strong>se allerdings so schlechteFahrleistungen, dass ein Einsatz im Linienverkehr gefährdet war.Insbesondere die unzureichende Wirkleistung des Generators im Zusammenspielmit der Dieselmotordrehzahl führte zu zahlreichen Anpassungen,um eine ausreichende Betriebsabwicklung sicherstellenzu können. Des Weiteren zeigte sich, dass die Instandhaltung derFahrzeuge äußerst kostenintensiv ist. Mittlerweile steht fest, dass dieSSB nur noch vier 0 405 GNDE in der Betriebserprobung behält.Evo<strong>Bus</strong>/ZF hat mit dem Einsatz des diesel-elektrischen Antriebs vielLehrgeld zahlen müssen, welches den anderen Herstellern mit ihren aktuellausgelieferten Fahrzeugen möglicherweise ebenfalls nicht erspartbleiben dürfte. Evo<strong>Bus</strong> wäre zwar nach wie vor bereit, eine modifizierte24,00 m lange Doppelgelenk-Variante des MB 0 405 GNDE zu bauen,allerdings stellt man auch klar, dass der Besteller einen Großteil derweiteren Entwicklungskosten zu tragen hätte. Ein fertiggestellter Verkaufsprospektdieser diesel-elektrischen Doppelgelenk-Variante ist jedenfallsnie veröffentlicht worden (Bild 18).A. " 5%8E


1 8D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h nD 70=8'101%6&(0+E05"0=85#1;*%(0.+EEEine ähnliche Bestellung wickelte auch der Hersteller Neoplan ab. DerStuttgarter Omnibusbauer lieferte ab Sommer 2001 28 Duo-Gelenkbussemit der Bezeichnung Duo-Trolley-Hybridbus N 6121 STS (STS wird fürSpezial-Transport-Systeme geführt) in die Schweiz. Optional sind dieseFahrzeuge für eine Spurregelung an einem Leitdraht vorbereitet. Bei denLausanner Verkehrsbetrieben bestehen auch Überlegungen in Bezug aufRealisierung des N 6121 als Multigelenk-Fahrzeug:• Die Kurzbezeichnung Neoplan N 6141 STS steht für eine verlängertevierachsige Version <strong>und</strong> misst 24,00 m in der Länge. Im Heckdes Fahrzeugs ist als Powerpack ein Dieselmotor einschließlich Generatoreinheituntergebracht. Dessen Energie bzw. die über dieOberleitung bezogene Energie treibt die sechs radnahen Motoren derhinteren drei Achsen an. Alle Achsen sollen angelenkt werden.(Bild 19 u. 20).+1+EE3 6 1- > "" 5#(6.Ein weiteres anspruchsvolles Projekt trägt den Namen „Phileas“ <strong>und</strong> wirdzur Zeit in den Niederlanden umgesetzt. Der Zweckverband der RegionEindhoven (SRE, Samenwerkingsverband Regio Eindhoven) hat den Beschlussgefasst, eine 15 km lange Demonstrationslinie Eindhoven Hbf −Meerhoven − Eindhoven Airport/City Centrum Veldhoven zu bauen. Dieeingesetzten Fahrzeuge von APTS/Berkhof, u. a. auch ein Doppelgelenkbus,sollen auf eigenen, störungsfreien ÖPNV-Trassen über einebordautonome elektronische Wegkarte berührungsfrei spurgeregelt werden,wobei ein Abgleich mittels „Ortsbaken“ in der Fahrbahn erfolgt. DasLenksystem mit seinem magnetischen Referenzsystem nennt sich FROG(Free Ranging On Grid). Die vorerst elf Einfach-Gelenkversionen <strong>und</strong>zwei Doppelgelenker werden von APTS B.V. (Advanced Public TransportSystems) entwickelt <strong>und</strong> gebaut. Die ersten Prototypen sind zu Anfangdes Jahres 2002 vorgestellt worden:• Der Phileas ist als vierachsiger Doppelgelenker 23,88 m lang(wahlweise auch 25,28 m) <strong>und</strong> 2,54 m breit. Alle Achsen sind elektrohydraulischgesteuert. Der Antrieb (außer Vorderachse) erfolgt überan der Karosserie aufgehängte, radnahe Motoren, wobei die elektrischeEnergie durch eine Flüssiggas-Motor/Generatorgruppe erzeugtwird. Mittels Batterie soll außerdem r<strong>und</strong> ein Kilometer in der Innenstadtabgasfrei gefahren werden. Die Doppelgelenk-Version wiegtknapp über 21 t, was durch die Verwendung einer modularen Kunststoff/Aluminium-Schalenbauweiseverwirklicht wird (Bild 21).• Das Intelligent Multi-Mode Transit System (IMTS) des japanischenHerstellers Toyota stellt einen vorläufigen technischen Höhepunktmoderner <strong>Bus</strong>technologie dar. Hierbei werden autarke Einzelfahrzeugeberührungsfrei über eine so genannte elektronischeDeichsel zu <strong>Bus</strong>-Zugverbänden gekuppelt. Die Spurregelung erfolgt


D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n 1 9elektromagnetisch durch Abtasten von magnetischen Positionsmarkern,die auf die Fahrbahnoberfläche aufgedübelt werden. Es lassensich bis zu sechs Einzelfahrzeuge aneinander kuppeln, so dass jenach Platzbedarf bis zu 480 Fahrgäste (pro <strong>Bus</strong> maximal 80 Plätze)transportiert werden können (Bild 22).2.9 Oberhausen: <strong>Bus</strong>züge im Fahrgastprobebetrieb++ ' $.6*1;1&%0&*01B%G%(Neben der TVM in Paris <strong>und</strong> dem RUBIS-Projekt diente auch die Nahverkehrstrasse<strong>zwischen</strong> Sterkrade <strong>und</strong> Alt-Oberhausen einem vielbeachtetenPraxistest mit niederflurigen <strong>Bus</strong>zügen konventioneller Bauart.Unter einem <strong>Bus</strong>zug wird hierbei ein vierachsiges ÖPNV-Fahrzeug mitSonderlänge verstanden. Ein <strong>Bus</strong>zug kann aufgebaut sein als Solobusmit Personenanhänger oder als durchgängig begehbarer Doppelgelenker.Die ÖPNV-Trasse in Oberhausen wird vom Individualverkehr unabhängiggeführt <strong>und</strong> erschließt das Centro, ein multifunktionales Freizeit-, Einzelhandels-,<strong>und</strong> Dienstleistungszentrum <strong>zwischen</strong> Sterkrade <strong>und</strong> Alt-Oberhausen, angesiedelt auf dem Gelände einer Industriebrache. DieSTOAG (Stadtwerke Oberhausen AG) testeten hier mit Ausnahmegenehmigungder zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf <strong>und</strong> einerkraftfahrzeugtechnischen Zulassung auf Basis eines Gutachtens desTÜV Kraftfahrt, Köln, zwei moderne Großraumfahrzeuge im Fahrgastbetrieb,<strong>und</strong> zwar den belgischen Doppelgelenkbus AGG 300 des HerstellersVan Hool <strong>und</strong> den schwedisch-schweizerischen Anhängerzug vonScania/Hess, insbesondere um Erkenntnisse über die Bewältigung vonSpitzenverkehren zu erhalten (DEUTSCH/PÜTZ 2003, S. 8):+3'(;;3EE"%" 1;*%0(&121• Der Doppelgelenkbus Van Hool AGG 300, Baujahr 1992, wurde inden Monaten Februar <strong>und</strong> März 1998 getestet (Bild 23). Der dieselhydromechanischeAntrieb ist im vorderen Wagenteil an der linkenSeite angeordnet. Ansonsten ist das Fahrzeug auf der gesamtenLänge niederflurig. Die Nachläuferachsen der beiden hinteren Wagenteilesind mit einer aproportionalen Nockensteuerung ausgerüstet.Ein mechanisches Lenkgestänge sorgt dafür, dass der zweite<strong>und</strong> dritte Wagenteil spurtreu dem Zugfahrzeug folgt. Durch die Anlenkungder Achsen kann die Schleppkurve stark reduziert werden.Das Oberhausener Demonstrationsfahrzeug wurde ähnlich lange u. a.auch in Luxemburg, Genf <strong>und</strong> Algier einem Praxistest unterzogen. Implanmäßigen Fahrgastbetrieb kam bis vor kurzem allerdings nur einFahrzeug in Belgien zum Einsatz: Die TEC (Transport en Communen Wallonie) setzen ihren 1998 gelieferten „Tribus“ im Spitzenverkehr aufder Lütticher Universitätslinie 48, Théâtre – Sart-Tilman ein (Bild 24).Aktuell setzen aber auch die GVU (Gemeentelijk Vervoerbedijf Utrecht)15 Van Hool Doppelgelenkbusse neuerer Bauart ein, ausgestattet mit einemDieselmotor <strong>und</strong> Abgasnachbehandlungssystem. Die Abmessungen+8(;;3EE1!9,- H &/


2 0D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h ndieses Doppelgelenkers betragen in der Länge 24,79 m <strong>und</strong> in der Breite2,55 m. Eine Option auf weitere 12 Fahrzeuge ist kürzlich bestätigt worden<strong>und</strong> befindet sich nun in der Ablieferung. Nach einem Prototypen fürLüttich ist dies die erste Auftragsbestellung von Doppelgelenk-Fahrzeugen für Van Hool (Bild 25).+


D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n 2 1Welche Bedeutung dem Anhängerbetrieb beizumessen ist, zeigt eineBedarfsanalyse des VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen):Demnach besteht in 80 Verkehrsunternehmen (bei insgesamt 337 VDV-Mitgliedsunternehmen) Interesse an einer Wiedereinführung des Betriebsvon Personenanhängern an Kraftomnibussen (PÜTZ 2001).2.10 <strong>Bus</strong>züge im ÖPNV – aktueller Großversuch inNRWDer zuvor beschriebene Probeeinsatz fand in Oberhausen bei derSTOAG im Wesentlichen auf der unabhängigen ÖPNV-Trasse statt. Ineinem nächsten Schritt soll die Eignung im Linienbetrieb <strong>und</strong> im allgemeinenStraßenverkehr überprüft werden. Hierzu bedarf es zunächstverbindlicher Rechtsgr<strong>und</strong>lagen.Zwar erfolgten Beratungen zum Thema einer b<strong>und</strong>esweiten Zulassungvon Omnibussen mit Sonderlänge in den B<strong>und</strong>-Länder-Fachausschüssenfür „Stadtbahnen <strong>und</strong> andere spurgeführte Ortsverkehrssysteme“ (LSO),für „Technisches Kraftfahrwesen“ (BLFA-TK) sowie mit dem BMVBW(B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau <strong>und</strong> Wohnungswesen), jedoch sindalle bisherigen Anstrengungen auf der b<strong>und</strong>esweiten Ebene ohne greifbaresErgebnis geblieben. Am aussichtsreichsten erschien es deshalb,auf Länderebene eine Ausnahmegenehmigung über die jeweiligen Straßenverkehrsbehördenin enger Absprache mit der Obersten Landesbehördezu erwirken. Anzumerken ist, dass auf EU-Ebene keine einschränkendeHöchstlänge für Doppelgelenkfahrzeuge definiert ist.Da die zuständige Landesbehörde bereits in Oberhausen erste Erkenntnissesammeln konnte, wurde ein Großversuch mit <strong>Bus</strong>zügen in Nordrhein-Westfalenins Auge gefasst. Als Initiatoren gegenüber der Landesbehördefungierten hierbei die STOAG, Van Hool sowie der Autor, stellvertretendfür die Bergische Universität Wuppertal. In Absprache mit demMinisterium für Verkehr, Energie <strong>und</strong> Landesplanung des Landes Nordrhein-Westfalen(MVEL) wurde eine auf fünf Jahre befristete Ausnahmegenehmigungfür <strong>Bus</strong>züge in Aussicht gestellt.Als Fahrzeuge werden Doppelgelenker, Bauart Van Hool in der AusführungUtrecht, <strong>und</strong> teilniederflurige Solobusse mit Personenanhänger,Bauart Scania Omnilink/Hess, in Betracht gezogen. Der Einsatz wird sichauf diese verfügbaren Omnibuszüge beschränken, da alle anderen Herstellererst einen Prototypen bauen müssten. Ausgehend von dieser Initiativewerden die ASEAG, Aachen, <strong>und</strong> die STOAG, Oberhausen, einen


2 2D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h nDoppelgelenker im allgemeinen Straßenverkehr erproben. Der Autor begleiteteauch Planungseinsatzstudien in Dresden (Dresdner VerkehrsbetriebeAG) <strong>und</strong> Hamburg (Hamburger Hochbahn). In Brandenburg, Lehnin,wird seit April 2003 ein Scania <strong>Bus</strong>/Hess-Anhängergespann getestet.Darüber hinaus ist in Wolfsburg ein Anhängergespann ausgeschriebenworden.Der <strong>Bus</strong>zug wird zum jetzigen Zeitpunkt als Kapazitätsfahrzeug mit hohemPersonalwirkungsgrad verstanden, da ausnahmslos alle vertretenenVerkehrsunternehmen unter starkem Druck stehen, ihre wirtschaftlicheEffizienz zu erhöhen. Da die Personalkosten einen maßgeblichen Faktorbei der Wirtschaftlichkeit eines Verkehrsunternehmens darstellen, sindalle Verkehrsunternehmen daran interessiert, diese über einen erhöhtenPersonalwirkungsgrad zu verbessern. Der Linienbusverkehr mit <strong>Bus</strong>zügenwird hier als zu prüfende Option gesehen.2.11 Überblick: der heutige internationaleFahrzeugmarktUm nun die Vielfalt der vorgestellten unkonventionellen Lösungsansätze<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong>technologie <strong>und</strong> Rad/Schiene-Technik der letzten Jahreüberblicken zu können, wird entsprechend der Auswertung der technischenDaten über Kurzbeschreibungen <strong>und</strong> Definitionen eine mittelbareGruppierung der Fahrzeugtypen in übersichtlicher Form vorgestellt(Abbildung 2). Die Bezeichnungen der Fahrzeugtypen orientieren sichhierbei an eingeführten Fachbegriffen. Für eine untere Abgrenzung stehtim verkehrsplanerischen Sinne der Linienbusverkehr ohne eigene Betriebsanlagen,für eine obere der <strong>Bahn</strong>verkehr Rad/Schiene, der innerstädtischals (U-) Stadtbahn zu verstehen ist.Hervorzuheben ist, dass im Verlauf der weiteren Arbeit für die Fahrzeugtypen– losgelöst von speziellen Herstellerkonzepten – allgemeine Aussagengetroffen werden können.Der Überblick über die Fahrzeugtypen moderner <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong><strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> ist vom Autor auf dem Fachkongress „Zukunftsperspektiven<strong>und</strong> Innovationen im öffentlichen Verkehr“ anlässlich der Jahrestagungder DVWG (Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft)im April 2001 vorgestellt worden <strong>und</strong> in der DVWG-Schriftenreihe erschienen(DEUTSCH 2001, S. 114-122). Die verwendete Methodik derGruppierung von Fahrzeugkonzepten über Fahrzeugtypen <strong>und</strong> Bauartenist in den siebziger Jahren am ITE (Institut zur Erforschung technologischerEntwicklungslinien) verfeinert <strong>und</strong> am Beispiel damaliger, neuer urbaner<strong>Transportsysteme</strong> veröffentlicht worden (WEIGELT 1973).


D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n 2 3LinienbusverkehrFahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zug:Bauart AGG 300 (Van Hool): Bauart Solobus mit Personenanhänger (Scania<strong>Bus</strong> <strong>und</strong> Lanz&Marti/Hess): Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn:Bauart Phileas (APTS/Alstom): !" #$%!"Bauart N 6141 (Neoplan/Kiepe Elektrik/Magnet Motor):&%'() (*""#( '(+ )Bauart 0 405 GGNDE (Evobus/ZF):( (""#'(+ )Bauart Cristalis (Irisbus/Alstom): ' ),""#'-$*(+ )Fahrzeugtyp Dual-Mode <strong>Bus</strong>:Bauart O-<strong>Bahn</strong> (Mercedes-Benz-Omnibusse): .+ /'!)Bauart GLT/TVR (Bombardier Transportation/Alstom):&%( ".+ '!)Bauart Stream (AnsaldoBreda):&% / 0+ !+ '()Fahrzeugtyp Multi-Mode <strong>Bus</strong>:Bauart Intelligent Multi-Mode Transit System (IMTS, Toyota):1 $ ( ".+ 23&4/Fahrzeugtyp Straßenbahn auf Gummireifen:Bauart Translohr (Lohr Industrie/Alstom):(# #"""4 Fahrzeugtyp Straßenbahn:Bauart Elektr. Triebwagen (Alstom/Bombardier/Siemens/AnsaldoBreda):$ ! <strong>Bahn</strong>verkehr Rad/Schiene(""+> "


2 4D e r zeitiges Herstell e r a n g e b o t <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> B a h n


T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m e 2 53 Technische Untersuchungder <strong>Transportsysteme</strong>3.1 VorgehensweiseEs stellt sich die Frage, welche der sich in Kapitel 2 abzeichnenden Entwicklungslinienbzw. Technologietrends des internationalen Fahrzeugmarktessich im innerstädtischen Nahverkehr zukünftig behaupten werden.Dazu wird zunächst die Betriebsreife anhand der technischen <strong>und</strong>wirtschaftlichen Realisierbarkeit der einzelnen fahrzeug- <strong>und</strong> fahrwegseitigenSystemkomponenten – dies sind Fahrzeug- <strong>und</strong> Antriebskonzept,automatische Querführung, Stromzuführung, elektronische Deichsel sowieFahrwegkonstruktionen – kritisch betrachtet.Im Vordergr<strong>und</strong> stehen also „harte" Faktoren, die bei aller Komplexität einerSystemauswahl Ausschlusskriterien gegen – möglicherweise maßgebliche– Komponenten der Fahrzeugkonzepte liefern. Darüber hinauswerden auch Fragen hinsichtlich einer baldigen rechtlichen Zulassunguntersucht.Ausführlich sind die Untersuchungsergebnisse in den Anhängen A - Edargestellt, so dass bezogen auf den jeweiligen Fahrzeugtyp hier nur diewichtigsten Ergebnisse vorgestellt werden.Anzumerken ist, dass in den Anhängen eine gezielte Untersuchung einzelnerfahrzeug- <strong>und</strong> fahrwegseitiger Systemkomponenten vorgenommenwird <strong>und</strong> nicht die eines Fahrzeugtyps. Damit wird berücksichtigt, dassdie Systemkomponenten gr<strong>und</strong>sätzlich frei wählbar sind. Zwar stellt dieFahrzeugtyp-Klassifizierung (Abbildung 2) aus Sicht der Hersteller jeweilsmarktreife Kombinationen der Systemkomponenten in Bezug aufUmsetzungsfähigkeit <strong>und</strong> Stand der Entwicklung dar, die Auswahl bleibtaber letztendlich den Planungsbeteiligten <strong>und</strong> Bestellern vorbehalten.


2 6T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m e3.2 Fahrzeug- <strong>und</strong> Antriebskonzept (Anhang A)• TypübergreifendBei einem diesel-hydromechanischen Antriebsaggregat ist bei einem niederflurigen,vierachsigen Fahrzeug nur ein Antrieb der zweiten Achsetechnisch umsetzbar. Bei der radnahen bzw. der Radnabenmotortechnikeines (diesel-) elektrischen Antriebs kann im Gegensatz dazu die Vortriebskrafttraktionsgünstig auf mindestens vier Räder bzw. zwei Achsenverteilt werden. Allerdings bedingen mehrere angetriebene Achsen aucheine Knickschutzregelung der Gelenke.• Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zugDer Dieselmotor als bewährtes Großserienprodukt ist mit Abstand diewirtschaftlichste Antriebswahl <strong>und</strong> – betrachtet man den Energiepfadunter Einbeziehung eines Abgasnachbehandlungssystems – auch zunehmendökologisch sauber (Bauarten Van Hool, Scania/Hess). DerFahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zug ist auch für den Betrieb unter Fahrdraht mit einemDrehstrom-Asynchronmotor <strong>und</strong> Gelenkwelle geeignet.• Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahnDer diesel-elektrische Antrieb mit mindestens zwei angetriebenen Achsenist wegen guter Traktionseigenschaften – vorrangig als Hybridantriebmit Batterie, Superkondensator oder Schwungrad – weiter zu beobachten.Ohne Energiemanagement ist beim diesel-elektrischen Antrieb miteinem deutlichen Kraftstoffmehrverbrauch zu rechnen. Aus technischerSicht ist nach wie vor eine Oberleitung empfehlenswert, sofern ein elektrischerBetrieb beabsichtigt ist.• Fahrzeugtyp Straßenbahn auf GummireifenAus Gründen der Geräuschminderung werden auch bei der BauartTranslohr in<strong>zwischen</strong> bewährte Drehstrom-Asynchronmotoren, vormalszwei Synchronmotoren mit geringerer Masse <strong>und</strong> Bauraumvorteilen, eingesetzt.Aufgr<strong>und</strong> der Bauhöhe der Motoranlage <strong>und</strong> des Wunsches, eindurchgängig niederfluriges Fahrzeug anbieten zu wollen, können die Antriebenur an den jeweiligen, hochflurigen Fahrzeugenden positioniertwerden.3.3 Querführung (Anhang B)• Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zugBei <strong>Bus</strong>zügen mit einer Länge unter 25 m (Bauarten Van Hool <strong>und</strong> Scania/Hess)stehen bewährte Techniken zur Verfügung. Vor allem dieMehrachslenkung, die eine hohe Spurtreue ermöglicht, <strong>und</strong> die Verwendungvon Formsteinen im Haltestellenbereich (Selbstlenkungseffekt an


T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m e 2 7Sonderborden zur Reduzierung der Spaltbreite) sind hier zu nennen. Siebieten im Zusammenspiel mit einer Fahrerschulung <strong>und</strong> einer sorgfältiggeplanten Trassierung die Möglichkeit eines Straßenbahn-ähnlichen Betriebes– sofern ausreichend Verkehrsfläche zur Verfügung steht.• Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahnDer Einsatz einer berührungsfreien Spurregelung (Lenk-Assistenz-System) führt unabhängig von dem gewählten Leitsystem zu keiner bedeutendenVerkehrsflächeneinsparung, weil die Trasse zwecks Erhaltungder betrieblichen Flexibilität auch von handgelenkten Fahrzeugen benutzbarsein sollte (kein artreiner Betrieb). Darüber hinaus werden systemimmanenteSicherheitsfragen bereits ab mittleren Geschwindigkeitenaufgeworfen, da als Rückfallebene der Fahrer in der Verantwortungsteht. Als Einsatzgebiete können trotzdem Zonen niedriger Geschwindigkeit,also Haltestellenbereiche, Fußgängerzonen <strong>und</strong> Rangierfahrten aufBetriebshöfen, ins Auge gefasst werden (Bauarten Civis, Phileas, Evo-<strong>Bus</strong>, Neoplan).• Fahrzeugtyp Dual-Mode <strong>Bus</strong>Die mechanische Spurführung an einer Monoschiene (beidseitiger Spurkranz,Bauart GLT/TVR) weist konzeptionelle Schwächen auf: zum einenwegen der Überwachung des Systemwechsels Handlenkung/Spurführung,zum anderen wegen der Formgestalt der Führungsrollen(hohe Geräuschemissionen, Verschleiß, geringe Entgleisungssicherheit).Die bewährte mechanische Spurregelung (Bauart O-<strong>Bahn</strong>) steht für denspeziellen Fall eines unabhängigen Sonderschnellfahrwegs zur Verfügung.Eine breit angelegte innerstädtische Anwendung scheidetallerdings aufgr<strong>und</strong> der aufragenden Leitkanten des Spurkanals, dienur kurze Unterbrechungen in der Geraden zulassen, aus. Dadurch könnenandere Verkehrsteilnehmer die Trasse nur stark eingeschränkt queren.• Fahrzeugtyp Straßenbahn auf GummireifenBei einer gummibereiften Straßenbahn (Bauart Translohr) gewährleistetdas kunststoffbandagierte V-förmige Führungsrollenpaar ein formschlüssigesFühren der Fahrwerke an der Monoschiene. Bei einem Haftreibungsverlustwird durch mechanische Anschläge am Lenkrahmen einunkontrolliertes Quergleiten der Radpaare verhindert.Aufgr<strong>und</strong> der mechanischen Spurführung können lange Züge wie bei derStraßenbahn gebildet werden. Vorteilhaft ist, dass durch die Lenkbarkeitaller Achsen bzw. Radpaare ein verschleißarmes Abrollen ermöglicht ist<strong>und</strong> im Fahrbetrieb keine verschleißintensiven Zwängungen wie bei Straßenbahnenin engen Gleisradien entstehen können. Die Gummireifensorgen für geringe Geräusche <strong>und</strong> Erschütterungen.


2 8T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m e3.4 Stromzuführung (Anhang C)• TypübergreifendBei einem elektrischen Antrieb ist die externe Stromversorgung mittelsFahrdraht auch weiterhin die mit Abstand effizienteste Technik. StraßenbündigeStromzuführungssysteme sind insbesondere aus wirtschaftlichenGründen nicht empfehlenswert. Sie sind weder dauerbetriebsmäßig zuverlässignoch sicher nachgewiesen (u. a. Bauart Stream).3.5 Elektronische Deichsel (Anhang D)• Fahrzeugtyp Multi-Mode <strong>Bus</strong>Die elektronische Deichsel setzt sich aus den beiden Komponenten Abstandsregelung<strong>und</strong> Spurregelung zusammen:Zum einen fehlt bei der berührungsfreien Abstandsregelung bisher derNachweis, dass beim Versagen der elektronischen Deichsel, dem Verlustdes Kraftschlusses oder extremen Störgrößen alle Einzelfahrzeuge eines<strong>Bus</strong>-Zugverbandes sicher zum Stehen gebracht werden können.Zum anderen wirft darüber hinaus die berührungsfreie Spurregelung bereitsbei mittleren Geschwindigkeiten systemimmanente Sicherheitsfragenauf, weshalb auf eine mechanische Querführung oder Notführungseinrichtungenzurückgegriffen werden sollte. Die elektronische Deichselist noch nicht betriebsreif <strong>und</strong> zulassungsfähig.3.6 Fahrwegkonstruktionen (Anhang E)• TypübergreifendMit der Beton-Gleitschalungstechnik oder einem Splitt-Mastix-Asphalt mitpolymermodifiziertem Bitumen stehen geeignete, verformungsresistenteFahrwegkonstruktionen für die <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong><strong>Bahn</strong> zur Verfügung.Bereiche mit häufigem Standverkehr (vor allem Haltestellenbereiche)sollten bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n entsprechend den erhöhten statischen<strong>und</strong> dynamischen Belastungen vorteilhaft mit einer Beton-Konstruktion erstellt werden, um dauerhaft Quer- <strong>und</strong> Längsunebenheitenzu vermeiden.Bei Bereichen mit fließendem Verkehr hängt die Eignung vorhandenerFahrwegkonstruktionen in erster Linie davon ab, wie häufig Erneuerungsmaßnahmenin Abhängigkeit des angestrebten Beförderungskomfortsdurchgeführt werden. Bei den spurfreien <strong>Transportsysteme</strong>n(<strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn) kann bei Neuanlagen auch auf eine Asphaltstraßemit Sonderbindemittel zurückgegriffen werden.


T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m e 2 9• Fahrzeugtyp Straßenbahn auf GummireifenAus Komfortgründen wird generell eine neue ebene <strong>und</strong> verformungsresistenteFahrwegkonstruktion über die gesamte Länge einzubauen sein.Es hat sich gezeigt, dass sowohl an die Ebenheit des Fahrwegs als auchan die horizontale Lagegenauigkeit der Monoschiene allerhöchste Anforderungenzu stellen sind.3.7 Marktreife FahrzeugtypenAufgr<strong>und</strong> der technischen Untersuchung lässt sich die Anzahl der Fahrzeugtypenauf marktreife Varianten reduzieren. Zum besseren Verständnissind in der Abbildung 3 nochmals alle Fahrzeugtypen der unkonventionellen<strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> im Überblick aufgeführt.Inhaltlich entspricht sie der Abbildung 2.LinienbusverkehrFahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zugFahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahnFahrzeugtyp Dual-Mode <strong>Bus</strong>Fahrzeugtyp Multi-Mode <strong>Bus</strong>Fahrzeugtyp Gummibereifte StraßenbahnFahrzeugtyp Straßenbahn<strong>Bahn</strong>verkehr Rad/Schiene(""3'> I""Die Gruppe der Dual-Mode <strong>Bus</strong>se findet als Konsequenz der technischenUntersuchung <strong>und</strong> im Hinblick auf diverse problematische Betriebserprobungen(entsprechende Technologieträger waren/sind z. B. inArnheim, Essen, Esslingen, Fürth, München, Rastatt, gegenwärtig außerdemin Nancy <strong>und</strong> Caen im Einsatz) keine weitere Berücksichtigungbei der Suche nach einem innerstädtischen konsensfähigen Fahrzeugkonzept.Es hat sich mittlerweile bestätigt, dass zwei Antriebe <strong>und</strong> zweiQuerführungsmodi deutlich schwerer, teurer <strong>und</strong> störungsanfälliger sindals jeweils nur einer (DEUTSCH 2002, S. 56). Zwar mögen Anwendungenbei Sonderfällen in Betracht gezogen werden, zu groß sind jedoch teilweisezulassungsrechtliche, vor allem aber technische <strong>und</strong> wirtschaftlicheHemmnisse der maßgeblichen Systemkomponenten, als dass sie sich inder Zukunft im innerstädtischen Nahverkehr auf breiter Front durchsetzenkönnten.


3 0T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m eNeben den festgestellten technischen Hindernissen zeigen die bisherigenAnwendungsbeispiele darüber hinaus, dass mit verkehrsplanerischemGeschick stets auf konventionelle Verkehrsmittel zurückgegriffen werdenkann, die die Verkehrsaufgabe in bewährter Weise bei günstigeren Kostenzu lösen vermögen <strong>und</strong> damit eine aufwändige Dual-Mode-Technikentbehrlich machen. Auch konnte bei den bisherigen Dual-Mode-Einsatzplanungen festgestellt werden, dass die hohe betriebliche Flexibilitätauf der verkehrspolitischen Ebene eine Reihe von verkehrslenkendenMIV-Maßnahmen sowie eine dauerhafte Neuordnung der Verkehrsflächenaufteilunguntergräbt (HASS-KLAU et al 2000/b, S. 36).Innerhalb der Gruppe der Multi-Mode <strong>Bus</strong>se sind vor einer erstenAnwendung noch umfassende Erprobungsarbeiten zu leisten <strong>und</strong> zulassungsrechtlicheFragen zu klären. Sie wird ebenfalls wie die Gruppe derDual-Mode <strong>Bus</strong>se bei den weiteren Untersuchungen nicht mehr berücksichtigt.Damit verbleiben die in Abbildung 4 dargestellten marktreifen Fahrzeugtypen<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> in der weiteren Betrachtung.LinienbusverkehrFahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zugFahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahnFahrzeugtyp Dual-Mode <strong>Bus</strong>Fahrzeugtyp Multi-Mode <strong>Bus</strong>Fahrzeugtyp Gummibereifte StraßenbahnFahrzeugtyp Straßenbahn.)%%."<strong>Bahn</strong>verkehr Rad/Schiene(""85 > 1" , 3.8 Perspektive der FahrzeugtypenEin wesentliches Ergebnis zahlreicher, vom VDV initiierter oder im Rahmenvon RUBIS organisierter Expertenr<strong>und</strong>en ist, dass sich die Herstellerbei der Gestaltung einzelner Systemkomponenten (z. B. einer berührungslosenSpurregelung) zumindest mittelfristig sehr wohl an den gültigengesetzlichen Vorschriften zu orientieren haben:


T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m e 3 1• bei spurfreien Fahrzeugen an der StVZO,• bei spurgeb<strong>und</strong>enen Fahrzeugen an der BOStrab einschließlichnachgeordnetem Regelwerk.Neue Zulassungsstrukturen, beispielsweise über eine BO<strong>Bus</strong>bahn oderaufgr<strong>und</strong> unabhängiger Ingenieurgutachten – wie dies in Frankreich derFall ist – müssen für den hiesigen Geltungsraum als äußerst ungewisseingestuft werden. Zur Ermittlung verbindlicher Zulassungsvorschriften ist<strong>zwischen</strong>zeitlich angeregt worden, dass die Industrie in Kooperation mitVDV-Mitgliedsunternehmen zunächst Pilotprojekte starten solle, ähnlichwie dies in den Niederlanden durchgeführt wird, so dass dann anhanddieser konkreten Projekte über ausreichende, zu ändernde oder neueVorschriften bef<strong>und</strong>en werden kann. Derzeit ist aber nach wie vor eineUnterteilung in eine Vorschriftenkategorie nach StVZO sowie BOStrab −wie dies auch in Abbildung 4 wiedergegeben wird − gegeben.In der Vorschriftenkategorie nach StVZO sind Aufgabenträger <strong>und</strong>Betreiber aufgr<strong>und</strong> der technischen Untersuchung gut beraten, offenenAuges alle Möglichkeiten einer Verwendung herkömmlicher <strong>Bus</strong>technologiezu prüfen, die sich mit Großraumfahrzeugen auch für die Abwicklungeines hochwertigen Linienverkehrs mit hohem Fahrgastaufkommenanbietet, bevor eine technisch anspruchsvolle <strong>Bus</strong>bahn in Erwägung gezogenwird. Der Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zug kann ohne Abstriche die gleicheTransportaufgabe erfüllen wie der Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn. Ein linienbezogener,konsequenter Systemaufbau mit Großraumfahrzeugen stellt eine„kaufmännisch“ geprägte Lösung mit hoher Effizienz dar, die <strong>Bus</strong>bahnrepräsentiert eine technisch anspruchsvolle Lösung mit innovativem Upgrade<strong>und</strong> imagefördernden Maßnahmen – zum Beispiel einem aktivenFahrer-Assistenz-System im Bereich einer Haltestellenanlage <strong>und</strong> Energiemanagementbei einem diesel-elektrischen Hybridantrieb.In der Vorschriftenkategorie nach BOStrab sind aus sicherheitstechnischen<strong>und</strong> zulassungsrechtlichen Gründen die eingesetztenFahrzeuge im Stadtverkehr mechanisch quergeführt. Der FahrzeugtypStraßenbahn auf Gummireifen ist hierbei ein ernstzunehmender Straßenbahnkonkurrent.Vorteilhaft gegenüber der klassischen Straßenbahnist hier durch die Verwendung von <strong>Bus</strong>- <strong>und</strong> Nutzfahrzeugtechnologiedas geringere Fahrzeuggewicht, welches erwarten lässt, dass Kosten derBeschaffung, des Energieaufwands <strong>und</strong> der Instandhaltung der Fahrweganlagengesenkt werden können, <strong>und</strong> dies bei einem körperschallfreienFahrbetrieb.


3 2T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m e3.9 Technische Daten der FahrzeugtypenIn der nachfolgenden tabellarischen Übersicht (Tabelle 1) werden diemarktreifen Fahrzeugtypen <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> über technischeVergleichsparameter einander gegenübergestellt. Siehe hierzu auch diebeispielhaften Fahrzeugtypen (Bild 28-31).+A> # (;;3EE+D> "# 63E>.:"; # 3>.:"# !Bei der technischen Gegenüberstellung werden nicht einzelne Herstellerkonzepteder Bauarten verglichen. Vielmehr handelt es sich bei den Datenum typische Kennwerte, die aufgr<strong>und</strong> technischer <strong>und</strong> wirtschaftlicherHemmnisse selbst bei einem Wechsel des Herstellers in einer ähnlichenGrößenordnung zu erwarten wären. Freie Variablen bei der Fahrzeugkonzeption,die vom Betreiber festgelegt werden (Sitzplatzanzahl, Fahrzeugbreite,Antriebsart, Ausstattungselemente der Fahrgastbedienungetc.), sind nach bestem Wissen einheitlich angeglichen. Anzumerken ist,dass innerhalb des Fahrzeugtyps <strong>Bus</strong>bahn die Bauart-Varianten zweckmäßigzu unterteilen sind in• evolutionäre Varianten (Entwicklung basierend auf bereits produziertenKleinserien) <strong>und</strong>• individuelle Varianten (umfassende Neuentwicklung).Als Kontrast der technischen Vergleichsparameter der Fahrzeugtypen<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> sind auch die technischen Daten einer beispielhaften,teilniederflurigen „Low-Cost-Straßenbahn“ aufgeführt. Die Low-Cost-Straßenbahn definiert sich insbesondere in dem Bemühen einerKostenreduzierung durch Leichtbau (adäquate Dimensionen <strong>und</strong> Materialien),Modularisierung der Fahrzeugkonstruktion, Standardisierung derModule, industrielle Serienfertigung, kostengünstige Instandhaltung,Wartungsfre<strong>und</strong>lichkeit, reduzierte Lagerhaltungskosten, niedrigen Energieverbrauch,angemessenes Komfortniveau, engen InformationsaustauschHersteller/Betreiber etc. Einen vollständigen Überblick über technischeDaten u. a. im Bereich der Niederflurstraßenbahnen gibt HONDIUS(2002/c) jährlich in der Fachzeitschrift Stadtverkehr. Die Datenzusammenstellungvon HONDIUS erlaubt den Vergleich auch mit anderen,durchgängig niederflurigen Straßenbahnbauarten.Darüber hinaus sind die entsprechenden Fahrzeugkonzeptionen schematischin der Abbildung 5 dargestellt. Die Typenvielfalt bei den Schienenbahnen,auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird, hatAHLBRECHT u. a. für den Bereich von Niederflurstraßenbahnen mittelsschematischer Darstellungen in dem Fachbuch Stadtbahnen verdeutlichenkönnen (VDV 2000, S. 264 - 265).


T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m e 3 3FahrzeugtypZulassung1<strong>Bus</strong>zug 2!41!0$5evolutionäresKonzept 5<strong>Bus</strong>bahn" > I""individuellesKonzept 6!41!0$5Straßenbahn aufGummireifen 3!/5Straßenbahn4!/5Abmessungen# 67 89:: 8;9:


3 4T e c h n i s c h e U n t e r s u c h u n g d e r T r a n s p o r t s y s t e m eFahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zugD H MFahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn(evolutionäres Konzept)Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn(individuelles Konzept)FahrzeugtypStraßenbahn auf GummireifenFahrzeugtyp StraßenbahnLegendegelenkte Triebachse Führerstand, nicht besetztstarre Triebachsegeführte TriebachseFührerstand, besetztgelenkte Laufachsegeführte LaufachseGelenkverbindungdrehfestes Lauffahrwerkangetriebenes DrehgestellGerätecontainer(""


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 3 54 Monographien projektierter<strong>und</strong> realisierter <strong>Transportsysteme</strong>4.1 Planerische VorleistungenDie technische Untersuchung <strong>und</strong> die Gegenüberstellung in Kapitel 3schaffen die Voraussetzung einer überschaubaren Klassifizierung, diesich nur noch auf die marktreifen <strong>Transportsysteme</strong>, also die Fahrzeugtypen<strong>Bus</strong>zug, <strong>Bus</strong>bahn, Straßenbahn auf Gummireifen <strong>und</strong> Straßenbahnbeschränkt. Da die Betrachtung dieser Fahrzeugtypen sowie deren fahrwegspezifischenBetriebsanlagen bisher ausschließlich eine Aussageüber die fahrweg- <strong>und</strong> fahrzeugtechnischen Lösungsansätze erlaubt, hateine Beurteilungsmethodik über das Leistungsspektrum der <strong>Transportsysteme</strong>nun mehrdimensionaler Natur zu sein. Damit wird berücksichtigt,dass neben technischen Kriterien auch örtliche Rahmenbedingungen, diesich in verkehrspolitischen, verkehrlichen, städtebaulichen <strong>und</strong> betrieblich-technischenZielsetzungen widerspiegeln können, breitgefächerteAuswirkungen auf eine verkehrsmittelgerechte Einsatzplanung habenkönnen.Vor einer Veranschaulichung der vielfältigen Anwendungsbereiche der<strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> soll noch ein kurzer Blick aufden Prozess der Verkehrsplanung geworfen werden. So gehen einer verkehrsmittelgerechtenOptimierung folgende Stufen der operativen Verkehrsplanungvoraus:• Zum einen sind die Ziele der Raumordnung, Stadtplanung <strong>und</strong>Stadtentwicklung sowie des Modal Splits resümiert, zum anderenkonnten die Teilverkehrssysteme des städtischen Personenverkehrsauf dieser Gr<strong>und</strong>lage entworfen <strong>und</strong> hierarchisiert werden.• Im Lageplan haben Planer nun einen ÖPNV-Trassierungskorridor,der unbehindert vom MIV betrieben werden soll, festgelegt, wobeiu. a. verkehrserzeugende Einrichtungen, Verknüpfungspunkte,Siedlungsdichte, Arbeitsplätze, Transportalternativen sowie das Verkehrswegenetzberücksichtigt worden sind.


3 6Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transpor t s y s t e m e• Es können erste Studien <strong>und</strong> Prognosen über das Fahrgastaufkommendes Teilverkehrssystems ÖPNV erfolgen.Es ist demnach zu betonen, dass zum Zeitpunkt einer verkehrsmittelgerechtenEinsatzplanung bereits die Bandbreite der Anforderungen, die anein mögliches Transportsystem gestellt werden, klar umrissen ist. Es verstehtsich von selbst, dass bei der weiteren Einsatzplanung nur <strong>Transportsysteme</strong>in Betracht kommen können, die in ihrem Leistungsspektrumauch den abgeleiteten Erfordernissen entsprechen.Im Folgenden soll der Weg von einzelnen Städten vorgestellt <strong>und</strong> anhandderen Systemimplementierungen das verkehrsplanerische Leistungsspektrumder <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> vor Augen geführtwerden. Es werden beispielhafte verkehrsplanerische Einsatz- <strong>und</strong>Entwurfsparameter abgeleitet. Mittels dieser Anhaltswerte soll die Fragebeantwortet werden können, ob überhaupt ein Transportsystem auf Basisder <strong>Bus</strong>technologie für die Bedienung einer projektierten ÖPNV-Hauptachse geeignet ist.4.2 Auswahl von AnwendungsbeispielenDie Zahl der projektierten <strong>und</strong> realisierten niederflurigen <strong>Transportsysteme</strong><strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>, deren Ausführungsplanung bereits abgeschlossenwerden konnte bzw. die bereits in Betrieb stehen, ist nochnicht groß. Als Anwendungsbeispiele sind nachfolgend nun jene Verkehrsräumeausgewählt, in denen auf die technisch marktreifen Lösungsansätze<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> zurückgegriffen wird. Bekanntsind• das Transportsystem mit <strong>Bus</strong>zügen in Utrecht,• die <strong>Bus</strong>bahn-<strong>Transportsysteme</strong> in Rouen <strong>und</strong> Eindhoven sowie• die gummibereifte Straßenbahn in Clermont-Ferrand.Weiterhin soll zum Vergleich auch das kürzlich eröffnete• Straßenbahnsystem in Orléansin die Untersuchung mit eingeb<strong>und</strong>en werden. Der dort eingesetzte Fahrzeugtyporientiert sich an dem Alstom-Projekt STIF (Système de TransportIntermédiaire sur Fer) <strong>und</strong> repräsentiert damit eine leichte, aufwandsarmeStraßenbahn, die auf ein vergleichbares Marktsegment gerichtetist wie die Straßenbahn auf Gummireifen. Die technischen Vergleichsparameterdes Fahrzeugtyps Straßenbahn in der Tabelle 1 entsprechenweitgehend der Bauart Orléans. In Orléans sind in der Projektierungsphaseauch Tramways sur Pneus - Varianten angedacht worden.


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 3 7Die Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme in Nancy <strong>und</strong> Caen werden nicht weiteruntersucht, da sie auf planerischen Überlegungen basieren, die dereingesetzte Fahrzeugtyp aufgr<strong>und</strong> der in Kapitel 3 festgestellten zulassungsrechtlichen,technischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Hemmnisse nur unzureichenderfüllen kann. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass CERTU bereitseine Monographie dieser beiden Projekte zusammengestellt hat(1999, S. 130-145).Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme wurden aufgr<strong>und</strong> der beschriebenen technischen<strong>und</strong> rechtlichen Hemmnisse bisher noch nicht realisiert.4.3 Utrecht: Transportsystem mit <strong>Bus</strong>zügen• Hintergr<strong>und</strong> der TransportsystemwahlAb 1968 untersuchten die niederländische Staatsbahn NS <strong>und</strong> derUtrechter Verkehrsbetrieb GVU gemeinsam die Möglichkeiten einer S-<strong>Bahn</strong>-Verbindung zu der im südlichen Außenbezirk neu geplanten StadtNieuwegein. Aufgr<strong>und</strong> der zu erwartenden hohen Kosten einer S-<strong>Bahn</strong>,teilte die Regierung dem Utrechter Stadtrat 1974 nach zahlreichen Untersuchungenmit, dass sich die weiteren Planungen auf eine Stadtbahn-Lösung konzentrieren sollten. Ursprünglich wurde hierbei eine Durchmesserliniein Erwägung gezogen, die, aus Nieuwegein kommend, vorbeian dem Hauptbahnhof durch die Innenstadt in den Osten zum UniversitätszentrumDe Uithof verlängert werden sollte (Abbildung 6). Zwarstimmte der Utrechter Gemeinderat dem südlichen Trassenteil Nieuwegein- Hauptbahnhof im Jahre 1977 zu, man beschloss jedoch einschränkend,dass eine oberirdische Stadtbahn durch den mittelalterlichenStadtkern von Utrecht nach De Uithof nicht akzeptabel sei. Bald standaber fest, dass die hierbei im Hintergr<strong>und</strong> in Erwägung gezogene Lösungeiner unterirdischen Stadtbahn nicht zu finanzieren war, so dass die östlicheAnbindung zum De Uithof zu den Akten gelegt wurde. Die Stadtbahn,SUN genannt, nahm den Betrieb, beschränkt auf den südlichenStreckenast nach Nieuwegein, schließlich im Jahre 1983 auf (Bild 32).Nach zwei Verlängerungen im Bereich von Nieuwegein beträgt ihreStreckenlänge heute 21 km. Die Strecke gehörte der Staatsbahn NS,jetzt Rail Infra Beheer (RIB). Der Betrieb wurde der damaligen NS-Tochter West-Nederland, jetzt Connexxion, übertragen. Die Stadtbahnbefördert <strong>zwischen</strong> 8 <strong>und</strong> 10 Mio. Fahrgäste pro Jahr.Die Diskussion über einen hochwertigen ÖPNV wurde Ende der achtzigerJahre neu entfacht, als die Regierung die im Westen liegenden BezirkeVleuten-De Meern/Leidsche Rijn sowie den im Osten liegenden BezirkDe Uithof im Rahmen ihres Raumordnungsprogramms als VINEX-Localities (Vlerde Ruimteijke Ordening Nota Extra) auswies. Die im


3 8Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r <strong>Transportsysteme</strong>' $()%&& ◆N4N&(S& 4#,MPP!C&C/&A=1/&+B+ &3,M"PC 3PPHOV-Ost (in Betrieb)HOV-West (in Ausführung)Stadtbahn (SUN)Schienenverkehr NSPark-and-Ride (in Betrieb)Park-and-Ride (in Planung)Umsteigeanlage (in Betrieb)Umsteigeanlage (in Planung)!C& !"#"$"* NR&" "+&,*0 12km(""=J ,3+.".,0J60#" ,$Westen liegenden Bezirke mit zur Zeit 30.000 Einwohnern werden nunum 20.000 Wohneinheiten ergänzt, so dass mittelfristig eine Siedlung mit100.000 Einwohnern entstehen wird. Während in den Niederlanden infrüheren Jahren bei ähnlichen Siedlungsprojekten eigene, autarke Stadtstrukturenam Reißbrett entworfen <strong>und</strong> umgesetzt worden sind – bekanntesBeispiel ist hierfür Almere – setzt man nun darauf, die gewachsenenStädte wie Amsterdam, Den Haag, Rotterdam, Eindhoven odereben Utrecht noch größer zu machen. Bestandteil dieser Siedlungsstrategieist eine HOV-Anbindung, die die Randbezirke mit der Innenstadt inweniger als 15 min verbinden soll. Für eine derartig hochwertige ÖPNV-Erschließung war die niederländische Regierung bereit, eine Finanzhilfevon 272 Mio. EUR für die Utrechter Ost-West-Achse zur Verfügung zustellen.Aufgr<strong>und</strong> dieser neuen Entwicklung zog 1990 der Gemeinderat den damaligenBeschluss, eine oberirdische ÖPNV-Lösung im Stadtkern von


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 3 9Utrecht nicht zu akzeptieren, zurück, <strong>und</strong> man konzentrierte sich abermalsauf eine Stadtbahnlösung. Der Utrechter Gemeinderat folgteschließlich dem Vorschlag des Stadtrates, so dass 1993 ein Kredit von6 Mio. EUR für eine erste detaillierte Ausarbeitung einer – diesmal allerdingsniederflurigen – Stadtbahn in Ost-West-Richtung bewilligt wurde.Deren Trasse sollte in der Innenstadt auch von <strong>Bus</strong>sen mitbenutzt werden.Auf lange Sicht konnte entsprechend dieser Gr<strong>und</strong>satzentscheidungmit einem T-förmigen Stadtbahnnetz gerechnet werden, wobei allerdingsmit dem Anschluss des vorhandenen südlichen Hochflur-Streckenastesnach Nieuwegein ein Angleich der Haltestellenhöhen sowie ein Austauschder Fahrzeuge erforderlich gewesen wäre. Die Kommunalwahlenvom Mai 1994 ergaben dann aber andere politische Mehrheiten, so dasssich der Stadtrat letztlich für eine gr<strong>und</strong>sätzliche Förderung des ÖPNVaussprach, aber ohne neue Stadtbahn. Die neue Lösung sollte wirtschaftlich<strong>und</strong> zweckmäßig sein <strong>und</strong> den Einsatz von Doppelgelenkbussenerlauben.• Linienführung, Kosten <strong>und</strong> FinanzierungOstwärts zum De Uithof bewilligte der Gemeinderat 1997 schließlich68 Mio. EUR für den Bau einer ersten ÖPNV-Eigentrasse für Omnibusse.Sie führt vom Hauptbahnhof durch die mittelalterliche Innenstadt zumUniversitätszentrum <strong>und</strong> entspricht damit im Wesentlichen der bereits inden siebziger Jahren projektierten, aber nicht bewilligten Stadtbahntrasse.Im Jahre 2001 ging diese „Uithof-Strecke“ (u. a. Linie 11 mit 11.400Fahrgästen pro Tag; Stand 2002) in Betrieb, die Linienlänge beträgt6,9 km. Ab September 2003 werden auf der Linie 11 im 4,5-min-Takt insgesamt11 Doppelgelenker eingesetzt, die in der Verkehrsspitze r<strong>und</strong>1500 Fahrgäste befördern werden. Die Trassenkosten dürften bei r<strong>und</strong>80 Mio. EUR liegen, wobei ein aufwändiges Unterführungsbauwerk einschließlichder Anpassungen der Straßenverkehrsanlagen bereits 20 Mio.EUR in Anspruch genommen hat. Der Trassenneubau <strong>und</strong> die Umgestaltungdes Straßenraumes erforderte im innerstädtischen Kernbereichmittlere Infrastrukturkosten in Höhe von 10-15 Mio. EUR/km. Dem gegenüberstehen Infrastrukturkosten von weniger als 5 Mio. EUR/km imBereich der nicht angebauten Abschnitte (Bild 33 u. 34). Die HOV-Eigentrassen, Steuerungsanlagen etc. werden dem Verkehrsbetrieb vonder Stadt bzw. vom Staat zur Verfügung gestellt <strong>und</strong> dürfen nach Bezahlungder normalen Kraftfahrzeug-Steuer von den HOV-<strong>Bus</strong>zügen befahrenwerden. Neben dieser nördlichen Trassenvariante zum De Uithof wirdauch eine parallele südliche Trassierung (Om de Zuid) unter laufendem<strong>Bus</strong>betrieb hochwertig ausgebaut. Die „Om de Zuid-Strecke“ wird vonden Linien 13 <strong>und</strong> 12 bzw. 12s bedient; die Bezeichnung 12s steht hierbeifür eine Express-Linie. Diese Linienkombination befördert täglich24.300 Fahrgäste, was über 7 Mio. Fahrgästen/Jahr (Stand 2002) entspricht.In der Verkehrsspitze werden 3000 Fahrgäste befördert. Es werdenhierzu 40 Fahrten pro St<strong>und</strong>e mit 14 Doppelgelenkbussen (Linie 12s)33', )-,$ 1 >:H& 1 $%0'*,.38 >" ;/ K %0'*,.


4 0Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e3


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 4 1Im Bereich des östlichen Streckenastes ist eine Unterführung gebautworden (Tunnelbak Berenkuil, Bild 41), die 2001 eröffnet wurde. Im Bereichdes westlichen Streckenastes sind zwei Brückenbauwerke zurÜberquerung des Amsterdam-Rijn-Kanals im Bau (Papendorpse Brug)bzw. in Planung (Leidsche Rijn Brug).• Haltestellen <strong>und</strong> dynamische FahrgastinformationDie Haltestellen werden mit einer Regellänge von 60 m angelegt <strong>und</strong> besitzenein einheitliches Design. Die Höhe des gewählten Formsteins beträgt18 cm, die Oberfläche der Anfahrkante ist glatt <strong>und</strong> senkrecht. DieSpaltbreite beträgt im jetzigen Betriebsmodus 70-150 mm. Der obereWert soll mittelfristig u. a. durch ein Fahrertraining auf 100 mm verringertwerden (Bild 42).An allen Haltestellen <strong>und</strong> in den Fahrzeugen der HOV-Linien soll ein dynamischesFahrgastinformationssystem zum Einsatz kommen. Im Jahre2004 wird die erste Ausbaustufe des Ris (Reizigers Informatie Systeem)in Betrieb genommen werden (Bild 43).• Nachfrage aus dem ZubringerverkehrDie Linienbusse sind über mehrere gemeinsame Haltestellenanlagen mitden HOV-Linien verknüpft. Da die Innenstadt aufgr<strong>und</strong> der geringen Distanzvon nahezu allen Linienbussen ebenso wie von den HOV-Linienbedient wird, hat man von dem Bau von Umsteigeanlagen absehen können.Der wichtigste Knotenpunkt ist der Utrechter Hauptbahnhof, wo dieHOV-Linien mit dem SPNV, der Stadtschnellbahn SUN <strong>und</strong> dem (regionalen)Linienbusverkehr verknüpft werden. Der Utrechter Hauptbahnhofwird ab 2004 zu einem modernen ÖV-Terminal umgebaut.Ein wichtiger Bestandteil des Beförderungskonzeptes sind Park-and-Ride-Anlagen, von denen drei mit insgesamt knapp 5000 Stellplätzen geplantsind. Sie sollen allesamt an Autobahnein- <strong>und</strong> ausfahrten angelegtwerden. Bei einem Umstieg auf die HOV-Linien sollen die Pkw-Insassendie Innenstadt jeweils in weniger als 15 min erreichen. Die Park-and-Ride-Anlage im Bereich Papendorpse (2000 Stellplätze) soll darüber hinausdas Utrechter Messegelände mit seinen zahlreichen <strong>und</strong> vielbesuchtenVeranstaltungen entlasten.3D >"#/" "#.F 5* % HF$8E > 6 8* $', ( :$%0'*,.• Merkmale der BetriebsabwicklungIn Utrecht kommt in allen ÖPNV-Fahrzeugen das Vecom-System zumEinsatz, welches in der Regel Induktionsschleifen zur Beeinflussung vonLichtsignalanlagen erfordert. Im Linienverkehr wird bei den <strong>Bus</strong>zügensofortiges Grün angestrebt. In jedem Falle soll die Wartezeit auf unterzehn Sek<strong>und</strong>en begrenzt sein.8+, $( ( " >"1 $&H -. 1H $


4 2Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e83'' #/ %. $ > H >/$%0'*,.Die HOV-Doppelgelenker werden auf dem vorhandenen Betriebshof derGVU instand gehalten. Es mussten einige Betriebsabläufe optimiert werden,um auf Rückwärtsfahrten verzichten zu können. Beispielsweise istim Bereich der vorhandenen Arbeitsgrube nachträglich ein Rolltor als gegenüberliegendeAusfahrt eingebaut worden, damit das Werkstattpersonalnun die Doppelgelenker nicht mehr rückwärts bewegen muss (wiedas seinerzeit bei den Standard- <strong>und</strong> Einfach-Gelenkbussen der Fallwar). Auch wurde die Stellplatzanordnung auf dem Betriebshof neu organisiert.Darüber hinaus sind mobile Hebeböcke angeschafft worden, umdie Doppelgelenkbusse anheben zu können. Die Aufwendungen im Bereichder Werkstätten können mit 0,2 Mio. EUR abgeschätzt werden.4.4 Rouen: Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn• Hintergr<strong>und</strong> der TransportsystemwahlBei einer Studie aus dem Jahre 1986 musste der Zweckverband SIVOM(Syndicat Intercommunal à Vocations Multiples) feststellen, dass dasÖPNV-Angebot <strong>und</strong> die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel um 25%geringer war als jene anderer französischer Agglomerationen vergleichbarerGröße. Angesichts dieses Ergebnisses hat der Zweckverband eineStudie über drei Lösungen zur Verbesserung der Struktur des Nahverkehrsangebotsdurchgeführt.Verglichen wurde die Weiterentwicklung des Linienbusnetzes mit dreiAlternativen eines aufgewerteten Nahverkehrs auf Eigentrassen: VAL(Véhicules Automatiques Légères, kleinprofilige vollautomatische Métro),GLT/TVR <strong>und</strong> Stadtbahn. Politisch wurde von vornherein letztere Lösungbevorzugt, um die Tendenz der Nahverkehrsentwicklung umzukehren.Die Entscheidung fiel schließlich im Jahre 1988 zugunsten eines Stadtbahnprojektsin Nord-Süd-Richtung. Es gab zuvor eine heftige Diskussion,ob die Stadtbahn in der Innenstadt oberirdisch oder unterirdisch verkehrensollte, da die Einzelhändler nicht bereit waren, das neue Verkehrsmittelin der Einkaufszone zu akzeptieren. Trotz der für eine nichtsehr große Agglomeration immensen Kosten entschied man sich schließlichfür eine unterirdische Trassierung, da es auf diese Weise möglichwar, die gesamte Innenstadt in nur vier Minuten zu unterqueren, was fürden Kraftfahrzeugverkehr <strong>und</strong>enkbar wäre. Hier sah man einen entscheidendenWettbewerbsvorteil gegenüber dem MIV.Die Stadtbahn wurde im Dezember 1994 in Betrieb genommen <strong>und</strong> hatihren nördlichen Endpunkt in Bouligrin. Nach der Überquerung der Seineverzweigt sie sich in zwei südliche Streckenäste: Technopôle <strong>und</strong> GeorgesBraque (Abbildung 7). Die Stadtbahn verkehrt auf ihren 15 kmStreckenlänge auf eigenem Gleiskörper (Bild 44).


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 4 3+$#,& $+" "-'(A,N3- -P,!&-B +"/TW 3◆1%+T/N#O#( U PPTEOR (in Betrieb)TEOR (in Planung)TramSchienenverkehr SNCFPark-and-RidePark-and-RideUmsteigeanlageUmsteigeanlage(in Betrieb)(in Planung)(in Betrieb)(in Planung)/V. )/ "-$/)% "BU$!30 12km(""@J Nach der Inbetriebnahme der Stadtbahn <strong>und</strong> der Umstrukturierung desLinienbusverkehrs („Métrobus“-Netz) machte sich der Erfolg der beidenStadtbahnlinien schnell bemerkbar. Der Initiator dieses Projekts wurdedaraufhin bei den Kommunalwahlen 1995 zum Bürgermeister der Stadtgewählt. Er hat sich sofort für eine Ost-West-Verbindung eingesetzt, dader Universitätscampus, das Universitätsklinikum <strong>und</strong> das Gebiet Le Hautde Rouen (30.000 Einwohner) noch nicht an das Stadtbahn-Netz angeschlossenwaren. Um den Campus <strong>und</strong> das Gebiet Le Haut de Rouen zuerschließen, sind allerdings Steigungen von bis zu 10% zu bewältigen,eine Längsneigung, die das bisher eingesetzte Stadtbahnfahrzeug TSF II(Tramway Standard Français) nicht geschafft hätte. Ein Ausbau auf Basisder vorhandenen Stadtbahn war deshalb nicht möglich.88.""1 " * " 4N ( Der Bürgermeister gab daher auf der Suche nach einem geeignetenTransportsystem zunächst eine Studie über eine Seilbahn, die bei denörtlichen Entscheidungsträgern eine gute Resonanz fand, in Auftrag.


4 4Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e8< 1%#!- &(*1',(*&8=( # H". -5"Aber Entwurfsplanungen zeigten auch hier die Grenzen einer wirtschaftlichenRealisierbarkeit auf. Als Entscheidungshilfe haben sich die Verantwortlichenschließlich für eine „theoretische“ Vergleichsstudie <strong>zwischen</strong>den in Frage kommenden <strong>Transportsysteme</strong>n entschieden: betrachtetwurden GLT/TVR, Straßenbahn <strong>und</strong> Seilbahn. Ziel war lediglich, dieGrößenordnung der Gesamtkosten zu ermitteln. Im Rahmen einer Ausschreibungwurden Angebote konkurrierender Fahrzeughersteller eingeholt,was nach dem Vergleich für eine Überraschung sorgte. Die dreiTechnologien kosteten etwa das Gleiche, <strong>und</strong> zwar <strong>zwischen</strong>274,4 Mio. EUR <strong>und</strong> 335,4 Mio. EUR.Aufgr<strong>und</strong> des teuren Stadtbahn-Netzes (Stand 1995: 472,6 Mio. EUR)war der Zweckverband CAR (Communauté d‘Agglomération), Nachfolgeorganisationder SIVOM, nicht bereit, noch weitere über 300 Mio. EUR inein neues Transportsystem zu investieren, da dies die Abwicklung andererwichtiger Nahverkehrsaufgaben verhindert hätte. Deshalb wurde fürdie Ost-West-Verbindung keine Stadtbahn, sondern eine leichtes <strong>und</strong> kostengünstigesSystem auf Basis der <strong>Bus</strong>technologie geplant: das so genannteTransportsystem TEOR (Transport Est Ouest Rouennais). Das<strong>Bus</strong>bahn-System mit Civis-Fahrzeugen ermöglicht Kostenvorteile, sodass der Rahmen der festgesetzten Investition von 152,4 Mio. EUR, nichtüberschritten wird. Baubeginn des TEOR-Systems war Ende 2000(Bild 45). Die Betreibergesellschaft TCAR (Transports en Commun del‘Agglomération Rouennaise) gehört zur Connex-Gruppe.• LinienführungDie Linien T2 <strong>und</strong> T3 sind seit Februar 2001 in Betrieb, während die LinieT1 erst im April 2002 eröffnet wurde. Die TEOR-Linien werden nach endgültigenVerlängerungen auf insgesamt 37,9 km Linienlänge ausgebautsein (Zielnetz 2004) <strong>und</strong> benutzen im Bereich der Altstadt von Rouen eine5,8 km lange, bevorrechtigt geführte Stammstrecke (Bild 46). Zur Zeitverkehren zwei Civis-Pré-Séries (Vorserienfahrzeuge) auf der Strecke<strong>und</strong> werden getestet. Bis zum Jahr 2006 werden die 38 derzeit eingesetztenAgora-<strong>Bus</strong>se ab 2004 nach <strong>und</strong> nach durch 55 Civis-Gelenkbusse ersetzt:• Die Linie T1 verbindet den Campus über die Innenstadt mit dem Universitätsklinikum<strong>und</strong> soll zukünftig bis Haut de Rouen verlängertwerden. Die Linie wird 14,1 km lang sein <strong>und</strong> über 29 Haltestellenverfügen (Zielnetz 2004).8@&+0'-#4 -45• Die Linie T2 verbindet die Kommune von Notre Dame de Bondevillemit der Innenstadt sowie dem Universitätsklinikum <strong>und</strong> soll bis zurKommune von Darnétal verlängert werden. Sie wird dann 12,2 kmlang sein <strong>und</strong> aus 30 Haltestellen bestehen (Zielnetz 2004; Bild 47).


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 4 5• Die Linie T3 verbindet die Kommune von Canteleu im Westen mit derInnenstadt <strong>und</strong> dem Universitätsklinikum. Sie ist 11,6 km lang <strong>und</strong>hat 25 Haltestellen. Bis 2006 soll eine Verlängerung nach Bonsecours<strong>und</strong> Franqueville-Saint-Pierre fertiggestellt sein.Die ersten erfassten Werte der Fahrgastzählungen auf den Linien T3 <strong>und</strong>T2 (ohne T1) sind für das Jahr 2001 hochgerechnet worden. Ermitteltwurde für das Startsystem (mit Agora-Fahrzeugen, ohne Einsatz der optischenSpurregelung) ein Fahrgastaufkommen von r<strong>und</strong> 3 Mio. Fahrgästen/Jahr;mittlerweile sind über 5 Mio. Fahrgäste auf den Linien T1 bisT3 unterwegs (Jahr 2002). Laut Aussage der Verantwortlichen könntedas <strong>Bus</strong>bahn-System – im Falle einer Auslastung entsprechend den wesentlichhöheren Planwerten – teilweise auch durch eine neue Straßenbahnersetzt werden. Die vorhandene Trasse sowie Infrastruktur würdedie Entscheidung vereinfachen.8A+0'-$1 " > 5$%&.1*0• Kosten <strong>und</strong> FinanzierungFür die erste Phase der TEOR-Linien werden Gesamtkosten in Höhe von154,1 Mio. EUR (2002) erwartet. Darin enthalten sind 18,8 Mio. EUR für35 Agora-Fahrzeuge, wobei das optische Leitsystem anteilig mit über100.000 EUR je Fahrzeug zu Buche schlägt. Nicht enthalten sind die Beschaffungskostender 55 Civis-Fahrzeuge (800.000 EUR je Fahrzeug)sowie notwendige Umbauten der Betriebshofanlage. Die mittleren Infrastrukturkostenvariieren stark <strong>und</strong> liegen dort, wo ein zweistreifiger Fahrkörperneu angelegt wurde, bei deutlich über 5 Mio. EUR. Das TEOR-Projekt wird finanziert von der CAR mit einem Eigenanteil von51,1 Mio. EUR, der sich im Wesentlichen auf die Versement de Transportstützt, eine Nahverkehrsabgabe, die von Unternehmen mit mehr als neunBeschäftigten zu erbringen ist. Subventionen sind mit dem Staat(32 Mio. EUR), dem Departement (18,7 Mio. EUR), der Region (18,7 Mio.EUR) sowie den Kommunen (9,4 Mio. EUR) abgestimmt. Es erfolgennoch Beteiligungen von privaten Anlegern.8D1%. 44%&.1*0


4 6Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem echerheitszuschlag von 0,30 m. Bei zwei Richtungsfahrstreifen hat dasQuerschnittsprofil demnach eine Breite von 7,30 m (Bild 49). Als Fahrwegkonstruktionist eine verformungsresistente Asphaltstraße mit einer6 cm dicken Deckschicht BB 0/14 (Béton bitumineux) mit polymermodifiziertemBindemittel zur Ausführung gekommen.


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 4 7• Merkmale der BetriebsabwicklungDie Betriebsleitzentrale sämtlicher Betriebszweige des Métrobus-Netzesbefindet sich im Espace Métrobus direkt über der Haltestelle Théâtre desArts. In dieser werden sowohl die Strecken der Stadtbahn, des TEOR-Systems sowie des Linienbusverkehrs mit Hilfe des SAE (Systèmed‘Aides d‘Exploitation) verwaltet, als auch der Betriebsablauf überwacht.Die TEOR-Linien werden gegenüber dem MIV bevorrechtigt. Die An- <strong>und</strong>Abmeldung an Lichtsignalanlagen erfolgt konventionell über Induktionsschleifen.Es gilt die verkehrspolitische Vorgabe, dass die TEOR-Fahrzeuge möglichst nur zum Fahrgastwechsel anhalten.Für den derzeitigen Einsatz der Agora Standard-Gelenkbusse sind einigeVerkehrsflächen der Betriebshofanlage verstärkt oder teilweise neu gebautworden, da sich durch die hochwertige Ausstattung (Klimaanlageetc.) die Achslast erhöht hat. Darüber hinaus fanden bisher keine Anpassungenim Betriebshof statt (Bild 56). Für den Einsatz des Civis ab 2004wird der Betriebshof neu organisiert <strong>und</strong> der Werkstattbereich umgebaut.So müssen für die diesel-elektrischen Fahrzeuge aufgr<strong>und</strong> der zahlreichdachseitig angeordneten Aggregate u. a. Dacharbeitsbühnen vorgehaltenwerden. Bis jetzt liegen aber noch keine konkreten Pläne oder Kostenschätzungenvor.


4 8Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem ebilindustrie herstellen <strong>und</strong> sich in einer schlechten Auftragslage befanden.Insbesondere der Konkurs der Nutzfahrzeughersteller DAF<strong>und</strong> United <strong>Bus</strong> zeigte die Notwendigkeit wirtschaftlicher Impulse.• Neue Bebauungsprojekte, die sich im so genannten „Westcorridor“befinden <strong>und</strong> damit dem Raumordnungsprogramm VINEX unterliegen,führten zu der Konkretisierung eines hochwertigen Transportsystems.Im Vordergr<strong>und</strong> stand hierbei eine konkurrenzfähige Anbindungdes Airport Eindhoven <strong>und</strong> des in der Bauphase befindlichenSiedlungsgebiets Meerhoven (6500 Wohneinheiten) an die Innenstadt.Es sind hierbei staatliche Finanzierungshilfen in Aussicht gestelltworden. Die Umsetzung weiterer Großprojekte, die von derHOV-Trasse durchquert werden, sind für den Zeithorizont 2010 geplant(FlightForum, Strijp S, Transferium A2).Durch das Projekt Phileas werden die oben aufgeführten Einzelumständezu einem wirtschaftlichen <strong>und</strong> verkehrlichen Förderungsprogramm derRegion Eindhoven miteinander verknüpft. Ziel ist es, die vorhandenen<strong>Bus</strong>trassen durch Änderungen <strong>und</strong> Erweiterungen zu durchgehendenÖPNV-Eigentrassen aufzuwerten, aktive Stadtentwicklung zu betreibensowie in der Eindhovener Region ein eigenes Fahrzeug für den Betriebzu entwickeln <strong>und</strong> zu fertigen. So konnte man bestmöglich in den Anspruchder Finanzierungsbeihilfen des Raumordnungsprogramms kommen– bei gleichzeitiger regionaler Wertschöpfung. Eine Reduzierungdes vorhandenen Kraftfahrzeugverkehrs wird angestrebt, steht aber beidem Projekt Phileas nicht im Vordergr<strong>und</strong>.Die Projektentwicklung begann schließlich im Jahre 1994 mit derStichting Platform Hoogwarding Openbaar Vervoer (SP HOV), einemDiskussionsforum für den hochwertigen ÖPNV in der Region. Teilnehmerwaren Bova, NedCar, Duvedec <strong>und</strong> die Brabantse Ontwikkeling Mij(BOM), eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Nachdem sich die Entwicklungsstudienkonkretisiert hatten, wurde 1998 aus der SP HOV dieAPTS mit folgenden Anteilseignern:• Van Der Leegte-Groep (u. a. Berkhof-Jonckheere) mit 52%,Eindhoven• Bova mit 18%, Valkenswaard• Simac Techniek, ebenfalls mit 18%, Veldhoven• BOM, 12%.


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 4 9• LinienführungIm September 2003 soll nun eine Halbmesserlinie ab Eindhoven Hauptbahnhofin westlicher Richtung in Betrieb genommen werden. Die Halbmesserlinieteilt sich nach einer sechs Kilometer langen Stammachse imneuen Siedlungsgebiet Meerhoven auf in einen drei Kilometer langennördlichen Streckenast in Richtung Airport Eindhoven sowie einen sechsKilometer langen südlichen in Richtung Veldhoven (Abbildung 8). ImWohngebiet Veldhoven wird eine Schleife mit drei Haltestellen ohne Betriebspausegefahren. Am <strong>Bus</strong>bahnhof Neckerspoel, der unmittelbar vordem Eindhovener Hauptbahnhof liegt, werden zwei <strong>Bus</strong>steige für denPhileas-Betrieb neu gestaltet. Die gesamte Streckenlänge der Linien A<strong>und</strong> B beträgt 15 km.&2,*NΩ($4N&(S& B B$&(BP/B !M!◆&A='$&"1"$&'$"0 ,*4$ Phileas (in Ausführung)Schienenverkehr NSEPPPark-and-RidePark-and-RideUmsteigeanlageUmsteigeanlage(in Betrieb)(in Planung)(in Betrieb)(in Planung)0 12km(""AJ 1-


5 0Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 5 1besitzt. Für den angestrebten spurgeführten Phileas-Betrieb soll eineFahrbahnbreite von 6,20 m genügen, jedoch bieten die zur Ausführunggekommenen 6,60 m breiten ÖPNV-Trassen den betrieblichen Vorteil,auch handgelenkte Fahrzeuge ohne Einschränkung einsetzen zu können(Bild 60).Im Rahmen des HOV-Projekts ist die Errichtung zahlreicher Ingenieurbauwerkenotwendig geworden. So sind im Bereich des FlightForums,eines neu zu entwickelnden Gewerbeparks, im Zuge der angestrebtenkreuzungsfreien HOV-Trassierung eine Unter- <strong>und</strong> zwei Überführungenzu erstellen. Die Aufwendungen sind in den Gesamtkosten enthalten.Darüber hinaus wird zur Zeit die vierstreifige Ringstraße im Bereich Beukenlaantiefergelegt.Für die HOV-Trasse ist ein Gestaltungskatalog erstellt worden, in welchemSchemata für Querschnittsprofil, Material <strong>und</strong> Farbe festgelegtworden sind. Ziel ist es hierbei, der HOV-Trasse über die gesamte Strekkenlängeeinen wiedererkennbaren Charakter zu geben. Als Standardprofilkommt ein Querschnitt mit der HOV-Trasse in Mittellage zur Ausführung.Die HOV-Trasse ist dabei über einen Grünstreifen von den MIV-Richtungsbahnen getrennt. Es werden ausschließlich standardisierteLichtmasten für die HOV-Trasse verwendet. Damit darüber hinaus einAllee-Charakter entsteht, werden auf dem Grünstreifen Bäume gepflanzt,wobei nur eine Baumart zur Anwendung kommt, die hoch <strong>und</strong> schmalwächst <strong>und</strong> nicht in das Lichtraumprofil hineinragt (Bild 61 u. 62). Sonderlösungenkommen vor allem in Veldhoven zur Anwendung, wo dieTrasse durch ein vorhandenes Wohngebiet geführt wird.=1 .6 $.: & #;/ H$=+# ; J60 # /9 $• Haltestellen <strong>und</strong> dynamische FahrgastinformationAuf den beiden Phileas-Halbmesserlinien werden 24 Haltestellen eingerichtet.Die Haltestellen erhalten ein eigenständiges Design, wobeigr<strong>und</strong>sätzliche Gestaltungsmerkmale der bereits vorhandenen Haltestellendes Linienbusverkehrs aufgenommen werden. In den Wohnbezirkensind überdachte Fahrradabstellanlagen vorgesehen. Prägendes Merkmalder Haltestellenkonstruktionen ist ein filigraner Fachwerkträger aus Edelstahl,an dem unterseitig eine Glasplatte mit integrierter Beleuchtung befestigtist (Bild 63 u. 64). Die Haltestellenkonstruktionen sind bereits ander Strecke montiert, es fehlt aber noch die Erhöhung der vorhandenen,30 m langen Haltestellenplattformen von 150 auf 300 mm. Es wird dannauch ein Formstein eingebaut, der im unteren Anfahrbereich um einenWinkel von 62° geneigt, im oberen Bereich aber senk recht ausgeführt ist,damit der Restspalt beim Ein- <strong>und</strong> Ausstieg nicht zu groß wird. Die Phileas-Fahrzeugesollen durch die elektronische Spurregelung – kombiniertmit einer automatisierten Schräglaufstellung der Fahrwerke – optimal andie Haltestellenplattformen herangeführt werden. Im Bereich der Haltestellenkantewird die Gefahrenzone durch eine bodenseitige Lichtleiste=36 - 6*&1(.5(;()*01=8 # "">H (6.


5 2Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem ehervorgehoben. Die Lichtleiste wird sich bei einfahrenden <strong>Bus</strong>bahnen inihrer Farbe verändern, damit die Aufmerksamkeit der wartenden Fahrgästeerhöht wird. Die wichtigsten Haltestellen werden mit Fahrkartenautomatenausgestaltet.An den Phileas-Haltestellen wird über ein dynamisches Fahrgastinformationssystem(DRIS; Doorstroming, Regelmaat, Informatievoorzienig,Stiptheid) angezeigt, wann die nächsten drei Fahrzeuge ankommen werden.Darüber hinaus wird es möglich sein, neben den Fahrplänen inEchtzeit die gegenwärtige Betriebsabwicklung mitsamt möglichen Verspätungenüber Internet oder WAP-Handy jederzeit abrufen zu können.In den Phileas-Fahrzeugen selbst werden Informationen über den Fahrweg,die folgenden Haltestellen sowie die erwartete Ankunftszeit am Linienendpunktgegeben werden. Wenn das Fahrgastinformationssystem inBetrieb ist, erwartet man, dass mindestens 5% mehr Reisende mit Phileasunterwegs sind.=


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 5 3Das Abstellen der Phileas-Fahrzeuge erfolgt in der vorhandenen Betriebshofanlagedes Betreibers Hermes in der Nähe des <strong>Bus</strong>bahnhofsNeckerspoel. Routinearbeiten werden in der dortigen Werkstatt verrichtet.Zur Instandhaltung vor allem der elektrischen <strong>und</strong> elektronischen Fahrzeugkomponentenwird eine separate Werkstatthalle vorgehalten werdenmüssen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber weder der Standort noch dieGröße dieser Werkstatthalle festgelegt.4.6 Clermont-Ferrand: Transportsystem Straßenbahnauf Gummireifen• Hintergr<strong>und</strong> der TransportsystemwahlDie letzte städtische Entwicklungsperiode ist in Clermont-Ferrand von einerstarken Zersiedelung (Perurbanisation) geprägt, des Weiteren vonder Entwicklung neuer Wohnviertel, aber auch von dem Niedergang industriellerAktivitäten im Stadtkern sowie dem Aufschwung des tertiärenDienstleistungsbereichs. Heute ist die Agglomeration von einer ökonomischenDynamik charakterisiert, die über dem nationalen Durchschnittliegt. Die Bevölkerung hat nach den Ergebnissen der letzten Volkszählungzugenommen, <strong>und</strong> das nach einem mehrere Jahrzehnte andauerndenAbwärtstrend.Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde in dem Verkehrsentwicklungsplan (Plande Déplacements Urbains, PDU), ausgearbeitet unter der Leitung desAufgabenträgers SMTC (Syndicat mixte de Transport en Commun del'Agglomération Clermontoise), die Absicht formuliert, die fortschreitendeZersiedelung zu bremsen <strong>und</strong> den Umweltverb<strong>und</strong> (zu Fuß gehen, Fahrradfahren,<strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>) zu fördern.Der seit 1997 für Ballungsräume von mehr als 100.000 Einwohnern obligatorischePDU basiert auf dem Gesetz Loi sur l'Air et l'Utilisation rationellede l'Énergie <strong>und</strong> hat eine weitreichende Wirkung, da er von zahlreichenlegislativen <strong>und</strong> finanziellen Instrumentarien begleitet wird. Er isteingebettet in Gesetze, die die Aufgaben <strong>und</strong> Eigentumsverhältnisse derZweckverbände <strong>und</strong> der Betreiber sowie deren Vertragsverhältnis regeln<strong>und</strong> die darüber hinaus die Kooperationen <strong>zwischen</strong> den Kommunen fördern.Der PDU der Agglomération Clermontoise sieht die Verwirklichungvon zwei strukturierenden Achsen auf Eigentrassen vor, die dem ÖPNVvorbehalten sein sollen (Abbildung 9).


5 4Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e. &N◆P#3PMontferrandP$-3&"P-&4&PA= ,P3P , Linie 1 (in Ausführung)Linie 2 (zurzeit Referenzbetrieb Léo 2000)Schienenverkehr SNCF-D$ PPPark-and-Ride (in Ausführung)Park-and-Ride (in Planung)0&"4$$ Umsteigeanlage (in Ausführung)Umsteigeanlage (in Planung)0 1 2km(""DJ !>Als Konsequenz aus einer Anfang der neunziger Jahre in Auftrag gegebenenStudie haben die örtlichen Instanzen sich hierbei für ein SystèmeIntermédiaire entschieden, also ein gummibereiftes Transportsystem. DieEntscheidung hängt vor allem damit zusammen, dass die Nahverkehrsabgabe(Versement de Transport) hauptsächlich durch den Reifenhersteller<strong>und</strong> Autozulieferer Michelin, den mit Abstand wichtigsten Arbeitgeberin Clermont-Ferrand, erbracht wird. Die Kommunalpolitik kann keinezu lebhafte Kritik an demjenigen äußern, der den öffentlichen Verkehr mitseiner Nahverkehrsabgabe maßgeblich finanziert. Mit der Gummibereifungder <strong>Transportsysteme</strong> konnte eine Lösung gef<strong>und</strong>en werden, dieden verkehrstechnischen Anforderungen <strong>und</strong> dem Image des größtenSteuerzahlers der Stadt gleichermaßen gerecht wird.=@ ""&4+EEE'6P9 % - !- >/"Q$Trotz der politischen Vorentscheidung erfolgte für die Nord-Süd-Achseeine offene Ausschreibung. Diese Ausschreibung gewann Irisbus, damalsRenault V.I., mit dem Transportsystem Civis. Nach einem Einspruchvon Alstom, der die Systemstraßenbahn Citadis angeboten hatte, musste


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 5 5die Auftragsvergabe rückgängig gemacht werden. Nach dem Scheiterndieser ersten Pläne konnte immerhin die Versuchslinie Léo 2000 auf einer4,2 km langen innerstädtischen Strecke in Ost-West-Richtung mitsechs angemieteten Civis-Fahrzeugen, ausgestattet mit einem optischenFahrer-Assistenz-System, initiiert werden (Bild 67). Die Erprobung istvom französischen Staat im Rahmen des ForschungsprogrammsPREDIT unterstützt <strong>und</strong> von der Europäischen Kommission im Rahmendes RUBIS-Projekts bezuschusst worden.Eine neuerliche Ausschreibung auf der Nord-Süd Achse beschränkte sichauf gummibereifte <strong>Transportsysteme</strong> mit mechanischer Spurführung. Esbeteiligten sich die Hersteller Bombardier Transportation <strong>und</strong> Lohr Industrie.Unter dem Einfluss der Inbetriebnahme des GLT/TVR-Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systems in Nancy, die von einer beispiellosen Pannenserie geprägtwar, gab es Ende 2001 bei der Auftragsvergabe wenig Zweifel an einerEntscheidung für die Bauart Translohr. Die gummibereifte Straßenbahnliniewird im Jahr 2005 eröffnet. Die Versuchslinie Léo 2000 soll mittelfristigzur zweiten Straßenbahnlinie entwickelt werden.=A( F. ;: . $/1 .$ #&%*0',.*1• LinienführungDie geplante Straßenbahnlinie verbindet die zwei alten Stadtzentren vonClermont <strong>und</strong> Montferrand <strong>und</strong> wird zehn <strong>Bus</strong>linien, die zur Zeit auf derNord-Süd-Achse verkehren, ersetzen. Die Gesamtlänge beträgt 14 km,wobei in einer ersten Bauphase zunächst nur 12 km der Trasse (Croix deNeyrat – Campus Universitaire) erstellt werden; der Weiterbau des südlichenStreckenastes um 2 km zu der dann ausgebauten systemverknüpfendenUmsteigeanlage La Pardieu) ist jedoch bereits beschlossen.In den Arbeiterwohnvierteln in den nördlichen Außenbezirken soll dieStrecke größtenteils auf heute vierspurigen Verkehrswegen verlaufen. Indiesen Straßenzügen sollen die MIV-Spuren reduziert werden, dafür istein besonderer <strong>Bahn</strong>körper in Seiten- oder Mittellage sowie attraktiveRad- <strong>und</strong> Fußwege geplant (Bild 68).=D6PO &+EE


5 6Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e• Systemkosten <strong>und</strong> Finanzierung@6P)-!>$1 " / #&%*0',.*1@+ -1 -5 Die Gesamtkosten des TCSP-Projektes betragen r<strong>und</strong> 260 Mio. EUR für14 km Eigentrasse. Diese Kosten beziehen sich auf das System, dieSpurführung, die Fahrwegkonstruktion <strong>und</strong> die Instandsetzung bzw. denweitreichenden Umbau des Querschnitts des Straßenraumes (Bürgersteige,Verkehrswege, Grünanlagen, Stellplätze). Die Verträge dieses erstenProjekts einer Straßenbahn auf Gummireifen orientieren sich aufgr<strong>und</strong>der Erfahrungen in Nancy an einem Worst-case, <strong>und</strong> beinhaltenvon vornherein eine möglicherweise schwierige Inbetriebnahme. Diemittleren Systemkosten sind ebenfalls auf der sicheren Seite kalkuliert<strong>und</strong> liegen nur knapp unter 15 Mio. EUR/km – in dieser Höhe genausoteuer wie eine konventionelle Straßenbahntrasse.Die Subventionen des Staates betragen 63 Mio. EUR, die Bankanleihe istauf 130 bis 145 Mio. EUR veranschlagt, <strong>und</strong> der Eigenanteil der SMTC,finanziert aus Versement de Transport <strong>und</strong> Impôts locaux, beträgt46 Mio. EUR. Die Kosten berücksichtigen keine ergänzenden Maßnahmenwie die Errichtung neuer Park-and-Ride-Anlagen oder die Neugestaltungdes Place de Jaude (Bild 71). In der Summe enthalten sind allerdingsdie Kosten für die 23 vierteiligen Translohr-Fahrzeuge, von denenjedes 1,5 Mio. EUR kosten soll. Die städtische AktiengesellschaftSAEM-T2C (Société Anonyme d‘Économie Mixte - Transport de Commun)wird die Linie 1 in Partnerschaft mit der RATP France (betriebstechnischerBereich) betreiben.• Fahrweg@3'0./( 5 ! #&%*0',.*1Die gesamte Strecke der Straßenbahn wird auf einer Eigentrasse laufen,wobei der nördliche Teil im Bereich von Montferrand schon über eine solchefür Linienbusse verfügt (Bild 72). Es sind verformungsresistente Asphaltstraßenmit Sonderbindemittel <strong>und</strong> Betonstraßen (Gleitschalungstechnik)geplant. Es kommen auch „Rasengleise“ zur Ausführung; derenLänge wird ungefähr 3 km betragen. Die doppelspurige Fahrwegbreitebeträgt 5,50 m (Bild 73 u. 74).Mit der Einführung der Tramway Nord-Sud soll auch das Stadtbild attraktiver<strong>und</strong> die Aufenthaltsqualität angehoben werden. Großer Wert wirdauf umfassende trassenbegleitende Freiraumplanungen mit Gestaltungder Grünflächen, Straßenräume <strong>und</strong> Fassaden gelegt. Den städtebaulichenAnforderungen wird bei der Gestaltung der Trasse <strong>und</strong> der Straßenräumedurch Abschnittsbildung entsprochen. Daran sind u. a. Raumplaner,Designer <strong>und</strong> vier Architekten beteiligt (je einer für den Norden,Montferrand, die Innenstadt <strong>und</strong> das Universitätsviertel; Bild 75).


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 5 7Im Bereich der Linie 1 ist nur ein Kunstbauwerk in der Nähe des Klinikumszu erstellen, da beide Richtungshaltestellen auf der gegenüberliegendenSeite einer MIV-Magistralen liegen. Um den Weg für die Fußgängerangenehm <strong>und</strong> sicher zu machen, gleichermaßen aber auch daskonfliktfreie Einbiegen der Tramway auf die Magistrale zu ermöglichen,soll der Straßenverkehr im Bereich des Knotenpunkts auf einem kurzenStück in eine Unterführung verlegt werden.• Haltestellen <strong>und</strong> dynamische Fahrgastinformation@8.:" ; #&%*0',.*1Auf der geplanten neuen Straßenbahnlinie soll es im einheitlichen Design30 Haltestellen geben. Diese sollen jeweils 40 m lang sein. Die <strong>Bahn</strong>steighöhebeträgt 23 cm <strong>und</strong> ermöglicht einen höhengleichen Ein- <strong>und</strong>Ausstieg (Bild 76).Die Reisenden werden mittels des Fahrgastinformationssystems SAEIV(Système d‘Aide à l‘Exploitation et à l‘Information des Voyageurs) überdie Ankunftszeiten von Straßenbahnen <strong>und</strong> Linienbussen informiert.Gleichermaßen werden den Disponenten der Betriebszentrale frühzeitigdie Auswirkungen von Störungen auf die Betriebsabwicklung angezeigt.Mit dem ergänzenden Projekt SAPEI (Services Annexes aux Pôlesd‘Échanges Intermodaux) erhofft sich der Aufgabenträger SMTC, denFahrgästen an den Verknüpfungspunkten zum SPNV alle nützlichen Informationenüber die nächsten Züge <strong>und</strong> Linienbusse anbieten zu können.@< .185 $1 , .: $ #&%*0',.*1• Nachfrage aus dem ZubringerverkehrDie Verbindung der Straßenbahnlinie 1 mit dem Eisenbahnnetz ist in LaPardieu <strong>und</strong> dann mittelfristig in Gravanches vorgesehen. Die Umsteigehaltestellenmit dem <strong>Bus</strong> sind zahlreich: Der wichtigste Knotenpunkt istPlace de Jaude, wo die neue Straßenbahnlinie auf die Linie Léo 2000<strong>und</strong> fünf weitere T2C-<strong>Bus</strong>linien trifft. Mit Aufnahme des Betriebes imHerbst 2005 soll das gesamte Linienbusnetz geändert werden <strong>und</strong>hauptsächlich Zubringer- <strong>und</strong> Verteilerfunktion zu der Linie 1 <strong>und</strong> der LinieLéo 2000 übernehmen.Darüber hinaus sollen vier Park-and-Ride-Anlagen in La Plaine (100Stellplätze), an der Kreuzung Les Pistes (300 Stellplätze), am Platz HenriDunand (200 Stellplätze) <strong>und</strong> an der Haltestelle Flaubert im Süden (100Stellplätze) eingerichtet werden. Die Park-and-Ride-Anlagen befindensich damit allesamt an den Einfallstraßen. Die Parktickets sind in Frankreichüblicherweise Kombitickets, die die Pkw-Insassen zu der Weiterfahrtmit dem ÖPNV berechtigen.@=5 F1


5 8Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e• Merkmale der BetriebsabwicklungIm Zuge der Projektumsetzung wird eine Betriebsleitzentrale eingerichtet,wodurch die gemeinsame Überwachung sowohl des Betriebs der Straßenbahnals auch des Linienbusnetzes ermöglicht wird. An allen Lichtsignalanlagenwird für die Tramway sur Pneus eine Phase verlängertoder verkürzt, oder eine Sonderphase für die ÖPNV-Durchfahrt eingeschoben,so dass an den Lichtsignalanlagen Verlustzeiten vermiedenwerden können.Der Betriebshof für die Lohr-Fahrzeuge ist unmittelbar am Ende desnördlichen Streckenastes in Clermont-Ferrand konzipiert; er wird gleichzeitigauch für die Instandhaltung der Omnibusse ausgelegt. Die Gr<strong>und</strong>überlegungfür diesen kombinierten Betriebshof ist, dass die derzeit dezentralgelegenen kleineren <strong>Bus</strong>betriebshöfe zugunsten einer zentralen<strong>Bus</strong>werkstatt aufgegeben werden können. Darüber hinaus soll der <strong>Bus</strong>-/Straßenbahn-Betriebshof die Ausnutzung von Synergieeffekten ermöglichen<strong>und</strong> damit die Gesamtwirtschaftlichkeit erhöhen. Die gemeinsameNutzung von Arbeitsständen für das Fahrfertigmachen (einschließlich derWaschstraße), die Karosseriebearbeitung, Lackiererei, Bremsenprüfstand,Ersatzteillagerung etc. trägt zur Reduzierung der Bau- <strong>und</strong> Betriebskostenbei. Gleiches gilt auch für die Leitstelle, Personalparkplätze,Sozial- <strong>und</strong> Büroräume. Kombinierte Betriebshofanlagen werden auchbei Rad/Schiene-Straßenbahnen umgesetzt.Der Betriebshof wird vollständig mit einer Fahrleitungsanlage ausgestattet.Der Flächenbedarf konnte gering gehalten werden, da das Gleisfeldder Straßenbahn auf Gummireifen mit Halbmessern von 10,50 m hergerichtetwird. Zurzeit wird das Ergebnis eines Architekturwettbewerbs ausgewertet,der sich vor allem mit der Fassadenstruktur <strong>und</strong> den Außenanlagenbeschäftigt. Das Baukosten-Budget ohne Gr<strong>und</strong>stück, Nebenkostenetc. für die kombinierte Betriebshofanlage (23 Fahrzeuge, BauartTranslohr, sowie r<strong>und</strong> 80 Omnibusse) liegt bei 12 Mio. EUR.4.7 Orléans: Transportsystem Straßenbahn• Hintergr<strong>und</strong> der TransportsystemwahlIm Jahre 1995 konnte nach langer Diskussion in der Agglomération Orléanaiseeine politische Übereinkunft darüber erzielt werden, dass dieweitere Verkehrsentwicklung die Stärkung der Aufenthaltsqualität vonStraßenräumen, die Priorität des ÖPNV gegenüber anderen Transportmitteln,die Einführung von Fahrradwegen sowie die Verbesserung desStadtbildes <strong>und</strong> der Stadtzentren beinhalten sollte. Um diese Ziele zu er-


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 5 9reichen, sah der PDU die Verwirklichung einer Straßenbahnlinie vor, dieauch die Verknüpfung aller Teilverkehrssysteme in der Agglomerationerfüllen sollte (Abbildung 10).1998 fiel schließlich die Entscheidung, eine Straßenbahn zu bauen. Zumeinen war dieser Entschluss maßgeblich durch die beeindruckende <strong>und</strong>erfolgreiche Umsetzung unter anderem des Eurotram-Projekts in Straßburgbeeinflusst, an dem Transdev als Anteilseigner der SEMTAO (Sociétéd’Économie Mixte de Transport de l‘Agglomération Orléanaise), desBetreibers des öffentlichen Nahverkehrs in Orléans, maßgeblich beteiligtwar, zum anderen fiel die Entscheidung in eine Zeit, als die Bürgermeister,die ein Straßenbahn-Projekt initiiert <strong>und</strong> durchgesetzt hatten, auchallesamt wiedergewählt worden waren. Auch der Bürgermeister in Orléansunterstützte die Option einer Straßenbahn.5*. PPB#PDT!&1%P-T7&)PP-!!&1%PT5*)")%)-& --& &13PN!$P PP/ram A (in Betrieb)CLEO (in Planung)Schienenverkehr SNCFPark-and-Ride (in Betrieb)Park-and-Ride (in Planung)Umsteigeanlage (in Betrieb)Umsteigeanlage (in Planung)P◆-#!1 6&"--& 0 12km(""EJ %4


6 0Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem eHierbei ist anzumerken, dass dem Bürgermeister nach dem französischenKommunalrecht eine bedeutende Rolle zugesprochen wird. ImRegelfall ist er auch gleichzeitig – wie in der Agglomération Orléanaise –der Präsident des Zweckverbandes (SIVOM). Die Zweckverbände koordinierenim öffentlichen Auftrag die Organisation <strong>und</strong> Ausgestaltung desöffentlichen Nahverkehrs. Damit besitzt ein Bürgermeister in Frankreichdie politische Macht, ein Nahverkehrsprojekt durchzusetzen oder zu kippen.Übrigens wurde der Mythos der politischen Unbesiegbarkeit, der 1985 mitdem Bürgermeister <strong>und</strong> Straßenbahninitiator der Stadt Nantes begann,bei den Kommunalwahlen im März 2001 durchbrochen. Beim jüngstenWahlgang verfehlten die Bürgermeister/innen von Rouen, Straßburg, Paris<strong>und</strong> Lyon sowie eben auch von Orléans allesamt die Wiederwahl –trotz oder gerade wegen eines ÖPNV-Projekts.Bis 2007 soll in Orléans neben der Straßenbahnlinie eine zweite Streckeauf eigener Trasse auf der West-Ost-Achse CLEO (Concevoir la LiaisonEst-Ouest) realisiert werden. Dabei gab es Überlegungen, auf eine regionaleStadtbahn (Tram-train) zu setzen, da im Westen auf Eisenbahnstreckender SNCF zurückgegriffen werden könnte, die derzeit nur fürGüterzüge genutzt werden. Nach dem politischen Machtwechsel bei derKommunalwahl 2001 wurde die Umsetzung der Ost-West-Verbindung, sowie sie zuvor geplant war, verhindert, da die Verantwortlichen von heutegegen ein weiteres Transportsystem auf Schienen sind. Im Oktober 2002ist schließlich die Entscheidung gefallen, eine <strong>Bus</strong>bahn (Tram-bus) umzusetzen,wobei die Bauarten Civis <strong>und</strong> Phileas in den Vordergr<strong>und</strong> gestelltworden sind. Nach ersten Entwürfen wird CLEO nun eine 22,7 kmlange Strecke <strong>zwischen</strong> Chapelle-Saint-Mesmin <strong>und</strong> Chécy-Mardié mit33 Haltestellen <strong>und</strong> fünf Park-and-Ride-Anlagen bedienen.Bei der Wahl des Transportsystems auf der CLEO-Achse spielten dieProjektkosten eine entscheidende Rolle: Während der Bau einer regionalenStadtbahn mit Projektkosten in Höhe von 324 Mio. EUR angesetztworden ist, belaufen sich die Kosten für das <strong>Bus</strong>bahn-Projekt auf142 Mio. EUR. Nach den großen finanziellen Anstrengungen bei der Umsetzungder Linie A, aber auch angesichts der bestehenden zahlreichensicherheitstechnischen Unstimmigkeiten mit der SNCF bei dem Tramtrain-Projekt,war die Entscheidung zugunsten eines busorientiertenTransportsystems abzusehen, zumal das tägliche Fahrgastaufkommenmit maximal 25.000 Fahrgästen ohne weiteres auch mit der <strong>Bus</strong>technologiebewältigt werden kann. Eine technisch aufwändige <strong>Bus</strong>bahn mitelektrischer Antriebseinheit <strong>und</strong> berührungsloser Spurregelung soll zumEinsatz kommen, damit sich der Imageverlust – schließlich wurde einezweite Straßenbahnlinie angekündigt, aber nicht umgesetzt – in Grenzenhält.


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 6 1• LinienführungIm Norden erschließt die Straßenbahn-Linie A das Stadtzentrum vonFleury Les Aubrais, einschließlich des Durchgangsbahnhofs Fleury LesAubrais <strong>und</strong> des Kopfbahnhofs Paris-Orléans. In der Innenstadt wird dieStraßenbahn durch die neugestaltete Fußgängerzone geführt (Bild 77).Im Süden durchquert die Linie eine Fläche der Gemeinde Olivet. DieStrecke verläuft hier in einem Gebiet, das städtebaulich noch nicht erschlossenist. Damit übernimmt die Straßenbahn eine Rolle in der Strukturentwicklungder Agglomeration. Diese Erschließung war eine politischeEntscheidung, die durch den Bürgermeister der Kommune Olivet initiiertwurde. Die Straßenbahntrasse führt schließlich über den Campus derUniversität des in den sechziger Jahren neu angelegten Stadtviertels LaSource. Die Linie endet vor den Türen des Klinikums (Bild 78). Im Jahre2001 beförderte die Straßenbahnlinie r<strong>und</strong> 8,1 Mio. Fahrgäste; dies entsprichteinem mittleren Wert von 35.000 Fahrgästen/Tag.@@! .:" 1 :-%4• Systemkosten <strong>und</strong> FinanzierungDie Systemkosten der Straßenbahn betrugen 305 Mio. EUR (Stand2000). Die 22 Citadis-Fahrzeuge haben anteilig 36,2 Mio. EUR gekostet,wobei auf jedes Fahrzeug r<strong>und</strong> 1,6 Mio. EUR entfielen.Um das Straßenbahn-Projekt umzusetzen, hat der kommunale Kooperationszusammenschlussder Region, CCAO (Communauté de Communsde l'Agglomération Orléanaise), die Versement de Transport mit 100 Mio.EUR als Finanzierungshilfe in Anspruch genommen. Des Weiteren sindSubventionen aus dem Staatshaushalt, vom Departement <strong>und</strong> von derRegion in Höhe von 61 Mio. EUR bereitgestellt worden. Die Bankanleihenbetragen 143 Mio. EUR. Auf die Gemeindesteuer (Impôts locaux)wurde nicht zurückgegriffen. Die Infrastrukturkosten einschließlich derStraßenraumumgestaltung variierten stark <strong>und</strong> lagen – je nachdem, obdie Trasse über Brachland oder durch einen sensiblen Innenstadtbereichführte – im Mittel <strong>zwischen</strong> 8 Mio. EUR/km <strong>und</strong> 20 Mio. EUR/km.@A' 2%4 &. /1@D'! > +#3+"#2 H") ( $• FahrwegDie Gesamtstrecke der Straßenbahn verläuft auf einer r<strong>und</strong> 5,50 m breitenEigentrasse, die sorgfältig in die städtebauliche Umgebung eingepasstworden ist. R<strong>und</strong> 8 km der 18 km Streckenlänge sind als Rasengleisausgeführt (Bild 80 u. 81). Als einziges Kunstbauwerk wurde eineUnterführung gebaut, um eine Autoschnellstraße planfrei zu kreuzen.Des Weiteren wurde die Autobrücke Pont de l‘Europe mit der Eröffnungder Straßenbahn eingeweiht. Sie wurde gebaut, um das Kraftfahrzeugaufkommenauf der George-V-Brücke zu reduzieren, damit dort derRückbau von vier auf zwei MIV-Fahrstreifen politisch durchzusetzen war(Bild 82).AE, H1 %" $';" ("$


6 2Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem eA %4 $1 / H.L&M Als Fahrwegkonstruktion finden 65 cm lange Betonfertigteile mit einemeingegossenen Winkelstahl als Zweiblockschwellen Verwendung. DerWinkelstahl erleichtert Transport <strong>und</strong> Ausrichten der Gleise vor Ort. DerSchienenfuß wird auf den Zweiblockschwellen zur Schwingungsminderungauf einer elastischen Zwischenlage gelagert. Der auf der durchlaufendenmassiven Ortbeton-Tragplatte ausgerichtete Gleisrost wird abschließendmit Füllbeton vergossen. Zuvor werden die Rillenschienen imStegbereich mit einem Kammerfüllkörper aus Polyurethan umhüllt, umeine seitliche Schwingungsübertragung zu verhindern. Gleichzeitig werdenso auch vagab<strong>und</strong>ierende Ströme ausgeschlossen.• Haltestellen <strong>und</strong> dynamische FahrgastinformationA+;/" F510P(*Entlang der neuen Straßenbahnlinie gibt es 24 Haltestellen, die 30 mlang <strong>und</strong> mindestens 2,50 m breit sind. Die Einstiegshöhe liegt bei 28 cm.Die Haltestellen sind bis ins Detail sehr hochwertig ausgeführt. Die Besonderheitin Orléans ist, dass jede Haltestelle an die Geschichte oder aneine Persönlichkeit der Agglomeration erinnert. Dies geschieht durchGrafiken, die als Folie an den Glasscheiben der Haltestellenhäuschenangebracht sind <strong>und</strong> jeweils ein Thema behandeln. Alle Haltestellen sindmit einer dynamischen Fahrgastinformation versehen, d. h. der Fahrgastbekommt die wirklichen Abfahrtszeiten angezeigt. Hierzu werden nutzergeeigneteInformationen des Betriebsleitsystems aufbereitet <strong>und</strong> an dieFahrgäste weitergeleitet (Bild 83 u. 84).• Nachfrage aus dem ZubringerverkehrDer wichtigste Knotenpunkt ist der Gare d’Orléans, wo die Straßenbahnim <strong>Bus</strong>bahnhof Centre <strong>Bus</strong> auf 11 <strong>Bus</strong>linien trifft <strong>und</strong> mit dem SPNV verknüpftist.A31+8 &$( H H", " $Zwischen Linienbusverkehr <strong>und</strong> Straßenbahn verfügt das ÖPNV-Netz derAgglomeration über vier größere Umsteigeanlagen: Am Nordufer sinddies Gare d’Orléans <strong>und</strong> Jules Verne, am Südufer Zénith <strong>und</strong> Victor Hugo.Umsteigeanlagen <strong>zwischen</strong> Straßenbahn <strong>und</strong> Eisenbahn sind derGare d’Orléans <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>hof Fleury les Aubrais. Ferner befindet sich eineUmsteigeanlage Straßenbahn/Regionalbus am Gare d’Orléans.Die Anschlusslinien der Vororte (Linien 11-18 <strong>und</strong> 21-28) sorgen für denZubringer- <strong>und</strong> Verteilerverkehr mit aufkommensstarken <strong>Bus</strong>linien odermit der Straßenbahn. 15 Haltestellen der Straßenbahnlinie haben eineUmsteigemöglichkeit zum Linienbusverkehr (Bild 85).A8 H." ; " 9 F/$' ;/ #" ># 2$Des Weiteren verfügt die Straßenbahnlinie über 6 Park-and-Ride-Anlagen, die zusammen eine Kapazität von 900 Pkw-Stellplätzen aufweisen.Am Nordufer sind dies: <strong>Bus</strong>tière (55 Plätze) <strong>und</strong> Jules Verne (45,jeweils unbewacht) <strong>und</strong> Libération (200, bewacht). Am Südufer Zénith(200), Victor Hugo (150) <strong>und</strong> les Aulnaies (200, alle bewacht). Die Anlagensind so errichtet, dass sie an den Einfallstraßen zur Stadtmitte lie-


Monographien projektierte r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e 6 3gen. Damit besteht für die Bewohner der Außenkommunen eine bequemeUmsteigemöglichkeit zur Straßenbahn, zumal das Parkticket auch diekostenfreie Straßenbahnbenutzung für alle Pkw-Insassen ermöglicht.• Merkmale der BetriebsabwicklungZur Steuerung der Betriebsabwicklung hat der VerkehrsbetreiberSEMTAO bereits 1987 das SAPHIR-System (Système d’Aide Electroniqueà la Préparation des Horaires, à l’Information et la Régulation duTrafic) eingeführt. Es stellt auch die Basis der Bevorrechtigung an allenLichtsignalanlagen dar. Da sich aufgr<strong>und</strong> der Eigentrasse, die frei vonexternen Einflüssen ist, die Fahrzeit <strong>zwischen</strong> Anmeldepunkt <strong>und</strong> Kreuzungpräzise bestimmen lässt, können die geeigneten Eingriffe in denSteuerungsprogrammen der Lichtsignalanlagen zeitverlustfrei geschaltetwerden, <strong>und</strong> es kommt nicht zu auffälligen Einbußen im Bereich der MIV-Leistungsfähigkeit.Die Betriebshofanlage der Linie 1 liegt in La Source. Der Werkstattbereichmit Arbeitsgruben <strong>und</strong> Dacharbeitsständen, Schleifeinrichtungender Radsätze etc. sowie der Depotbereich sind aufgr<strong>und</strong> der damaligenTram-train-Planungen auf bis zu 50 Züge ausgelegt. Darüber hinauswurde im Freien ein Aufstellbereich angelegt, wo auf acht parallelen, je120 m langen Gleisen insgesamt 24 Züge abgestellt werden können. DerKostenaufwand wird mit r<strong>und</strong> 50 Mio. EUR angegeben; dies sind über15% der Gesamtaufwendungen (Bild 86).A


6 4Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem ekenswert. Verkehrsmittelgerecht umgesetzt werden vor allem die sich inBau befindlichen HOV-Trassen in den östlichen Neubaugebieten LeidscheRijn/Vleuten-De Meern, da zum einen für eine <strong>Bus</strong>straße ausreichendVerkehrsfläche vorhanden ist <strong>und</strong> zum anderen ein Fahrgastaufkommendeutlich unter 25.000 Personen pro Tag prognostiziert wird. Zuberücksichtigen ist in Utrecht auch, dass in den Spitzenst<strong>und</strong>en zahlreicheDoppelgelenker im Expressdienst eingesetzt werden. Es kommt denDoppelgelenkern hierbei zugute, dass sie einander auf der Eigentrassean beliebiger Stelle überholen können.In Rouen kann durch die sich verzweigenden Streckenäste des TEOR-Systems eine sehr gute Flächenerschließung geleistet werden, die auchdie Höhenzüge der Stadt mit einschließt. Differenziert ist hier allerdingsdas gewählte Fahrzeug, der optisch spurgeregelte Civis, zu betrachten.Durch das ihm vorauseilende innovative Image entschloss sich immerhinder Aufgabenträger für ein busorientiertes System <strong>und</strong> erhielt bei diesembemerkenswerten Schritt Unterstützung aus der Politik. In der Praxis, sodie Erfahrung des TCAR-Direktors Hue, gestaltet sich die Homologationder berührungsfreien Spurregelung <strong>und</strong> die Verfügbarkeit der Radnaben-Motortechnik allerdings aufreibend.Das Phileas-Projekt in Eindhoven besticht durch seinen ganzheitlichenAnsatz – angefangen bei einer eigenen Fahrzeugentwicklung, durchgängigenEigentrassen, uneingeschränkter Bevorrechtigung an Knotenpunkten,abgestimmter Flächennutzung <strong>und</strong> Siedlungsentwicklung, regionalerWertschöpfung, geschickter Finanzierung bis hin zu mustergültigerÖffentlichkeitsarbeit mit Bürger-Workshops, Internetpräsenz sowieeigenem Phileas-Magazin etc. Das alles beeindruckt, nicht aber dasFahrgastaufkommen: Lediglich 5000 Fahrgäste pro Tag bei dem Phileas-Startersystem. Diese geringe Zahl verdeutlicht den Charakter eines bezuschusstenDemonstrationsprojekts.Das hierbei zum Einsatz kommende Fahrzeug ist zweifellos eine äußerstehrgeizige Entwicklung. HONDIUS (2002/b) hofft für die mutigen Initiatoren,dass das Phileas-Fahrzeug nicht zu kompliziert geworden ist, dassdie Kunststoffkonstruktion sich auch mit der Zeit gut hält, <strong>und</strong> dass sowohlAntrieb als auch die berührungsfreie Spurregelung verläßlich arbeiten.Der Ansatz in Clermont-Ferrand zielt auf eine Reduzierung des MIV<strong>und</strong> einerRevitalisierung der Stadtstruktur. Im Mittelpunkt steht hierbei einattraktives Straßenbahnprojekt. Zum Einsatz kommt die Bauart Translohr,innovativ durch die Wahl von gummibereiften Fahrwerken, die aneiner Monoschiene spurgeregelt werden.Das Gesamtprojekt ist stimmig, wobei der Nachweis noch aussteht, dasssich das neuartige Fahrzeugkonzept den rauen Gegebenheiten des alltäglichenÖPNV-Betriebs gewachsen zeigt, wenngleich man in dieserHinsicht aufgr<strong>und</strong> der bisherigen Erprobungsergebnisse beiLohr Industrie recht zuversichtlich ist. Dies betrifft sowohl den Antriebsbe-


Monographien projektiert e r u n d re a l i s i e r t e r Transportsystem e 6 5reich als auch die Gelenkmodule, eingeschlossen die mechanischeSpurführung. Nachteilig sind bei dem Translohr-Projekt in Clermont Ferranddie hohen Gesamtkosten. Aufgeschreckt durch die desaströsen Erfahrungendes GLT/TVR in Nancy <strong>und</strong> Caen sind zahlreiche Gewerke mitSicherheitszuschlägen belegt worden, um möglichen Schwierigkeiten beider Inbetriebnahme kostenneutral begegnen zu können. Ob die Straßenbahnauf Gummireifen einen Vorteil bei den Investitionskosten gegenüberder Rad/Schiene-Straßenbahn bringt, bleibt damit dem Ergebnis derAusschreibung Ende 2003 in Toulouse (Frankreich) vorbehalten, wo LohrIndustrie erstmalig unter gleichen Randbedingungen mit Alstom, SiemensTS <strong>und</strong> Bombardier Transportation miteinander konkurrieren wird.Die Linie A in Orléans ist die neu eingeführte französische Straßenbahnmit dem geringsten Fahrgastaufkommen. Das jährliche Fahrgastaufkommenin Höhe von 8,1 Mio. Reisenden (2001) zeigt, dass Orléans eingrenzwertiger Anwendungsfall für eine Straßenbahn ist. Der politischeMut, eine durchgängige Eigentrasse umsetzen zu wollen, ließ im Hinblickauf die durchquerten Straßenräume allerdings nur ein permanent geführtesSystem zu. Dennoch ist es vielerorts recht eng geworden, wasdas schließlich gewählte kleinprofilige Citadis-Fahrzeug mit der Breitevon nur 2,32 m zeigt. Zu berücksichtigen ist, dass trotz des enormen Kostenaufwandsdie Linie A die französische Straßenbahn ist, die zu ihrerZeit die günstigsten Baukosten pro Kilometer <strong>und</strong> mit nur 2 Jahren auchdie kürzeste Bauzeit aufweist. Ferner ist sie mit 18 km das längste Startsystem.Zu erklären ist dies durch den verbindenden Streckenabschnittdurch ein dünn besiedeltes Gebiet in der Kommune Olivet.Eines sollte bei einer städteübergreifenden Betrachtung aller Monographienabschließend herausgestellt werden: Beleuchtet man die Hintergründe,die in den untersuchten Städten den Ausschlag für die Systemwahlgegeben haben, wird offensichtlich, dass durchaus eine vorentscheidendeSystemauswahl in Richtung eines <strong>Bus</strong>zug-ähnlichen oder einesStraßenbahn-ähnlichen Transportsystems von politischer Seite vorgegebenwurde. Die Anwendungsbeispiele spiegeln hier einige Gründewider: Förderprogramme, Kostenvorgaben, regionale Wertschöpfung,Wahlzusagen, bereits gescheiterte Systemimplementierungen, beschäftigungspolitischeZiele, ...Es bleibt denn auch festzustellen, dass vor Beginn des Planungsprozessesneben die Analyse des Sachsystems „auch eine Analyse des Interessensystems“(KIRCHHOFF, 2002, S. 39) treten sollte, da die Kenntnisder Sichtweisen <strong>und</strong> Machtverhältnisse vor Ort eine Systembewertungerleichtert. Es ist deshalb bei der Auswahl der in Frage kommenden<strong>Transportsysteme</strong> vorab objektiv zu ermitteln, wo Ansätze für einen Systemkompromissliegen <strong>und</strong> was von vornherein unerreichbar ist. Eineausschließlich fachbezogene Entscheidung kann bei der Wahl einesneuen Transportsystems nicht erwartet werden.


6 6Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e4.9 Gegenüberstellung der VergleichsdatenIn der nachfolgenden Tabelle sind die wesentlichen Vergleichsdaten der<strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> der Städte Utrecht, Rouen,Eindhoven, Clermont-Ferrand <strong>und</strong> Orléans nochmals gegenübergestellt.Stadt Utrecht Rouen Eindhoven Cler.-Ferrand Orléans("! 8F:=::: 9=::: 8:9=::: 8F:=::: 8?:=:::23&44'=B !8::@)


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e rt e r T r a n s p o r t s y s t e m e 6 7Die Werte beziehen sich vorrangig auf Prognosewerte, die nach der Fertigstellungdes Gesamtsystems erwartet werden. Eine Ausnahme bildenUtrecht <strong>und</strong> Orléans, wo auf Werte aus den Jahren 2001/02 zurückgegriffenwerden konnte.4.10 Merkmale der <strong>Transportsysteme</strong>Die Untersuchung der hochwertigen <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong><strong>Bahn</strong> (Tabelle 1), die Gegenüberstellung der Monographien über Vergleichsdaten(Tabelle 2) sowie weiterführende Überlegungen liefern alsErgebnis eine ergänzende tabellarische Übersicht mit allgemeinen verkehrsplanerischenEntwurfs- <strong>und</strong> Einsatzgrößen, die in der Tabelle 3aufgeführt sind. Eine ähnliche Zusammenstellung verkehrsplanerischerEntwurfs- <strong>und</strong> Einsatzgrößen veröffentlichte die Light Rail Transit ConsultantsGmbH (1993) für Stadtbahnsysteme.Die in der Tabelle 3 aufgeführten Anhaltswerte für Anwendungsbereiche<strong>und</strong> Entwurfsparameter sind unterteilt in <strong>Bus</strong>zug-ähnliche Systeme, dienach StVZO <strong>und</strong> BOKraft betrieben werden, <strong>und</strong> in StraßenbahnähnlicheSysteme, die nach der BOStrab betrieben werden. Hilfreich erscheinteine solche Unterteilung insbesondere aufgr<strong>und</strong>• der abweichenden rechtlich zulässigen Länge der Fahrzeuge (<strong>und</strong>der damit verb<strong>und</strong>enen Kapazitätsreserve),• der verschiedenartigen Gr<strong>und</strong>prinzipien der Netzformen,• der Variationsbreite der Ausbaustandards, aber auch wegen• der unterschiedlichen Ausbaukonzepte, die rasch zu einem hohenVerkehrswert führen sollen.Demgegenüber hat sowohl die <strong>Bus</strong>zug-ähnliche als auch die Straßenbahn-ähnlicheKategorie den hohen Anteil an Eigentrassen gemeinsam,<strong>und</strong> zwar entweder als vom Straßenverkehr völlig unabhängige Eigentrasseoder als besonderen Fahrkörper im Straßenraum.Die Planungsbeteiligten erhalten bei der Überprüfung ihrer Planungsgrößenmit den dargestellten Entwurfs- <strong>und</strong> Einsatzparametern eine ersteVorstellung darüber, ob die bisherigen überschläglichen Entwürfe fürNetz, Linienform, Verknüpfungspunkte <strong>und</strong> Betrieb weiter vertieft werdensollten bzw. ob eine detailliertere Ermittlung von Vergleichsdaten über diein Frage kommenden <strong>Transportsysteme</strong> im Rahmen der verkehrsmittelgerechtenEinsatzplanung überhaupt zweckmäßig erscheint. Bekanntlichwird die sachliche Vorauswahl eines Transportsystems <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong><strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> in erster Linie von einem Ausgangspunkt bestimmt: Die Beförderungsleistungdes Transportsystems muss dem Verkehrsaufkommenentsprechen. Hier ist insbesondere das jährliche Mindestverkehrsaufkommen<strong>und</strong> die werktägliche Spitzenst<strong>und</strong>e zu beachten. Möglicherweisegenügt auch ein aufgewerteter Linienbusverkehr den verkehrlichenAnsprüchen, oder aber es wäre eine Stadtbahn-Variante näher zu verfolgen.


6 8Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem eBetrieb nach StVZO/BOKraftBetrieb nach BOStrabTransportsystem <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>Bus</strong>zug-ähnlich Straßenbahn-ähnlichKlassifikation desVerkehrsraumesParameter zurWahl desTransportsystemsStreckeStationenFahrzeugeBetriebQuerführung ("4 4 23&4&'=B %R) $5 4'("=% 8 ) & 1 4$'B %E )$E'3%!)4!,'3=%)O 5 '"3=%)4!'B %/ )O4!'B %/ )R$'B %R)#8::=::: K8::=:::@9 K8:@9::8=:::K8=:::8=9:: 9=:::@=9:: 8=:::?::8=8::J


Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transp o r t s y s t e m e 6 9• Ein leistungsfähiges Transportsystem <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> wird inVerdichtungsräumen mit über 200.000 Einwohnern oder günstigerSiedlungsstruktur einer Einsatzplanung unterzogen.• Die primäre Netzstruktur besteht im Regelfall sehr übersichtlich auswenigen Durchmesserlinien, gegebenenfalls mit Verzweigungen inden Randgebieten <strong>und</strong> einer sich kreuzenden oder berührendenNetzverknüpfung im Zentrum (Netzhierarchisierung).• Die Trassen werden als städtebauliche Entwicklungsachsen mitraumordnerischer Perspektive gesehen <strong>und</strong> dienen der Stadterneuerungsowie der Entwicklung von Neubautätigkeiten.• Nachgeordnete, sek<strong>und</strong>äre Teilverkehrssysteme erfüllen meist ergänzendeine Zubringer- <strong>und</strong> Verteilfunktion <strong>und</strong> tragen damit wesentlichzur Steigerung der Effektivität des ÖPNV-Systems bei. Indiesem Zusammenhang sind vor allem die Systeme Quartier-, Stadt<strong>und</strong>Regionalbus zu nennen. Park-and-Ride-Anlagen sind jeweilsBestandteil des Gesamtverkehrskonzepts.• Die Einsatzüberlegungen basieren mindestens auf einem zehnminütigenFahrplan-Gr<strong>und</strong>takt als Regelplanung. Berücksichtigt wird hierbei,dass alle darüberliegenden Folgezeiten eine Abstimmung deshäuslichen Abmarsches auf die Abfahrtszeit notwendig machen würden.• Der Vorrangbetrieb erfolgt auf unabhängigen oder besonderenÖPNV-Fahrwegen, so dass eine hohe Beförderungsqualität mit attraktiverReisegeschwindigkeit („zügiges Vorankommen“) <strong>und</strong> großerZuverlässigkeit sichergestellt ist.• <strong>Bus</strong>spuren (Sonderfahrstreifen) kommen im Gegensatz zu besonderenoder unabhängigen ÖPNV-Fahrwegen kaum zur Anwendung.Die Fahrwege sollen durch neu erstellte, verschleiß- <strong>und</strong> verformungsresistenteFahrwegkonstruktionen einen ansprechenden Beförderungskomfortbieten.• Die Fahrweg-Deckschichten bilden bei den busorientierten <strong>Transportsysteme</strong>ndurch Einfärbung <strong>und</strong> Materialwahl einen Kontrast zuden Asphaltstraßen des allgemeinen Verkehrs, so dass zum einender Wiedererkennungswert gesteigert <strong>und</strong> zum anderen der Systemcharakterdes Transportsystems unterstrichen wird.• Auch kurze Unter- oder Überführungsbauwerke werden bei den Planungennicht gänzlich ausgeschlossen, sofern aus zwingendenGründen auch nach heutigen städtebaulichen <strong>und</strong> verkehrlichenMaßstäben keine ebenerdige Lösung möglich ist.


7 0Monographien projektiert e r u n d r e a l i s i e r t e r Transportsystem e• Bei den spurfreien <strong>Transportsysteme</strong>n wird das zulässige Längen<strong>und</strong>Breitenmaß weitestgehend ausgenutzt. Um eine städtebaulicheIntegration zu erleichtern, können die spurgeführten <strong>Transportsysteme</strong>dagegen in ihrer Fahrzeugbreite gegebenenfalls auch schmalausgeführt werden. Eine hohe Beförderungskapazität kann dannüber eine größere Fahrzeuglänge erzielt werden.• Die fahrdynamischen Trassierungsparameter der busorientierten<strong>Transportsysteme</strong> basieren auf Komfortansprüchen der Fahrgäste.Es sind teilweise Grenzwerte (Lichtraumprofil, zulässige Längsneigung<strong>und</strong> Halbmesser) festgelegt, die zu einem späteren Zeitpunkteine Umstellung auf einen Stadtbahnbetrieb ermöglichen. Die Perspektiveeiner regionalen Stadtbahn spielt bei den untersuchtenStädten keine Rolle.• Die Haltestationen sind durchgängig nach einheitlichem Standardgeplant <strong>und</strong> sind als Bestandteil eines Niederflurverkehrssystemsdurch die Verwendung von Haltestelleninseln oder Haltestellenkapsgekennzeichnet, die nahezu geradlinig angefahren werden. Eine dynamischeFahrgastinformation wird als Standard angesehen.• Zur Reduzierung der Abfertigungszeit an Haltestellen werden Fahrscheinautomatenan Haltestellen oder im Fahrzeug aufgestellt. DerFahrer steht nur bei Sonderfragen zur Verfügung.• Die eingesetzten Fahrzeuge fahren auf Sicht, die Lichtsignalbeeinflussung<strong>und</strong> Betriebssteuerung erfolgt über ein RBL-System (RechnergestütztesBetriebsleitsystem). Es wird an den LSA die Wartezeit„Null“ umgesetzt.• Eine zeitgemäße Fahrgastbedienung im Zusammenspiel mit einemattraktiven Verkehrsangebot, eingebettet in moderne Marketingkampagnen,etabliert das Transportsystem als vorrangigen Partner imUmweltverb<strong>und</strong> innerhalb eines weitreichenden städtischen Mobilitätskonzepts.


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 7 15 Entwicklung eines Planungsleitfadens5.1 ProblemstellungDie technische Untersuchung <strong>und</strong> die Gegenüberstellung in dem Kapitel3 ermöglichen zunächst eine übersichtliche Klassifizierung der marktreifen<strong>Transportsysteme</strong> <strong>und</strong> die Rückführung der vielfältigen Bauarten aufdie Fahrzeugtypen <strong>Bus</strong>zug, <strong>Bus</strong>bahn, Straßenbahn auf Gummireifen <strong>und</strong>Straßenbahn sowie die dazugehörigen fahrwegspezifischen Betriebsanlagen(Abbildung 4).In Kapitel 4 sind nun anhand der untersuchten Städte allgemeine verkehrsplanerischeEntwurfs- <strong>und</strong> Einsatzparameter aufgestellt, so dassleicht erkennbar wird, ob ein zugr<strong>und</strong>egelegter Verkehrsraum überhauptprinzipiell für <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> geeignet ist(Tabelle 3). Die Anzahl der infrage kommenden <strong>Transportsysteme</strong> kanndamit weiter reduziert werden, <strong>und</strong> es verbleiben nur noch projektgeeignete<strong>Transportsysteme</strong> in der Vorauswahl.Die Kapitel helfen jedoch bei der Feststellung der Eignungsfähigkeit vordem Hintergr<strong>und</strong> eines konkreten Betriebsprogramms sowie eines konkretenStraßenraumes nicht entscheidend weiter. Die Auswahl eineszielgerechten Transportsystems, welches die gesteckten Ziele nach Auffassungder Planungsbeteiligten <strong>und</strong> der politischen Mandatsträgerbestmöglich erfüllt, ist damit zwar eingegrenzt, dennoch stellt sich dieEntscheidung nach wie vor sehr vielgestaltig dar. Für die Lösung diesesProblems soll nun eine konzeptionelle Entwurfs- <strong>und</strong> Entscheidungshilfeentwickelt werden, die für alle Planungsbeteiligten einfach nachvollziehbarist, wobei insbesondere bestehende Vorteile <strong>und</strong> Risiken der vielschichtigenInteressenabwägungen erläutert werden sollen. Dazu sollnachstehend ein Leitfaden erarbeitet werden, der• eine ausgewogene Betrachtung vor allem der betrieblichen <strong>und</strong>städtebaulichen Belange bei der Auswahl eines (unkonventionellen)Transportsystems berücksichtigt,• auf den jeweiligen ortsspezifischen Kontext einer konkreten Planungssituationübertragbar bleibt <strong>und</strong>• Sicherheit bei dem Prozess der Eignungsfeststellung gibt.


7 2E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s5.2 Übergeordnete BewertungsebenenDie Ermittlung eines zielgerechten Transportsystems <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong><strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> orientiert sich schwerpunktmäßig an einer Untersuchung dernachstehenden, übergeordneten Bewertungsebenen:• Systemspezifische Eigenschaften• Betriebstechnische Anforderungen• Städtebauliche Eignung• Wirtschaftliche AuswirkungenDie systemspezifische Bewertungsebene ist fahrweg- <strong>und</strong> fahrzeugtypbezogen<strong>und</strong> vollständig unabhängig von einer konkreten Anwendung.Sie dient in erster Linie dazu, allgemein übertragbare Vor- <strong>und</strong> Nachteileder <strong>Transportsysteme</strong> herauszuarbeiten.Die betriebstechnischen <strong>und</strong> städtebaulichen Bewertungsebenenerlauben demgegenüber nur in Abhängigkeit von dem konkreten Planungsauftrageine Aussage darüber, in welchem Maße das Transportsystemgeeignet ist. Diese Aussage ist von relativer Natur <strong>und</strong> vor allem inAbhängigkeit• von der gesamtgemeindlichen Zielsetzung der Einsatzplanung <strong>und</strong>• von dem für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Trasse prognostiziertenBetriebsprogramm zu sehen.Die Ergebnisse einer betriebstechnischen <strong>und</strong> städtebaulichen Bewertungfallen demnach in jeder Stadt anders aus. Es steht bei diesen Kriteriendie ortsspezifische Planungssituation im Bereich der Trassierung imVordergr<strong>und</strong>, deren Beurteilung eine genaue Kenntnis der bestehendenVerhältnisse erfordert.Abschließend sind die wirtschaftlichen Auswirkungen in Erfahrung zubringen. Hierzu sind als Hilfestellung in den Anlagenbänden Kostenabschätzungenangegeben, die vor allem die neuartigen Fahrzeugkomponenten<strong>und</strong> ihre dazugehörigen Fahrwegkonstruktionen im Blickpunkthaben.5.3 ZielfelderDen Bewertungsebenen werden nun Zielfelder zugeordnet, die geeigneterscheinen, charakteristische <strong>und</strong> objektive Unterscheidungsmerkmaleder unkonventionellen <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> zu liefern.Zu berücksichtigen ist hierbei, dass eine Gewichtung der Zielfeldernicht vorab mit Alleingültigkeitsanspruch erstellt werden kann, da diespeziellen Verhältnisse im Bereich der verkehrlichen, betrieblichen,städtebaulichen <strong>und</strong> kostenverursachenden Gegebenheiten des Einsatzgebietsin der Gewichtungsstruktur zum Ausdruck kommen müssen. Genausobedeutsam ist es auch, den speziellen Vorstellungen aller Planungsbeteiligtenhinsichtlich der gewünschten „Systemqualität" gerecht


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 7 3zu werden. Hier sind politische Entscheidungen zu treffen, die in der Regelnur problemorientiert für ein konkretes Projekt erfolgen können.Es sind Argumentationen der Hersteller, Erkenntnisse aus der Betrachtungder untersuchten Städte sowie zahlreiche Anmerkungen von Fachplanernaufgenommen worden. Bei detaillierten Einsatzstudien u. a. inAachen, Bremerhaven, Hamburg <strong>und</strong> Dresden konnten schließlich inDiskussionen mit den Kommunen <strong>und</strong> Verkehrsbetreibern die Aspekteder nachfolgend vorgestellten Strukturierungshilfe überprüft werden. Eskonnten folgende aussagekräftige Zielfelder abgeleitet werden:Bewertungsebene:Systemspezifische EigenschaftenZielfelder: • Umfeldverträglichkeit• Barrierefreier Zugang• Hoher Beförderungskomfort• Gelungene AußenwirkungBewertungsebene:Betriebstechnische AnforderungenZielfelder: • Zuverlässige Betriebsabwicklung• Reaktionsschnelle Betriebsabwicklung• Arbeitserleichterungen des Personals• Betriebliche Kontinuität• Bedarfsgerechtes VerkehrsangebotBewertungsebene:Städtebauliche Eignung:Zielfelder: • Straßenräumliche Integration• Stadtgestalterische Qualität• Stadtverträgliche BauabwicklungBewertungsebene:Wirtschaftliche AuswirkungenZielfelder: • Niedrige Planungs- <strong>und</strong> Abstimmungskosten• Finanzierungsvorleistung• Angemessene Investitionskosten• Kalkulierbare Fahrzeugbetriebs- <strong>und</strong> InstandhaltungskostenDie o. g. Bewertungsebenen erlauben für sich betrachtet freilich keineAussage darüber, ob die untersuchten Alternativen überhaupt für einebestimmte Aufgabe geeignet sind. Stattdessen ist nur ein Urteil über dierelative Vorteilhaftigkeit bzw. den Grad der Eignungsfähigkeit für einenkonkreten Verkehrsraum möglich.


7 4E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sUnberücksichtigt bei der Gegenüberstellung bleiben Bewertungsebenen<strong>und</strong> Zielfelder, die bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n gleichgesetzt werdenkönnten <strong>und</strong> folglich bei der Beurteilung keine Hilfe darstellen:• So können beispielsweise in diesem Zusammenhang insbesondereverkehrliche Aspekte bei der Auswahl der Zielfelder unberücksichtigtbleiben, da bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n eine annähernd gleiche Beförderungsgeschwindigkeitangesetzt wird, deren Umsetzung vorrangigvon herkömmlichen ÖPNV-Beschleunigungsmaßnahmen, derHaltezeit <strong>und</strong> dem Haltestellenabstand abhängt.• Da die Durchsetzung der Beschleunigungsmaßnahmen im verkehrspolitischenBereich entschieden wird, ist das BewertungskriteriumBeförderungsgeschwindigkeit unabhängig vom jeweiligen Transportsystemzu sehen. An die Beförderungsgeschwindigkeit sind gleichermaßenBewertungskriterien wie Reisezeit, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeitetc. geknüpft.• Auch die Verkehrsqualität an Knotenpunkten kann gleichgesetztwerden, da für sehr lange Nahverkehrsmittel entsprechend den Vorgabender RiLSA (Richtlinien für Lichtsignalanlagen) bei der Ermittlungder Zwischenzeiten mit einer einheitlichen fiktiven Fahrzeuglängezu rechnen ist. Durch die annähernd gleiche Beförderungskapazität<strong>und</strong> die damit verknüpfte annähernd gleiche Bedienungshäufigkeitist auch bei der Querungshäufigkeit eines Knotenpunktes (<strong>und</strong>der damit verb<strong>und</strong>enen Anforderung einer Sonderphase) kein Unterschiedfestzustellen.• Des Weiteren bleiben auch Bewertungskriterien, die die Leistungsmerkmaledes allgemeinen ÖPNV widerspiegeln – wie beispielsweiseFre<strong>und</strong>lichkeit der Mitarbeiter, Sicherheit vor Belästigungen, Sauberkeit<strong>und</strong> Gepflegtheit der Fahrzeuge <strong>und</strong> der Haltestelle, Informationder Fahrgäste, Anschlüsse, ... – unberücksichtigt. Hier ist der Betreibergefordert, aus dem Blickwinkel von K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Öffentlichkeit fürgute Ergebnisse zu sorgen.• Auch der Fahrpreis ist in diesem Zusammenhang deshalb kein Bewertungskriterium,da er unabhängig vom Transportsystem tariflichenVerb<strong>und</strong>strukturen unterliegt. Damit entfällt auch der Einnahmeaspektdes Fahrpreises.• Das Nachfragepotential wird sich bei den <strong>Transportsysteme</strong>n untergleichen Randbedingungen (Verkehrsangebot, Systempräsenz, Art<strong>und</strong> Ausstattung der Infrastruktur <strong>und</strong> der Fahrzeuge, Marketing,Serviceorientierung, Fahrgastinformation etc.) ebenfalls nicht signifikantunterscheiden, wie Untersuchungen über <strong>Bus</strong>- <strong>und</strong> Schienenstreckenvon MEGEL (2001) <strong>und</strong> KASCH/VOGTS (2002) zeigen. Nichtquantifizierbare Kriterien wie beispielsweise die subjektive Sicherheitim Fahrzeug oder die „Präsenz im Kopf“ (MEGEL 2001) liefern demnachgünstigstenfalls marginale Verbesserungen bei der K<strong>und</strong>enakzeptanz.


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f ad e n s 7 5• Das Bewertungskriterium Technische Sicherheit bleibt unberücksichtigt,weil davon auszugehen ist, dass ein System technisch sicher ist,sobald es seitens der technischen Aufsichtsbehörden für den Fahrgastbetriebzugelassen wird.5.4 Systemspezifische EigenschaftenDie den Zielfeldern zurechenbaren Bewertungskriterien <strong>und</strong> deren möglicheBeschreibungsgrößen sind in der Tabelle 4 aufgeführt. Die systemspezifischenEigenschaften der untersuchten <strong>Transportsysteme</strong> unterscheidensich im Bereich der Emissionsbelastung, der Ein- <strong>und</strong> Ausstiegssituation,des Fahrgefühls sowie des Images.Bewertungsebene Zielfeld Bewertungskriterium BeschreibungsgrößenSystemspezifischeEigenschaftenUmfeldverträglichkeitBarrierefreier ZugangHoher BeförderungskomfortGelungeneAußenwirkungGeringeEmissionsbelastungBequemer <strong>und</strong> rascherEin- <strong>und</strong> AusstiegsvorgangFahrgefühlImage• Lokale Abgasentwicklung• Erschütterungen• Lärmbelästigung• Brennstoffzellen-Option• Niveaudifferenz• Beständigkeit der Spaltbreite• Fahrzeugpodeste• Anfahr- <strong>und</strong> Bremsverhalten• Zunahme der Seitenbeschleunigung(Fahrwegtrassierung)• Laufruhe• Fahrmotor-, Getriebe-,Elektronik- sowie Abrollgeräusche• Technische Innovation• Emotional Design• Marketingpotential"8. 1 " F:• Geringe EmissionsbelastungBei der Spezifizierung des Transportsystems haben die verkehrspolitischenGremien die Möglichkeit, mit emissionsrelevanten Entwurfsvorgaben(Abgasentwicklung, Erschütterungen <strong>und</strong> Lärmbelästigung) eineAuswahl maßgeblicher Fahrzeugkomponenten vorzugeben, um die Umfeldqualitätgünstig zu beeinflussen. Ein Beispiel: Eine richtungsweisendeEntscheidung ist darüber zu treffen, in welchem Maße die Emissionsarmutdes Transportsystems gefördert werden soll. Der Forderung nach einemelektrischen Antrieb beispielsweise lässt sich systemübergreifendsowohl mit einem elektrischen Straßenbahnsystem als auch mit einemelektrischen <strong>Bus</strong>verkehrssystem nachkommen. Eine Entscheidung andieser Stelle betrifft demnach nicht ein bestimmtes Transportsystem,sondern Emissionsgrenzwerte <strong>und</strong> daraus abgeleitet die SystemkomponenteAntrieb des Verkehrsmittels.


7 6E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sA@(" "!. $1" " /"+E$EEE . 1 $P.Bei der lokalen Abgasentwicklung kann festgestellt werden, dassdas Transportsystem <strong>Bus</strong>zug mit Verbrennungsmotor dank motorischerMaßnahmen, Abgasnachbehandlungssystem <strong>und</strong> schadstoffarmemKraftstoff im Vergleich zum Elektromotor deutlich aufgeholt hat, geradeauch unter Beachtung des Energiebereitstellungspfades. Die Abgaswerteeines Verbrennungsmotors nach Euro-4 mit Abgasnachbehandlung habensich stark einem emissionsfreien Betrieb angenähert (Bild 87). Diesgilt auch für den diesel-elektrischen Antrieb mit Abgasnachbehandlung(Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn). Die elektrischen <strong>Transportsysteme</strong> Straßenbahnauf Gummireifen sowie Straßenbahn verursachen im Gegensatzdazu aufgr<strong>und</strong> der externen Energieversorgung keine lokaleAbgasemission.AA6 F&>F "F ( 1 / 9'Bei den Erschütterungen steht die Rad/Schiene-Technik in der Kritik:Neben glatten Rad- <strong>und</strong> Schienenlaufflächen, durchgehend geschweißtenSchienen <strong>und</strong> dem Vermeiden von Herzstücklücken müssen innerstädtischspezielle Oberbauformen eingesetzt werden, welche eineschwingungsmindernde Wirkung haben, ohne dass sich die Verstärkungenim Eigenfrequenzbereich negativ auf die Immissionen in den benachbartenGebäuden auswirken (Bild 88 u. 89). Gummibereifte <strong>Transportsysteme</strong>auf ebenen <strong>und</strong> störstellenfreien Fahrwegen verursachenaufgr<strong>und</strong> guter Federungs- <strong>und</strong> Dämpfungseigenschaften keinerlei Erschütterungen.AD. %"" F # F"( ($#)" 2 / ;$DE);!. - /0 $1 5"- " ;H 3($%.!Bei der Lärmbelästigung von Anwohnern <strong>und</strong> Straßenraumnutzernstellt ein verbrennungsmotorischer Antrieb die maßgebliche Emissionsquelledar. Der Wunsch nach einem völligen Ausschalten der motorischenLärmbelästigung würde dazu führen, dass alle <strong>Transportsysteme</strong>,also auch <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn, mit einem elektrischen Antrieb (Stromversorgungüber eine Fahrdrahtanlage) auszustatten wären. Modernemotorische Maßnahmen (vor allem Common-Rail-Motortechnik) <strong>und</strong> einevollständige Motorkapselung können die Geräuschbelastung desDieselaggregats zukünftig aber immerhin auf das Niveau eines Erdgasmotorssenken <strong>und</strong> dieses sogar unterschreiten (Bild 90).Bei dem Transportsystem Straßenbahn kommt es auch zu Lärmbelästigungen,allerdings weniger durch den elektrischen Antrieb als durch dieRad/Schiene-Technik. Es sind umfangreiche Maßnahmen zur Minderungder Rollgeräusche erforderlich (Erhaltung glatter Schienen- <strong>und</strong> Radlaufflächen,Spurkranzschmierung, Schürzen, Resonanzabsorber an denRadreifen etc.; Bild 91).Auch die Brennstoffzellen-Option kann bei der Unterscheidung der<strong>Transportsysteme</strong> auf längere Sicht eine Rolle spielen. Zur Zeit werdenzahlreiche Brennstoffzellenprojekte forciert, da neben der unbegrenztenVerfügbarkeit des Energieträgers Wasserstoff – im Gegensatz zu den


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 7 7fossilen Brennstoffen – die Problematik der Verkehrsimmissionen im BereichAbgasentwicklung <strong>und</strong> Lärmbelästigung mit Brennstoffzellen-Fahrzeugen bestmöglich gelöst werden kann. Obwohl die Serienreife allerKomponenten des Antriebs bei weitem noch nicht bestätigt wurde,stellt sich mit Blick auf die fernere Zukunft die Frage, welches der <strong>Transportsysteme</strong>technisch <strong>und</strong> wirtschaftlich besonders für einen Brennstoffzellenbetriebmit Energiemanagement geeignet ist.Der elektrische Antriebsstrang der Brennstoffzellen-Technologie unterscheidetsich bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n nicht von der Ausrüstung, dieauch bei einem Fahrbetrieb unter Oberleitung vorzuhalten wäre. Eine optionaleEignungsfähigkeit ist damit allen <strong>Transportsysteme</strong>n zuzusprechen.Im Vorteil sind aber zunächst die <strong>Transportsysteme</strong>, die aufgr<strong>und</strong>einer geringen Fahrzeugmasse mit kleineren Brennstoffzelleneinheitenauskämen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist die Omnibus-Technologie vorteilhaft,auch deshalb, weil durch die Gummireifen der Emissionsbereich Erschütterungenumgangen wird. Damit wäre bei leichten, gummibereiftenFahrzeugen ein Betrieb ohne jegliche Emissionen möglich, der auch einerglobalen Betrachtungsweise standhielte, sofern der Wasserstoff vorOrt komplett aus regenerativer Energie hergestellt würde (Bild 92).Besonders das Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn ist durch die Anordnung einesPower-Packs bereits im jetzigen Stadium für die Aufnahme eines Brennstoffzellenantriebsgeeignet; Pläne für den Einsatz einer Brennstoffzellegibt es auch bei dem Transportsystem Straßenbahn auf Gummireifen.Bei dem Transportsystem Straßenbahn ist dagegen noch kein Erprobungsfallbekannt.Bei den fahrleitungsgespeisten <strong>Transportsysteme</strong>n würde bei einer späterenUmstellung auf die Brennstoffzellentechnologie die Fahrdrahtanlageüberflüssig, weshalb in finanzieller Hinsicht ein schadstoffreduzierterDieselantrieb (Transportsystem <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn) vorerst eine annehmbareÜbergangslösung auf dem Weg zu einem wasserstoffbetriebenenÖPNV-Fahrzeug darstellen könnte. Vorerst kommt jedoch nur einErprobungsbetrieb mit Einzelfahrzeugen bei entsprechender Förderunginnerhalb von Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsvorhaben in Frage.D*"" . "-" & /"/ $."H" / $D+1 J60 0" > """$$"""1%,.• Bequemer <strong>und</strong> rascher Ein- <strong>und</strong> AusstiegsvorgangAus Komfort- <strong>und</strong> Sicherheitsgründen ist eine gute Zugänglichkeit öffentlicher<strong>Transportsysteme</strong> zu gewährleisten. Abhängig ist die Zugänglichkeitder Fahrzeuge von der Höhendifferenz <strong>zwischen</strong> Haltestellenplattform<strong>und</strong> Fahrzeugboden, von der Breite des Spalts <strong>zwischen</strong> Fahrzeug<strong>und</strong> Haltestelle sowie von dem bequemen Erreichen des Sitzplatzes. Einbarrierefreier Zugang ist vor allem für mobilitätseingeschränkte Fahrgästeunabdingbar. Der Betreiber ist an einem höhengleichen Einstieg interessiert,da so die Fahrgastwechselzeiten verkürzt werden (Bild 93).D3! >F 1( $1 ' 1 $


7 8E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sDie Höhendifferenz beim Ein- <strong>und</strong> Ausstieg ist bei allen <strong>Transportsysteme</strong>nvon fahrzeugbezogenen, variablen Faktoren abhängig, wie z. B.dem Besetzungsgrad des Fahrzeugs, dem Grad der Abnutzung derRadreifen bzw. Reifenluftdruck, Herstellungstoleranzen, Fahrzeugfederungetc. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e können im Praxiseinsatz allgemein nur bedingtOptimalwerte erreicht werden.D8;( #&> > #> ( $1."H ">-$Die Höhe von oberirdischen Haltestellenplattformen ist aus städtebaulichenGründen begrenzt <strong>und</strong> wird von den einzelnen Städten unterschiedlichfestgelegt. Behindertengerechte Haltestellen für Niederflur-Schienenfahrzeuge weisen in der Regel eine Plattformhöhe von 250 bis350 mm über Schienenoberkante auf (VDV 2000, S. 176). Ein Überstreichender Haltestellenplattform mit dem Wagenkasten ist bei dieser Höhebei allen <strong>Transportsysteme</strong>n nicht möglich. Bei der Planung der Trassemuss dieser Sachverhalt Berücksichtigung finden, <strong>und</strong> es sind folglichHaltestellen in Kurven zu vermeiden.Bei Bedarf können die Fahrzeugtypen der <strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong><strong>Bus</strong>bahn durch Anwendung der Kneeling-Technik auf eine Fahrzeugbodenhöheim Einstiegsbereich von r<strong>und</strong> 280 mm abgesenkt werden. Diekonstruktive Fahrzeugbodenhöhe beträgt bei diesen Fahrzeugtypen inder Regel 360 mm. Die Fußbodenhöhe des Fahrzeugtyps Straßenbahnliegt indessen im abgeschrägten Einstiegsbereich bei r<strong>und</strong> 300 mm. DerFahrzeugtyp Straßenbahn auf Gummireifen weist keinen abgeschrägten,sondern einen durchgängig horizontalen Einstiegsbereich mit einer Höhevon r<strong>und</strong> 250 mm auf.D ##6 -"( ," ; $9+3 $%0'*,.D


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 7 9meidbar, um Gelenkwelle <strong>und</strong> Hilfsaggregate unterzubringen. Dagegenkann der Bereich der Fahrgastzelle bei den Fahrzeugtypen <strong>Bus</strong>bahn <strong>und</strong>der Straßenbahn auf Gummireifen ohne Podeste konstruiert werden. Beidem Fahrzeugtyp Straßenbahn können bei den 30-m-Fahrzeugeinheitendie angetriebenen Fahrwerke als Drehgestell mit durchgehenderRadsatzwelle ausgebildet werden. Die Achsen können deshalb mittelsprofilierter Radlaufflächen hin <strong>und</strong> her pendeln (Sinuslauf), ohne möglichstgegen die Schienenflanken anzulaufen, was der Laufruhe <strong>und</strong> derVerschleißreduzierung zugute kommt. Es entstehen aber im Gegensatzzu Losrad-Konstruktionen an den beiden Fahrzeugenden so genannte„Reiseabteile“, die nur über eine Stufe zu erreichen sind (Bild 95 a-e).• FahrgefühlBeschreibungsgrößen für das Bewertungskriterium Fahrgefühl sind dieZunahme der Seitenbeschleunigung, Anfahr- <strong>und</strong> Bremsverhalten, Laufruhesowie Maschinen-, Getriebe-, Elektronik- <strong>und</strong> Abrollgeräusche.D.:" ; # $0 > #">- ;" $'(" K >$Seitenbeschleunigungskräfte, die fahrkomfortmindernd auf die Reisendenwirken können, entstehen beim Durchfahren von Kurven. Insbesonderebei einem eigenen Fahrweg ist eine Überhöhung bzw. Querneigungzur Begrenzung der Seitenbeschleunigung unerlässlich. Die Seitenbeschleunigungeines Fahrzeugs ist darüber hinaus abhängig von derWahl der Trassierungselemente, den Zwangspunkten im Bereich vonKnotenpunkten <strong>und</strong> dem Fahrverhalten des Fahrers (Geschwindigkeit,ferner bei handgelenkten Fahrzeugen die gewählte Fahrlinie). Gerade beieiner neuen Fahrwegplanung ist dafür Sorge zu tragen, dass <strong>zwischen</strong>den Trassierungselementen Kreis <strong>und</strong> Gerade <strong>und</strong> umgekehrt eine Klothoideeingerechnet wird, um einen nur allmählichen Anstieg der Seitenbeschleunigungzu gewährleisten (Bild 96). Bei straßenräumlich beengterKreisfahrt ohne Klothoiden kann bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n einSeitenbeschleunigungsruck – beispielweise durch das Anordnen einerLangsamfahrstelle oder einer Haltestelle vor bzw. nach der Kreisfahrt –verhindert werden. Da die handgelenkten <strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong><strong>Bus</strong>bahn zumindest in den baulichen Übergangsphasen auch aufStreckenabschnitten ohne abgestimmte Trassierungselemente eingesetztwerden, kommt dem rücksichtsvollen Fahrverhalten des Fahrers eineweitaus größere Bedeutung zu.D@ER0>.:"#! 3E$1-" 1 $(>. AE$Eine ruckfreie Längsbeschleunigung trägt zu einem hohen Beförderungskomfortbei, wobei insbesondere elektrische Antriebe eine stufenloseSteigerung der Geschwindigkeit ohne Wandlungseinrichtung <strong>und</strong> damiteine ruckfreie Beschleunigung ermöglichen. Durch Schaltvorgänge,die bei Verbrennungsmotoren nötig sind, um die unterschiedlichenKennfelder des Motors <strong>und</strong> des Fahrzeugs einander anzupassen, entstehendagegen Unregelmäßigkeiten bei der Zugkraftübertragung. Die heuteDEER0>.:"#5 :"0>E& > $')&H "; :# >" "(" /$


8 0E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sD=." 1 7. &F /> $D@50 ; ) / > $&%*0',.*1D@",/> 5- :$( .:" 2 . $in modernen <strong>Bus</strong>sen eingesetzten 5-Gang-Automatikgetriebe sind allerdingsin der Lage, diese Unregelmäßigkeiten soweit abzuschwächen,dass für den Fahrgast kaum ein Unterschied <strong>zwischen</strong> einem elektrischen<strong>und</strong> einem diesel-hydromechanischen Antriebsaggregat festzustellenist. Gleiches gilt für das Bremsverhalten, demnächst mit guter Dosierbarkeitder Bremswirkung über elektronisch gesteuerte Scheibenbremsen.Eine hohe Laufruhe ist weitestgehend abhängig von der Ebenheit desFahrwegs. Im Fall von qualitativ hochwertigen <strong>und</strong> gewarteten Fahrwegenunterscheiden sich die <strong>Transportsysteme</strong> bezüglich der Laufruhenicht wesentlich, jedoch bieten vor allem gummibereifte Fahrwerke aufeinem ebenen Fahrweg aufgr<strong>und</strong> abgestimmter Federungs- <strong>und</strong> Dämpfungseigenschafteneine beachtliche Laufruhe, insbesondere bei einerelektronisch gesteuerten Luftfederung. Aufgrabungen im Bereich desFahrwegs sollten vermieden werden, da sich auch bei sorgfältig hergestelltenAnschlüssen kaum zu vermeidende Unregelmäßigkeiten fahrkomfortminderndauswirken (Bild 97 a/b).Fahrmotor-, Getriebe-, Elektronik- sowie Abrollgeräusch beeinflussendas Fahrgefühl. Bei den Fahrzeugtypen des Transportsystems <strong>Bus</strong>zug istdie Hauptquelle der Geräuschemissionen der diesel-hydromechanischeAntrieb. In den motorlosen Wagenteilen sind hingegen nur Abroll- <strong>und</strong>Fahrtwindgeräusche zu hören. Bei dem Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn ist die diesel-oder gas-elektrische Antriebseinheit als Power-Pack im hinteren Wagenteilangeordnet <strong>und</strong> kann damit vergleichsweise einfach gekapseltwerden, so dass in den einzelnen Wagenteilen kaum Geräuschimmissionenwahrnehmbar sind.Großer Vorteil eines elektrischen Fahrantriebs mit externer Stromversorgungist, dass es vor allem während der Standzeiten zu keinerleiGeräuschemission kommt <strong>und</strong> auch unter Last bei einer „gleichstromleisen“Antriebsauslegung die Fahrmotorgeräusche im Hintergr<strong>und</strong> bleiben(z. B. Transportsystem Straßenbahn auf Gummireifen sowie Straßenbahn,Bild 98). Insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten treten aberAbrollgeräusche „Stahl auf Stahl“ bei der Straßenbahn auf. Bei dengummibereiften <strong>Transportsysteme</strong>n sind Abrollgeräusche weniger starkausgeprägt.DA*"".:" 5 ;H • ImageOft spielt auch das Niveau der technischen Innovation bei der Entscheidungfür oder gegen ein Transportsystem eine Rolle. Es geht hierbeivor allem um die Frage, in welchem Maße Fortschrittsdenken vermitteltwerden kann. Innovative <strong>Transportsysteme</strong> wie die <strong>Bus</strong>bahn oder dieStraßenbahn auf Gummireifen finden gerade an Technologiestandortenvon politischer Seite her „als Schaufenster einer fortschrittlichen Mobilität“


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 8 1(Irisbus 2001, S. 6) besondere Beachtung. Es besteht aber ein Interessenskonflikt,da ein hoher Innovationsgrad Mehrkosten <strong>und</strong> Risiken bedeutet<strong>und</strong> möglicherweise die betriebliche Verfügbarkeit des Transportsystemsanfangs einschränkt (Bild 99).Emotional Design versucht über die subjektive Wahrnehmung (Sonderlackierung,Wärmeschutzscheiben, Lichtpunkte im Dach, Radblenden,Akustikdesign etc.) – <strong>und</strong> weniger über technische <strong>und</strong> planerischeKenngrößen – ein Auftreten als ein modernes, eigenständiges Transportsystemzu vermitteln, um an Profil zu gewinnen. Ziel ist eine klare Abgrenzungvor allem gegenüber dem modernen Linienbusverkehr. Und geradebei den Sonderkonstruktionen der Kleinstserien (Fahrzeugtypen<strong>Bus</strong>bahn, Straßenbahn auf Gummireifen sowie Straßenbahn) wird großerWert auf Emotional Design gelegt (Bild 100). In gleicher Weise kann trotzder Verwendung von kostengünstigen Standardbauteilen aus der Nutzfahrzeug-<strong>und</strong> Omnibusindustrie auch bei dem Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zug zumindestein punktuelles Up-grade vorgenommen werden.DD*--( $!- > .**.,.$Ein ausgezeichnetes Marketingpotential besitzen innovative, emissionsarme<strong>und</strong> in hohem Maße städtebaulich integrierbare <strong>Transportsysteme</strong>(z. B. Fahrzeugtyp Straßenbahn auf Gummireifen). Dazu trägtu. a. auch ein für die Stadt entwickeltes, unverwechselbares Fahrzeugdesignbei. Eine „identifikationsstiftende“ Gestaltung der Fahrzeuge, diedie Einzigartigkeit der jeweiligen Stadt <strong>und</strong> des Betreibers verdeutlichensoll, lässt sich bei allen zu untersuchenden <strong>Transportsysteme</strong>n z. B.durch die Zusammenstellung von mehreren individuellen Kopfmodulenrealisieren, die von den Bürgern schließlich ausgewählt werden. Auf dieseWeise kann ein neues, innovatives Transportsystem in das Stadtmarketingaktiv mit einbezogen werden (Bild 101). Des Weiteren könnenWerbepartnerschaften <strong>zwischen</strong> den Betreibern <strong>und</strong> örtlichen Organisationenabgeschlossen werden. Sonderanfertigungen führen natürlich zuhöheren Beschaffungskosten.EE1' 1/ "#6 (6.$5.5 Betriebstechnische AnforderungenDie den Zielfeldern zurechenbaren Beschreibungsgrößen sind in derTabelle 5 aufgeführt. Betriebsstrategische Bewertungskriterien sind: Verkehrliche<strong>und</strong> betriebliche Störempfindlichkeit, Personalqualifikation, Integrationvorhandener Betriebstechnik, Liniennetzoptimierung sowieMöglichkeiten der Bedarfsanpassung. Auf örtlicher Ebene muss zur Beurteilungder Bewertungskriterien näherungsweise das Betriebsprogrammbekannt sein.E; >#"-2 &%*0',.*1


8 2E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sBewertungsebene Zielfeld Bewertungskriterium Beschreibungsgrößen• BetriebsüberholungenzuverlässigeBetriebsabwicklungVerkehrliche <strong>und</strong>betrieblicheStörempfindlichkeit• Bindung an vorgegebene Fahrzeuge• Koordinierbarkeit/Disposition• Ausweichmöglichkeit bei Baumaßnahmen• Technische StandfestigkeitArbeitserleichterungendes PersonalsPersonalqualifikation• Anforderungen an das Fahrpersonal• Anforderungen an das Werkstattpersonal• Fachpersonal für die BetriebsanlagenBetriebstechnischeAnforderungenBetrieblicheKontinuitätIntegration vorhandenerBetriebstechnik• Weiternutzung des Fuhrparks• Weiternutzung des Betriebshofs• Weiternutzung der Werkstätten• Vereinheitlichung der Fahrzeugtechnik• StreckenvariantenBedarfsgerechtesVerkehrsangebotLiniennetzoptimierung• Steigfähigkeit• Liniennetzausdehnung• Stufenweiser Ausbau• Verstärkungsfahrten mit VerfügungsreserveReaktionsfähigeBetriebsabwicklungMöglichkeiten derBedarfsanpassung• Kurzumläufe• Fahrt entgegen Lastrichtung ohneZwischenhalt• Erhöhung des Fassungsvermögens"


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 8 3meinsame Fahrzeugreserve ist nicht möglich (Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn,Straßenbahn auf Gummireifen sowie Straßenbahn). Zu beachten wäreauch, dass das vorübergehende Ausleihen von Sonderfahrzeugen (z. B.bei Großveranstaltungen) nicht möglich ist. Mit Blick auf eine freie Fahrzeugdispositionist die Orientierung an Sonderfahrzeugen, die gegebenenfallsauch auf ihrer Eigentrasse von Standardbussen ersetzt werdenkönnten, erstrebenswert.Bei den <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>bahn, Straßenbahn auf Gummireifen sowieStraßenbahn ist bei weiteren Fahrzeugbeschaffungen zu bedenken,dass bei Ausschreibungen auch weiterhin nur wenige Fahrzeugherstellerin Frage kommen werden, so dass kaum mit einer preisreduzierendenWettbewerbssituation gerechnet werden kann.Eine bedarfsgerechte Koordinierbarkeit <strong>und</strong> Disposition der Fahrzeugeinsätzelässt wirtschaftliche Vorteile erwarten, sofern die Zahl der inden Fahrplänen festgelegten Fahrzeuge zugunsten einer Verfügungsreservereduziert werden kann. Die Fahrzeuge der Verfügungsreservekönnten dann von einem Disponenten in der Betriebsleitzentrale in Abhängigkeitvon dem jeweiligen Bedarf oder als Reaktion auf einen Störfallgezielt eingesetzt werden. Die Verfügungsreserve sollte sich aus Standardbussenzusammensetzen, die das Straßennetz <strong>und</strong> die ÖPNV-Eigentrassen bei aktuellem Bedarf räumlich flexibel <strong>und</strong> reaktionsschnellnutzen können (Bild 103).E3. #" "" $2*0'*0;1Ausweichmöglichkeiten bei Störstellen, die durch langwierigeTiefbaumaßnahmen entstehen, sind nur dann von hoher Bedeutung,wenn im Vorfeld auf Leitungsfreiheit verzichtet worden ist. Bei spurgeführten<strong>Transportsysteme</strong>n ist aber davon auszugehen, dass Ver- <strong>und</strong>Entsorgungsleitungen vorab verlegt werden, so dass nachträgliche Aufgrabungenvermieden werden können. Baumaßnahmen, deren zeitlicherAblauf im Voraus planbar ist, werden im Regelfall in die Zeit der Sommerschulferiengelegt, da einerseits das Fahrgastaufkommen deutlich geringerist <strong>und</strong> andererseits Flächen des Kraftfahrzeugverkehrs vorübergehendin Anspruch genommen werden können.Spurfreie <strong>Transportsysteme</strong> besitzen eine hohe räumliche Flexibilität,falls eine Umleitungsstrecke eingerichtet werden muss. Bei dem TransportsystemStraßenbahn auf Gummireifen wäre eine Führungsschieneauf ein Asphaltprovisorium aufzudübeln. Bei dem Transportsystem Straßenbahnwird nur selten eine Umleitungsstrecke mit Hilfsgleisen <strong>und</strong>Kletterweichen verlegt. Im Regelfall wird vielmehr ein Schienenersatzverkehreingerichtet.


8 4E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sDie technische Standfestigkeit der <strong>Transportsysteme</strong> hat eine großeBedeutung für den Betreiber. Je nach Maß der Störanfälligkeit <strong>und</strong>Wartungsintensität der Fahrzeuge können Engpässe bei der Zahl der zurVerfügung stehenden Fahrzeuge auftreten <strong>und</strong> darüber hinaus durch dieReparaturarbeiten nicht zuletzt die Personalkosten in die Höhe schnellen.Bei belastbaren Vereinbarungen über die zu erwartenden Lebenszykluskostenliegt hier aber vor allem bei dem Fahrzeuglieferanten ein hoheswirtschaftliches Risiko.Die Wahrscheinlichkeit von Störungen in der Fahrzeugtechnik <strong>und</strong> erhöhtemAufwand im Bereich der Fahrweginfrastruktur kann mit der Verwendungvon nicht ausgereiften Fahrweg- <strong>und</strong> Fahrzeugkomponentensteigen. Die Instandhaltungsvollkosten der Fahrzeuge <strong>und</strong> der Fahrweginfrastrukturlassen sich ohne Frage bei Einsatz von anwendungserprobter,robuster Technik wesentlich besser abschätzen als bei neu entwickelterTechnik.Die technische Standfestigkeit liegt bei dem Transportsystem Niederflur-Straßenbahn auf hohem Niveau, da deren Betriebstauglichkeit schon imjahrelangen Praxiseinsatz optimiert werden konnte. Beim Transportsystem<strong>Bus</strong>zug wird auf die Technik von Standardbussen zurückgegriffen,<strong>und</strong> es ist damit in seiner Störanfälligkeit <strong>und</strong> Wartungsintensität ebenfallsgut abschätzbar. Über die <strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>bahn <strong>und</strong> Straßenbahnauf Gummireifen liegen noch keine belastbaren Daten vor.• PersonalqualifikationAbhängig von der Wahl des neuen Transportsystems ändern sich dieAnforderungen an das Fahr-, Werkstatt- <strong>und</strong> Streckenpersonal.E8(" .:"Die Anforderungen an das Fahrpersonal sind entsprechend den<strong>Transportsysteme</strong>n differenziert zu betrachten: Bei einem Transportsystem<strong>Bus</strong>zug wird lediglich eine Umgewöhnung der <strong>Bus</strong>fahrer an dielängeren Abmessungen der Fahrzeuge erforderlich. Eine straffe Linienführung,Beschleunigungsmaßnahmen, ÖPNV-Eigentrassen <strong>und</strong> geradliniganfahrbare Haltestellen erleichtern möglicherweise sogar die Arbeitsbedingungen.Bei dem Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn kommen zusätzlichnoch Qualifikations- <strong>und</strong> Ausbildungsmaßnahmen für die Anwendung desFahrer-Lenk-Assistenten hinzu. Das Führen einer Straßenbahn aufGummireifen <strong>und</strong> einer Straßenbahn erfordert eine Qualifikation gemäßBOStrab. Freilich wirkt sich im Fahrbetrieb die Spurführung dieser beidenSysteme arbeitsentlastend aus, da der Lenkvorgang entfällt (Bild 104).Die Anforderungen an das Werkstattpersonal bleiben bei derWartung <strong>und</strong> Instandsetzung der konventionell ausgerichteten Fahrzeugedes Transportsystems <strong>Bus</strong>zug unverändert. Die elektro- <strong>und</strong> maschinentechnischenAnlagen der drei anderen <strong>Transportsysteme</strong> erforderndagegen nicht unerhebliche Ausbildungsmaßnahmen zur Qualifikation


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 8 5des in diesem Bereich tätigen Personals. Gleiches gilt für die Spurführungdes Transportsystems Straßenbahn auf Gummireifen. Auch diePflege der komplexen berührungsfreien Querführungssysteme desTransportsystems <strong>Bus</strong>bahn bedarf hochqualifizierter Techniker. BeimTransportsystem Straßenbahn erfordert die Wartung der Fahrwerke <strong>und</strong>des elektrischen Antriebs entsprechend ausgebildetes, teilweise neu zubeschäftigendes Personal. Darüber hinaus ist systembedingt die notwendigePersonalbemessung zur Gewährleistung der Einsatzbereitschaft <strong>und</strong>Betriebssicherheit von <strong>Bahn</strong>en höher als bei <strong>Bus</strong>sen (Bild 105 a-c).E . $*> 2H$Umfassende Erneuerungsarbeiten der Asphaltstraßen werden bei den<strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn durch Fremdvergaben an Dritteübertragen. Die Lenksysteme bedingen bei dem Transportsystem <strong>Bus</strong>bahnauch betriebliche Wartungsarbeiten an der Leitinfrastruktur.Das Transportsystem Straßenbahn auf Gummireifen verkehrt ebenfallsauf Beton- <strong>und</strong> hochwertigen Asphaltfahrwegkonstruktionen. Aufgr<strong>und</strong>der hohen Ansprüche hinsichtlich des Fahrkomforts <strong>und</strong> des damit verb<strong>und</strong>enenErhaltungsmanagements sollte anfangs eigenes Fachpersonalzumindest für die Infrastrukturunterhaltung bereitgestellt werden, vor allemum erste Erfahrungswerte zu bündeln. Das Fachpersonal wird darüberhinaus auch für die Wartung der Streckenausrüstung (Monoschiene,Weichen, Winterdienst etc.) benötigt.Bei dem Transportsystem Straßenbahn ist zu berücksichtigen, dass Gleise<strong>und</strong> Weichen neben der Spurhaltung auch der Lastabtragung der vergleichsweisehohen Fahrzeugmassen dienen <strong>und</strong> sich deshalb ein höhererVerschleiß einstellt. Zur betriebssicheren Infrastrukturbereitstellungwird von einem Verkehrsunternehmen zur Durchführung routinemäßigerWartungsarbeiten in gewissem Umfang auf eigenes Fachpersonal zurückzugreifensein (Bild 106). Bei den <strong>Transportsysteme</strong>n Straßenbahnauf Gummireifen <strong>und</strong> Straßenbahn erfordert der elektrische Fahrantriebüberdies Fachpersonal für Wartung, Instandsetzung <strong>und</strong> Inspektion derortsfesten Stromversorgungseinrichtungen.E -; #.""


8 6E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s• Integration vorhandener Fahrzeuge <strong>und</strong> BetriebsanlagenBei einer ortsspezifischen Eignungsprüfung ist in Abhängigkeit von derInstandhaltungsstrategie u. a. die Lage der vorhandenen Betriebshofanlage(Aufwand für Leerkilometer) sowie deren technischer <strong>und</strong> baulicherZustand zu prüfen. Die tägliche Betreuung <strong>und</strong> die ordnungsgemäße Bereitstellungvon Fahrzeugen für den Verkehrseinsatz sowie deren Instandhaltungstellen eine überaus wichtige Voraussetzung für einen reibungslosenBetrieb dar. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind entsprechendkonzipierte Betriebshöfe ebenso erforderlich wie die Fahrzeuginstandhaltungin Verbindung mit sachgerecht gestalteten Werkstätten.Eine teilweise Weiternutzung des <strong>Bus</strong>fuhrparks im fortdauernden,wenn auch reduzierten Linienbusverkehr ist immer gegeben. Im Regelfallkann der vorhandene <strong>Bus</strong>fuhrpark bei der Einführung eines neuenTransportsystems zyklusgerecht verkleinert werden, indem veralteteStandardbusse ersatzlos außer Dienst gestellt werden. Bei der Realisierungder <strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn könnte sogar ein kleinerTeil geeigneter Standardbusse auch als Verstärkungs-, Verfügungs<strong>und</strong>/oderFahrzeugreserve weiter genutzt werden. Bei dem Transportsystem<strong>Bus</strong>bahn sollten hierzu die Haltestellen auch ohne Fahrer-Assistenz-System anfahrbar sein. Auf diese Weise werden weniger neue Sonderfahrzeugebenötigt <strong>und</strong> die Beschaffungskosten sinken. Bei den spurgeführten<strong>Transportsysteme</strong>n können im Vergleich dazu die vorhandenenStandardbusse die unzureichend breite Fahrweginfrastruktur nicht mitbenutzen.Sie stellen aber eine Schienenersatzverkehr-Reserve dar.Die Weiternutzung eines Betriebshofs ist bei allen gummibereiften<strong>Transportsysteme</strong>n denkbar. Bei den gummibereiften <strong>und</strong> elektrischen<strong>Transportsysteme</strong>n (<strong>Bus</strong>bahn <strong>und</strong> Straßenbahn auf Gummireifen) hängtdie Weiternutzung des Betriebshofs davon ab, ob der weiter entwickeltenFahrzeugtechnik in der vorhandenen Werkstattanlage des BetriebshofsRechnung getragen werden kann.Auch bei der Straßenbahn auf Gummireifen könnte durchaus die Weiternutzungdes <strong>Bus</strong>betriebshofs in Erwägung gezogen werden, da durchFührungsschiene <strong>und</strong> die Möglichkeit, spurtreu sehr enge Kurvenradienzu fahren, die gr<strong>und</strong>legende bauliche Struktur erhalten werden könnte.Bei Dienstfahrten im Betriebshof <strong>und</strong> bei Leerfahrten von <strong>und</strong> zur Trassewerden an den Fahrkomfort nur geringe Ansprüche gestellt. Hinzukommt, dass die Straßenbahn auf Gummireifen mit einer Traktionsbatterieausgestattet werden kann, die die Einrichtung einer Fahrleitungsanlagebis auf einen Prüfabschnitt entbehrlich macht. Ein so genannter kombinierterBetriebshof mit Standardbussen ermöglicht die Ausnutzung vonSynergieeffekten (z. B. gemeinsame Nutzung der Arbeitsstände für dasFahrfertigmachen, Fahrzeugaußenreinigung etc.).


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 8 7Beim Transportsystem Straßenbahn ist in jedem Fall die Planung einerneuen Betriebshofanlage einschließlich Werkstätten, Fachabteilungen inNebenwerkstätten sowie Sozialanlagen mit günstiger Anbindung zurTrasse vorzusehen (Bild 107).Die Weiternutzung von vorhandenen Werkstätten ist bei demTransportsystem <strong>Bus</strong>zug im Regelfall ohne Weiteres möglich(Bild 108 u. 109). Einzig die Fahrzeugsonderlänge kann zu Problemenführen, insbesondere bei stationären Fahrzeughebevorrichtungen, die aufStandardbusse abgestimmt sind. Nachträglich können aber auch mobileHebeböcke beschafft werden, die in den Werkstätten variabel einsetzbarsind. Zu beachten ist, dass ein Rückwärtssetzen eines doppelgelenkigenFahrzeugs nur geübten Fahrern möglich ist.Bei den gummibereiften elektrischen <strong>Transportsysteme</strong>n ist eine Vielzahlvon technischen Einrichtungen im Dachbereich untergebracht, was einegute Zugänglichkeit der Dachaufbauten erforderlich macht. Um aus wirtschaftlichenGründen bei der Wartung <strong>und</strong> Instandsetzung dieser FahrzeugeParallelarbeiten zu ermöglichen, sollten geeignete Arbeitsebenenfestgelegt sein, die in jedem Fall eine umfangreiche Umgestaltung derWerkstätten erfordern (Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn <strong>und</strong> Straßenbahn aufGummireifen).Eine Standardisierung der Fahrzeugtechnik ist mit Blick auf dieFolgeaufwendungen in Anlehnung an bisher im Betrieb eingesetzte,standardisierte Produktionsmittel erstrebenswert. Rationalisierungserfolgedurch Standardisierung haben sich bisher vorrangig im Omnibusbereichergeben, der offensichtlich von der Nähe zum sich rasant entwickelnden,übrigen Automobil- <strong>und</strong> Nutzfahrzeugbau mehr profitiert alsdie <strong>Bahn</strong>systeme in ihrem kleinen Marktsegment (SCHMIDT/SIEGERT2002, S. 14).Die Wahl eines Fahrzeugtyps, der nicht standardisierten Parametern genügt(Spurweite, Querführungstechnik, Energieversorgung etc.), erhöhtdie Beschaffungs- <strong>und</strong> Instandhaltungskosten (<strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>bahn,Straßenbahn auf Gummireifen <strong>und</strong> Straßenbahn), <strong>und</strong> es wird eineErsatzteilbevorratung <strong>und</strong> das Vorhalten von Spezialwerkzeugen notwendig.Bei ausgesprochenen Kleinstserien (z. B. Straßenbahn aufGummireifen) kann möglicherweise auch nicht auf das wirtschaftlicheTauschteileverfahren zurückgegriffen werden; es muss eine personalintensiveAggregataufarbeitung in der eigenen Werkstatt erfolgen.E@1.:" 1" :9 $"#(&.%5EA'9-9 H F$ ''(.1(;• LiniennetzoptimierungDer Trassenkorridor eines Transportsystems orientiert sich vor allem anverkehrserzeugenden Großeinrichtungen, der Schwerelinie der Einwohnerverteilung,der Arbeitsplatzdichte, den Verkehrsbeziehungen <strong>zwischen</strong>den Verkehrszellen der Stadtbezirke, der zur Verfügung stehenden Verkehrsflächesowie den bereits vorhandenen Transportmöglichkeiten.ED9-0"#9 :


8 8E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s("" .-" 6 $1 F 5-" H"." " $ !#.5!Je nach Gewichtung ergeben sich folglich Streckenvarianten innerhalbeines solchen Planungskorridors, die ortsspezifisch von den einzelnen<strong>Transportsysteme</strong>n unterschiedlich gut bewältigt werden können. Einzelnesystemspezifische Eigenschaften der <strong>Transportsysteme</strong> können eineTrassierung genau dort möglich erscheinen lassen, wo bei der Wahl einesder anderen <strong>Transportsysteme</strong> nur mit einer geringen Zielerreichungzu rechnen wäre (Abbildung 11).


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 8 9So zeigen die Erfahrungen, dass es bei den <strong>Transportsysteme</strong>n Straßenbahnauf Gummireifen <strong>und</strong> Straßenbahn leichter ist, auch bei geringerFlächenverfügbarkeit eine ÖPNV-Eigentrasse einzurichten. DesWeiteren können die <strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> Straßenbahn aufGummireifen dazu verhelfen, bautechnische Sprungkosten zu vermeiden,wenn zum Beispiel die Achslasten auch für ein vorhandenes Brückenbauwerkzulässig sind <strong>und</strong> deshalb ein Neubau umgangen werden kann.Die umfassende Realisierung von Rasengleisen in „Straßenschluchten“erhöht die Akzeptanz des ÖPNV, weil das innerstädtische Grünflächendefizitreduziert werden kann (Transportsystem Straßenbahn). DasTransportsystem Straßenbahn auf Gummireifen wiederum vermag aufgr<strong>und</strong>hervorragender Kurvenlaufeigenschaften, geringer Erschütterungen<strong>und</strong> unter Verzicht auf eine Fahrdrahtanlage (z. B. Traktionsbatterie)auch eine historische Altstadt zu durchqueren. Ohne Frage können die<strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>bahn, Straßenbahn auf Gummireifen sowie Straßenbahneinen qualitätsvollen Straßenraumentwurf einer Fußgängerzoneerleichtern. Durch die Wahl eines geeigneten Transportsystems lassensich also bestmögliche Linienführungen umsetzen <strong>und</strong> problematischeStreckenabschnitte entschärfen.E.:" "# /. Die Steigfähigkeit der Verkehrsmittel hat vor allem in Städten mit anspruchsvollerTopografie großen Einfluss auf die gewählte Linienführung.Gummibereifte Fahrzeuge können zwar Steigungen über 15% bewältigen,aber in Städten, die in ihrem Liniennetz zahlreiche Längsneigungengrößer als 8,5% aufweisen, ist der Einsatz von <strong>Bus</strong>sen mit nur einer angetriebenenAchse <strong>und</strong>/oder diesel-hydromechanischem Antrieb nichtmehr empfehlenswert. Auch Allrad-angetriebene Adhäsionsschienenfahrzeugestoßen ebenfalls spätestens bei 8,5% an ihre technischeGrenze − nicht zuletzt durch die hohen Anforderungen an das Bremssystembei Talfahrten. Als Rückfallebene wären selbsttätige Geschwindigkeitsüberwachungssystemevorzuhalten. Im Geltungsbereich der BO-Strab wird als Richtwert sogar eine Längsneigungsbeschränkung von 4%vorgegeben, die insbesondere im Haltestellenbereich nur in Ausnahmefällenmit Genehmigung der Technischen Aufsichtsbehörde (TAB) überschrittenwerden darf (Bild 110 u. 111).. " ("Eine Liniennetzausdehnung könnte durch eine spätere Linienverlängerungin aufgelockerte Gebiete des Stadtrand umsteigefrei umgesetztwerden, wobei hier eine ausgedünnte Taktfrequenz zu akzeptieren wäre.Aus wirtschaftlicher Sicht vorteilhaft ist eine Netzausdehnung aber gewissnur, wenn der betriebliche Aufwand mit dem zu erwartenden Auslastungsgradim Verhältnis zueinander steht, was nur zu erwarten seinwird, wenn die Infrastrukturkosten durch die Mitbenutzung von Verkehrsstraßen(wie bei den <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn) geringgehalten werden können.


9 0E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s+(-, 9-1( -H ;%01!2Eine Weiterführung der Linien hat für den Fahrgast den entscheidendenVorteil, dass der Verkehr nicht gebrochen wird <strong>und</strong> so Umsteigevorgängeentfallen. Es ist aber gleichermaßen zu beachten, dass vorrangig ÖV-Schwerelinien zu bedienen sind <strong>und</strong> Großraumfahrzeuge – gleich welcherArt – in aufgelockerten Siedlungsstrukturen nicht ausgelastet seinkönnen. Hier wären moderne Umsteigeanlagen an den Linienendpunktenim Zusammenspiel mit Zubringer- <strong>und</strong> Verteilerverkehr, gegebenenfallsauch im Bedarfsbetrieb <strong>und</strong> mit Park-and-Ride-Anlagen, nach wie vorzweckmäßig (Bild 112 u.113).36(0$0$Ein stufenweiser Ausbau, gegebenenfalls auch unter rollendem Rad,kann bei den <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn erfolgen. FertiggestellteStreckenabschnitte, auch wenn sie nicht zusammenhängendsind, können zügig in den Linienbetrieb integriert werden <strong>und</strong> so denVerkehrswert zeitnah steigern. Vorteilhaft bei in sich geschlossenen Ausbauphasenist ebenfalls der nur stufenweise aufzubringende Kapitalbedarf.Andererseits muss aber auch die Gefahr eines „verewigten“ Übergangszustandsgesehen werden (Bild 114 u. 115).• Möglichkeiten der BedarfsanpassungErfahrungsgemäß ist das wirtschaftliche Einsparungspotential um sogrößer, je flexibler die Fahrzeugdisposition gestaltet werden kann.8." ,%. "> -/"-&-" $


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 9 1Vielfach bedient man sich eingeschobener Kurzläufer zur Abdeckungvon Nachfragespitzen. Gerade bei der typischen Liniengr<strong>und</strong>formDurchmesserlinie ist das Fahrgastaufkommen entlang der Strecke seltenauf gleichem Niveau; insbesondere zu den Linienendpunkten hin ist miteinem geringeren Fahrgastaufkommen zu rechnen. Kurzläufer bedürfenallerdings einer Wendemöglichkeit.Für spurgeführte <strong>Transportsysteme</strong> (Straßenbahn auf Gummireifen <strong>und</strong>Straßenbahn) kann hierzu an geeigneter Stelle eine platzsparende Kehrgleisanlageeingerichtet werden, sofern Zweirichtungsfahrzeuge eingesetztwerden (Bild 116). Bei den handgelenkten <strong>Transportsysteme</strong>n bedürfenKurzumläufe im Regelfall keiner gesonderten Wendeanlage. Eskann eine Blockumfahrung oder eine Schleifenfahrt eingerichtet werden.=2 .Leerfahrten entgegen der Lastrichtung ohne Zwischenhalt könnenvor allem während der morgendlichen Verkehrsspitze zu einer wirtschaftlichenBedarfsanpassung beitragen. Es kommen <strong>zwischen</strong> denplanmäßig verkehrenden Linienfahrzeugen Verstärkungsfahrzeuge zumEinsatz, die jeweils nur die stark belasteten Fahrtrichtungen − morgens indie Stadt hinein <strong>und</strong> abends hinaus − bedienen. In der Gegenrichtungkehren sie als Leerfahrt ohne Halt gegebenenfalls über parallele(Schnell-) Straßen zügig zum Ausgangspunkt zurück, um erneut in derHauptrichtung eingesetzt zu werden. Realisiert werden kann ein derartigesBetriebskonzept nur mit spurfreien Fahrzeugen, die an jeder geeignetenStelle den Linienweg verlassen bzw. wieder aufnehmen können(<strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn). Ähnliches gilt auch für Expressfahrtenin Lastrichtung in der Verkehrsspitze. Diese Form der Bedarfsanpassungwirkt sich reduzierend auf die gesamte Fuhrparkgrößeaus; des Weiteren kann auch die notwendige Zahl der Sonderfahrzeugeverkleinert werden, da als Verstärkungsfahrzeuge auch Standardbussezum Einsatz kommen können.Die Steigerung des Fassungsvermögens der eingesetzten Fahrzeugehängt von der Entwicklung der Nachfrage ab. Eine langfristigeSteigerung der Nachfrage ist u. a. abhängig von dem Stellenwert des Zubringer-<strong>und</strong> Verteilerverkehrs <strong>und</strong> Park-and-Ride-Anlagen, gesamtgemeindlichenVerlagerungskonzepten, der Ansiedlung neuer Arbeitsplätze,der Ausweisung von Wohngebieten sowie tariflicher Entwicklungen. Aufsteigende Fahrgastzahlen kann bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n durch eineTaktverdichtung reagiert werden. Eine Alternative hierzu ist der Einsatzvon kapazitätsstärkeren Fahrzeugeinheiten, da auf diese Weise die Zahldes Fahrpersonals nicht erhöht zu werden braucht, im Gegenteil: DerPersonalwirkungsgrad verbessert sich während der Verkehrsspitze. DiesemGesichtspunkt steht allerdings der Nachteil entgegen, dass das Fassungsvermögensich tageszeitlichen Verkehrsschwankungen nicht anpassenkann. Außerdem wird die Verfügbarkeit des Transportsystemsdurch die gleichbleibende Bedienungshäufigkeit nicht erhöht.@' >' "" .:"F# H - +EE0"/ # $' H1H 9 > ".:"" 5$&%*0',.*1


9 2E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sBei den <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn kann das Fahrzeugaus zulassungsrechtlichen Gründen nicht weiter verlängert werden. Beiden spurgeführten <strong>Transportsysteme</strong>n Straßenbahn auf Gummireifen<strong>und</strong> Straßenbahn ist dagegen eine Steigerung der Beförderungskapazitätdurch die Kupplung von Fahrzeugeinheiten (Doppeltraktion) oder denEinsatz von modular aufgebauten Fahrzeugen, die das nachträglicheEinhängen eines Wagenkastens ermöglichen, realisierbar (Bild 117).Maßgebende Größe für die Verlängerung der Fahrzeuge ist aber dieHaltestellenlänge, die aus städtebaulichen Gründen auf etwa 40 m,höchstens jedoch 60 m, begrenzt bleiben sollte.5.6 Städtebauliche EignungDie Integration eines förderfähigen, <strong>und</strong> damit baulich separierten ÖPNV-Fahrkörpers ist besonders in angebauten Straßenräumen für alle <strong>Transportsysteme</strong>,egal ob Rad/Schiene- oder <strong>Bus</strong>technologie, schwierig, daSicherheitsbedenken der Verkehrsbetriebe bzw. der technischen Aufsichtsbehördensowie Anforderungen des Oberbaus einerseits <strong>und</strong>städtebauliche Ansprüche andererseits gegeneinander abzuwägen sind.Zu beachten ist überdies, dass im Anwendungsbereich der BOStrab vorrangigeine ingenieurmäßige Bemessung vorgegeben wird; gleiches giltauch für die Richtlinien des VDV sowie der RAS-Ö (Richtlinie für die Anlagevon Straßen − Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs). Esbleiben hierbei ortsspezifische, städtebauliche <strong>und</strong> stadträumliche Gegebenheitenaußer Acht. Auch die starre Handhabung der hiesigen Förderrichtlinienführt dazu, dass vor allem funktionelle, technische <strong>und</strong> ökonomischeKriterien in eine Bemessung einfließen.Neben den systemspezifischen, verkehrlichen <strong>und</strong> betriebstechnischenAnsprüchen eines Transportsystems sind bei einem Straßenraumentwurfaber auch die Auswirkungen auf die Gestalt, das Bild <strong>und</strong> das Erlebeneines Straßenraumes zu berücksichtigen. Besonders die städtebaulichvorbildhafte Wiedereinführung der Straßenbahn in Frankreich, wo bei denTrassenentwürfen hoher Wert auf eine Kontinuität wiedererkennbarerGestaltungselemente, eine einheitliche Gestaltung der Fassaden derRandbebauung <strong>und</strong> des Straßenraumes, eine Erlebbarkeit historischerBezüge, eine umfassende Grünraumplanung sowie eine Erhöhung derAufenthaltsqualität durch MIV-Restriktionen gelegt worden ist, zeigt, dassauf diese Weise den Bürgern die Identifikation mit „ihrem“ Transportsystemleicht fällt <strong>und</strong> die Akzeptanz verkehrsberuhigender Maßnahmengefördert werden kann. Nachfolgend werden die <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong><strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> deshalb hinsichtlich ihrer vor allem technisch bedingtenHandlungsspielräume bei der städtebaulichen Integration untersucht.


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 9 3In der EAHV 93 (Empfehlung für die Anlage von Hauptverkehrsstraßen),der EAE 85/95 (Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen),der ESG 96 (Empfehlungen zur Gestaltung innerhalb bebauter Gebiete)sowie dem „Merkblatt für die Gestaltung von Anlagen des schienengeb<strong>und</strong>enenöffentlichen Verkehrs“ werden neben den technischen Parameterndie städtebaulichen Bedingungen nach dem Gr<strong>und</strong>satz einerganzheitlichen Betrachtung für die Gestaltung <strong>und</strong> Einordnung vonÖPNV-Trassen <strong>und</strong> -Anlagen <strong>und</strong> differenzierte Nutzungsanforderungenberücksichtigt. Deren Empfehlungen haben folglich in besonderem Maßein die Gegenüberstellung der <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>Eingang gef<strong>und</strong>en. Entsprechend wird die städtebauliche Eignung der<strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> von den Möglichkeiten derstraßenräumlichen Integration, der stadtgestalterischen Qualität sowieeiner stadtverträglichen Bauabwicklung beschrieben (Tabelle 6).Bewertungsebene Zielfeld Bewertungskriterium Beschreibungsgrößen• FahrwegbreiteStraßenräumlicheIntegrationVerkehrsflächenbedarf• Haltestellenanlage im Straßenraum• Richtungswechselbetrieb• Mindestkurvenradius• KurvenlaufeigenschaftenStädtebaulicheEignungStadtgestalterischeQualitätAuswirkungen Stadtbild• Gestaltqualität der Oberbauform• Trassenbegrünung• Fahrzeugdimensionen• FahrdrahtanlageStadtverträglicheBauabwicklungBaubedingteBehinderungen• Leitungsfreiheit• Aufwand der Baumaßnahmen• Mitbenutzung von Verkehrsstraßen"=.H" " F:Auf örtlicher Ebene müssen zur Beurteilung der städtebaulichen Bewertungskriterienüberschläglich die verkehrliche <strong>und</strong> straßenräumliche Situationsowie die Nutzungsansprüche als Entwurfsgr<strong>und</strong>lagen bekanntsein. Mit in die Überlegungen einzubeziehen sind auch gesamtgemeindlicheKonzepte, die eine ausgewogene Berücksichtigung aller Nutzungsansprüchefördern. Eine großflächige Verlagerung des Kraftfahrzeugverkehrshätte beispielsweise u. a. starken Einfluss auf die Flächenverfügbarkeit,so dass idealerweise die Teilverkehrssysteme des Umweltverb<strong>und</strong>eszusammenhängend neu strukturiert werden könnten.• VerkehrsflächenbedarfVoraussetzung zur Optimierung des Betriebsablaufs <strong>und</strong> des Beförderungskomfortssind störungsfreie Fahrwege. In Abhängigkeit vom Straßenraumcharakter<strong>und</strong> von den Umfeldnutzungen sind vom MIV baulichgetrennte, besondere ÖPNV-Fahrkörper anzustreben, die entsprechenddes Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) bei allen <strong>Transportsysteme</strong>nförderfähig sind. Bei einer örtlichen Eignungsprüfung mussgeklärt werden, ob gr<strong>und</strong>sätzlich bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n der gleicheUmfang eigener ÖPNV-Fahrwege realisierbar ist.


9 4E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sA%4 -1 /.:"# 65.PT($(" $( > & " $G.%0A";1/.:"# ; -F$5" (" .:" $'.&.H -H""$Die Fahrwegbreite spielt hierbei erfahrungsgemäß nur eine untergeordneteRolle, da es vielfältige Möglichkeiten gibt, einen störungsfreienFahrweg anzulegen. Hierbei können anstatt eines durchlaufenden auchpartielle ÖPNV-Sonderfahrstreifen oder -Fahrwege zum Einsatz kommen.Eine ÖV-Fahrtablaufanalyse, Berücksichtigung der Nutzungsansprüche,Erfassung der straßenräumlichen Situation, Fragen der Verkehrssicherheit,Untersuchungen des Kfz-Verkehrsaufkommens sowiedie Leistungsfähigkeit an Knotenpunkten geben Aufschluss über geeigneteBeschleunigungs- <strong>und</strong> Bevorrechtigungsmaßnahmen in einem Straßenabschnitt.KLOPPE (2000) hat hier Entscheidungsdiagramme erstellt,mit denen auf der Gr<strong>und</strong>lage der straßenräumlichen <strong>und</strong> verkehrlichenRandbedingungen in unterschiedlichen Gebietstypen die im Einzelfallzweckmäßigste Führung der <strong>Transportsysteme</strong> ermittelt werden kann.Vorteile bei dem Indikator Spurbreitenbedarf ergeben sich für die mechanischgeführten <strong>Transportsysteme</strong> im direkten Vergleich mit den spurfreien<strong>Transportsysteme</strong>n dennoch, da häufig Geh- <strong>und</strong> Radwegflächen verbreitertoder neu angelegt werden können, Eingriffe in den Baumbestandoder Grünstreifen vermieden werden können sowie den Belangen desruhenden Verkehrs <strong>und</strong> der Anlieferung von Geschäften besser entsprochenwerden kann (Bild 118 a/b). Es kommt ferner trotz des geringenRaumbedarfs zu keinerlei Geschwindigkeitsbeschränkungen im Begegnungsfall.FahrzeugbreiteRichtungsfahrwegin MittellageGegenrichtungsfahrwegin Mittellage<strong>Bus</strong>zug 899


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 9 5CityCityIV+ÖVÖVIVIVÖVIV+ÖVSituation morgensSituation abends(""+(" "" 10'0*!Im Fall von Haltestellen auf einem Abschnitt mit Richtungswechselbetriebbedarf es für Fahrten in der Mittellage der Anlage einer dynamischenHaltestelle, da auf diese Weise kein wechselnder Haltestandort desTransportsystems eingerichtet werden muss. Aus Sicherheitsgründenwäre bei der Halteposition in Mittellage mit Ankunft des Fahrzeugs einlichtsignaltechnisch gesicherter Überweg der querenden Fahrgäste zuermöglichen („Zeitinsel“). Ein höhengleicher Ein- <strong>und</strong> Ausstieg kann beieiner dynamischen Haltestelle im Richtungswechselbetrieb nicht eingerichtetwerden. Anwendbar ist ein Richtungswechselbetrieb nur bei denspurfreien <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn.Bei der Gestaltung von Haltestellenanlagen <strong>und</strong> ihrer Einpassung inden Straßenraum ermöglichen die <strong>Transportsysteme</strong> mit einem geringenVerkehrsflächenbedarf im Haltestellenbereich einen größeren Handlungsspielraum,um den örtlichen Belangen, die sich vor allem aus Flächenkonkurrenzenmit den anderen Verkehrsteilnehmern <strong>und</strong> gestalterischenAnforderungen ergeben, zu genügen. Das verkehrsplanerischeEntwurfsrepertoire im Hinblick auf Standort <strong>und</strong> Typ ist allerdings vielfältig<strong>und</strong> bietet örtlich geeignete Lösungen für alle <strong>Transportsysteme</strong> an.Gr<strong>und</strong>sätzlich sind die Sicherheit der Fahrgäste, das gestreckte, bordparalleleHalten <strong>und</strong> der flüssige Betriebsablauf vorrangige Entscheidungskriterien.Im Haltestellenbereich kann die Breite der Fahrwege gegenüberder freien Strecke aufgr<strong>und</strong> der sehr geringen Fahrgeschwindigkeit<strong>und</strong> des damit eingeschränkten Lichtraumbedarfs reduziert werden.Die in etwa notwendigen Breiten sind in der Tabelle 8 angegeben.FahrzeugbreiteRichtungsfahrwegin MittellageGegenrichtungsfahrwegin Mittellage<strong>Bus</strong>zug 899


9 6E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sBei einem ÖPNV-Fahrweg in Randlage unterscheiden sich die Haltestellenanlagender jeweiligen <strong>Transportsysteme</strong> im Wesentlichen darin, wiegroß die verbleibende Nutzfläche für die Haltestellenausstattung <strong>und</strong> dieFahrgastwartefläche ist.+E,-5 >""$'9 H.$Bei einem ÖPNV-Fahrweg in Mittellage bedarf es dagegen einer differenzierterenBetrachtung: Für fahrgastfre<strong>und</strong>liche, jeweils seitlich angeordneteHaltestelleninseln werden je nach Fahrgastaufkommen Breiten<strong>zwischen</strong> 2,50 - 3,00 m benötigt. Bei beengten Verhältnissen ist dieseBreite mit <strong>Transportsysteme</strong>n, deren Flächeninanspruchnahme gering ist,leichter zu erreichen (<strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>bahn, Straßenbahn aufGummireifen <strong>und</strong> Straßenbahn). Eine Lösung, die sich bei engen straßenräumlichenVerhältnissen anbietet, ist hier das Versetzen der gegenüberliegendenHaltestellen. Dazu wird allerdings eine erhebliche Entwicklungslängebenötigt, um den Anforderungen einer fahrdynamischenFahrbahnrandverziehung bzw. Gleisverziehung zu genügen. Die Anordnungeiner platzsparenden, mittigen Haltestelleninsel erfordert Fahrzeuge,die über beidseitige Türen verfügen (Transportsystem Straßenbahnauf Gummireifen <strong>und</strong> Straßenbahn), sofern nicht auf einen Fahrbetrieb imLinksverkehr zurückgegriffen wird.Die dynamische Haltestelle mit Aufpflasterung der MIV-Fahrbahn (Reduzierungdes Geschwindigkeitsprofils, Schaffung eines höhengleichen Ein<strong>und</strong>Ausstiegs) stellt bei einem Fahrweg in Mittellage schließlich einenHaltestellentyp dar, bei dem die Fahrwegbreite der freien Strecke bei allen<strong>Transportsysteme</strong>n nicht erweitert werden muss, da sich die Warteflächefür Fahrgäste in den Seitenräumen befinden <strong>und</strong> dort teilweise dieGehwegbreite in Anspruch genommen werden kann (vgl.ANGENENDT/BRÄUER 2002, S. 53; Bild 120).Der Mindestkurvenradius <strong>und</strong> die Spurtreue sind gemeinsam zubetrachten. Je kleiner der Mindestkurvenradius <strong>und</strong> je höher die Spurtreue,desto einfacher lässt sich ein Transportsystem in eine vorhandeneStadtstruktur mit ihren zahlreichen Zwangspunkten integrieren. Bei derZielsetzung einer straffen Linienführung ergeben sich allerdings im Regelfallnur an wenigen Kreuzungen bzw. Einmündungen enge Abbiegeverhältnisse.Gr<strong>und</strong>sätzlich ist zu bedenken, dass bereits Mindestradienvon 15 m nur mit einer Fahrgeschwindigkeit kleiner als 20 km/h befahrenwerden können (bei einer Überhöhung von u = 0 mm <strong>und</strong> einer Seitenbeschleunigungvon ∆a R = 1,0 m/s 2 ), d. h. sie sollten nach Möglichkeitnur dort angewandt werden, wo unmittelbar vor oder nach dem Abbiegevorgangohnehin eine Geschwindigkeitsverringerung erforderlich ist.Die <strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn erfüllen die Kurvenlaufeigenschaftennach StVZO <strong>und</strong> entsprechen in ihrem fahrgeometrischenBewegungsraum einem Standard-Gelenkbus. Bei der Kurvenfahrt beschreibenhierbei die Hinterräder des Fahrzeugs einen engeren Radius


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 9 7als die Vorderräder. Dafür sind in Kurven die Fahrstreifen entsprechendder Schleppkurve zu verbreitern; Eckausr<strong>und</strong>ungen von Knotenpunktengemäß EAHV 93 können ohne Weiteres befahren werden. Vielfach kanndurch Ausholen <strong>und</strong> Überstreichen der Gegenfahrbahn überdies auf eineFahrstreifenverbreiterung in Kurven verzichtet werden, insbesonderedann, wenn ein rücksichtsvolles Verhalten der entgegenkommendenFahrzeuge vorausgesetzt werden kann, wie in dem Fall einer ÖPNV-Eigentrasse. Bei dem Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn kommen teilweise auchAllradlenkungen zum Einsatz, d. h. es wird eine Straßenbahn-ähnlicheSpurtreue erreicht (Bild 121 u. 122). Auch bei dem TransportsystemStraßenbahn auf Gummireifen können vergleichsweise enge Kurvenfahrtenumgesetzt werden. Durch die automatische Querführung entfällteine Schleppkurve, dafür sind aber die Bogenausschläge des Wagenkastenszu berücksichtigen.Bei dem Transportsystem Straßenbahn sind in Sonderfällen Mindestradienvon unter 25 m realisierbar. Diese engen Radien bedingen aber einenhohen Verschleiß an Radreifen <strong>und</strong> Fahrschiene sowie verstärkte Geräuschemissionenbeim Durchfahren. Für Neutrassierungen sind nach BO-Strab letztlich nur Radien größer als 25 m zulässig, wobei der benötigtelichte Raum im Gleisbogen höchstens 0,65 m größer sein darf als in derGeraden. Daraus resultiert die oftmals notwendige Verjüngung der Fahrzeugendensowie eine Längenbegrenzung der Wagenteile(Bild 123 u. 124).+>"-"2- / /# $.:"/; 5 2" $++-2- "($ " " $(6.• Auswirkungen StadtbildBei der Wahl der Oberbauform ist im innerstädtischen Bereich nebenden betrieblichen Anforderungen eine gründliche Abwägung städtebaulicher<strong>und</strong> verkehrlicher Belange zu berücksichtigen. Die Erfassung derstraßenräumlichen Situation <strong>und</strong> eine örtliche Betrachtung der Nutzungsverträglichkeitengibt Aufschluss über die im Einzelfall anwendbarenOberbauformen der <strong>Transportsysteme</strong>.Bei straßenbündigen ÖPNV-Fahrwegkörpern ist ein geschlossenerOberbau bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n anzuwenden. Eine Eindeckungdes Oberbaues bildet hier (bei der Straßenbahn auf Höhe des Schienenkopfes)eine geschlossene Wegfläche, die den Nutzungsansprüchen allerVerkehrsteilnehmer gerecht wird (vor allem Fußgänger, Radfahrer,Kraftfahrzeugverkehr, Rettungsdienste).Bei besonderen ÖPNV-Fahrwegkörpern in Mittellage mit beiderseitigeneinstreifigen Richtungsfahrbahnen sollten aus Gründen einer guten Qualitätdes Verkehrsablaufs Ausweichmanöver des Kraftfahrzeugverkehrsauf den ÖPNV-Fahrwegkörper, ferner die Überquerbarkeit des Straßenraumesfür Fußgänger möglich sein. Als Regeloberbauform wird demnachgleichfalls ein geschlossener Oberbau bei allen <strong>Transportsysteme</strong>nvorzusehen sein.+3;:. / " H$ ."$+8>/"H9 H""K/>5""2- $


9 8E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s+


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 9 9Das kleinprofilige Transportsystem Straßenbahn auf Gummireifen weistbei der Integration in räumlich engen Verkehrsstraßen oder Fußgängerzonendeutliche Vorteile auf. Bei dem Transportsystem Straßenbahn ergebendie Mindestbauhöhe der Fahrwerke <strong>und</strong> die dachseitig angeordneteelektrotechnische Ausrüstung eine größere Fahrzeughöhe. Bei demTransportsystem <strong>Bus</strong>bahn bedingt die elektrotechnische Ausrüstung aufdem Dach ebenfalls eine größere Fahrzeughöhe.Bei dem Transportsystem <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn kann die Fahrzeugbreitenicht verringert werden, da zum einen der Standardisierungseffekt derGroßserie wegfiele <strong>und</strong> zum anderen das Fassungsvermögen stark reduziertwäre. Anders als bei den mechanisch quergeführten <strong>Transportsysteme</strong>nkann eine geringe Fahrzeugbreite nicht über die Fahrzeuglänge,die über die StVZO beschränkt ist, kompensiert werden.+@' .:"#" (:F:>F$Da eine Fahrdrahtanlage kostenintensiv ist <strong>und</strong> vor allem die Fahrleitungsmastausführungeneinen nicht unerheblichen Einfluss auf dasStadtbild haben, wird vielfach angestrebt auf eine Fahrdrahtanlage zuverzichten. Gr<strong>und</strong>sätzlich zeigt es sich aber, dass die KomponentenOberleitung <strong>und</strong> Fahrleitungsmast funktionsgerecht der jeweiligen straßenräumlichenSituation angepasst werden können. Es steht eine breitePalette von Aufhängungsarten des Fahrdrahtes <strong>und</strong> stadtverträglichenMasttypen zur Verfügung (Bild 128 a/b). Im innerstädtischen Raum, vorallem dort, wo nicht mit Streckenhöchstgeschwindigkeit gefahren wird, istder Hochkettenleitung die Einfachfahrleitung mit unterirdischer Speiseleitungvorzuziehen.+@".%" #" #>#' " ; ;-"/F $>F> $Bei dem Transportsystem Straßenbahn ist eine Fahrdrahtanlage zwingendnotwendig. Bei dem Transportsystem Straßenbahn auf Gummireifensind stattdessen kurze, fahrdrahtlose Abschnitte mit einer Traktionsbatterierealisierbar. Die <strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>zug (dieselhydromechanischerAntrieb) <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn (diesel-elektrischer Antrieb)benötigen keine externe Energieversorgung über eine Fahrdrahtanlage.• Baubedingte BehinderungenGr<strong>und</strong>sätzlich sollte Leitungsfreiheit bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n bestehen,um die Wahrscheinlichkeit von Störungen des Regelbetriebesdurch Tiefbauarbeiten zu minimieren. Da vor allem Abwasserkanäle <strong>und</strong>Ferngasleitungen vorzugsweise in der Straßenverkehrsfläche verlegtsind, ist bei diesen unterirdischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsleitungen auf eineabgeschlossene Sanierung <strong>und</strong> spätere Zugänglichkeit zu achten.Dies schließt je nach örtlichen Gegebenheiten auch eine aufwändigeLeitungsverlegung nicht aus. Strom-, Gas- <strong>und</strong> Wasserleitungen sowieFernmeldekabel werden in Gehwegen <strong>und</strong> Trennstreifen auf beidenStraßenseiten verlegt, so dass hier selten ein baulicher Konflikt besteht.+A> 1 1 >. H.:Q $, H5 5# . $


1 0 0E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sIn jedem Fall ist Leitungsfreiheit im Bereich einer Straßenbahntrasse vorzusehen,da Verlegungen des Schienenweges <strong>und</strong> die Beseitigung bzw.Neuerstellung der Betontragplatte bei Tiefbauarbeiten an Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsleitungenmit enormem Aufwand verb<strong>und</strong>en sind. Es käme zuübermäßigen Störungen des Regelbetriebs.+A"; > /" >$'5 %" (".:"$Das Transportsystem Straßenbahn auf Gummireifen sollte ebenfalls Leitungsfreiheitbesitzen, um Störungen des Regelbetriebs von vornhereinzu vermeiden, wenngleich der bauliche Aufwand insbesondere bei Abrollflächenaus Asphalt im Vergleich zum Transportsystem Straßenbahn(Betontragplatte) geringer einzustufen ist. Hier mag eine örtliche Untersuchungder Gegebenheiten (Umleitungsmöglichkeit auf parallelem Kfz-Fahrstreifen, Lage <strong>und</strong> Sanierungsbedarf der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsleitungen,vorhandene Lager- <strong>und</strong> Arbeitsflächen etc.) Aufklärung bringen,ob eine vollständige Leitungsfreiheit erforderlich ist.Bei den <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn sind Betonflächen zurVermeidung von Spurrinnen vor allem im Bereich der Haltestellen empfehlenswert.Auf Leitungsfreiheit könnte dennoch verzichtet werden, daim Falle von Baumaßnahmen leicht eine Umfahrung <strong>und</strong> eine Ersatzhaltestelleeingerichtet werden könnte. Sofern eine spätere Umstellung aufeine Straßenbahn (auf Gummireifen) geplant ist, sollte bereits bei der Erstellungder Infrastruktur Leitungsfreiheit auch bei den <strong>Transportsysteme</strong>n<strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn angestrebt werden.Ehemalige Straßenbahnabschnitte, die für eine Neutrassierung herangezogenwerden, haben oftmals den Vorteil, dass sie bereits leitungsfreisind. Auch bei anbaufreien Trassen in nicht erschlossenen Teilabschnittenfallen keine Arbeiten zur Leitungsverlegung an.+D%4 H .:"" # 65.PT($A$&(*1',(*&3E "//"" .:" Störungen durch Baumaßnahmen, vor allem Tiefbauarbeiten zurVerlegung von Abwasserkanälen <strong>und</strong> Ferngasleitungen, die in der Fahrbahn<strong>und</strong> nicht in den Seitenräumen verlegt werden, ziehen immer eineStörung der Anlieger, Eingriffe in das Geschäftsleben <strong>und</strong> eine Behinderungdes Verkehrs nach sich (Bild 129 u 130). Der Umfang der Tiefbauarbeitenrichtet sich nach der Art des Fahrwegs <strong>und</strong> der Notwendigkeiteiner Leitungsfreiheit. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist eine Leitungsfreiheit auch bei den<strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahn vorteilhaft, da im Falle vonspäteren Bau-, Reparatur- <strong>und</strong> Reinigungsarbeiten weder die Betriebsabwicklungbehindert noch die Ebenheit des Fahrwegs durch Aufgrabungengestört wird. Die Herstellung des Fahrwegs selbst gestaltetsich besonders zügig bei der Verwendung einer Asphaltbauweise mitStraßenfertiger (Transportsystem <strong>Bus</strong>zug, <strong>Bus</strong>bahn <strong>und</strong> Straßenbahn aufGummireifen). Die einzelnen Asphaltschichten sind unmittelbar nach ihremEinbau befahrbar <strong>und</strong> können bereits während der Bauphasen fürBaustellenverkehre genutzt werden.


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 1 0 1Bei dem Transportsystem Straßenbahn auf Gummireifen können die Abrollflächenauch aus Beton hergestellt werden. Hierbei käme dann einGleitschalungsfertiger zum Einsatz, der bei beiden Richtungsfahrstreifenbereits den Längskanal für die Monoschienen ausspart. Die Errichtungdes Schienenfahrwegs der Straßenbahn, angefangen mit Tiefbauarbeitenzur Herstellung der Leitungsfreiheit, Betontragplatte mit Gleisrost <strong>und</strong> anschließenderEindeckung bedingt eine verhältnismäßig lange Baudauer<strong>und</strong> einen wesentlich größeren Bauaufwand, als es bei den anderen<strong>Transportsysteme</strong>n notwendig wäre.3>"QHF" >5"--J60. $&(*1',(*&Die Mitbenutzung von Verkehrsstraßen ohne umfassende Umbaumaßnahmenkann bei den <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>zug <strong>und</strong> <strong>Bus</strong>bahnauf den Streckenabschnitten in Erwägung gezogen werden, wo kein eigenerÖPNV-Fahrweg realisiert werden kann oder die Anlage eines eigenenFahrwegs aufgr<strong>und</strong> einer geringen Kraftfahrzeugverkehrsstärkenicht notwendig erscheint. Voraussetzung dafür ist ein guter Zustand derFahrbahnoberfläche, der einen hohen Fahrkomfort erlaubt. Bereits vorhandeneÖPNV-Sonderfahrstreifen können ebenfalls ohne Umbaumaßnahmengenutzt werden (Bild 131). Im Vergleich zum vollständigenStreckennetz sind aber die Streckenabschnitte, wo eine Erneuerung derFahrwegkonstruktion <strong>und</strong> eine Umgestaltung des Straßenraumes gänzlichentfallen kann, erfahrungsgemäß eher von geringer Länge.Bei der Straßenbahn auf Gummireifen kann die Monoschiene nur in einevorhandene, in hohem Maße ebene Fahrwegkonstruktion eingebaut werden,sofern der Nachweis erbracht worden ist, dass der Fahrkörper einehohe Verformungsstabilität gegen Spurrinnenbildung aufweist. Zumindesteine Anbindung an den Betriebshof könnte so aufwandsarm hergerichtetwerden.5.7 Wirtschaftliche AuswirkungenZweifellos sind die Kosten der unkonventionellen <strong>Transportsysteme</strong> aufgr<strong>und</strong>zahlreicher ortsspezifischer Besonderheiten starken Schwankungenunterworfen <strong>und</strong> können entsprechend dem jeweiligen Anwendungsfallerheblich von angegebenen Durchschnittswerten abweichen.Die Auswertung der Anwendungsbeispiele in Utrecht, Rouen, Eindhoven<strong>und</strong> Clermont-Ferrand zeigen dabei nicht nur Differenzen in der absolutenHöhe der Kosten, sondern es sind auch prinzipielle Unterschiede inder Kostenstruktur festzustellen. Selbst im Verlauf eines Linienwegestreten verschiedenartige Kostenstrukturen durch teilstreckenspezifischeAusbaumaßnahmen auf (angebaute oder anbaufreie Bereiche, Umfangvon Tiefbauarbeiten, städtebaulicher Qualitätsanspruch, Emissionsstandards,Sonderbauwerke etc.).


1 0 2E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sBeachtenswert ist, dass sich bei einer genauen Betrachtung der Kostenstrukturin den untersuchten Städten nun auch bei den busorientierten<strong>Transportsysteme</strong>n straßenbahntypische Kostenelemente feststellen lassen.Während heute in die Kosten des <strong>Bus</strong>betriebes vorzugsweise dieFahrzeuge selbst, der Fahrzeugbetrieb <strong>und</strong> einige Sonderbetriebseinrichtungeneinbezogen werden, erfordert eine Betrachtung als Systemauch eine anteilige Berücksichtigung der Kosten besonderer Fahrwegeeinschließlich der Haltestellenanlagen sowie der Telematiksysteme. ImGegensatz zu einem Straßenbahnsystem ist aber immerhin die Kostenstelleeiner aufwändigen <strong>Bahn</strong>betriebshofanlage sowie die einer Fahrdrahtanlagenicht zu berücksichtigen.Die im Folgenden dargestellten wirtschaftlichen Auswirkungen der<strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> lassen sich beschreiben überdie absolute Investitionshöhe, die Planungskosten, das Erfordernis <strong>und</strong>den Umfang einzelner Kostenstellen sowie die Instandhaltungs- <strong>und</strong>Fahrzeugbetriebskosten (Tabelle 9).Bewertungsebene Zielfeld Bewertungskriterium BeschreibungsgrößenFinanzierungsvorleistungInvestitionshöhe desGesamtsystems• Durchschnittliche Systemkosten• Förder- <strong>und</strong> FinanzierungsinstrumenteNiedrige PlanungskostenPlanungsaufwand• Planungs- <strong>und</strong>AbstimmungskostenWirtschaftlicheAuswirkungenAngemesseneInvestitionskostenErfordernis <strong>und</strong> Umfang dereinzelnen Kostenstellen• Kosten der Neuordnung <strong>und</strong> -gestaltungdes Straßenraumes• Fahrweg-, Tiefbau- <strong>und</strong>Gr<strong>und</strong>erwerbskosten• Fahrzeugbeschaffungskosten• Kosten der Betriebshofanlage• Kosten der Fahrstromversorgung• Technologiekosten der Kommunikations-,Informations-, Ortungs- <strong>und</strong> LeitsystemeKalkulierbareFahrzeugbetriebs- <strong>und</strong>UnterhaltungskostenInstandhaltungs- <strong>und</strong>Betriebsaufwand• Bauliche Instandhaltungskosten• Fahrzeugbetriebskosten"D9 " F:• Investitionshöhe des GesamtsystemsEs ist nicht leicht, durchschnittliche Systemkosten einer neuenStraßenbahnstrecke zu beziffern. Die Investitionshöhe wird nachfolgendmit 15 Mio. EUR je Strecken-km angenommen, wobei sich dieserKostenwert allerdings weniger an den aktuellen französischenSystemimplementierungen orientiert (Tabelle 10). Auf diesen Wert beziehensich auch die nachstehenden prozentualen Anteile der Kostenstruktur.Als Zielgröße des französischen Systemanbieters ALSTOM werdenübrigens für ein Straßenbahnsystem, welches sich weitestgehend anstandardisierte Elemente anlehnt, r<strong>und</strong> 12-13 Mio. EUR je Strecken-km(ohne Leitungsverlegungen) angestrebt (2002). Im Gegensatz hierzu


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 1 0 3weisen die Anwendungsbeispiele der busorientierten <strong>Transportsysteme</strong>geringere durchschnittliche Systemkosten auf, obgleich deren durchgängigeEigentrassen ebenfalls städtebaulich integriert sind. Aber auch hierwerden günstigstenfalls 5 Mio. EUR je Strecken-km kaum unterschritten.Stadt Eröffnung Linie Länge Mio. EUR/kmBordeaux 8::< #@8< 8?: 8:Orléans 8::: #@ @G: @9GStraßburg @>>; # @8F @>9Valenciennes 8::< #@ >; @>;"E' . F .:" 2 &1%,V+EEGenerell darf man sich aber nicht nur auf Kosten beschränken, um dieWirtschaftlichkeit einer Systemimplementierung beurteilen zu können.Ebenso ist auch der äußerst vielfältige Nutzen eines Transportsystemsmit einzubeziehen. Er reicht bei den hier betrachteten <strong>Transportsysteme</strong>n<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> stets von der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse,Steigerung öffentlicher <strong>und</strong> privater Sek<strong>und</strong>ärinvestitionen,Wertzuwachs im Immobilienbereich, Reduktion von Unfallzahlen überweitreichende städtebauliche Neubautätigkeit <strong>und</strong> Wiederbelebung bishin zu umfassender Sicherung von Arbeitsplätzen in zahlreichen Bereichen.Vor allem bei den busorientierten <strong>Transportsysteme</strong>n muss hierzuaber großer Wert auf eine kontinuierliche <strong>und</strong> ablesbare Trassenführungim Straßenraum gelegt werden, was eine Straßenbahn-ähnliche Umsetzungvon umfassenden baulichen Infrastrukturanpassungen voraussetzt.Bei den maßgeblichen Förder-<strong>und</strong> Finanzierungsinstrumentensind Abstimmungen auf Länderebene unter Einbindung des Aufgabenträgerseinzelfallspezifisch durchzuführen. Die Verteilung der Kosten aufverschiedene Baulastträger <strong>und</strong> die Förderfähigkeit entsprechend denländereigenen Regionalisierungsgesetzen ist hier von wesentlichem Einflussauf die Finanzierbarkeit eines Transportsystems.Aus Sicht des Aufgabenträgers wird es gr<strong>und</strong>legend sein, dass GVFG-Zuschüsse in Höhe von bis zu 85% der Investitionskosten für den Baukommunaler Verkehrsanlagen eingerechnet werden können − Voraussetzungist hierfür eine bauliche Separierung der ÖPNV-Infrastruktur vomallgemeinen Straßenverkehr. Dies gilt unabhängig von dem gewähltenTransportsystem. Die bisherige Fahrzeugförderung nach GVFG liegt fürSchienenfahrzeuge − dazu wird im förderrechtlichen Sinne auch dieStraßenbahn auf Gummireifen gehören − im Regelfall bei 50%; bei denanderen unkonventionellen Fahrzeugtypen <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> sindbislang noch keine Festlegungen getroffen worden. Es ist zu überlegen,


1 0 4E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s<strong>Bus</strong>bahnen als „<strong>Bahn</strong> besonderer Bauart“ einzuordnen, um einebahnähnliche Förderung zu erhalten. Aufgr<strong>und</strong> der Finanznot der öffentlichenHand ist das Fortbestehen der bisherigen ÖPNV-Förderpraxis nichtmehr dauerhaft gesichert.• PlanungsaufwandDie Planungs-<strong>und</strong> Abstimmungskosten können bei allen Systemenüberschläglich mit 10% der gesamten Baukostensumme abgeschätztwerden. In der absoluten Kostensumme liegen damit die Planungs- <strong>und</strong>Abstimmungskosten aufgr<strong>und</strong> der geringeren Investitionshöhe bei einembusorientierten Transportsystem niedriger als bei einem Straßenbahnsystem.• Erfordernis <strong>und</strong> Umfang der einzelnen Kostenstellen3+.:( QH$!.3+";# -0 .: 7 .:"$!.Die Neuordnungs- <strong>und</strong> -gestaltungskosten des Straßenraumesstellen bei einer angebauten Streckenführung im Regelfall die größteKostengruppe dar. Bei Straßenbahnsystemen kann diese Kostengruppeimmerhin ein Drittel, bei städtebaulich anspruchsvollen Streckenabschnittensogar die Hälfte der durchschnittlichen Systemkosten verursachen.Deutlich hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass eine Straßenbahnzwar den Anlass der Neuordnung darstellt, hier aber keineswegsein technischer Zwang vorliegt, der eine umfassende städtebauliche Erneuerungerfordern würde. Die Qualität eines Straßenraumentwurfs, dievorrangig geprägt wird durch Orientierung, ortsgerechte Gestalt sowieAnregungen <strong>und</strong> Schönheit, kann bei den untersuchten <strong>Transportsysteme</strong>n<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> gleichermaßen einen hohen städtebaulichzu vertretenden Kostenanteil bedingen (Bild 132 a/b u. 133).In der EAHV 93 wird darauf hingewiesen, dass generell Kosteneinsparungeninsbesondere durch Flächenreduzierungen, sparsame Entwurfs<strong>und</strong>Baustandards (Intensität der Umgestaltung, Material- <strong>und</strong> Elementewahl,Ausführungsart, Beschränkung der Vielfalt, Wiederverwendung)<strong>und</strong> daraus folgend niedrige Herstellungskosten erreicht werden können.Dabei ist zu prüfen, ob sich solche Beschränkungen nicht ungünstig aufdie Betriebs- <strong>und</strong> Unterhaltungskosten auswirken können.331QH -.: "0 -> > #" 2 -" 7 0 $(0Die Investitionskosten im Bereich des Fahrwegs, Tiefbaus<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>erwerbs betragen erfahrungsgemäß 20% der durchschnittlichenSystemkosten einer Straßenbahn. Im Vergleich zu den <strong>Transportsysteme</strong>n<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> sind hierbei in erster Linie unterschiedlicheKostenwerte im Bereich der Fahrwegkonstruktion festzustellen.Typische systemspezifische Kostenkennwerte sind im Anhang E,Fahrwegkonstruktionen, aufgeführt. So kostet die Erstellung einesschwingungsgedämpften, kontinuierlich gelagerten Straßenbahngleisesmit Kammerfüllkörper aus Kunststoff r<strong>und</strong> 1,3 Mio. EUR je Strecken-km(Bild 134). Der hierauf bezogene Kostenfaktor für eine ebenfalls zwei-


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 1 0 5spurige Asphaltstraße mit besonderem Bindemittel kann mit 0,4 angegebenwerden, der für eine Straßenbahn auf Gummireifen läge bei einerFahrbahn in Beton-Gleitschalungstechnik bei 0,8. Bei der Interpretationder dargestellten systemspezifischen Kostenfaktoren ist stets einzubeziehen,dass bei <strong>Bus</strong>systemen auch teilweise das existierende Straßennetzmitbenutzt werden kann <strong>und</strong> dadurch − bezogen auf die Gesamtstrecke− die Wegekosten gegenüber einem <strong>Bahn</strong>system weiter sinkenkönnen.Die weiteren, anteiligen Kostensätze der erforderlichen Tiefbauarbeiten(Entwässerung, Leitungsfreiheit etc.), Gr<strong>und</strong>erwerbskosten sowie Nebenkostensind ortsspezifisch abzuschätzen. Beim Neubau von Trasse<strong>und</strong> Straßenräumen sollten die Herstellungskosten immer durch einezeitliche <strong>und</strong> organisatorische Abstimmung der Maßnahmen mit anderenVorhaben (Kanalbau, Leitungsbau) verringert werden.38( "" F># ";" "K--$Um die Fahrzeugbeschaffungskosten eines Systems bestimmen zukönnen, muss bei allen <strong>Transportsysteme</strong>n die Umlaufzeit <strong>und</strong> die Taktfolgebekannt sein. Üblicherweise kann hier aber auch mit einem Überschlagswertvon 1,5 bis 2 Fahrzeugen je Strecken-km gerechnet werden.<strong>Bus</strong>technologie!Standard-GelenkbusStandard-DoppelgelenkbusSystemOrder(Option)(" [m]Stückpreis[EUR]EUR/m 2P@9 @8::O899 @G:=::: 9=>::P@9 @G::O899 8?9=::: F=:::P@9 8;G:O899


1 0 6E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s3


E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n s 1 0 7bei den Gleisrosten der Straßenbahn Kosten für die Instandhaltung <strong>und</strong>je nach Verschleißerscheinungen von Zeit zu Zeit gegebenenfalls auchSchienenerneuerungen einkalkuliert werden müssen.Berücksichtigt man die jährlichen Kosten für die Instandhaltung <strong>und</strong>schließt auch anteilige Wiederherstellungskosten für die Erneuerung derFahrkörper <strong>und</strong> Fahrleitungsanlage nach Ablauf der Nutzungsdauer mitein, werden für busorientierte <strong>Transportsysteme</strong> mittlere jährliche Kostenvon über 20.000 EUR je Strecken-km für eine Betonstraße mit einer Nutzungsdauervon 60 Jahren abgeschätzt. LEUTHARDT (2000, S. 16) ermitteltohne besondere Bauwerke wie Tunnel oder Brücken bei Straßenbahnennormierte Wegekosten von ungefähr 110.000 EUR je Strecken-km<strong>und</strong> Jahr <strong>und</strong> setzt hierbei eine Nutzungsdauer von 35 Jahren voraus.Zusätzlich liegen die Instandhaltungskosten der Fahrleitungsanlage jeStrecken-km <strong>und</strong> Jahr bei über 20.000 EUR bei einer Nutzungsdauer von15 Jahren.Belastbare Fahrzeugbetriebskosten können nur für ein <strong>Bus</strong>zug-Transportsystem sowie ein Straßenbahnsystem kalkuliert werden. Beidem Transportsystem <strong>Bus</strong>bahn <strong>und</strong> Straßenbahn auf Gummireifen ist einekostenmäßige Darstellung nicht möglich, da zum einen noch keinFahrgastbetrieb durchgeführt wird <strong>und</strong> zum anderen auch erst eine Anlaufphasebis zur vollen Betriebsreife überw<strong>und</strong>en werden müsste. Es istaber abzusehen, dass sich die Fahrzeugbetriebskosten mehr oder weniger<strong>zwischen</strong> dem <strong>Bus</strong>zug-Transportsystem <strong>und</strong> einem Straßenbahnsystemeinpendeln werden.Üblicherweise gibt es bei den Fahrzeugbetriebskosten zwei maßgeblicheKosteneinflussgrößen: Personalaufwand <strong>und</strong> Beschaffungskosten derFahrzeuge. Bei den personellen Gr<strong>und</strong>größen kann die Anzahl der Fahrerbei allen <strong>Transportsysteme</strong>n mit 2,5 Fahrern je Fahrzeug gleichgesetztwerden. Aufgr<strong>und</strong> der hohen Komplexität elektrischer Schienenfahrzeuge<strong>und</strong> auch der langen Nutzungsdauer werden hier allerdingsnach einer Aufstellung von LEUTHARDT (2000, S. 15) insgesamt sechs bissieben Personen pro Triebwagen benötigt; bei <strong>Bus</strong>zügen kann dagegender Personalaufwand auf insgesamt vier Personen pro Fahrzeug abgegrenztwerden (einschließlich Fahrpersonal). Eine der wichtigsten Ursachenfür eine hohe Differenz der Jahresbetriebskosten <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong>zug<strong>und</strong> Straßenbahn liegt damit in dem wesentlich höheren Personal-pro-Fahrzeug-Verhältnis. Die Differenz bei der Abschreibung der Fahrzeugeist aufgr<strong>und</strong> der stark voneinander abweichenden Beschaffungskostenebenfalls markant. Eigenen Berechnungen zufolge liegen demnach beieiner Fahrzeugjahresleistung von 60.000 km/Jahr die idealtypischenFahrzeugbetriebskosten beim <strong>Bus</strong>zug bei 5 EUR je Fahrzeug-km, bei einerStraßenbahn im 30-m-Bereich bei über 9 EUR je Fahrzeug-km (Tabelle12). Es zeigt sich damit, dass Straßenbahnen ihren Personalwirkungsgradim Bereich des Fahrdienstes ausspielen müssen, damit dieFahrzeugbetriebskosten im Vergleich zu einem <strong>Bus</strong>zug-Transportsystemakzeptierbar sind.


1 0 8E n t wicklung eines Planun g s l e i t f a d e n sBei den <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>Bus</strong>bahn <strong>und</strong> Straßenbahn auf Gummireifenmuss in jedem Fall <strong>zwischen</strong> der Inbetriebnahme <strong>und</strong> der Betriebsreifemit einem hohen Personalaufwand gerechnet werden. Vor allem aufgr<strong>und</strong>der gummibereiften Fahrwerke <strong>und</strong> der andersartigen Fahrwegekönnte im Vergleich zur Straßenbahn bei einem eingespielten Betrieb mitgeringeren personellen Gr<strong>und</strong>größen gerechnet werden.Technische Daten Dimension <strong>Bus</strong>zug Straßenbahn 89: 8;:# 89:: 8>::A5 8>: ;@=


S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k 1 0 96 Schlussfolgerungen <strong>und</strong>Ausblick<strong>Bus</strong> Rapid Transit, <strong>Bus</strong>bahn, Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme <strong>und</strong> Tramway surPneus – hinter diesen Bezeichnungen stehen unkonventionelle <strong>Transportsysteme</strong>,deren Ziel eine eigene aufwandsarme Infrastruktur unterVerwendung der kostengünstigen <strong>Bus</strong>technologie ist, <strong>und</strong> die darüberhinaus das positiv belegte Image einer Straßenbahn vermitteln <strong>und</strong> damitdie Attraktivität <strong>und</strong> Akzeptanz des ÖPNV steigern wollen. Ausgehendvon dem Großserienprodukt <strong>Bus</strong> soll eine eigenständige Verkehrskategoriegebildet <strong>und</strong> der große Qualitätsunterschied <strong>zwischen</strong> dem konventionellenOmnibus <strong>und</strong> der Straßenbahn überbrückt werden. Geworben wirdmit berührungsfreien Spurregelungen, Monoschienenführung, Brennstoffzelle,elektronischer Deichsel, elektrischem Antrieb mit Speichermedien,bimodalen Fahrwerken, auffälligem Design <strong>und</strong> vielem mehr.' %" .:"HIn dieser Aufbruchsstimmung ist bisher die Frage unbeantwortet geblieben,bei welcher verkehrsplanerischen Aufgabenstellung der Einsatz dieserinnovativen <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> überhauptgeeignet ist <strong>und</strong> welche Rolle sie auf dem Weg zur Bewältigung unsererVerkehrsprobleme einnehmen können. Die aktuellen <strong>und</strong> geplanten Systemein Utrecht, Rouen, Eindhoven, Clermont-Ferrand <strong>und</strong> Orléansbieten nun die Möglichkeit, zum einen erste Anwendungsfälle dieser innerstädtischen<strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> Straßenbahn näherzu untersuchen, <strong>und</strong> zum anderen einen frühen Eindruck über den Standder Betriebsreife zu gewinnen.! 71 F Leider konnte im Rahmen dieser Forschungsarbeit auf wünschenswerteVergleichsdaten, die den Nutzen der Systeme widerspiegeln – wie beispielsweisedie Entwicklung der Fahrgastzahlen, Wertsteigerungen derAnliegergr<strong>und</strong>stücke oder Veränderungen beim Modal Split – nicht zurückgegriffenwerden, da bei den neuartigen <strong>Transportsysteme</strong>n die Systemeinführungeneinschließlich der städtebaulichen Neuerschließungenbei weitem noch nicht abgeschlossen sind. Hier muss man sich noch gedulden,bis Vorher-Nachher-Untersuchungen Aufschluss über Folgewirkungengeben. Eine Befragung der Planungsbeteiligten vor Ort hat aberdazu beigetragen, heute schon zumindest ein tendenzielles Urteil überdie Vor- <strong>und</strong> Nachteile der neuen Verkehrsmittel <strong>und</strong> ihre Einsatzchancenzu gewinnen <strong>und</strong> punktuelle Resultate der noch laufenden Betriebseinführungengegenüberzustellen.>/,/"> /


1 1 0S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k0 .: L. M Was sind nun die hervorstechenden Merkmale der innovativen Verkehrsmittel<strong>und</strong> ihrer Systemeinführungen: Es kommen besondere, technischinnovative Fahrzeuge mit ansprechendem Fahrkomfort zum Einsatz,die unbehindert <strong>und</strong> bevorrechtigt auf einer hochwertigen Strekkeninfrastrukturmit einer behindertengerechten Haltestellengestaltungsowie einem übergreifenden Informations- <strong>und</strong> Leitsystem eingesetztwerden. Für den Betrieb der neuartigen <strong>Bus</strong>se gilt der Leitgedanke„Fahrzeug <strong>und</strong> Fahrweg als System“, genauso wie wir es – allerdings ausder technischen Notwendigkeit heraus – von Schienenverkehrsmittelnher kennen. Darüber hinaus finden besonders der ergänzende Zubringer<strong>und</strong>Verteilverkehr, Park-and-Ride-Anlagen, städtebauliche <strong>und</strong> raumordnerischeZielsetzungen sowie unterstützende Marketingaktivitätenzur Imagebildung Beachtung – wie dies ebenfalls bei einer modernenStraßenbahnplanung der Fall wäre. In Abgrenzung zum klassischen Linienbusverkehr,der an Straßenverkehr <strong>und</strong> Stau geb<strong>und</strong>en ist, nur lükkenhaftüber eigene Betriebsanlagen im öffentlichen Straßennetz verfügt<strong>und</strong> meist nur dort eine Aufwertung erfährt, wo die Bezuschussungsfragegeklärt wurde <strong>und</strong> die Einzelmaßnahme keine verkehrspolitische Diskussionnach sich zieht, werden die in der Forschungsarbeit untersuchtenVerkehrsmittel deshalb als „<strong>Transportsysteme</strong> auf Gummireifen“ – dieBetonung liegt auf „System“ – bezeichnet.>H #. 1"; - <strong>Transportsysteme</strong> – unabhängig ob Rad/Schiene-Technik oder <strong>Bus</strong>technologie– stellen vor allem dann eine angemessene Lösung dar, wennein ausreichend hohes Verkehrsvolumen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeitzu befördern ist. Folglich stehen bei diesen neuartigen Systemenausschließlich die nachfragestärksten Verkehrskorridore in Verdichtungsräumenmit über 200.000 Einwohnern im Vordergr<strong>und</strong>. Einewichtige technische Voraussetzung für eine Neuorientierung auf die Verkehrskorridoremit den höchsten Fahrgastzahlen ist dabei die Entwicklungkapazitätsstarker <strong>Bus</strong>se im 25-m-Bereich! Man kann sich deshalbauf wenige Durchmesserlinien konzentrieren <strong>und</strong> hier eine hochwertigeStreckeninfrastruktur mit einem hohen Wiedererkennungswert über dengesamten Linienweg aufbauen. Auf diesen Magistralen entstehen so völligneue Vorrangsysteme, gerechtfertigt durch ein sehr hohes Fahrgastaufkommen<strong>und</strong> entsprechend enger Zugfolge, gekennzeichnet durchbetriebliche Qualitätsstandards wie eine hohe Reisegeschwindigkeit <strong>und</strong>ein hohes Maß an Sicherheit <strong>und</strong> Pünktlichkeit – <strong>und</strong> vor allem mit demAnspruch, sich als vorrangiger Partner im Umweltverb<strong>und</strong> innerhalb einesweitreichenden städtischen Gesamtverkehrskonzepts zu etablieren.Die Forschungsarbeit zeigt, dass diese Neuorientierung – ausgewählteVerkehrskorridore mit hohem Fahrgastaufkommen, Zusammenwirkenvon Fahrzeug, Fahrweg, Haltestelle <strong>und</strong> Betriebsleitsystem sowie die Integrationin ein Gesamtverkehrskonzept – die Chance auf politische Rükkendeckungbietet.


S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k 1 1 1Noch ein Blick auf den Planungsleitgedanken: De facto wird eineähnliche Breitenwirkung der Investitionen angestrebt wie bei der Neuplanungdes Transportsystems Straßenbahn – auch hier steht nicht ausschließlichdie Bewältigung vorhandener Fahrgastströme im Vordergr<strong>und</strong>.Vielmehr sollen sich vor allem mittelfristige Veränderungen bei derVerkehrsmittelwahl zugunsten des Umweltverb<strong>und</strong>es ergeben <strong>und</strong> vielfältigestädtebauliche Erneuerungen <strong>und</strong> Neuerschließungen angeregtwerden. Gleichlautende Zielsetzungen stehen auch bei den <strong>Transportsysteme</strong>n<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> im Mittelpunkt. Eingesetzt werden dazuallerdings nicht Schienenfahrzeuge, sondern Designer-Fahrzeuge mitSonderlänge, basierend auf moderner <strong>Bus</strong>technologie: „Think rail, usebus!“ Dieser knappe Planungsleitgedanke der (süd-)amerikanischen<strong>Bus</strong>systeme ist auch für den europäischen Weg nicht von der Hand zuweisen. Eine Ergänzung hat allerdings für den hiesigen Raum noch zuerfolgen: „Think rail, use bus, ...and create an image!“6 - .H"Denn gerade bei der ersten Generation der „System“-Verkehrsmittel aufBasis der <strong>Bus</strong>technologie, den Duo-Spurbussen aus den achtziger Jahren,ist kein Wert darauf gelegt worden, mittels subjektiver Wahrnehmungein Auftreten als ein modernes, eigenständiges Transportsystem zu vermitteln,um an Profil zu gewinnen. So ist es beispielsweise dem Spurbusniemals gelungen, sich vor allem gegenüber dem Linienbusverkehr abzusetzen.„Zu günstig, zu flexibel, halt ein <strong>Bus</strong>“ lautet das ernüchterndeFazit der Entwickler von Mercedes-Benz Omnibusse, die zwar aus demBlickwinkel der Technik ein ohne jeden Zweifel wirtschaftliches <strong>und</strong> betriebsrobustesSystem geschaffen haben, jedoch ohne Potential, dasProdukt Spurbus als neues „System“ zu vermarkten.' -FDie Forschungsarbeit zeigt aber, dass man in<strong>zwischen</strong> bei den neueren,vor allem französischen Entwicklungen, sehr wohl gelernt hat, die Imagebildungüber Emotional Design <strong>und</strong> Fortschrittsdenken positiv zu beeinflussen.Vor allem werden getrennte Fahrwege vom Individualverkehrangestrebt, über deren Gewährung verkehrspolitische Gr<strong>und</strong>satzentscheidungenzu treffen sind. Und nach Auffassung der politischen Entscheidungsträgerbraucht man dafür etwas Besonderes, Identifikationsstiftendes,etwas, das die Einzigartigkeit der jeweiligen Stadt <strong>und</strong> ihrerBürger verdeutlicht <strong>und</strong> auch von den Autofahrern akzeptiert wird. Einepositive Imagebildung steht deshalb bei den neuartigen <strong>Transportsysteme</strong>nmeist im Vordergr<strong>und</strong>, obwohl diese für die Bewältigung der Verkehrsaufgabe,sollte man einen ausschließlich sachbezogenen, technischenMaßstab anlegen, gar keine Rolle spielt.6 9 H -*"-Unabdingbare Voraussetzung einer solchen positiven Imagebildung istallerdings auch die technische Standfestigkeit im Alltagsbetrieb, die sichbei den neuartigen Verkehrsmitteln über eine hohe Verfügbarkeitsquotefeststellen ließe. Und hier gibt es derzeit noch Probleme. Die technische*"- "


1 1 2S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c kUntersuchung der einzelnen fahrzeug- <strong>und</strong> fahrwegseitigen Komponentenzeigt denn auch, dass man vorerst noch auf den Pfaden bewährterNutzfahrzeug- bzw. <strong>Bahn</strong>technik bleiben sollte. Ohne Frage wird esschwierig sein, konventionelle Fahrzeugkonstruktionen <strong>und</strong> Antriebstechniken,die eine jahrzehntelange Entwicklungszeit hinter sich haben, mitinnovativen Ansätzen auf Anhieb zu übertreffen. Es deutet sich an, dassdie ehrgeizigen wie innovativen Fahrzeugtypen mit vielerlei Anfangsproblemenbehaftet sein werden.> Wenden wir uns nun den einzelnen Fahrzeugtypen detailliert zu. Zunächstsoll hier der Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zug, Bauart Doppelgelenkbus,im Mittelpunkt stehen: Ein <strong>Bus</strong>zug ist ein niederfluriger, doppelgelenkiger„Puller“ mit seitlichem Mittelmotor <strong>und</strong> diesel-hydromechanischem Antriebder zweiten Achse. Er baut auf eingeführten Fahrzeugkonzepten derSerienproduktion auf. Mit diesem Fahrzeugtyp steht damit eine durch <strong>und</strong>durch bewährte Fahrzeugkonstruktion zur Verfügung, bei der eine hohetechnische Standfestigkeit vorausgesetzt werden kann. Zwar fehlt einEmotional Design wie bei dem Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn, jedoch besteht beidiesem Fahrzeugtyp immer noch die Möglichkeit, die Wahrnehmung überein besonderes Außendesign des Fahrzeugs zu verbessern.Mittlerweile findet man auch ein erstes, niederfluriges Anwendungsbeispieldes Transportsystems <strong>Bus</strong>zug in Utrecht. Es stellt sich die Frage,ob das „Modell Utrecht“ als wegweisend hervortritt. Dies wäre zu hoffen,wenngleich zurzeit kein weiteres, vergleichbares Projekt existiert. Aberdafür gibt es Pläne mit Doppelgelenkomnibussen, die auf vorhandenenStrecken im Linienbusverkehr eingesetzt werden, wie z. B. in Aachen,Dresden, Hamburg, Wiesbaden <strong>und</strong> Genf. Wünschenswerte Investitionenin die Streckeninfrastruktur mit dem Ziel, den klassischen Linienbusverkehrzu einem Transportsystem aufzuwerten, werden aber wohl unterbleiben.Aufgr<strong>und</strong> der Sonderlänge der <strong>Bus</strong>züge sollte nicht vergessen werden,dass die Stadtverwaltungen involviert werden <strong>und</strong> vorhandene Haltestelleninsbesondere als <strong>Bus</strong>kap eingerichtet werden müssen; wäre diesnicht der Fall, würden Gelenkbusse eins zu eins gegen Doppelgelenkerausgetauscht werden <strong>und</strong> damit zu Lasten einer dichten Zugfolge einebloße Kapazitätserweiterung vollzogen werden. So aber wird aufgr<strong>und</strong>der zu tätigenden Infrastrukturanpassungen mittelfristig allenfalls mit einemüberschaubaren Anwenderkreis zu rechnen sein. Zweifellos wird dieweitere Verbreitung maßgeblich durch die Ergebnisse des Fahrgastbetriebsbei der Hamburger Hochbahn <strong>und</strong> den Fortschritt bei der Klärungnoch offener Genehmigungsfragen bestimmt.Der Einsatz von <strong>Bus</strong>zügen in Straßenbahn-Städten bedarf im Übrigen einerbesonderen Betrachtung. Eine Chance kann dem <strong>Bus</strong>zug nur dort


S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k 1 1 3zugesprochen werden, wo der Verkehrsbedarf schwere Linien mit langenZügen erfordert. Hier klafft immer eine große Kapazitätslücke <strong>zwischen</strong>18-m-Gelenkbussen <strong>und</strong> 40-m-Straßenbahnen, so dass der <strong>Bus</strong>zug imSinne eines Vorlaufbetriebs eingesetzt werden <strong>und</strong> zu einer schrittweisenTrassensicherung beitragen kann. Dagegen zeichnet sich ab, dass Verkehrsbetriebe,in denen die Straßenbahn ihre Kapazitätsvorteile nichtdeutlich ausspielen kann, sich sehr zurückhaltend zeigen, da man dortbefürchtet, dass Straßenbahnlinien, nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> des hohenSparzwanges, auf einen kostengünstigeren <strong>Bus</strong>zug-Betrieb umgestelltwerden.Kommen wir zum Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn: Die <strong>Bus</strong>bahn ist vor allemdurch eine On-board-Energieerzeugung, meist mit Energiespeicher, <strong>und</strong>radnaher E-Motortechnik an mehreren Achsen charakterisiert. Es ist beabsichtigt,dass ein berührungsfrei arbeitender Lenk-Assistent im Haltestellenbereichzum Einsatz kommt. Die Designer-<strong>Bus</strong>se sind allesamtneu entwickelte Spezialfahrzeuge. Natürlich bedarf es noch detaillierterErkenntnisse aus dem Fahrgastbetrieb, um die Frage zu beantworten, obbeispielsweise dieser technisch innovative Fahrzeugtyp, vertreten durchdie Bauarten Civis <strong>und</strong> Phileas, mehr als eine kostenintensive Modeerscheinungdarstellt. Zurzeit ist es jedenfalls offensichtlich, dass eine <strong>Bus</strong>bahnnur in den Städten eine Chance haben wird, wo Designaspekte <strong>und</strong>Fortschrittsdenken eine außerordentlich wichtige Rolle einnehmen <strong>und</strong>man darüber hinaus bereit ist, entsprechende Betriebskosten <strong>und</strong> technischeRisiken zu tragen, wie dies in Rouen <strong>und</strong> Eindhoven der Fall ist.Immerhin gelten beide Städte in ihrem Land als progressive Vorreiter desFortschrittsdenkens, jedoch kann dieser Innovationsbonus nur einmalausgespielt werden. Sowohl weitere potentielle K<strong>und</strong>en als auch die Herstellerselber warten nun erst einmal ab, wie hoch die Verfügbarkeit imFahrgastbetrieb ist <strong>und</strong> welche Betriebskosten bzw. welche Garantieleistungenzu tragen sind. Es überrascht deshalb nicht, dass es zurzeit keineweiteren <strong>Bus</strong>bahn-Projekte mit solchen Spezialfahrzeugen gibt. Faktist darüber hinaus, dass in Rouen die Inbetriebnahme des FahrzeugtypsCivis aufreibend ist <strong>und</strong> in Eindhoven der angekündigte Fahrgastbetriebdes Phileas vermutlich ein Jahr später als anfänglich geplant erfolgenwird.> "Der Fahrzeugtyp Dual-Mode <strong>Bus</strong> ist als Netz-/diesel-elektrischerDoppelgelenkbus mit abschnittsweiser mechanischer Querführung (Duo-Spurbus, z. B. Bauart GLT/TVR) definiert. Der ursprünglichen Faszination,„Zwei-Wege-<strong>Bus</strong>se“ als verkehrstechnische Alternative <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong><strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> zu platzieren, ist trotz der enormen Entwicklungszeit Ernüchterunggefolgt: Teils spurgeb<strong>und</strong>en, teils spurfrei, außerdem sollte einelektrischer Antrieb auch ohne Fahrdraht zum Einsatz kommen. DieseIdee eines Transportsystems mit regelmäßigem Wechsel des Betriebsmodushat sich aber nicht durchsetzen können – zu teuer, zu schwer, zu>'5


1 1 4S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c kstöranfällig. Letztlich muss festgestellt werden, dass dieser Fahrzeugtypauf dem Verkehrsmarkt keine Nische finden wird, erst recht nicht nachden zahlreichen Entgleisungen <strong>und</strong> dem hohen Rad- <strong>und</strong> Schienenverschleißin Nancy sowie den platzenden Reifen in Caen. Und die durchausähnlichen Entwicklungsansätze konkurrierender Fahrzeughersteller, datiertaus der Anfangszeit ihrer Entwicklungen, orientieren sich mittlerweileeindeutig entweder in Richtung <strong>Bus</strong>, siehe Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn mit berührungsfreiarbeitenden Spurregelungen nur noch im Haltestellenbereich,oder in Richtung Straßenbahn, siehe Fahrzeugtyp Straßenbahn aufGummireifen, die nun über die gesamte Strecke mechanisch quergeführtwird. Natürlich spielen hier auch Erkenntnisse aus den bisherigen Zulassungsprozesseneine Rolle: Bei den busorientierten <strong>Transportsysteme</strong>nwird eine Zulassung auf Gr<strong>und</strong>lage der StVZO angestrebt, bei denbahnorientierten <strong>Transportsysteme</strong>n gilt eine Zulassung entsprechendder BOStrab als aussichtsreich.>55Erwähnt sei auch der Fahrzeugtyp Multi-Mode <strong>Bus</strong>, ein <strong>Bus</strong>-Zugverband aus eigenständigen Einzelfahrzeugen mit elektronischerDeichsel <strong>und</strong> abschnittsweiser automatischer Querführung, der noch amAnfang seiner Entwicklung steht. Vor einer ersten Anwendung sind nochumfassende Erprobungsarbeiten zu leisten <strong>und</strong> zulassungsrechtlicheFragen zu klären.>.:" ; Mit dem Fahrzeugtyp Straßenbahn auf Gummireifen reift im Bereichder bahnorientierten Systeme eine weitere verkehrstechnische Alternativemit einer gegenüber der konventionellen Straßenbahn höchstwahrscheinlichgeringeren Geräusch- <strong>und</strong> Erschütterungsemission <strong>und</strong>möglichen Kostenvorteilen heran. Unter dem Fahrzeugtyp Straßenbahnauf Gummireifen wird hierbei eine elektrische Kleinprofil-Leitschienenbahn verstanden. Es ist ein mehrteiliges Multigelenkfahrzeugin Leichtbauweise, wahlweise unter Verzicht einer Oberleitungsanlageauch mit Batterie- oder Generatoreinheit. Zurzeit gibt es hier nur die BauartTranslohr. Die aussichtsreichen Erprobungsergebnisse auf dem firmeneigenenLohr-Testgelände in Duppigheim bestätigen den bisher eingeschlagenenWeg. Aber auch hier wird man sich noch in Geduld übenmüssen, bis der Fahrzeugtyp Straßenbahn auf Gummireifen, BauartTranslohr, im Betriebsalltag erste aussagekräftige Ergebnisse liefert. Sinddiese vielversprechend, könnten neue Straßenbahnsysteme verstärkt aufBasis der <strong>Bus</strong>technologie umgesetzt werden − sofern nicht der Planungsansatzeiner regionalen Stadtbahn bestimmend ist. Lohr Industriesollte aber gewarnt sein durch das Scheitern des GLT/TVR in Nancy.Lohr ist nicht wie dessen Hersteller Bombardier ein Weltkonzern, derumfassende Garantieleistungen auffangen könnte. Ferner ist es für einenErfolg unabdingbar, dass Lohr vor Ort auf Techniker der Verkehrsbetriebetrifft, die sich ihres neuen Systems mit Herzblut annehmen. Wie wirdsich zudem die Rolle von Lohr als „Monopolist“ auswirken?


S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k 1 1 5Es sind also noch viele Fragen offen <strong>und</strong> vor ersten Erkenntnissen ausdem Fahrgastbetrieb, vor allem aus Clermont-Ferrand, wird es kaummöglich sein, den Stellenwert des Translohr am Verkehrsmarkt einzuordnen.Das Augenmerk wird sich zunächst auf belastbare Betriebserfahrungenrichten, bevor sich nun weitere Städte für ein derartiges Systementscheiden.Auch der Fahrzeugtyp Straßenbahn, Bauart elektrischer Triebwagenmit Oberleitungsanlage, ist zu Vergleichszwecken mit in die Forschungsarbeiteingeb<strong>und</strong>en worden. Im Vordergr<strong>und</strong> stehen hierbei mehrteilige,leichte Schienenfahrzeuge im 30-m-Bereich, die – nicht gekuppelt – einevergleichbare Beförderungskapazität wie die Fahrzeuge auf Basis der<strong>Bus</strong>technologie aufweisen. Die Straßenbahn ist in hohem Maße betriebsreif.Darüber hinaus bestehen umfassende Erfahrungen mit Planung,Bau, Betrieb <strong>und</strong> Wirkung des Systems.>.:"Während die technische Beurteilung der neuartigen Fahrzeugtypen miteinem Mehr an Betriebserfahrungen immer klarere Ergebnisse liefernwird, ist die Empfehlung für eines der bewährten bzw. aussichtsreichen<strong>Transportsysteme</strong> <strong>Bus</strong>zug, <strong>Bus</strong>bahn, Straßenbahn auf Gummireifen oderStraßenbahn für einen bestimmten Verkehrsraum ungleich komplexer.Die <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> sind, wie alle Systeme,die einen bevorrechtigten Fahrweg für sich beanspruchen, ein Politikum.Nur in Abhängigkeit von dem konkreten Planungsauftrag ist eine Aussagedarüber möglich, in welchem Maße das Transportsystem geeignet ist.Die Forschungsarbeit zeigt, dass diese Aussage von relativer Natur ist<strong>und</strong> vor allem in Abhängigkeit zu sehen ist von' " • ortsspezifischen Rahmenbedingungen des Trassenkorridors einschließlichder Nutzungsverträglichkeiten,• der gesamtgemeindlichen Zielsetzung der Einsatzplanung,• dem erwarteten Verkehrsvolumen bzw. dem für den Zeitpunkt der Inbetriebnahmeder Trasse prognostizierten Betriebsprogramm sowie• der Auffassung der Planungsbeteiligten <strong>und</strong> der politischen Mandatsträger.Deshalb macht es keinen Sinn, die <strong>Transportsysteme</strong> „am grünen Tisch“zu bewerten, beispielsweise über ein Ranking, da eine auf alle Verkehrsräumebeliebig übertragbare Gewichtung möglicher Zielfelder nicht erstelltwerden kann. Die Auswahl eines Transportsystems ist nun einmalper se weder allgemeingültig noch in „Maß <strong>und</strong> Zahl“ ausdrückbar. DasLeistungsspektrum der neuartigen <strong>Transportsysteme</strong> mit seinen bestehendenVorteilen <strong>und</strong> Risiken konnte deshalb nur in einer konzeptionellenEntwurfs- <strong>und</strong> Entscheidungshilfe gegenübergestellt werden. Es werdenhierbei die Auswirkungen der beabsichtigten Systemwahl durch planerischeVorüberlegungen bedacht <strong>und</strong> notwendige Entscheidungs-'( . 1 /"


1 1 6S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c kgr<strong>und</strong>lagen zur Verfügung gestellt, um die Zielkonflikte der Planungsachbezogen auszutragen. Der dazu in der Forschungsarbeit aufgezeigteWeg zur Eignungsfeststellung orientiert sich an• den systemspezifischen Eigenschaften,• den betriebstechnischen Anforderungen,• der städtebaulichen Eignung sowie• den wirtschaftlichen Auswirkungen.. * In die Entwurfs- <strong>und</strong> Entscheidungshilfe fließen auch die Erkenntnisseder Monographien über die Anwendungsfälle Utrecht, Rouen, Eindhoven,Clermont-Ferrand <strong>und</strong> Orléans ein. Dort wird besonders eindrucksvollgezeigt, dass man nicht vergessen darf, dass Politiker − <strong>und</strong> nicht Fachplaner− maßgeblichen Einfluss auf die Systemauswahl nehmen. DieEntwurfs- <strong>und</strong> Entscheidungshilfe bietet deshalb auch die Möglichkeit,nicht nur sachbezogene Gesichtspunkte in den Auswahlprozess mit einfließenzu lassen, sondern auch stadtpolitische. Zur Verdeutlichung dieserProblematik mag das Beispiel der Stadt Rouen dienen: Ohne Zweifelist in Rouen eine vorbildliche <strong>Bus</strong>-Streckeninfrastruktur entstanden, <strong>und</strong>wir können feststellen, dass die zurzeit übergangsweise eingesetztenAgora Serien-Gelenkbusse von Irisbus ihrer Verkehrsaufgabe auch ohnediesel-elektrischen Antrieb <strong>und</strong> Spurregelungs-Assistent – wie wir sie beider Civis-<strong>Bus</strong>bahn vorfinden – gerecht werden. Man könnte nun meinen,dass man von vornherein die Strecke mit Serien-Gelenkbussen hätte betreibenkönnen. Dies hätte sicherlich Kosten gespart, aber <strong>Transportsysteme</strong>mit einem eigenen Fahrweg müssen sich der politischen Diskussionstellen, <strong>und</strong> ohne die Inspiration durch das innovative Civis-Fahrzeugkonzept mitsamt Emotional Design <strong>und</strong> dem damaligen vorbehaltlospositiven Image wäre der Aufgabenträger nun einmal nicht bereitgewesen, ein System mit <strong>Bus</strong>straßen einzurichten. Ohne imagewirksameFahrzeuge hätte wahrscheinlich keine bevorrechtigte Streckeninfrastrukturerstellt werden können! Und hier lag eine der Herausforderungen beider Erstellung der Entwurfs- <strong>und</strong> Entscheidungshilfe dieser Forschungsarbeit:Im vorliegenden Fall dient die innovative <strong>Bus</strong>bahn als Wegbereitereiner hochwertigen Streckeninfrastruktur, d. h. man nimmt ein möglicherweisenoch nicht ausgereiftes Fahrzeugkonzept in Kauf, kann dafüraber auf eine bevorrechtigte Streckeninfrastruktur zählen. Auch solcheeinzelfallspezifischen Interessenabwägungen, die sich keineswegs ausschließlichauf einer sachbezogenen Ebene abspielen, müssen bei derEignungsfeststellung durch die Entwurfs- <strong>und</strong> Entscheidungshilfe abgebildetwerden; im vorliegenden Fall beispielsweise durch eine starke Gewichtungder systemspezifischen Eigenschaften im Bereich Image, Innovation<strong>und</strong> Marketingpotential.


S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k 1 1 7In der Entwurfs- <strong>und</strong> Entscheidungshilfe spiegelt sich auch die Fragenach dem Stellenwert städtebaulicher Belange wider: Zweifellos wird immereine gr<strong>und</strong>sätzliche Entscheidung darüber zu treffen sein, ob manden Straßenraum dem Transportsystem anpasst oder aber umgekehrtdas Transportsystem dem Straßenraum. <strong>Bus</strong>orientierte <strong>Transportsysteme</strong>setzen eine vergleichsweise hohe Flächenverfügbarkeit voraus, dagegenkann zum Beispiel die Straßenbahn auf Gummireifen in ihrerFahrzeugbreite gegebenenfalls auch schmal ausgeführt werden, da einehohe Beförderungskapazität aufgr<strong>und</strong> der mechanischen Querführungebenso über eine größere Fahrzeuglänge erzielt werden kann. Und geradebei Kurvenfahrten trägt die Querführung dazu bei, dass geringereVerkehrsflächen benötigt werden: Keine Frage, mit bahnorientierten Systemenkönnen die planerischen Zielkonflikte deutlich reduziert werden,insbesondere in historisch gewachsenen Stadträumen, wo die Flächenverfügbarkeitoft stark eingeschränkt ist. Trotzdem ist es ratsam, einzelfallspezifischeVorstudien über die Aufteilung des Straßenquerschnittsmit allen marktreifen Fahrzeugtypen, also <strong>Bus</strong>zug, <strong>Bus</strong>bahn, Straßenbahnauf Gummireifen <strong>und</strong> Straßenbahn, durchzuführen, um diese Frageortsbezogen klären zu können. Beurteilungsgröße sollte hierbei das Maßder städtebaulichen Integration, der verbleibende Platz für Fußgänger<strong>und</strong> Radverkehr sowie die Belebung von Innenstädten sein. Die Meßlattefür die neuartigen <strong>Transportsysteme</strong> liegt hierbei durch die bisherigenErfolge der Straßenbahn, vor allem in Frankreich, hoch.' H"* 6 ". Freilich kann man bei der Entwurfs- <strong>und</strong> Entscheidungshilfe eine Bewertungsebenebesonders in den Vordergr<strong>und</strong> stellen: Wirtschaftlichkeit!Und hier ist es augenfällig, dass sowohl bei der Instandhaltung der Fahrzeugeals auch bei dem Fahrweg die Kostenschere <strong>zwischen</strong> den <strong>Bus</strong>zug-ähnlichen<strong>und</strong> den Straßenbahn-ähnlichen <strong>Transportsysteme</strong>n weitauseinander klafft. Es zeigt sich auch in dieser Forschungsarbeit die bekannteTatsache, dass man sich bei dem Bau von Schienenbahnen einesstarken Fahrgastaufkommens sicher sein muss, um den besseren Wirkungsgradbei dem Fahrpersonal ausspielen zu können. So machen diedurchschnittlichen Systemkosten bei den busorientierten <strong>Transportsysteme</strong>nauch bei einer Straßenbahn-ähnlichen Eigentrasse mit städtebaulicherIntegration höchstens die Hälfte der Investitionskosten aus, diebei einer bahnorientierten Umsetzung zu berücksichtigen wären. Bei denlaufenden Instandhaltungskosten der Fahrwege mag dieses Verhältnisebenso zutreffen wie bei den Personalaufwendungen im Fahrdienst <strong>und</strong>Werkstattbereich. Der Wechsel vom busorientierten Transportsystem aufeine Straßenbahn ist demnach aus wirtschaftlicher Hinsicht eben so langezu vermeiden, wie es die Bewältigung des Fahrgastaufkommens indem Verkehrsraum noch ermöglicht. Dies erfordert aber die resolute Nutzungmoderner planerischer, gestalterischer <strong>und</strong> technischer Erkenntnissebei der Verwendung von Omnibustechnologie, insbesondere im Bereichder städtebaulichen Integration <strong>und</strong> der Vermittlung eines hochwertigenBedienungsangebotes.9 7.H" .


1 1 8S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k'/" H Abschließend stellt sich die Frage, welche Entwicklungsausrichtung aufBasis der durchgeführten Untersuchung empfohlen werden kann. Natürlichmuss die Beförderungsleistung des Transportsystems dem Fahrgastaufkommenentsprechen. Sofern bis zu 2800 Fahrgäste je St<strong>und</strong>e<strong>und</strong> Richtung zu befördern sind, sollte konsequenterweise bei Neuplanungenzunächst immer ein busorientierter Vorlaufbetrieb mit Eigentrassenauf seine Umsetzungsfähigkeit hin überprüft werden. Im Vordergr<strong>und</strong>wird hierbei der technisch bewährte <strong>und</strong> vergleichsweise wirtschaftlicheFahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zug stehen. Für einen solchen Einsatz sprechenu. a.• die höhere Attraktivität eines Transportsystems <strong>Bus</strong>zug gegenüberdem klassischen Linienbusverkehr bei nahezu unveränderter betrieblicherFlexibilität,• die gegenüber den weiteren untersuchten <strong>Transportsysteme</strong>n geringerenInvestitions- <strong>und</strong> Betriebskosten bei einem ähnlichen Wirkungsgraddes Fahrpersonals,• die nachgewiesene technische Standfestigkeit <strong>und</strong> Standardisierungder Bauart,• die zulassungsrechtliche Situation, die auf EU-Ebene keine Einschränkungder Längenbegrenzung von Doppelgelenkbussen vorgibt,• die hohe Variationsbreite beim Ausbaustandard der Straßenanlagen.( H "H" 1 &Damit könnte in jedem Fall die jetzige Kapazitätslücke <strong>zwischen</strong> Linienbusverkehr<strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>verkehr Rad/Schiene, die wirtschaftlich eng mit demEinsatz langer Züge verb<strong>und</strong>en ist, geschlossen werden. Darüber hinaussollte in der Projektierungsphase die Ausführung eines „Kombinationsfahrwegs“überprüft werden, der die Möglichkeit bietet, auch später nochmit angemessenem Aufwand auf ein bahnorientiertes System umzustellen,falls 25-m-<strong>Bus</strong>se trotz eigener Infrastruktur ihrer Verkehrsaufgabenicht mehr gewachsen wären. Bei einem Kombinationsfahrweg wärenvon vornherein bautechnische <strong>und</strong> fahrdynamische Trassierungselementezu berücksichtigen, die den nachträglichen Einbau von Schienen –sei es eine Monoschiene oder ein Zweischienengleis – ermöglichen. Esbliebe so die Option erhalten, in einer aufwärtskompatiblen Ausbaustufeidealerweise kupplungsfähige Straßenbahnen auf Gummireifen verkehrenzu lassen − vorbehaltlich eines noch ausstehenden Nachweises ihrerallgemeinen Betriebstauglichkeit. Sollte aus Gründen der Leistungsfähigkeitder Übergang auf ein Straßenbahn-ähnliches Transportsystem erfolgen,würde im Übrigen genau das Fahrgastaufkommen vorliegen, umlange Transporteinheiten eines <strong>Bahn</strong>systems bilden zu können <strong>und</strong> beigleichzeitiger, angepasster Wahl der Zugfolgezeit eine angemesseneWirtschaftlichkeit zu erzielen. Damit ist der Einsatz des Transportsystems<strong>Bus</strong>zug vor allem als Ergänzung der Straßenbahn in deren unterem Leistungsspektrumzu sehen, wobei die Hochleistungs-Endstufe „Light Rail“als Option offen bliebe.


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Anhang AFahrzeug- <strong>und</strong> Antriebskonzepte


B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e n 1 2 3A.1 <strong>Bus</strong>züge mit herkömmlichenVerbrennungsmotorenA.1.1 Verbrennungsmotoren, Kraftstoffe<strong>und</strong> EmissionBei Linienomnibussen findet im Antriebsbereich nahezu ausschließlichder kostengünstige, herkömmliche Verbrennungsmotor als AntriebsartVerwendung. Der Dieselmotor hat sich hierbei seit Jahrzehnten aufgr<strong>und</strong>seiner Robustheit, Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit als das Standardaggregatim ÖPNV bewährt <strong>und</strong> spielt auch bei den zukünftigen Anforderungender Emissionsrichtlinien der Europäischen Union eine zentraleRolle. Dieselmotoren erreichen bereits heute durch die zahlreichen motorischenMaßnahmen (Turboaufladung mit Ladeluftkühlung, Hochdruckeinspritzsystem,verbesserte Brennraumgeometrie etc.) unkritischeEmissionen von Kohlenmonoxid CO <strong>und</strong> unverbrannten KohlenwasserstoffenHC. Über Verbesserungen des Abgasverhaltens <strong>und</strong> Kraftstoffmodifikationen(schwefelfreier „City-Diesel“) konnten auch die Werte derPartikelmasse PM <strong>und</strong> der Stickstoffoxide NO x verbessert werden. HeutigeDieselmotoren stoßen entsprechend den Vorgaben der europäischenEmissionsrichtlinie nur noch einen Bruchteil der Schadstoffe frühererFahrzeuge aus.Beleuchtet man allerdings Auswirkungen der motorischen Maßnahmenim Detail, erkennt man, dass zahlreiche Zielkonflikte zu lösen sind: EineErhöhung des Einspritzdrucks führt beispielsweise zu einer Verbesserungdes Treibstoffverbrauchs, allerdings gleichzeitig auch zu einer Erhöhungder thermischen NO x -Bildung <strong>und</strong> damit zu einer schlechterenStickoxid-Emission. Ein hohes Verdichtungsverhältnis zieht eine Verschlechterungdes Treibstoffverbrauchs nach sich, dafür sinken dieStickoxide, aber die Partikelemissionen steigen (HAMSTEN et al 2000,S. 23). Es wird offensichtlich, dass viele derartige Zielkonflikte zu lösensind, ehe ein modernes Dieselaggregat die heutigen technologischen,ökonomischen <strong>und</strong> ökologischen Anforderungen bestmöglich erfüllt.Zur Einhaltung der verschärften Abgaswerte für Nutzfahrzeuge entsprechendder europäischen Emissionsrichtlinie Euro-4, die im Jahr 2005 in


1 2 4B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e nKraft tritt, ist die ergänzende Anwendung von Partikelfiltern(z. B. CRT-System, Continuously Regenerating Trap) notwendig, dieeine sehr effiziente Reduktion der Ruß- <strong>und</strong> Partikelemissionen ermöglichen,wenngleich bei der Regeneration oder dem „Abbrennen“ des imFilter gesammelten Rußes noch Entwicklungsarbeit hinsichtlich der Dauerhaltbarkeit<strong>und</strong> der Zuverlässigkeit zu leisten ist. Ein CRT-Filter oxidiertzunächst Kohlenmoxid CO zu Kohlendioxid CO 2 <strong>und</strong> filtert in einem weiterenSchritt unverbrannte Kohlenwasserstoffe HC <strong>und</strong> Partikel, bis sienicht mehr messbar sind. Die Regenerierung erfolgt bei hoher Temperatur(200 - 450°C) durch Stickstoffdioxid NO 2 , welches im Oxidationsfiltergebildet wird. Während der Kaltstartphase ist hierbei noch ein unverminderterSchadstoffausstoß zu verzeichnen (BACH 2001). Vorausgesetzt istentschwefelter Dieselkraftstoff.Die Betriebsreife <strong>und</strong> Vorteilsbilanz des CRT-Filters bei der Schadstoffreduktionzeigt sich in der Tatsache, dass sich die RATP aufgr<strong>und</strong>der Ergebnisse der von der UTAC (L’Union Technique de l’Automobile)mit Euro-1+CRT-Filter-, Euro-2-, Erdgas- <strong>und</strong> Flüssiggas-Motoraggregaten durchgeführten Rollentest-Resultaten sich dazu entschiedenhat, bis 2002 schätzungsweise 2200 <strong>Bus</strong>se mit einem CRT-Filter auszustatten (CURTIL 2001). Auch die Berliner Verkehrsbetriebe(BVG) setzen als Sofortmaßnahme auf die CRT-Filter <strong>und</strong> statten 1400<strong>Bus</strong>se mit einem derartigen Abgasnachbehandlungssystem aus(EBERWEIN 2001).Diese Großbestellungen für zwei europäische Metropolen nach eingehendertechnischer Voruntersuchung zeigen, dass die Dieseltechnik inVerbindung mit Abgasnachbehandlungsverfahren ein hohes Potentialzum „Near Zero Emission“-Antrieb (lokale Emission) in Verbindung mitgeringen globalen Emissionen <strong>und</strong> einem hohen energetischen Wirkungsgradbesitzt. Eine deutliche Reduzierung der Lärmemission, beispielsweiseüber eine verbesserte Kapselung der Dieselmotoren, stehtnoch aus <strong>und</strong> kann auch nur schwierig gelöst werden, da sich lärmminderndeMaßnahmen kontraproduktiv zu Wärmeabführungsmaßnahmenauswirken. Eine gewisse Lärmminderung verspricht hier allerdings dieCommon-Rail-Motortechnik, die mit hohen Einspritzdrücken über160 MPa arbeitet.Der NO x -Gehalt der Abgase wird vom CRT-Filter nicht beeinflusst. Zurzusätzlichen Reduzierung von Stickoxiden muss deshalb ergänzend aufeine Abgasrückführung (AGR) zurückgegriffen werden. Für die Reduktionder Stickoxid-Emissionen im Abgas hat sich die selektive katalytischeReduktion (SCR-Katalysator, Selective Catalytic Reduction) als einegeeignete Methode gezeigt. Dabei wird auf ein bei Kraftwerken bekanntesVerfahren zurückgegriffen, die Stickoxide NO x mit Hilfe von AmmoniakNH 3 zu reduzieren. Ein Ammoniak-Erzeuger muss im Fahrzeug mit-


B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e n 1 2 5geführt werden (wässrige Harnstoff-Lösung). Bereitstellung, Austauschsowie Entsorgung erfordern hierbei einen betrieblichen Mehraufwand. Esist auch eine Kombination eines SCR-Katalysators mit einem CRT-Partikelfilter denkbar (SCRT, SIGNER 2000, S. 41).Auch Volvo hat auf der CRT-Technologie aufbauend mit dem VGC-System (Volvo Emission Control) eine Kombination von CRT <strong>und</strong> Abgasrückführungentwickelt, die bereits serienreif ist. Die Weiterentwicklungdes Systems (VGC Venturi) ermöglicht es sogar, mit aktuellen Euro-3-Motoren die Grenzwertstufe Euro-5 (gültig ab 2008) einzuhalten. In diesemZusammenhang beteiligen sich beispielsweise die Berliner Verkehrsbetriebe(BVG) an dem Pilotprojekt „Anspruchsvolle Umweltstandards“des B<strong>und</strong>esumweltministeriums <strong>und</strong> setzen aktuell zunächst 25Dieselbusse mit dem VGC-System ein.Als Zwischenfazit kann festgehalten werden, dass mit der Kombinationvon• schwefelfreiem Kraftstoff,• motorischen Maßnahmen• Oxidationsfilter <strong>und</strong> Partikelfilter (CRT) sowie• Abgasrückführung (SCRT oder VGC)sich beim modernen Dieselantrieb mit vergleichsweise geringem Kostenaufwandein „Near Zero Emission-Level“ realisieren lässt. Die Kosten einerderzeit maximalen Schadstoff-Reduzierung betragen hierbei insgesamtr<strong>und</strong> 3300 EUR pro Fahrzeug <strong>und</strong> Jahr (schwefelfreier Kraftstoff,Oxidationsfilter, Partikelfilter <strong>und</strong> Abgasrückführung einschließlich Werkstattkosten,VDV 2002, S. 6).Als konkurrenzfähiger Antrieb bei Verbrennungsmotoren steht dem Dieselmotordie Verwendung der Erdgastechnologie gegenüber. ModifizierteErdgasmotoren haben ihre Praxistauglichkeit unter Beweis gestellt <strong>und</strong>halten bereits heute die ab dem Jahr 2005 vorgeschriebenen Abgaswerteder europäischen Emissionsrichtlinie Euro-4 ein (STICKEL 1999, S. 40).Ein großer Vorteil im Hinblick auf Lärmbeeinträchtigungen auf innerstädtischenStraßen liegt sicherlich in der leiseren Funktionsweise derErdgasfahrzeuge. Die Lärmreduzierung gegenüber einem Dieselaggregatbeläuft sich auf 4 dB(A) im Leerlauf (PILZ, 1999, S. 387). Hinzu kommenbei Erdgas die annähernd geruchlosen Abgase.Dennoch, die Frage Erdgas oder Dieselkraftstoff mit Abgasfilter stellt sichunter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht – insbesondere wegender Notwendigkeit, eine kostenintensive Erdgasversorgungsinfrastrukturaufbauen zu müssen. Zudem bewirken im täglichen Einsatz derhöhere Verbrauch <strong>und</strong> die gewichtigen Tankaufbauten eine kürzereReichweite, eine geringere Nutzlast <strong>und</strong> einen erhöhten Verschleiß.


1 2 6B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e nDemzufolge werden Flottenbetreiber von Erdgasbussen eher mehr Fahrzeugebenötigen als die Betreiber entsprechender Dieselflotten (JACOBY1999, S. 54 <strong>und</strong> PÜTZ, SCHMIDT 1999, S. 399). Auch wird der „Abstand“der Umweltfre<strong>und</strong>lichkeit – insbesondere im Bereich der Partikelmasse –im Vergleich mit zukünftigen Dieselmotoren nach Euro-4 <strong>und</strong> Euro-5 beiNeufahrzeugen (<strong>und</strong> dem dann erforderlichen Einsatz von Abgasnachbehandlungssystemen)deutlich verringert werden. Der Betrieb von Erdgasbussenwird daher ein überschaubares Marktsegment bleiben (RIECK1999, S. 19).Dagegen spricht – zumindest auf den ersten Blick – der erfolgreiche Erdgasbuseinsatz(immerhin r<strong>und</strong> 200 Omnibusse) zum Beispiel in Thüringen(Arnstadt, Gotha, Greiz, Heiligenstadt <strong>und</strong> Mühlhausen) oder bei denSaartal-Linien in Saarbrücken. Eine Analyse der Kostenstrukturen veranschaulicht,dass insbesondere die Investitionsförderung sowie der Erdgaspreisden Haupteinfluss auf einen wirtschaftlichen Erdgasbuseinsatzausüben (BACH, VILLMOW 2000, S. 10). Aus diesem Gr<strong>und</strong>e steht zu vermuten,dass die Erdgastechnik in den Gebieten einer genauen Betrachtungunterzogen werden kann, in denen die umweltpolitischen Entscheidungenmit entsprechenden Förderbedingungen eines Flottenbetriebsverknüpft sind <strong>und</strong> mit volkswirtschaftlichen Betrachtungen eine Einheitbilden – <strong>und</strong> nicht zuletzt die städtischen Versorgungsbetriebe auch Gaslieferantsind.Weitere Kraftstoffsysteme <strong>und</strong> Antriebstechniken besitzen wenig Potentialzur Erfüllung der Richtlinien bezüglich der Einhaltung der Emissionsgrenzwerteder Europäischen Union unter gleichzeitiger Berücksichtigungeiner möglichst wirtschaftlichen Technik. Rapsmethylester (RME) wirdbeispielsweise schon allein aus der Tatsache, dass langfristig höchstens5% des deutschen Dieselkraftstoffverbrauchs durch RME substituiertwerden können, kaum größere Bedeutung gewinnen. Dieselkraftstoff/Methanol-Mischungenergeben gerade bei den gesetzlich limitiertenSchadstoffkomponenten (HC, CO, NO X ) gegenüber Dieselkraftstoff kaumVerbesserungen. Die Verwendung von Flüssiggas (LPG) erfordert besondereSicherheitsmaßnahmen, um die Bildung eines explosionsfähigenGemisches auszuschließen. Der Wasserstoffmotor benötigt ein hohesSpeichervolumen auf dem Fahrzeugdach <strong>und</strong> eine bisher noch sehr aufwändigeWasserstoffversorgungsinfrastruktur.Es bleibt daher festzustellen, dass im Linienbusbereich auf der Motorenseitezur Zeit der weiter optimierte Dieselantrieb mit Abbgasnachbehandlungssystemunter Berücksichtigung einer Kosten-Nutzen-Analysedie mit Abstand sinnvollste Option darstellt, zumal sich im Augenblick einKonsens herausbildet, dass die Verfügbarkeit von Erdöl als Basisbestandteildes Dieselkraftstoffes als nicht kritisch zu bewerten ist. (MÜLLER-


B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e n 1 2 7HELLMANN et al 1998, S. 37). Der Dieselmotor wird unter Ausnutzung seinerVerbesserungspotentiale nach wie vor auch mittelfristig den größtenAnteil am <strong>Bus</strong>markt behalten.A.1.2 Antriebskonzeption mit MittelmotorDie wirtschaftliche Vorteilsbilanz des dieselbetriebenen Verbrennungsmotorsmit Abgasnachbehandlung ist auch auf ein Doppelgelenkfahrzeugübertragbar, allerdings kann die Antriebskonzeption des bewährten Standard-Gelenkbussesmit Antrieb der letzten Achse sowie einer davor liegenden,niederflurigen Fahrgastzelle nicht übernommen werden.Besondere konstruktive Maßnahmen sorgen bei dem Schubantrieb desEinfach-Gelenkbusses dafür, dass die Gelenkverbindung nicht ungewollteinknickt. Die Stabilisierung erfolgt mit Hilfe einer elektronischen Regelung,die die hydraulischen Dämpferzylinder sperrt <strong>und</strong> das Gelenk insich steif macht, wenn der Winkelunterschied <strong>zwischen</strong> Lenkeinschlagder Vorderräder <strong>und</strong> dem Knickwinkel des Gelenks einen bestimmtenWert überschreitet. Dies ist eine bewährte <strong>und</strong> vorteilhafte Gelenkbuskonzeptionmit hoher fahrdynamischer Stabilität, niederflurtauglich, dieaber bei einem Doppelgelenker ihre Grenzen findet.Bei dreiteiligen niederflurigen <strong>Bus</strong>zügen, die sich an kostengünstige <strong>und</strong>standardisierte Antriebskonzepte anlehnen, muss also bei der Verwendungeines bewährten, herkömmlichen mechanischen Antriebsstrangsauf einen stehenden Mittelmotor mit angetriebener Achse Nr. 2 zurückgegriffenwerden, d. h. ein zweiachsiger „Solobus“ mit seitlichem Mittelmotorzieht zwei einachsige, jeweils angelenkte „Anhänger“ hinter sichher.Den Gelenkverbindungen obliegt dabei die Aufgabe, sowohl dynamischeKräfte als auch technische Informationen an die einachsigen Anhängerzu übertragen, was sich bei dem Prinzip eines <strong>Bus</strong>zuges hinsichtlich desKonstruktionsaufwands im Wesentlichen auf eine einfach kontrollierbareÜbertragung von Zug- <strong>und</strong> Bremskräften beschränkt. Der Fahrgastflussüber die gesamte Fahrzeuglänge wird im Gegensatz zum Betrieb mit einemPersonenanhänger durch begehbare <strong>und</strong> mit Faltenbälgen geschlossenenGelenkverbindungen ermöglicht.Zu akzeptieren ist hierbei allerdings eine latente Untermotorisierung <strong>und</strong>begrenzten Traktionsverhältnisse. Andernfalls müsste auf die radnaheoder Radnaben-Motortechnik mit dem Vorteil der mechanischen Entkopplung<strong>zwischen</strong> Energieerzeugung <strong>und</strong> Vortriebskraft zurückgegriffenwerden, wodurch mehrere Achsen angetrieben werden könnten. Hier erschwertallerdings die Entwicklung wartungsarmer radnaher Antriebseinheiten<strong>und</strong> eine intelligente Knickschutzregelung der Gelenkverbindungeneine kostengünstige Umsetzung.


1 2 8B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e nA.1.3 Niederflurige Doppelgelenkfahrzeuge($54" #U10(,&$*$Neben dem hochflurigen Renault Mégabus (10 Fahrzeuge mit Paralleltriebder Achsen 2 <strong>und</strong> 3, seit 1988 in Bordeaux) <strong>und</strong> dem Volvo Metrobus(167 B58- <strong>und</strong> B10M-Fahrzeuge, Curitiba; 31 B10E- <strong>und</strong> 30 B10M-Fahrzeuge, São Paulo; HONDIUS 1999/b, S. 22; LUKE 1999, S. 40) ist derzeitdie Bauart Van Hool AGG 300 einziges niederfluriges Doppelgelenkfahrzeugmit konventionellem Antriebsstrang (ein Fahrzeug in Lüttich,27 Fahrzeuge in der Ablieferung für Utrecht; Bild A.1-4).($+-5" #!"&(*1',(*&Der Van Hool AGG 300 ist in seiner aktuellen Ausführung für Utrecht24,79 m lang <strong>und</strong> 2,55 m breit <strong>und</strong> wiegt leer 21,8 t (Flächengewicht:332 kg/m 2 . Zweifellos ist das Niederflur (NF) - Bauprinzip von Van Hool ingeschweißter Ganzstahlkonstruktion hinsichtlich der Beschaffungskostendie mit Abstand wirtschaftlichste Lösung bei Großraumfahrzeugen <strong>zwischen</strong><strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>. Die Beschaffungskosten liegen bei r<strong>und</strong>350.000 EUR (Flächenkosten: 6.500 EUR/m 2 ), die Instandhaltungskostenbleiben überschaubar (Bild A.5 u. A.6).($3-5" #.?6&(*1',(*&Zum Einsatz kommt bei dem Van Hool-Prototyp aus dem Jahr 1992 einMAN-Antriebsaggregat (Euro-1) mit einer Motorleistung von 235 kW, beider Lüttich-Variante ein MAN-Antriebsaggregat (Euro-2) mit einer Motorleistungvon 250 kW, aktuell für die Verkehrsbetriebe Utrecht ein DAF-Dieselmotor Euro-3, 265 kW mit CRT-Filtertechnik. Die Verwendung diesesfür den Linienbusverkehr leistungsstärksten Serienaggregats genügtbei einem vollbesetzten Fahrzeug nur befriedigenden Fahrleistungen,insbesondere dann, wenn überdies zusätzliche Nebenaggregate wie eineKlimaanlage mit Energie zu versorgen sind.($8(;;3EE#&/Bei einem Einsatz im flachen Land hat diese latente Untermotorisierungallerdings keinen Einfluss auf eine zügige Betriebsabwicklung. So ist beispielsweiseder hochflurige B10-Metrobus in Curitiba ebenfalls nur mit einerangetriebenen Achse Nr. 2 unterwegs. Voll besetzt mit 270 Personenwiegt dieses Fahrzeug 36,5 t, leer 17,5 t. Bei einer Motorleistung von210 kW wird damit nur ein sehr niedriger Kennwert von 5,75 kW/t erreicht– dennoch ist das System erfolgreich. Bei der Lüttich-Variante desVan Hool liegt das Verhältnis bei 20,3 t (leer) zu 34,7 t (besetzt). Derverwendete Serienmotor von MAN leistet somit bei dem Van Hool-Prototypen beladen 7,2 kW/t. In Lüttich wird mit diesem Kennwert auf einemkurzen Streckenabschnitt mit einer Längsneigung von über 10%immerhin eine Beharrungsgeschwindigkeit von 30 km/h bei einem vollbesetztenFahrzeug erreicht.Folgende Überlegungen zeigen die gr<strong>und</strong>sätzliche Betriebstauglichkeitnur einer Triebachse bei einem Doppelgelenkfahrzeug, beispielsweise


B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e n 1 2 9ausgebildet als Komfort-Fahrzeug mit über 60 Sitzplätzen <strong>und</strong> r<strong>und</strong> 80Stehplätzen (4 Pers./m 2 ). Bei einer Gesamtzahl von r<strong>und</strong> 140 Reisendenwerden als rechnerische Größe immerhin 9 kW/t bei 265 kW Motorleistungerreicht. Ein Kennwert von 9 kW/t liefert im normalen Straßenverkehrder Städte beim „Mitschwimmen“ im Verkehrsfluss eine gute spezifischeLeistung <strong>und</strong> eine akzeptable Steigfähigkeit. Unbeladen werden12,2 kW/t erreicht.($


1 3 0B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e ndem Dach entfallen als Lärmquelle typische Rotationsgeräusche. Dadurch die Dachanordnung der Fahrtwind zur Kühlung herangezogen wird,genügt eine geräuscharme Umwälzpumpe für die Motorkühlung. Dennochist festzustellen, dass die Verbrennungsmotortechnik dem elektrischenFahrantrieb hinsichtlich störender Motorgeräusche insbesonderewährend der Beschleunigungsphase unterlegen ist.Vorteilhaft bei der Bauart Van Hool ist die hohe Spurtreue durch die Anordnungvon drei gelenkten Achsen. Neben der Vorderradlenkung sinddie einfach bereiften Nachläuferachsen 3 <strong>und</strong> 4 mit einer aproportionalenAchsanlenkung ausgestattet. Hierbei erleichtert die strikte Trennung <strong>zwischen</strong>Trieb- <strong>und</strong> Laufachsen die Instandhaltung.Die fahrdynamische Stabilität des Van Hool-Doppelgelenkers gibt keinenAnlass zur Kritik. Auch bei Geschwindigkeiten über 70 km/h sind keineSchlingerbewegungen festzustellen. Der Grad der bei Gelenkbussen inLängsrichtung der Wagenkästen typischen Nickbewegungen hängt vonder Fahrbahnqualität ab <strong>und</strong> liegt bei dem Van Hool-Fahrzeug auf normalunterhaltenen Straßen im üblichen Bereich.Alle genannten Bauprinzipien kommen auch bei dem Van Hool Standard-Gelenkbus AG 300 zum Einsatz (Motorkühlung mit Dachanordnung, Mittelachsantrieb,asymmetrische Anordnung des Mittelmotors, aproportionaleAnsteuerung der Nachläuferachse etc.). Bei dem DoppelgelenkbusAGG 300 kann daher von einer betriebsreifen Bauart ohne besondere Innovationsrisikengesprochen werden.A.1.4 Solobus mit PersonenanhängerGleiches gilt auch für einen <strong>Bus</strong>zug mit Personenanhänger, beispielsweiseBauart Scania OmniLink (Solobus) <strong>und</strong> Lanz&Marti/Hess (Personenanhänger,Bild A.9). Im Hinblick auf eine betriebsreife <strong>und</strong> wirtschaftlicheAntriebskonzeption sind hierbei im Vergleich zu einem Doppelgelenkbusder Bauart Van Hool keine entscheidenen Unterschiede auszumachen.Zum Einsatz kommt bei dem 23,25 m langen Anhängergespann ein herkömmlicher,2,55 m breiter Solobus (Scania-Dieselmotor Euro-3,220 kW) mit einem heckseitig verstärkten Rahmen zur Aufnahme derKupplungskräfte.($D(H . B 2 # / /Der niederflurige Personenanhänger wird von Carosserie Hess AG miteinem Aluminium-Aufbau (Schraubbauweise) hergestellt. Der Personenanhängermit zwei gelenkten Achsen ist zwar getriebe- <strong>und</strong> motorlos,


B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e n 1 3 1dennoch aber in seiner weiteren Ausstattung durchaus mit einem Standardbusvergleichbar (Bild A.10). Die Beschaffungskosten eines Personenanhängersbetragen bei einer Kleinstserie demzufolge r<strong>und</strong>180.000 EUR.Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte bei einem Anhängerbetrieb vorausgesetzt werden,dass man das An- <strong>und</strong> Abkuppeln auch entsprechend dem betrieblichenKapazitätsbedarf konsequent ausnutzt. Das heißt zwingend:($E0 6 H# &• Freifläche als Abstellanlage oder Betriebshof im Streckenverlauf• Einfaches Kuppeln im Ein-Mann-Betrieb ohne Kuppelposten mittelsheckseitiger KameraüberwachungDie Veränderung des Platzangebots durch das An- oder Abkuppeln desPersonenanhängers gestaltet sich in der Betriebspraxis je nach den örtlichenGegebenheiten (z. B. Lage der Einsatzpunkte <strong>und</strong> Betriebshof)schwierig. Unter Umständen ist die Bereitstellung eines zeitweisen Überangebotswirtschaftlicher als eine Veränderung des Fassungsvermögens.Nach praktischen Erfahrungen wird man beispielsweise den Anhängerbetriebin Lausanne, wo es 69 Obus-Anhänger gibt, davon 20 in niederflurigerAusführung, mittelfristig durch diesel-elektrische Gelenk-Duobusse N 6121 von Neoplan ersetzen. Anhängerzüge verkehren imÜbrigen auch in Luzern (Obus) <strong>und</strong> Zug (beide Schweiz) sowie in zahlreichenosteuropäischen Ländern. Ein Vorführ- <strong>und</strong> Probebetrieb fand imJahr 2000 u. a. in Oberhausen statt (Bild A.11).Vorteile des Anhängerbetriebs sind im Allgemeinen: keine leeren <strong>Bus</strong>sein der Neben- <strong>und</strong> Schwachlastzeit, Energieeinsparungen, keine für denGelenkbus typischen Nickbewegungen, da beide Wagenkästen – Zugfahrzeugsowie vierradgelenkter Anhänger – jeweils auf zwei Achsen aufliegen.In dem Personenanhänger sind Motorgeräusche nicht hörbar. Der90°-Knickwinkel <strong>zwischen</strong> Solobus <strong>und</strong> Anhänger stell t im Zusammenspielmit den drei angelenkten Achsen eine hervorragende Wendigkeit sicher(Bild A.12). Durch die Kapazitätsanpassung könnte auch ein angenehmererDienstplan für die <strong>Bus</strong>fahrer ohne geteilte Dienste erstellt werden,da Verstärkungsfahrten entfallen. Anhängergespanne können dieWerkstätten der vorhandenen Betriebshöfe ohne bauliche Anpassungennutzen. Nachteile des Anhängerbetriebs sind: Das Kuppeln stellt eineZusatzaufgabe für die <strong>Bus</strong>fahrer dar; es ist kein Fahrgastfluss <strong>zwischen</strong>den Fahrgastzellen möglich; subjektive Fahrgastsicherheit ist nur übereine Videoüberwachung erzielbar.($*%" (H 1 > """ ($+5 ' Insgesamt bleibt festzustellen, dass dem Anhängerbetrieb im innerstädtischenFahrgastbetrieb ohne extreme Aufkommensspitzen (wie beispielsweisebeim Pendler- <strong>und</strong> Schülerverkehr) nur begrenzt eineMarktchance eingeräumt werden kann. Zu groß sind Bedenken hinsichtlichder Fahrgastsicherheit im Personenanhänger. Eine Kameraüberwa-


1 3 2B u s z üg e m i t h e r k öm m l i c h e n V e r b r e n n u n g s m o t o r e nchung ist hier ein hilfreicher, aber unbefriedigender Ansatz (Bild A.13).Ein durchgängig begehbares Fahrzeug wird bevorzugt werden <strong>und</strong> stehtmit der Bauart Van Hool in einer Niederflurversion auf günstigerem Kostenniveauzur Verfügung. Dies schließt nicht aus, dass im Pendler- <strong>und</strong>schülerverkehr oder bei regelmäßigen Veranstaltungssonderverkehrender <strong>Bus</strong>anhänger – hier dann auch mit Kupplungsvorgängen – einenwirtschaftlichen Einsatzbereich findet.($35I" " 6 H


E l e k t rischer Fahrantrieb m i t O b e rleitung 1 3 3A.2 Elektrischer Fahrantriebmit OberleitungA.2.1 Lokale EmissionsfreiheitStädtische <strong>Bahn</strong>en werden traditionell elektrisch betrieben. Bei den zumEinsatz kommenden Fahrzeugdimensionen <strong>und</strong> Massen der Schienenfahrzeugeist insbesondere der elektrische Mehrachsantrieb bei den heutigenAnforderungen einer attraktiven Beschleunigung <strong>und</strong> Beförderungsgeschwindigkeitunabdingbar. Auch wenn im Schienenverkehr ehergeringe Längsneigungen zu bewältigen sind, ist im Fahrbetrieb die Aufbringungzum Teil erheblicher Zugkräfte erforderlich. Bei <strong>Bus</strong>systemenbesteht wegen den geringeren Fahrzeugdimensionen <strong>und</strong> Massen – <strong>und</strong>damit die Möglichkeit, die wirtschaftliche Nutzfahrzeug-Dieseltechnik zuverwenden – kein technischer Zwang, auf einen elektrischen Fahrantriebzurückgreifen zu müssen.Die mindestens am Einsatzort nicht vorhandene lokale Abgasemissionelektrisch betriebener Fahrzeuge, das sind meistens die hochbelastetenInnenstadtzonen, ist hervorzuheben. Eine reduzierte Freisetzung u. a.des Treibhausgases CO 2 <strong>und</strong> damit eine Reduzierung der global wirksamenEmissionen ist allerdings eine Frage des Energiemixes des Energielieferanten.Beispielsweise wird in Frankreich, Norwegen, Schweiz,Schweden <strong>und</strong> Quebec (Kanada) annähernd der gesamte Strom ohneVerbrennung fossiler Brennstoffe (nuklear bzw. regenerativ) erzeugt. Dortbesitzen elektrisch betriebene Schienenfahrzeuge <strong>und</strong> Obusse Zero-Emission-Status.A.2.2 ObusTrotz der vorteilhaften Betriebsweise – geräuscharm, frei von Schaltvorgängen,beschleunigungsstark – ist der elektrische Fahrantrieb eine Domänedes städtischen Schienenverkehrs geblieben. Eine breite Durchsetzungim Rahmen einer verstärkten Umfeldverträglichkeit hat bei Antriebendes straßengeb<strong>und</strong>en Personenverkehrs, insbesondere im Hinblickauf die hohe Kostensituation, nicht stattgef<strong>und</strong>en. Immerhin ist der


1 3 4E l e k t rischer Fahrantrieb m i t O b e rleitungPreis von Obussen bezogen auf die Fahrzeugfläche knapp zweimal sohoch wie ein entsprechendes dieselbetriebenes Fahrzeug <strong>und</strong> liegt beiGelenk-Obussen im Bereich von 0,5-0,6 Mio. EUR bei einer Nutzungsdauerüber 15 Jahren.Die geringere Flexibilität des Obus-Betriebs durch die Abhängigkeit voneinem Fahrdraht wird häufig als Nachteil angesehen. Im Schienenverkehrist durch die Spurbindung der Fahrzeuge die Flexibilität ohnehin auf einemviel niedrigeren Niveau als bei Straßenfahrzeugen definiert, so dasshier die Bindung an den Fahrdraht ohne Einfluss ist. Die Kosten fürFahrleitungen <strong>und</strong> zugehörige Infrastruktur stellen im Schienenbereichdarüber hinaus im Gegensatz zu einem Obussystem nur einen zusätzlichenKostenfaktor zu den hohen Fahrwegkosten dar (NIEMANN 1984,S. 61).($8 H#>H. "# 0Bei Obussystemen muss darüber hinaus offenen Auges konstatiert werden,dass durch die Notwendigkeit einer zweipoligen Oberleitungsanlagekaum politische Zustimmung bei neuen Projekten erwartet werden kann.Bei Diskussionen mit Fachleuten, Betreibern, Politikern <strong>und</strong> Benutzernwird als großer Nachteil elektrisch betriebener <strong>Bus</strong>se sehr häufig der optischeEindruck der Fahrleitungen angeführt, die als störend <strong>und</strong> unästhetischangesehen werden. Aufwändige Abspannungen der Kurvenschienen,Kreuzungen <strong>und</strong> Weichen prägen <strong>und</strong> prägten das Bild in denObus-Städten (Bild A.14).($


E l e k t rischer Fahrantrieb m i t O b e rleitung 1 3 5hiervon kann zeitgleich die hohe von den Nebenaggregate benötigteEnergiemenge über die Fahrdrahtanlage eingespeist werden, ohne dassdie Traktion an Leistung verliert. Gegebenenfalls wäre das Zwischenschalteneines Getriebes in Erwägung zu ziehen, damit Spitzenkräfte(beispielsweise bei einer Berganfahrt) nicht unverhältnismäßig hohenVerschleiß am mechanischen Antriebstrang nach sich ziehen. Eine Verbesserungder Traktionsverhältnisse wird nicht erreicht, da bei der Verwendungeines Einzelmotorantriebs nach wie vor nur eine Achse angetriebenwird. Natürlich könnten auch zwei konventionelle Drehstrom-Asynchronmotoren mit mechanischem Antriebsstrang (z. B. Achse 2 <strong>und</strong>3; Entwurf von Carosserie Hess/Kiepe Elektrik) eingesetzt werden, umdie Traktion zu verbessern. Das würde aber zum einen den Niederfluranteilsenken, zum anderen nur noch zwei Lenkachsen ermöglichen.Zusammenfassend ist bei Obussen im Gegensatz zu städtischen Schienensystemenanzunehmen, dass sie sich trotz der hohen Umfeldverträglichkeitnur in den Ländern mit einer weitgehenden Energieerzeugungohne fossile Brennstoffe <strong>und</strong> in Städten mit einer bewegten Topographie,die Nahverkehrsfahrzeuge mit einer hohen Steigfähigkeit bei gleichzeitigerGeräuscharmut erfordern, behaupten können. Im Vergleich zu Nord<strong>und</strong>Südamerika sind Neu- bzw. Ausbauten derzeit in Europa, mit Ausnahmevon Italien, beispielsweise Bologna, Genua, Rom, Savona etc.,kaum zu erwarten.A.2.3 DuobusDuobussysteme, fahrzeugtechnisch ausgestattet mit einem vollwertigenElektroantrieb für Fahrten unter der Oberleitung auf einer Stammstrecke<strong>und</strong> ergänzend dazu mit einem vollwertigen Dieselaggregat für eine flexible,fahrdrahtfreie Feinerschließung, sollten die Kosten für Fahrleitungen<strong>und</strong> zugehörige Infrastruktur minimieren <strong>und</strong> die Durchdringung des VerkehrssystemsObus forcieren. Es hat sich aber gezeigt, dass zwei Antriebeschwerer, teurer <strong>und</strong> störanfälliger sind als nur einer. Eine höhereKonsensfähigkeit durch die Begrenzung der Fahrleitungsanlage konnteauch nicht festgestellt werden. Tatsache ist, dass der Duobusprobebetriebmit Gelenkbussen beispielsweise in Essen <strong>und</strong> Esslingen wiedereingestellt worden ist, u. a. angesichts der hohen Beschaffungskosten einerNiederflur-Fahrzeuggeneration.Die Gründe für die Einstellung des Duobusbetriebs in Esslingen seienhier näher beleuchtet. So wird dort Abschied vom Duobus nach der sogenannten „Großen Betriebserprobung“ genommen, wenngleich zunächstnur auf Raten, da die Verträge mit dem B<strong>und</strong>, der den Referenzbetriebim Rahmen eines Forschungsauftrags gefördert hat, erst im Jahr2003 auslaufen. Die Werksleitung merkt an, dass die Fahrzeuge zukostenintensiv seien. Der Esslinger Finanzbürgermeister kommt zu dem


1 3 6E l e k t rischer Fahrantrieb m i t O b e rleitungernüchternden Fazit, dass die zehn Jahre Duobusprobebetrieb in hohemMaß unwirtschaftlich gewesen seien (DORN 2000, S. 3). Der StädtischeVerkehrsbetrieb Esslingen (SVE) setzt nun anstatt auf ein fahrzeugseitigesKombinationskonzept auf ein betriebliches Mischkonzept mit dieselbetriebenenLinien <strong>und</strong> durchgängigen Obuslinien.($=;&B " " 5#6 $' > " $In Esslingen konnte festgestellt werden, dass der Obus bei der Anfahrt9 dB(A) leiser ist als ein Dieselbus, keine lokalen Emissionen verursacht,als Marketinginstrument eingespannt werden kann <strong>und</strong> darüber hinausmit einem dieselbetriebenen Gelenkfahrzeug wirtschaftlich mithaltenkann. Die Betriebskosten sind pro gefahrenen Kilometer nur um 8% höherals beim Dieselfahrzeug (MOHL 2000, S. 14). Weil der Obus emissionsfreifährt, fällt keine Abgasuntersuchung, außerdem kein Ölwechsel<strong>und</strong> kein Getriebeaustausch an (beim diesel-hydromechanischen Antriebnach acht Jahren).Entscheidend für eine Fortsetzung des Obusbetriebs in Esslingen, aberauch in Solingen <strong>und</strong> Eberswalde, ist neben einer anspruchsvollen Topographiedie vorhandene <strong>und</strong> dem Stand der Technik entsprechendeFahrleitungsanlage. Bei einer Neueinrichtung verteuert sich der Obusbetriebdurch die Abschreibung der Investitionskosten.($@> - ;&B$ 90$3-Es bleibt festzustellen, dass die klassischen Duobuskonzepte mit einemNetz-/Diesel-Antrieb <strong>und</strong> zwei mechanischen Antriebssträngen keineRolle mehr auf dem Verkehrsmarkt spielen. Bei aktuellen „Duobus“-Weiterentwicklungen wird durch die diesel-elektrische Variante mit derBeschränkung auf einen elektrischen Antriebsstrang (Verbrennungsmotormit Generator, gegebenenfalls als Hybridantrieb mit Speichermedium) einneuer Weg beschritten.A.2.4 Duo-SpurbusBekanntes Beispiel einer weiterentwickelten Duobus-Bauart mit einemVerbrennungsmotor als Generator ist der GLT/TVR (Guided Light Transit/Transportsur Voie Réservée), der nach über 15 Jahre Entwicklungszeiterstmalig in Nancy im Linienbetrieb zum Einsatz gekommen ist. DerGLT/TVR ist ein Netz-/DE-Doppelgelenkbus, der mittels schienengeführterLenklaufwerke abschnittsweise mechanisch spurgeführt wird(Duo-Spurbus).($A./"- " $';" > F $Der GLT/TVR ist in seiner aktuellen Niederflur-Variante für die französischenStädte Caen <strong>und</strong> Nancy 24,48 m lang, 2,49 m breit <strong>und</strong> wiegt leerr<strong>und</strong> 25,5 t (Flächengewicht: 418 kg/m 2 ). In Nancy werden dieBeschaffungskosten mit 1,9 Mio. EUR angegeben (Flächenkosten:31.000 EUR/m 2 ) – deutlich teurer als beispielsweise eine vergleichbareSystemstraßenbahn (Bild 16 u. 17).


E l e k t rischer Fahrantrieb m i t O b e rleitung 1 3 7Der für einen Omnibus sehr gute Fahrkomfort im handgelenkten Modusist bemerkenswert, allerdings vornehmlich auf die beträchtliche Fahrzeugmassezurückzuführen. Die Beförderungskapazität hängt von derzulässigen Achslast ab <strong>und</strong> wird mit über 140 Personen (4 Pers./m 2 ) angegeben.Die angetriebene vordere <strong>und</strong> hintere Achse ist jeweils weit andas Fahrzeugheck bzw. den -bug versetzt, um nur vier Radkästen imFahrgastinnenraum anordnen zu müssen (Bild A.18).In der Fahrerkabine wird eine Bodenhöhe von 780 mm erreicht, hinten imWagen 710 mm. Diese Höhe erfordert zwei Stufen, um eine Sitzgruppeam Heckende über den darunterliegenden Radkästen zu erreichen. Diehintere, über eine Stufe erreichbare Sitzgruppe würde bei einer neuerlichenÜberarbeitung niederflurig angebracht werden. Bei den aktuellen<strong>Bus</strong>bahnkonzepten anderer Hersteller ist die angetriebene Hinterachsedirekt unter das Antriebsaggregat verschoben (Power-Pack-Lösung), <strong>und</strong>nicht davor angeordnet. Die ebenfalls angetriebene Vorderachse befindetsich unter der hochflurig angeordneten Fahrerkabine (Bild A.19). Insgesamtwirkt das Fahrzeug durch die recht breiten, querstehenden Gelenkportale,die nur kleinen Heckscheibe <strong>und</strong> die <strong>und</strong>urchsichtige Verkleidungder Fahrerkabine wenig transparent (Bild A.20).($D(">/ >"$&(*1',(*&Der GLT/TVR steht wegen konzeptioneller Schwächen im Bereich derSpurführung an einer Monoschiene in der Kritik. Zu bemerken ist aberauch, dass es im Bereich des Antriebs durch die Wahl konventioneller E-Technik bei dem GLT/TVR-System in Nancy – bis auf Anfangsproblemebei der bei Obussen notwendigen dreifachen Isolierung gegen unzulässigabgreifbare Spannungen – keine Probleme gegeben hat. Bei der niederflurigenVersion wird im Gegensatz zu den allerersten hochflurigen Prototypendie Vorder- <strong>und</strong> Hinterachse im zentralen Achsantrieb mit Differentialjeweils über einen bewährten radnahen (Straßenbahn)-Asynchronmotor unter einem Winkel von 45° angetrieb en (Bild A.21).Die Leistungszahl beträgt bei elektrischem Betrieb 12 kW/t. Die beiden150 kW-Drehstrom-Asynchronmotoren an den Achsen 1 <strong>und</strong> 4, versorgtvon einem fahrtwindgekühlten Wechselrichter von Alstom, sind geräuscharm<strong>und</strong> liefern gute Beschleunigungswerte, die insbesondere inNancy im Bereich einer 14% - Steigung im alltäglichen Betrieb erzieltwerden. Verbesserungswürdig ist allerdings die Abstimmung der elektrodynamischeBremse im Übergangsbereich zum Stillstand. Die pneumatischeBremse greift hier eher ruckartig ein.($+E;&B0# >"$9""(" . $Der Cummins-Dieselmotor für den diesel-elektrischen Betrieb ist amFahrzeugheck querliegend eingebaut <strong>und</strong> liefert 221 kW. Es stehen damit7,88 kW/t zur Verfügung (HONDIUS 1998, S. 66). Der diesel-elektrischeBetrieb erfordert hierbei eine Kraftstoffbereitstellung von r<strong>und</strong>85 l/100 km. Deshalb bemüht sich Bombardier klarzustellen, dass derGLT/TVR für einen Regelbetrieb unter Fahrdraht ausgelegt ist <strong>und</strong> der($+( ;&B( $2-(" # -"F$


1 3 8E l e k t rischer Fahrantrieb m i t O b e rleitung($++;&B07 %">$* >" /J60.: "$diesel-elektrische Antrieb nur dazu dient, die betriebliche Störempfindlichkeitzu senken. Der diesel-elektrische Antrieb hat damit den Charaktereines Nothilfsaggregats, d. h. der überwiegende Linienbetrieb erfolgt unterdem Fahrdraht. Hierbei kann auf eine Einfach-Fahrdrahtanlage zurückgegriffenwerden, da die Stromrückleitung generell über die Monoschienemöglich ist, sofern die Spurführungsrollen abgesenkt sind. InNancy, dem ersten Anwendungsfall, wird allerdings auf die vorhandenezweipolige Oberleitung zurückgegriffen. Im Gegensatz zu den dieselelektrischen<strong>Bus</strong>bahnen, bei denen ein On-Board-Energiemanagementüber Speichermedien im Vordergr<strong>und</strong> steht, zeigen die ersten beidenAnwendungsfälle in Nancy <strong>und</strong> Caen, dass die Fahrdrahtanlage festerBestandteil des Betriebskonzepts ist (Bild A.22).


B u s b a h n e n m i t V e r br e n n u n g s m o t o r / G e n e r a t o r-A g g r e g a t 1 3 9A.3 <strong>Bus</strong>bahnen mit Verbren-nungsmotor/Generator-AggregatA.3.1 On-Board StromerzeugungDer Duobusbetrieb mit mechanischen Antriebssträngen für den elektrischen<strong>und</strong> den dieselbetriebenen Modus zeigte nicht den gewünschtenErfolg. Bei der Antriebslösung mit einem Verbrennungsmotor/Generator-Aggregat wird der elektrische Fahrantrieb beibehalten, allerdings wirdhierbei die elektrische Energie nicht wie bisher über eine Fahrdrahtanlagezugeführt, sondern es wird ein Generator zur On-Board Stromerzeugungdirekt am Verbrennungsmotor angebracht, um die Leistung desMotors in elektrische Energie umzuwandeln. Der mechanische Antriebsstrangkann auf diesem Weg im Fahrzeug durch eine Leistungsübertragung„per Stromkabel“ ersetzt werden, wodurch neue Lösungen derAggregate- <strong>und</strong> Motoranordnung möglich werden.($+366"!-Insbesondere bei dem Wunsch, zwei Achsen einer dreiteiligen Niederflurvarianteanzutreiben, um gute Traktionseigenschaften zu erhalten, istdie elektrischen Leistungsübertragung der technisch einzige umsetzungsfähigeWeg. Es können die einzelnen Räder jeweils mit einemHochleistungs-Elektromotor angetrieben werden, die paarweise unmittelbarin den Radkästen oder wie beim Civis direkt in den Radnaben (Radnabenmotor)untergebracht sind. Als mobile Energiewandler sind gr<strong>und</strong>sätzlichdenkbar:• Diesel-Motor mit Generator• Gasturbine mit Generator.Akzeptiert man den Verbrennungsmotor-Generator im Heck des Großraumfahrzeugs(Power-Pack, Bild A.23), ermöglicht der dieselelektrische(oder gas-elektrische) Antrieb eine freiere <strong>Bus</strong>gestaltung imVergleich zu der Verwendung eines konventionellen mechanischen Antriebsstranges.Ein durchgängig niederfluriges Fahrzeug ohne Rampen<strong>und</strong> Stufen im Fahrgastraum (bis auf die unvermeidlichen, teilweise sehrgroßen Radkästen) ist auf diesem Wege einschließlich mehrerer angetriebenerAchsen technisch realisierbar.


1 4 0B u s b a h n e n m i t V e r br e n n u n g s m o t o r / G e n e r a t o r-A g g r e g a tA.3.2 Der elektrische EinzelradantriebBei der radnahen <strong>und</strong> der Radnabenmotortechnik konnten zu Anfang derEntwicklung nicht mehr als 45 kW pro Rad elektrisch übertragen werden,so dass bereits bei einem Einfach-Gelenkbus auf vier angetriebene Räderzurückgegriffen werden musste, um eine ausreichende Antriebsleistungsicherzustellen. Heute liegt der Entwicklungsstand bei über80 kW/Rad (hier setzt ohnehin die On-Board Energieerzeugung eineGrenze), dennoch sollten angetriebene Radpaare an mindestens zweiAchsen vorgesehen werden, um eine besonders gute Traktion <strong>und</strong> einehohe Fahrstabilität zu erreichen. Mit einer Energiezufuhr per Stromkabelist das auch bei Niederflurfahrzeugen über ein Gelenk hinweg kein technischesProblem.Demnach gilt also für Niederflur-Großraumfahrzeuge: Bei einem mechanischenAntriebsstrang des <strong>Bus</strong>zuges ist nur eine Antriebsachse technischumsetzbar (diesel-hydromechanischer oder elektrischer Einzelmotorantrieb),bei der radnahen bzw. der Radnabenmotortechnik der <strong>Bus</strong>bahnwird dagegen die Vortriebskraft auf mindestens vier Räder bzw.zwei Achsen verteilt (diesel-elektrischer bzw. gas-elektrischer oder elektrischerEinzelradantrieb).Eine elektrische Steuerung sorgt beim elektrischen Mehrachsantrieb fürdie richtige Leistungsbemessung. Die Aufgabe des Differentials wird voneiner elektrischen Steuerung übernommen, mit der je nach den Erfordernissendie radnahen bzw. Radnabenantriebe der rechten <strong>und</strong> linken Seiteals Gruppenantrieb unterschiedlich beeinflusst werden. Damit werdenhervorragende Traktionseigenschaften erzielt werden, wobei eine Antischlupfregelung(ASR) <strong>und</strong> ein Antiblockiersystem (ABS) integriert sind.Die Bemessung der elektrischen Antriebskraft berücksichtigt die jeweiligenHaftverhältnisse der Räder zur Fahrbahn.($+86 F ""F>"51!1'1.10)%50*,..1Bei Evo<strong>Bus</strong> steht darüber hinaus die Idee im Raum, durch eine intelligenteAnsteuerung der Vortriebskraft jedes einzelnen Rades auf eineKnickschutzregelung zu verzichten. Im Hause Neoplan konnte bei Testfahrtenmit dem Vierrad-angetriebenen Einfach-Gelenkbus N 6141 bereitsdas Fahrverhalten eines derartigen Fahrzeugs im Winter analysiertwerden. Die Antriebselektronik sorgt für einen zufriedenstellendenGleichlauf der vier angetriebenen Räder, so dass der Ansatz, komplettauf eine Gelenkstabilisierung zu verzichten, weiterverfolgt werden könnte(LEE 2000, S. 12).


B u s b a h n e n m i t V e r br e n n u n g s m o t o r / G e n e r a t o r-A g g r e g a t 1 4 1A.3.3 Evolutionäre <strong>Bus</strong>bahnEvo<strong>Bus</strong> <strong>und</strong> Irisbus sind die beiden Hersteller, die auf ein evolutionäresKonzept bei der Entwicklung eines Doppelgelenkbusses – sieht man vonder innovativen Verwendung der radnahen <strong>und</strong> Radnabenmotortechnikab – gesetzt haben. Angelenkt wären bei der evolutionär entwickelten<strong>Bus</strong>bahn die Achsen 1 <strong>und</strong> 3. Für den Antrieb würden die Achsen 2 <strong>und</strong>4 verwendet, wodurch eine klare funktionale Unterteilung <strong>zwischen</strong> gelenktenLaufachsen <strong>und</strong> angetriebenen Starrachsen mit elektrischemEinzelradantrieb besteht. Der StVZO-Kreis wird bei einem solchen Doppelgelenkfahrzeugerfüllt, da die vordere <strong>und</strong> hintere Achse wie beimStandardbus zurückversetzt sind, um den Achsabstand nicht zu großwerden zu lassen. Bei diesem Bauprinzip ist zum einen die Fahrzeuglängeauf höchstens 24 m begrenzt, zum anderen verbleiben alle Radkästenin der Fahrgastzelle. Eine berührungslose Spurregelung kann <strong>und</strong> soll beiallen <strong>Bus</strong>bahnen zumindest an den Haltestellen zum Einsatz kommen.($+


1 4 2B u s b a h n e n m i t V e r br e n n u n g s m o t o r / G e n e r a t o r-A g g r e g a tvon DaimlerChrysler, sich vorrangig auf die Brennstoffzellentechnologiezu konzentrieren, womit für parallele Entwicklungen kaum Gelder zurVerfügungen stehen.($+A H#.H#>#' ; 2 "$**.,.Auch Irisbus hat bei der Entwicklung des diesel-elektrischen Civis fürClermont-Ferrand, Rouen <strong>und</strong> Las Vegas die wirtschaftlichen Grenzendes technisch Machbaren erkannt <strong>und</strong> sein Angebot auf eine Designer-Einfach-Gelenkversion beschränkt, vergleichbar mit dem Bauprinzip derdiesel-elektrischen Evo<strong>Bus</strong>se in Stuttgart, wobei die Evo<strong>Bus</strong>-Antriebseinheit im Heckbereich querliegend <strong>und</strong> die des Civis querstehendangeordnet ist. Das entspricht näherungsweise der Serienausführungdes Evobus Citaro oder des Renault Agora. Allerdings wurde dieFahrzeuglänge des 2,55 m breiten Civis auf 18.43 m erhöht, um diedurch den mittigen Fahrerarbeitsplatz verlorene Nutzfläche wettzumachen<strong>und</strong> dennoch die Chassis-Standardstruktur des Agora annäherndbeibehalten zu können (Bild A.26-28).Das diesel-elektrische Fahrzeug wiegt leer insgesamt 22,9 t (Flächengewicht:487 kg/m 2 ) <strong>und</strong> ist mit einer elektrischen Ausrüstung von Alstomausgestattet. Die wassergekühlten Radnabenmotoren sind 80 kW -Asynchronmotoren, die Michelin-Single-Reifen antreiben. Vorgeschaltetist ein zweistufiges Planeten-Getriebe. In Kombination mit einem Michelin-Single-Reifenist eine Gangbreite von 860 mm möglich. (Bild A.29).($+D("" 6;"$%0'*,.($3E! 7%" - &!&($30 9 "&F ># ! &!&Im Gegensatz zu dem diesel-elektrischen Antrieb von Evo<strong>Bus</strong>/ZF bestehtbei Irisbus/Alstom noch keine hinreichend lange Erprobungsdauer derRadnabenmotortechnik im Linienverkehr – wenngleich die zu investierendenEntwicklungs- <strong>und</strong> Erprobungskosten in einem vergleichsweisegünstigen Licht erscheinen, betrachtet man den Anlass der Anstrengungen<strong>und</strong> das französische Marktpotential: In Frankreich gibt es fünf Obus<strong>und</strong>ein Duobussystem mit etwa 300 Obussen <strong>und</strong> 58 Duobussen (Grenoble,Limoges, Lyon, Marseille, Nancy, St. Etienne), wobei die Auslieferungder letzten Obus-Fahrzeuggeneration überwiegend <strong>zwischen</strong> Endeder siebziger <strong>und</strong> Anfang der achtziger Jahre erfolgte. Die französischeGesetzgebung über die Luftverunreinigung in Städten ist nur schwer zubefolgen <strong>und</strong> die Chance, dass eine Stadt ihre elektrisch angetriebenenFahrzeuge durch Dieselbusse ersetzen darf, erscheint gering. RenaultV.I. bzw. Irisbus, der Hersteller aller Obusse in Frankreich, bemühtesich daher insbesondere auf Wunsch der Verkehrsbetriebe von Lyon zuBeginn der neunziger Jahre um die Entwicklung eines bezahlbaren Designer-Obusses(HONDIUS 1998, S. 61/69). Irisbus konnte demnach mit einemgesicherten Auftragsstamm rechnen, was durch die Bestellung vonmittlerweile 204 Cristalis-Obussen mit Radnabenantrieb (SYSTRAL,Lyon; SEMITAG, Grenoble; STUS, St. Etienne), auf denen der Civis aufbaut,verdeutlicht wird (Bild A.30 u. A.31).


B u s b a h n e n m i t V e r br e n n u n g s m o t o r / G e n e r a t o r-A g g r e g a t 1 4 3A.3.4 Individuelle <strong>Bus</strong>bahn mit Power-PackDie aktuellen Fahrzeugentwicklungen der Hersteller Neoplan (STS) <strong>und</strong>der APTS (Phileas) lösen sich im Gegensatz zu Evo<strong>Bus</strong> <strong>und</strong> Irisbusdeutlich von einem Upgrade des Großserienprodukts Gelenkbus <strong>und</strong> setzenauf gänzlich neue Fahrzeugkonzeptionen. Der Generator ist jeweilsbauraumtechnisch vorteilhaft am Heck des Fahrzeugs als kompaktesPower-Pack platziert. Wird darüber hinaus die Vorderachse in den Bereicheines erhöhten Fahrerarbeitsplatzes gelegt, entfallen bei einemDoppelgelenkbus vier der acht Radkästen zugunsten einer niederflurigenFahrgastzelle, so geschehen bei dem Phileas-Fahrzeugkonzept(Bild A.32 u. A.33).Der Phileas ist in der Doppelgelenkversion 24,50 m lang, 2,54 m breit<strong>und</strong> soll leer r<strong>und</strong> 21 t wiegen (Flächengewicht: 340 kg/m 2 ; Bild A.34).Die Beschaffungskosten werden mit r<strong>und</strong> 1,2 Mio. EUR angegeben (Flächenkosten:19800 EUR/m 2 ). Der Antrieb der Achsen 2-4 erfolgt mit ander Karosserie aufgehängten, radnahen 35 kW Traxis-Motoren, die vonjeweils einem Wechselrichter mit IGBT-Transistoren versorgt werden. DieOn-Board Energieerzeugung erfolgt mit einer LPG- (Flüssiggas-) Motor-/Generatorgruppe.($3+66(" "6 $'>/ #" & 5B;1$Das Versetzen der Achsen an die Fahrzeugenden ergibt bei dem Phileaseinen sehr langen Radstand, dem zur Einhaltung einer ausreichendenSpurtreue mit einer technisch nur aufwändig herzustellenden Lenkfähigkeitder angetriebenen Achsen begegnet werden muss – bei dem Phileas-Fahrzeugwerden alle Achsen elektro-hydraulisch gesteuert. Derbauraumtechnische Vorteil muss also mit erheblichem technischenMehraufwand <strong>und</strong> möglicherweise höherem Instandhaltungsaufwand beiAntrieb <strong>und</strong> Mehrachslenkung erkauft werden (Bild A.36).($339 -/ - / $Auch bei Neoplan beschäftigte man sich ausführlich mit der Idee einesDoppelgelenkfahrzeugs mit der Bezeichnung N 6141, wobei die angetriebenenAchsen in den Gelenkverbindung untergebracht werden sollen– ähnlich der Lösung bei Multigelenkfahrzeugen im Straßenbahnbereich.Zum einen entfallen bei dieser Lösung die Radkästen in den eingehängtenFahrgastzellen, zum anderen halbiert sich der Anlenkwinkel des Räderpaares<strong>und</strong> vereinfacht die Realisation eines radnahen Antriebs anden elektro-hydraulisch angelenkten Achsen.($38;"2 B(." #"> $' "H+$>%221.61!*(&6%',!.Basisversion einer solchen 24 m - Bauart stellt der diesel-elektrischeGelenk-Duobus für Lausanne dar (Bild A.39). Als Dieselmotor für dieFahrten ohne Fahrdraht dient bei dem N 6121 ein DaimlerChrysler-Aggregat OM 442 LA mit einer Leistung von 390 kW, der seine Leistungan einen Schaltbau-Doppelgenerator mit zusammen 300 kW abgibt. Dieradnahen Elektromotoren an den Achsen 2 <strong>und</strong> 3 haben eine Leistungvon jeweils 80 kW. Das Leergewicht ist mit 20,8 t (Flächengewicht:($3


1 4 4B u s b a h n e n m i t V e r br e n n u n g s m o t o r / G e n e r a t o r-A g g r e g a t454 kg/m 2 ) wie bei dem Civis recht hoch. Die Antriebseinheiten in denRadkästen (Einzelbereifung mit Planetengetriebe, Scheibenbremse, Synchronmotor<strong>und</strong> Achsaufhängung) sind r<strong>und</strong> 20 mm schmaler als einnormaler Fahrgastdoppelsitz.($3=( 5 H 6 F-($3@'> " -H -K1"$.#2H ' H$($3A93#.$'..H H$(6.($3D;'" 0=+ 0 /& ""$9*0!21&%!2Ernsthafte Bestrebungen, die Weiterentwicklung zu einem mehrgliedrigenFahrzeug zu forcieren, gibt es allerdings nicht: Zwar hat Lausanne dieEinfachgelenk-Version mit befriedigender Verfügbarkeit im Betrieb, dennochfehlt zuweilen das rechte Interesse an einem Multigelenkfahrzeug.Darüber hinaus bestehen bei der von Neoplan projektierten Gelenkverbindungpatentrechtliche Unstimmigkeiten mit Lohr Industrie. Die gebündeltenOmnibusaktivitäten mit MAN über eine Holdinggesellschaft könntendurch die stärkere Konzentration auf das originäre Reisebusgeschäftvon Neoplan ebenfalls Auswirkungen auf die Weiterentwicklung einer<strong>Bus</strong>bahn haben.Diesel-elektrische On-Board Stromerzeugung, gelenkte, radnah angetriebeneEinzelräder oder Radnabenmotortechnik sowie eine intelligenteKnickschutzregelung, Leichtbauweise, nach Möglichkeit auch eine automatischeQuerführung – diese kostenintensiven Neuentwicklungen <strong>und</strong>die Abkehr von standardisierten Bauteilen verursachen Beschaffungskosten,die sich in ihrer Größenordnung nicht wesentlich von der Schienenfahrzeugtechnikunterscheiden. Angesetzt waren einmal800.000 EUR für ein Doppelgelenkfahrzeug (so teuer ist beispielsweisebereits der Einfach-Gelenkduobus von Neoplan für Lausanne, noch etwasteurer ist der 18,5 m - Civis mit optischer Spurregelung), <strong>und</strong> nachSchätzungen der Hersteller liegt ein realistischer Verkaufspreis nunmehrbei über 1,2 Mio. EUR bei einer Kleinstserie; dies entspricht in etwa 80%der Kosten einer vergleichbaren Systemstraßenbahn (Combino, Citadisetc.).Außerdem sind die Instandhaltungskosten eines solchen Fahrzeugs nichteinschätzbar <strong>und</strong> müssten über gesonderte Verträge abgesichert werden.Hier sind Entwicklungspartnerschaften <strong>zwischen</strong> Hersteller <strong>und</strong> Verkehrsbetrieb,sowie eine direkte Ersatzteillogistik anzustreben. Auch mitder Instandhaltung elektrischer Fahrantriebe betritt im Regelfall der Betreiberzunächst Neuland. Ergänzende Schutzmassnahmen <strong>und</strong> Schulungenfür den Hochspannungsbereich sind zur Erfüllung der bestehendenVorschriften notwendig. Auch werden hochqualifizierte Elektronikspezialistenbenötigt.Dies alles mag erklären, wieso bei Evo<strong>Bus</strong>, Irisbus <strong>und</strong> Neoplan diePrototypentwicklung eines Doppelgelenkbusses vorerst zurückgestelltworden ist <strong>und</strong> lediglich die Berkhof-Jonckheere-Gruppe, mit einemfesten Auftrag über 11 Einfach-Gelenkbusse <strong>und</strong> einem Doppelgelenkbusfür das Phileas-Projekt in Eindhoven im Rücken, zwei doppelgelenkigePrototypen vorgestellt hat.


E l e k t rischer <strong>Bahn</strong>betrieb 1 4 5A.4 Elektrischer <strong>Bahn</strong>betriebA.4.1 Straßenbahn auf Gummireifen mit OberleitungBei der Straßenbahn auf Gummireifen ist das Antriebskonzept in Anlehnungan herkömmliche Straßenbahnen zu sehen. Bei Straßenbahnenwird auf einen elektrischen Antrieb mit externer Energieversorgung zurückgegriffen,<strong>und</strong> auch bei Lohr Industrie, dem einzigen Anbieter einerStraßenbahn auf Gummireifen, steht bei der Bauart Translohr der elektrischeAntrieb mittels Fahrdrahtanlage klar im Vordergr<strong>und</strong>. Dies zeigenauch die aktuellen Antriebskonzepte für die Städte Clermont-Ferrand,Padua <strong>und</strong> L‘Aquila. Der Translohr benötigt für die externe Stromversorgungtrotz der Verwendung von Gummireifen nur einen einpoligen Fahrdraht<strong>und</strong> einen Pantographen, da die Stromrückleitung via Schleifer überdie Monoschiene erfolgt (Bild A.40).($8E1>"6""" 5#6 $1 FF6-$Das Fahrzeugkonzept des Translohr basiert auf einer modularen Leichtbauweise,die Fahrzeugeinheiten von 18 - 39 m als niederflurige Multigelenkfahrzeugeeinschließt (Bild A.41 u. A.42). Durch den Leichtbau<strong>und</strong> die günstige Haftreibung Gummireifen/Fahrbahn genügen auch beider 39 m langen, fünfteiligen Zweirichtungsausführung zwei angetriebeneAchsen, welche sich weit an das Bug bzw. Heck außerhalb der Fahrgastzelleunter den jeweiligen Fahrerarbeitsplätzen verschoben befinden.Damit besteht ausreichender Bauraum für die Fahrmotoren (Bild A.43).Es kann eine für den Zweirichtungsbetrieb geeignete, angetriebene herkömmlicheNutzfahrzeug-Lenkachse zum Einsatz kommen. In Abweichungzu dem Prototypen kommen aus Gründen der Geräuschminderungin<strong>zwischen</strong> zwei konventionelle Asynchronmotoren des HerstellersAlstom Sesto mit jeweils 220 kW, vormals zwei Synchronmotoren mit geringererMasse, zum Einsatz. Der Fahrgastraum ist vollständig niederflurigohne jegliche Podeste oder sonstige Einbauten. Die Laufachsen sindvorteilhaft in der Gelenkverbindung angeordnet (Bild A.44).($801 -H +


1 4 6E l e k t rischer <strong>Bahn</strong>betriebmit über 150 Personen (4 Pers./m 2 ) angegeben. Da der Translohr auchim Zugverband unterwegs sein kann, hängt die Leistungsfähigkeit letztendlichvon der zur Verfügung stehenden <strong>Bahn</strong>steiglänge ab.($83 >"#"6/"". $'>","(" $A.4.2 Gegenüberstellung von Systembahnen <strong>und</strong>pneubereifte StraßenbahnEine leichte Bauweise ist Voraussetzung für einen geringen Energieverbrauch<strong>und</strong> geringe Verschleißerscheinungen. Zur Beurteilung der elektrischenStraßenbahn auf Gummireifen zunächst der Blick auf die Entwicklungbei Niederflur-Straßenbahnen der herkömmlichen Rad/Schiene-Technik.($88( "$'& ;-""$&%*0',.*1($8


E l e k t rischer <strong>Bahn</strong>betrieb 1 4 7Bei einer Straßenbahn auf Gummireifen steht nun ebenfalls die Konzeptionals Multi-Gelenkfahrzeug mit folgenden Zielen im Vordergr<strong>und</strong>: keinestörenden Podeste oder Radkästen in der Fahrgastzelle, Niederflurigkeit,Längenvariation <strong>und</strong> Modularität (Bild A.46). Es können allerdings neueMaßstäbe bei der Fahrzeugkonzeption gesetzt werden, da in den Gelenkverbindungengummibereifte Portal-Laufachsen untergebracht werdenkönnen <strong>und</strong> die „Spurweite“ deutlich größer ist als bei Straßenbahnen.($8=5( "# &%*0',.*1Bei Rad/Schiene-Systemen wurde ein ähnliches Konstruktionsprinzip mitseitlich in den Wagengelenken vertikal untergebrachter Radführungstechnikbisher nur mit der Straßenbahnbauart ULF (Ultra Low Floor, Bodenhöhe:205 mm) bei den Wiener Verkehrsbetrieben (WVB) verwirklicht– allerdings sind die beiden Räder eines Portals jeweils nach demPrinzip der sogenannten Symmetralen-Steuerung mit dem Wagen gekoppelt<strong>und</strong> stellen sich bei der Fahrt durch eine Kurve selbstständigradparallel zum Kurvenradius ein (Bild A.47). Im Idealfall fällt dadurchdas störende Kurvenquietschen weg, der Verschleiß von Rädern <strong>und</strong>Schiene wird minimiert <strong>und</strong> der Fahrwiderstand gesenkt. Die Räder derBug- <strong>und</strong> Heckmodule sind des Weiteren über eine sogenannte Transversal-Steuerungmit dem nächsten Portalgelenk verb<strong>und</strong>en. Dadurchstellen sich diese an sich ungesteuerten Räder ebenfalls radparallel zumKurvenradius ein. Trotzdem bleibt das Problem der Anlenkung der beidenvordersten Räder bestehen, da die Einfahrt in einen Gleisbogen von demersten Radsatz nicht erkannt werden kann.($8@ / (" 1H#-( " ,&>.;6121.1!0*2Durch das höhere Gewicht bei Verwendung von <strong>Bahn</strong>technikkomponentensind bei dem ULF die angelenkten Räder zudem jeweils auch mit einereigenen Antriebseinheit ausgestattet. Und da das Fahrzeug über keinestarren Achsen verfügt <strong>und</strong> der Sinus-Lauf von Starrachsen aus Abnutzungsgründenelektrisch nachgebildet werden sollte, sind die Antriebseinheiteneiner Wagenseite zu einem Gruppenantriebssystem zusammengefasst.Die Rad/Schiene-Technik gelangt bei dieser Anwendungvon Einzelfahrwerken <strong>und</strong> Niederstflurigkeit an den Grenzbereichder technischen Umsetzungsfähigkeit.Bei der gummibereiften Leitschienenbahn auf Basis moderner Nutzfahrzeugtechnikbesteht dagegen eine klare Funktionstrennung: Die Gelenkverbindungender einzelnen Wagenkastenzellen nehmen die Laufachsenauf, die jeweils in einem Portal integriert sind (Bild A.48). Die Führungsrollenmit einem Durchmesser von 210 mm dienen ausschließlich demAbtasten der Monoschiene, um die Achsen anzulenken. Die beim üblichenSchienenbahnrad vereinten Aufgaben von Fahrzeugstützung <strong>und</strong>-führung sind voneinander getrennt. Die Führungsrollen umfassen beidseitigdas Schienenprofil <strong>und</strong> sind schräggestellt. Die Schrägstellung er- ($8A& 6#H


1 4 8E l e k t rischer <strong>Bahn</strong>betriebmöglicht hierbei einen vergleichsweise großen Umfang der Führungsrollen<strong>und</strong> damit eine reduzierte Umdrehungzahl, ohne dabei einer niederflurigenAusführung des Wagenbodens entgegenzustehen.Der Translohr erscheint nach den bisherigen Erprobungsergebnissenverschleißarm, energiesparsam, geräuscharm – <strong>und</strong> damit ein ernsthafterKonkurrent gegenüber der herkömmlichen Straßenbahn bei neuen,gr<strong>und</strong>sätzlichen Systementscheidungen.A.4.3 Alternative EnergiequellenDie für eine <strong>Bahn</strong> geringe Fahrzeugmasse bietet gerade bei dem TranslohrSpielraum für Überlegungen, auf einen Fahrdraht zu verzichten <strong>und</strong>alternative Energiequellen in Erwägung zu ziehen. Hierbei stehen Traktionsbatterienim Vordergr<strong>und</strong>. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist bei der Verwendung einerBatterie als Bremsenergiespeicher <strong>und</strong> Anfahrhilfe immer ein Kompromiß<strong>zwischen</strong> Mehrgewicht <strong>und</strong> der Ladezyklenzahl zu finden. Alternativkönnte auch der Blick auf Leistungsspeichersysteme (Schwungradspeicher,Superkondensator) gerichtet werden, die sich am Anfang der praktischenErprobung befinden.In Clermont-Ferrand <strong>und</strong> Padua waren als Hilfsantrieb herkömmlicheBleisäure-Batterien mit einem Eigengewicht von 1000 kg, untergebrachtin einem Dachcontainer, eingeplant, um dem politischen Wunsch nacheinem lokal emissionsfreien Fahrbetrieb bei gleichzeitigem Verzicht aufeinen Fahrdraht zu entsprechen. Durch den Einsatz der Traktionsbatterieauch auf dem Betriebshof <strong>und</strong> dem Verzicht auf eine – in diesem Bereichüblicherweise auch recht aufwändigen – Fahrdrahtanlage, hätte einefreiere, mit den Stadtbussen gemeinsame Nutzung des Betriebshofs inAussicht gestellt werden. Man hat aber bei Lohr Industrie entschieden,bei den ersten Anwendungen wo eben möglich zunächst auf konventionelleTechnik zu setzen <strong>und</strong> hat deshalb in Absprache mit den Aufgabenträgernauf fahrdrahtlose Abschnitte verzichtet.


T e c h n i s c h e E i n zelfragen 1 4 9A.5 Technische EinzelfragenA.5.1 Energiemanagement eines HybridantriebsDer diesel-elektrische Antrieb mit Radnabenmotortechnik soll einen hohenFahrkomfort sowie erhebliche Kraftstoffeinsparungen ermöglichen,da der Dieselmotor des Generators stets im günstigsten Drehzahlbereichbetrieben werden kann (Evo<strong>Bus</strong> 1996, S. 23). Diese hohen Erwartungenan eine diesel-elektrische <strong>Bus</strong>bahn konnten bis jetzt nicht annähernd erfülltwerden. Insbesondere die mehrfache Energieumwandlung <strong>und</strong> daszusätzliche Gewicht unerprobter Wagenkasten-Bauweisen führten zu einerErhöhung statt einer Senkung des Kraftstoffverbrauchs um durchschnittlich10%.Die Erfahrungen der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) mit Fahrzeugenvom Typ Evobus 0 405 GNDE <strong>und</strong> Fahrzeugen vom Typ NeoplanN 4114 DE zeigten zudem, dass das Management der Antriebseinheiteninfolge mangelnder Erfahrung bei der Einstellung der optimalen Betriebskennlinieeines diesel-elektrischen Generators noch verbesserungsbedürftigist. Auch nach den umfassenden THERMIE-Programmen stehtder technische Durchbruch des diesel-elektrischen Antriebs noch aus.Der diesel-elektrische Antrieb ist als individuell ausgelegte Ausführungnun einmal komplizierter als die millionenfach bewährte hydromechanischeAntriebstechnik (HONDIUS 2001/a, S. 10).Reine diesel-elektrische Systeme werden deshalb nicht mehr weiterverfolgt.Gleiches gilt auch für Batterie-Hybrid-Konzepte als Hauptantrieb.Auch hier wird an eine weitere Verfolgung nicht gedacht, da sich diesesKonzept bei einer Betrachtung unter ökologischen <strong>und</strong> wirtschaftlichenGesichtspunkten aufgr<strong>und</strong> der bisher gemachten Erfahrungen in derüberwiegenden Zahl der Einzelfälle nicht rechtfertigen lässt. Aus diesemGr<strong>und</strong> sind mittlerweile die Entwicklungsaktivitäten auf dem Gebiet batteriebetriebenerFahrzeugkonzepte beispielsweise bei DaimlerChrysleroder MAN größtenteils eingestellt worden <strong>und</strong> werden allenfalls noch beiNischenanwendungen Berücksichtigung finden.


1 5 0T e c h n i s c h e E i n zelfragenKurzzeitspeicher wie der Superkondensator <strong>und</strong> der Schwungradspeichersind Bremsspeichersysteme, die zur Zeit noch nicht ausreichenduntersucht sind. Diese werden daher künftig auch in Kombination mit einemdiesel-elektrischen Fahrantrieb weiter beobachtet <strong>und</strong> erforscht(MOCK 1999, S. 14).Ausschlaggebend für die forcierte Forschung auf dem Gebiet der Bremsspeichersystemeist die Erkenntnis, dass Energieeinsparungen bei demdiesel-elektrischen Antrieb zwar nicht ausgeschlossen sind, aber nurmöglich sind, wenn die Bremsleistung rekuperiert werden kann – wasaber wiederum ein Zwischenspeichermedium an Bord des Fahrzeugserfordert. Bei einem kombinierten Antrieb mit Zwischenspeicher, dem sogenanntenHybridantrieb, wird im Rahmen eines Energiemanagementsfür die Betriebszustände eines Fahrtenverlaufs (Beschleunigung, Beharrung,Bremsen, abgasfreier Betrieb) ein Energiefluss angestrebt, so dasskonsequenterweise der Hybridantrieb mit kleineren Antriebseinheiten <strong>und</strong>demzufolge mit einem geringeren Energieverbrauch auskommen sollte.Bei einer Strategie des Energieflusses muss vorrangig ein Lösungsansatzzur Reduzierung der Masse des verwendeten Speichermediums erarbeitetwerden. Beispielsweise kommt es durch den Einbau einer dieselelektrischenAntriebseinheit einschließlich einer herkömmlichen Traktionsbatteriezu einem deutlichen Mehrgewicht, welches die Bestrebungen,Energie zu sparen, konterkariert.Neben dem zusätzlichen Gewicht ist bei einer Batterie die begrenzteReichweite (Kapazität), bei entsprechender Reichweite der Verlust anFahrgastraum sowie die eingeschränkte Ladezyklenzahl nachteilig. Hierwerden alternative Bremsspeichersysteme wie Superkondensatoren <strong>und</strong>Schwungrad weiter ins Blickfeld rücken, da das Mehrgewicht nur schätzungsweise500 kg ausmacht <strong>und</strong> ebenso einen eingeschränkten emissionsfreienBetrieb bzw. eine zusätzliche Energieeinspeisung bei Spitzenbelastungenrealisierbar erscheinen lässt.Insbesondere die Superkondensatoren rücken immer stärker ins Blickfeld:Sie sind in der Lage, bei geringem Eigengewicht hohe Leistungenbei Bremsungen aufzunehmen <strong>und</strong> beim Beschleunigen wieder abzugeben.Zum Beispiel geht ein Hybrid-Solobus mit Epcos-Superkondensatoren bei MAN voraussichtlich im Jahr 2002 in Berlin inErprobung. Das verwendete Fahrzeug ist ein MAN NL 263, Brennstoffzellenhauptantrieb,welches im fortgeschrittenen Brennstoffzellen-Erprobungsbetrieb ergänzend mit einem 640 V-Supercap, 400 A <strong>und</strong> einemEnergieeinhalt von 0,4 kWh, nachgerüstet wird. Energieeinsparungenvon 10 - 15% sind im realen verkehrsbeeinflussten Fahrzyklus – also


T e c h n i s c h e E i n zelfragen 1 5 1ohne eigenen bevorrechtigten Fahrweg – nach Simulationsrechnungenmöglich. Bei einem optimierten Geschwindigkeitsprofil sollen diese Wertesogar deutlich höher liegen (SCHALLER 2000, S. 6).Bei dem Phileas-Projekt für den Zweckverband Eindhoven sollen dennochzunächst ein konventionelles Schwungrad <strong>und</strong> eine Batterie zumEinsatz kommen – man ist bei APTS der Meinung, durch die Hybridfahrweise<strong>und</strong> dank modularer Fokker-Kunststoffbauweise (die es allerdingserschwert, die tatsächliche Gewichtserhöhung des Hybridantriebs offenzulegen)eine Brennstoffeinsparung von 25% im Vergleich zu konventionellenFahrzeugen mit diesel-hydromechanischem Antrieb erzielen zukönnen. Rechnet man bei dieser Zielgröße den Anteil der Leichtbauweiseheraus <strong>und</strong> berücksichtigt die Gewichtserhöhung gegenüber einem Einzelmotorantrieb,so wird der Hybridfahrweise allein eine wesentlich geringereWirkung zuzuschreiben.A.5.2 Ultra-kompaktes AntriebssystemDas Institut für Maschinen, Antriebe <strong>und</strong> elektronische Gerätetechnik(IMG) in Nordhausen entwickelt seit 1995 ein „ultra-kompakt“ gebautesAntriebssystem (ukA) für diesel-elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Währendkonventionelle, bisher beschriebene Stromerzeugungsaggregate mitkonstanter Drehzahl möglichst im Bereich einer optimierten Betriebskennliniebetrieben werden, ist das ukA drehzahlvariabel ausgelegt. Damitpasst sich das ukA wie ein herkömmlicher Verbrennungsmotor denwechselnden Leistungsanforderungen an. Nachteilig ist hierbei, dass einGenerator bei wechselnden Drehzahlen auch eine veränderliche Spannungunterschiedlicher Frequenz liefert. Durch geeignete Maßnahmenbei der Leistungselektronik unter Nutzung der Induktivität des Generatorsmuss sichergestellt werden, dass nach der Gleichrichtung die Generatorspannungdrehzahl- <strong>und</strong> lastunabhängig stets konstant 600 V (wahlweise750 V) Gleichstrom beträgt.Durch die Fähigkeit, lastabhängig eine hohe Drehzahl zu fahren, kann einPkw-Großserienmotor dem Generator vorgeschaltet werden. Aufgr<strong>und</strong>der höheren Nenn- <strong>und</strong> Höchstdrehzahl hat dieser geringere Abmessungen<strong>und</strong> eine geringere Masse im Vergleich zu Nutzfahrzeugmotoren. Dieneu entwickelten Bauteile Generator <strong>und</strong> Leistungselektronik tragendurch ihr geringes Leistungsgewicht <strong>und</strong> ihre Baugröße zur Erfüllung derZielsetzung bei. Mit modernen <strong>und</strong> vergleichsweise kostengünstigen Diesel-Serienaggregaten– beispielsweise 8-Zylinder-V-Motoren von BMW –werden Leistungen im Bereich von r<strong>und</strong> 180 kW erzielt.


1 5 2T e c h n i s c h e E i n zelfragenIm Hinblick auf den Schwingungs- <strong>und</strong> Geräuschkomfort ist die BMW-Bauform mit 90°-V-Winkel eine geeignete Konfigurati on. Die Antriebsaggregateweisen die für Pkw-Dieselmotoren übliche Lebensdauer vonr<strong>und</strong> 5000 Betriebsst<strong>und</strong>en auf. Bei einem durchschnittlichen jährlichenEinsatz von 1000 St<strong>und</strong>en im diesel-elektrischen Betrieb ergibt sich somiteine Lebensdauer von fünf Jahren für den Dieselmotor. Nach dieser Zeitmuss er generalüberholt oder kann gegen ein Austauschaggregat ausgewechseltwerden. Es sind geeignete Tragrahmen vorzuhalten, damitdas Aggregat leicht ausgetauscht werden kann. Nachteilig ist, dass sicheine ausreichende Leistungsbilanz für Großraumfahrzeuge nur durch eineParallelschaltung von zwei Aggregaten realisieren lassen wird.Die Straßenbahn auf Gummireifen bietet aufgr<strong>und</strong> des bei den spurgeführtenFahrzeugen vergleichsweise geringen Flächengewichts (r<strong>und</strong>350 kg/m 2 ) ein geeignetes Anwendungsbeispiel eines ultra-kompaktenAntriebssystems: So wollten die französischen Entwickler bei Translohrbereits für den Testbetrieb auf der TVM Ende 2001 eine dachseitig angeordneteschnelldrehende 130 kW-Micro-Gasturbine (56.000 U/min) alsÜbergangslösung einsetzen, da ein fahrdrahtloser Bereich zu überbrükkenwar. Bei Translohr ist nun ein weiterführende Einsatz von parallel geschaltetenPkw-Serienmotoren bei einer vierteiligen Bauart in Zusammenarbeitmit dem IMG im Gespräch. Die Erprobungen werden derzeitvorbereitet.Bei Straßenbahnen ist die Idee, die Oberleitung durch in Fahrzeugen integrierteStromaggregate zu ersetzen, ebenfalls angedacht worden <strong>und</strong>soll in Nordhausen, dem Stammsitz der IMG, nach den befriedigendenErgebnissen mit dem Straßenbahn-Versuchsträger Twino bei denStadtwerken Nordhausen GmbH zum Einsatz kommen (KOCH, MÜLLER2002, S. 26). Der Einsatz des dreiteiligen 20 m langen Combino duo erfolgtallerdings nicht innerstädtisch. Vielmehr sollen die r<strong>und</strong> 25 t schwerenFahrzeuge (550 kg/m 2 ) ab 2004 auf einer nicht elektrifizierten Streckeder Harzer Schmalspurbahnen <strong>zwischen</strong> Nordhausen <strong>und</strong> Ilfeld eingesetztwerden, wo aufgr<strong>und</strong> sehr ausgewogener Neigungsverhältnisse <strong>und</strong>großer Haltestellenabständen die Ansprüche an das Beschleunigungverhaltenals gering einzustufen sind.


T e c h n i s c h e E i n zelfragen 1 5 3A.5.3 BrennstoffzellenantriebErsetzt man bei einem diesel-elektrisch angetriebenen Fahrzeug denVerbrennungsmotor als Energiequelle durch die Brennstoffzelle, erhältman einen völlig abgasfreien <strong>und</strong> geräuscharmen Stadtlinienbus. In einerBrennstoffzelle wird durch „kalte Verbrennung“ von Wasserstoff <strong>und</strong>Sauerstoff Wasser, Wärme sowie elektrische Energie erzeugt.Der wesentliche Vorteil von PEM-Brennstoffzellen (Proton ExchangeMembrane) ist der emissionsfreie Betrieb mit hohen Wirkungsgraden, festenElektrolyten <strong>und</strong> schnellem Kaltstartverhalten. Im Gegensatz zuVerbrennungsmotoren ist der Wirkungsgrad unabhängig vom Carnot-Prozess <strong>und</strong> erreicht in der Einzelzelle Werte von über 70%. (PILZ 1999,S. 390). Der Wasserstoff wird hochkomprimiert in Leichtbaudruckbehälternmitgeführt, während der Sauerstoff für die Brennstoffzelle der komprimiertenUmgebungsluft entnommen wird.Jeweils drei Stadtlinienbusse werden derzeit mit Brennstoffzellen-Antrieben von dbb (Daimler Benz Ballard) in Chicago <strong>und</strong> Vancouver imRahmen eines Forschungsprojekts erprobt, im deutschen LuftkurortOberstdorf bedient ein Fahrzeug des Herstellers Neoplan (N 6008 E mitNickel-Metall-Batteriesatz, PEM-Brennstoffzellen-Einheit mit 55 kW Gesamtleistungvon DeNora, komprimierter Wasserstoff) die autofreieStadtkernzone, <strong>und</strong> DaimlerChrysler testete den Brennstoffzellen-Prototyp Nebus in Hamburg <strong>und</strong> Oslo im Liniendienst.Darüber hinaus hat DaimlerChrysler 30 Citaro-Niederflurbusse mitBrennstoffzelle in einer ersten Kleinserie an neun Verkehrsbetriebe –Amsterdam, Barcelona, Hamburg, London, Luxemburg, Porto, Stockholm,Stuttgart <strong>und</strong> Reykjavik – zu einem politischen Preis von 1,25Mio. EUR verkauft; ein baugleicher <strong>Bus</strong> mit herkömmlichem Dieselmotorals Antrieb kostet etwa ab 0,15 Mio. EUR. Im Preis für den Brennstoffzellen-<strong>Bus</strong>von Mercedes-Benz Omnibus ist die komplette technischeBetreuung <strong>und</strong> Wartung des Fahrzeugs vor Ort über zwei Jahre hinweginbegriffen.Die 12 m langen Niederflur-Solowagen werden im Rahmen des europäischenBrennstoffzellenbus-Projekt (European Fuel Cell <strong>Bus</strong> Projekt) miteiner Brennstoffzellen-Einheit von mehr als 200 kW Ausgangsleistungausgestattet. Die von der DaimlerChrysler-Tochter Xcellsis entwickelte<strong>und</strong> gefertigte Brenstoffzellen-Einheit sowie die Druckgasflaschen mitdem auf 35 MPa komprimierten Wasserstoff sind auf dem Dach der Citaro-<strong>Bus</strong>seuntergebracht. Der Elektromotor mit mechanischem Antriebsstrangbefindet sich im Heckbereich. Nach Aussage der Geschäftsfüh-


1 5 4T e c h n i s c h e E i n zelfragenrung von DaimlerChrysler werden die beteiligten Verkehrsbetriebe eineweltweite Vorreiterrolle einnehmen <strong>und</strong> haben die Chance, frühzeitig Erfahrungenmit der innovativen Technik im Fahrzeug <strong>und</strong> in der Infrastrukturzu sammeln (N.N. 2001, S. 21).Weitere Brennstoffzellenbusse verkehren im Probebetrieb z. B. in Berlin,Kopenhagen <strong>und</strong> Lissabon (abwechselnder Test mit einem MAN NL 263mit ELFA-Antrieb von Siemens (Electrical Low-Floor Axle), PEM-Brennstoffzelle von Air Liquide/DeNora, Flüssigwasserstoff) sowie inNürnberg (MAN NL 263, Brennstoffzelle von Siemens Energieerzeugung(KWU), komprimierter Wasserstoff, Epcos-Supercap als ergänzenderBremsenergiespeicher).Irisbus fährt drei Programme mit jeweils einem Fahrzeug <strong>und</strong> dem Einsatzvon komprimiertem Wasserstoff: In Paris (RATP, Cristalis mit Air Liquide/NuveraBrennstoffzelle), Madrid (EMT, Empresa Municipal deTransporte) <strong>und</strong> Turin (ATM, Azienda Torinese Mobilità) kommen dieseBrennstoffzellenbusse zum Einsatz. Auch Scania hat mit Air Liquide <strong>und</strong>Nuvera einen PEM-Prototypen vorgestellt.Es darf bei allem Fortschrittlichkeitsdenken allerdings zweierlei nicht außerAcht gelassen werden:• Zum einen war in der Vergangenheit die Reduzierung der limitiertenEmissionen PM, NO x , HC <strong>und</strong> CO eine wesentliche Motivation für dieErprobung <strong>und</strong> Einführung der Brennstoffzellentechnik. WeiterentwickelteVerbrennungsmotoren mit Abgasnachbehandlungssystemenhaben aber hier zu einer deutlichen Reduzierung der Emissionslastgeführt. Ein Dieselmotor, welcher „Euro 4-fest“ ist, kann als umweltökologischsauber angesehen werden. Wasserstoff bietetallerdings nach wie vor einen Beitrag zur Reduzierung der klimarelevantenCO 2 -Emission – egal, ob in der Brennstoffzelle oder imVerbrennungsmotor eingesetzt (SCHALLER 2000, S. 6).• Zum anderen liegt die Vorreiterrolle des ÖPNV unter den Straßenfahrzeugenbei der Brennstoffzellentechnik u. a. darin begründet,dass die dazu erforderliche Infrastruktur für die Energieversorgung imgeschlossenen <strong>und</strong> zugleich räumlich begrenzten System eines Verkehrsbetriebsam unproblematischsten bereitgestellt <strong>und</strong> zur Sammlungweiterer Erfahrungen in der Anwendung neuer Technologiengenutzt werden kann (VÖLKENING 2000, S. 7). Hierdurch wird aberder Blick auf den eigentlichen Kostendruck, welcher auf den ÖPNV-Unternehmen lastet, <strong>und</strong> damit den Zwang nach einem ausgereiften<strong>und</strong> wirtschaftlichen Antriebssystem auslöst, verstellt, zumal enormeÖPNV-Mittel aufgebraucht werden, ohne dass eine k<strong>und</strong>enorientierte


T e c h n i s c h e E i n zelfragen 1 5 5Verbesserung des Leistungsangebots erreicht wird. Ein Antriebssystem,welches nach derzeitigen Kostenschätzungen in der Leistungsbereitstellungpro kW näherungsweise nahezu 200 Mal teurer ist alsder Dieselmotor, ist im ÖV-Alltagsbetrieb nicht konkurrenzfähig.Ein forcierter Übergang auf diese zur Zeit mit Abstand teuerste Antriebstechnologieim Linienverkehr ist darüber hinaus nur sinnvoll, wennzwecks Erzeugung des unbegrenzt vorhandenen Wasserstoffs zur weitererVerringerung der globalen Emissionen sowie Schonung der Ressourcenauf regenerative Primärenergie zurückgegriffen werden kann. EinBeispiel: Selbstverständlich fährt ein Brennstoffzellenfahrzeug abgasfrei– wird der dafür nötige Wasserstoff jedoch über Elektrolyse aus deutschemNetzstrom gewonnen, ist die klimarelevante CO 2 -Belastung dreifachhöher als beim Diesel-Betrieb (SCHALLER 2000, S. 4).Die Entwicklung von Antrieben für ÖPNV-<strong>Bus</strong>se mit Brennstoffzellentechnologieist daher insbesondere in Verbindung mit einer verstärktenWeiterentwicklung <strong>und</strong> Förderung regenerativer Primärenergie innerhalbeines ganzheitlichen Ansatzes sinnvoll (MÜLLER-HELLMANN et al 1999,S. 37) <strong>und</strong> bedarf zunächst enormer staatlicher oder industrieller Finanzierungshilfen,auch um die Probleme der Wasserstofferzeugung <strong>und</strong>-bereitstellung lösen zu können. Die Erprobung der Wasserstoffbussemit Brennstoffzellenantrieb im ÖPNV sichert aber immerhin bei Fahrgästen<strong>und</strong> K<strong>und</strong>en – <strong>und</strong> vor allem bei der Politik – die Akzeptanz beider Weichenstellung in Richtung einer langfristig orientierten Antriebsart<strong>und</strong> übernimmt eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der Markteinführung.Losgelöst von der Antriebswahl ist auch die Frage der Energiebereitstellungzu klären. Der Wasserstoff wird in aller Regel aus Kohlenwasserstoffenhergestellt, was auch beibehalten werden könnte, vorausgesetztes gelingt, das mitproduzierte Kohlendioxid schadlos für die Atmosphäreendzulagern, beispielsweise in ausgekohlten Öl- oder Erdgaslagerstätten.Hiervon ist aber die Entwicklung weit entfernt. Die andere Methodeist die Elektrolyse, die auf Wasser-, Wind- oder solar-thermische Kraftwerkezurückgreift, um die Bedingung der energetischen Nachhaltigkeitzu erfüllen (WINTER 2000, S. 11).Es besteht Einhelligkeit darüber, dass die Brennstoffzelle auf lange Sichtgesehen – ohne die Verwendung von fossilen Energieressourcen bei derWasserstofferzeugung – eine tragende Rolle spielen wird; ebenso einvernehmlichkann aber auch festgestellt werden, dass die Brennstoffzelleauch mittelfristig für einen Flottenbetrieb sowohl in wirtschaftlicher


1 5 6T e c h n i s c h e E i n zelfragenHinsicht als auch im Hinblick auf eine hohe Betriebssicherheit für dieDauer mindestens einer weiteren Fahrzeuggeneration noch nicht zurVerfügung steht.


Z u s a m m e n f a s s u n g 1 5 7A.6 ZusammenfassungDie Frage nach einer emissionsarmen Antriebstechnik ist zunächst einmalverkehrsmittelunabhängig. In dem Anwendungsbereich <strong>zwischen</strong><strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> spielen aber auch die Fahrzeugkonzepte eine entscheidendeRolle – jede gewählte Antriebsart <strong>und</strong> die damit umsetzbareAchsfolge hat auch Auswirkungen auf die Fahrgastzelle <strong>und</strong> – insbesonderebei einem dreiteiligen Fahrzeug – auch auf die Traktionseigenschaften,Fahrstabilität <strong>und</strong> Steigfähigkeit. Bei der Lösung der Zielkonfliktezeigen die Omnibushersteller hinsichtlich der Fahrzeug- <strong>und</strong> Antriebskonzepteherausragende ingenieurtechnische Leistungen, insbesonderebei der Entwicklung der <strong>Bus</strong>bahn <strong>und</strong> der Brennstoffzellentechnik.Es ist aber zu bezweifeln, ob diese Entwicklungen die Basis eineshochwertigen Transport- bzw. Nahverkehrssystems <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong><strong>Bahn</strong> darstellen.Zunächst bleibt nach der Erläuterung der Fahrzeug- <strong>und</strong> Antriebskonzepteanzumerken, dass sich ein reduzierter Energieverbrauch beim diesel-elektrischenFahrantrieb <strong>und</strong> daraus resultierend minimierte Emissionenbei den bisherigen Betriebsprobeeinsätzen noch nicht eingestellt haben.Im Linienbetrieb zeichnet sich derzeit nach wie vor ein konventionellerDieselantrieb durch einen geringeren Energieverbrauch aus – <strong>und</strong>dies bei deutlich geringeren Anschaffungs- <strong>und</strong> Betriebskosten <strong>und</strong> höhererVerfügbarkeit. Insbesondere die optimale Anpassung der elektrischenSteuerung des Antriebs an die Dieselmotorcharakteristik zur Optimierungdes Verbrauchs haben nur ganz wenige Hersteller einigermaßen im Griff.Es sollte deshalb von vornherein so leicht wie eben möglich gebaut werden<strong>und</strong> nach Möglichkeit auf einen diesel-hydromechanischen Antriebzurückgegriffen werden. Denn wer schwer baut, ist auf mindestens zweiangetriebene Achsen angewiesen – die bei niederflurigen Fahrzeugen inder Tat auch nur mit einem diesel-elektrischen Antrieb <strong>und</strong> konsequenterweisemit Energiemanagement ermöglicht werden können. Ein sichselbst ungünstig beeinflussender Kreislauf, denn die benötigten Zwischenspeicherdes Energiemanagements bedeuten erneutes Mehrgewicht,ebenso Leistungselektonik <strong>und</strong> Einzelradantrieb.


1 5 8Z u s a m m e n f a s s u n gDie derzeitigen Tendenzen weisen dem diesel-elektrischen Antrieb dennauch den Stellenwert einer Übergangstechnologie auf dem Weg zurBrennstofftechnologie zu. Neben offenen Fragen bei der Erforschungaktueller Bremsspeichersysteme müssen aber auch noch Ergebnisse aufdem Gebiet eines ultra-kompakten Antriebs abgewartet werden.Leider zeigen die Untersuchungen auch, dass allgemeine Anforderungenan ein hochwertiges Nahverkehrssystem <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> durchdie Konzentration auf teilweise technisch äußerst anspruchsvollen Antriebs-<strong>und</strong> Fahrzeugkonzepte in den Hintergr<strong>und</strong> getreten sind:• Was ist für den Fahrgast von Bedeutung? Eine hohe Verfügbarkeit,Reisezeitverkürzung <strong>und</strong> Pünktlichkeit als wesentliche Anreize zu einerhäufigeren Benutzung der öffentlichen Linienverkehrsmittel werdendurch innovative Fahrzeugtechnik nicht gewährleistet.• Was will der Betreiber? Ein wirtschaftliches, betriebssicheres Verkehrsmittel– zu bestätigen ist eine hohe technische Verfügbarkeitderzeit aber nur bei einem hydromechanischen Antriebsstrang gekoppeltmit einem Verbrennungsmotor sowie bei einem konventionellenelektrischen Fahrantrieb mit externer Stromversorgung.• Und der politische Entscheidungsträger oder Aufsichtsratdes Unternehmens reagiert sicherlich auf eine gelungene Außenwirkung;technische Anstrengungen – ohne den Nachweis einerKosten-, Verbrauchs- oder Emissionsreduzierung – werden dieserGruppe aber verborgen bleiben.Natürlich muss berücksichtigt werden, dass Verkehrsdienstleistungendes öffentlichen Personenverkehrs beinahe ausschließlich in sensiblenInnenstadtbereichen erbracht werden. Insbesondere eine umfeldverträglicheAntriebstechnologie ist nicht zuletzt aus diesem Gr<strong>und</strong>e unabdingbar– zu integrieren in eine Vielzahl von Maßnahmen zur klimarelevantenEmissionsreduzierung <strong>und</strong> Ressourcenschonung auch außerhalb desöffentlichen Nahverkehrs. Die technische Pionierarbeit auf der Suchenach einer geeigneten Antriebstechnologie mit betrieblicher Reife beigleichzeitiger wirtschaftlicher Effizienz findet hier durchaus ihre Berechtigung.Es darf aber dennoch nicht aus den Augen verloren werden, dassder ÖPNV durch eine bessere Organisation einen beachtlichen Teil derVerkehrsdienstleistungen umwelt- <strong>und</strong> speziell ressourcenschonender alsder motorisierte Individualverkehr produziert. Hier liegt eine der herausragendenStärken des öffentlichen Nahverkehrs. Umweltschutz ist damitnicht in erster Linie eine Frage einer exklusiven, umweltschonenden Antriebstechnologie,sondern bedeutet eine Verlagerung weg vom motorisiertenIndividualverkehr <strong>und</strong> damit mehr öffentlichen Verkehr:


Z u s a m m e n f a s s u n g 1 5 9• Hierfür steht im spurgeführten Stadtverkehr – unabhängig obRad/Schiene-Technik oder geführt an einer Monoschiene – der elektrischeAntrieb mittels externer Stromversorgung über eine Oberleitungsanlagemit dem Vorteil der nicht vorhandenen lokalen Abgasemission<strong>und</strong> der traktionsgerechten Leistungsbereitstellung zur Verfügung.Durch die geringe Fahrzeugmasse könnten bei der Straßenbahnauf Gummireifen politisch gewünscht städtebaulich sensible Bereicheohne Fahrdraht mit Batteriespeicher gequert werden – <strong>und</strong>auch Hybridantriebe optional berücksichtigt werden.• Entgegen der allgemeinen politischen Tendenz sollte bei spurfreienGroßraumfahrzeugen die Möglichkeit eines Obusverkehrssystemsnicht gänzlich aus den Augen verloren werden, insbesondere bei derVerwendung eines Doppelgelenkbusses, wo der elektrische Fahrantriebseine fahrdynamischen Vorteile bei gleichzeitiger Geräuscharmutmerkbar ausspielen kann <strong>und</strong> die kostenintensive elektrischeAusrüstung weniger deutlich ins Gewicht fällt.• Es ist aber auch festzustellen, dass der elektrische Fahrantrieb aufgr<strong>und</strong>der Entwicklungserfolge bei der Abgasreduktion eines herkömmlichenDieselaggregats <strong>und</strong> ruckfreier Schaltvorgänge nur hinsichtlichder Geräuschemission klare Vorteile aufweist – <strong>und</strong> gleichzeitigeine stadtgestalterische Diskussion über die notwendige Fahrdrahtanlagenach sich ziehen wird.• So bietet sich als Antriebslösung einer dreiteiligen Niederflurvariantefür den Einsatz in Städten mit nicht bewegter Topographie <strong>und</strong> hohemFahrgastaufkommen mittelfristig der weiter optimierte abgasbehandelte<strong>und</strong> damit in zunehmendem Maße auch emissionsarmeDieselantrieb an. Der diesel-hydromechanische Mittelmotor als bewährtesGroßserienprodukt ist mit Abstand die wirtschaftlichste Antriebswahl<strong>und</strong> – betrachtet man den Energiepfad unter Einbeziehungeines Abgasnachbehandlungssystems – auch zunehmend ökologischsauber.• Noch fraglich sind wirksame Maßnahmen, mit denen man die Motorgeräuscheeines diesel-hydromechanischen Antriebs deutlich reduziert.Die Abgasnachbehandlung hat man tendenziell im Griff – nichtaber die Geräuschemission des Dieselaggregats.• Der diesel-elektrische Antrieb mit einem Bremsspeichersystem wirdweiter entwickelt werden, um langfristig den Einsatz der Brennstoffzellentechnologiezu ermöglichen. Ein Doppelgelenkbus mit hervorragendenTraktionseigenschaften auch bei bewegter Topographiebringt durch die Notwendigkeit eines diesel-elektrischen Mehrachsantriebseinen sprunghaften Kostenanstieg mit sich. Anzumerken ist,


1 6 0Z u s a m m e n f a s s u n gdass der diesel-elektrische Antrieb auch mit einem Bremsspeichersystemnicht das Problem der Geräuschbelastung löst, sondern dieseslediglich vermindert.• In Städten, in welchen die Traktionseigenschaften eines dieselhydromechanischenAntriebskonzepts bei Doppelgelenkbussen alsnicht ausreichend angesehen wird <strong>und</strong> eine Oberleitungsanlage keinepolitische Zustimmung findet, sollte auf den bewährten Schubgelenkbusmit Abgasnachbehandlung gesetzt werden.


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Anhang BAutomatische Querführung


A s p e k t e e i n e r a u t o m a t i s c h e n Q u e r f üh r u n g 1 6 5B.1 Aspekte einer automatischenQuerführungB.1.1 Zielsetzung einer automatischen QuerführungGerade bei den <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> gewinnt eineautomatische Querführung an Bedeutung. Die mehrteiligen Straßenfahrzeugemit Sonderlänge benötigen eine hohe Fahrpräzision, damit eineverkehrssichere Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr <strong>und</strong> einebetriebssichere Linienbedienung, beispielsweise bei Haltestellenanfahrten,trotz der erweiterten Fahrzeugdimension gewährleistet werden kann.Da bei europäischen Stadtstrukturen überdies nicht mit großzügigen,konfliktfreien Verkehrsflächen gerechnet werden kann, soll eine automatischeQuerführung auch die Inanspruchnahme der knappen Verkehrsflächefür derartig dimensionierte Fahrzeuge möglichst gering halten.Daneben ist eine aufwandsarme automatische Querführung auch Bestandteilbimodaler Fahrzeugkonzepte. Durch die Verwendung zweiwegetauglicherStraßenfahrwerke besteht die Möglichkeit, ohne Fahrtunterbrechung<strong>zwischen</strong> der handgelenkten <strong>und</strong> der spurgeführten Betriebsweisezu wechseln – oder permanent spurgeführt auf Gummireifen mitder herkömmlichen Straßenbahn zu konkurrieren.Vorteile einer Bimodalität werden im Allgemeinen darin gesehen, dassdie Straßenfahrwerke aufgr<strong>und</strong> des leichteren Fahrzeuggewichts dieLastabtragung mit übernehmen können <strong>und</strong> deshalb eine Führung imVergleich zum Rad/Schiene-System im Straßenraum baulich wenigeraufwändig ausgebildet werden muss. Außerdem kann sie auf den Bereichder Stammstrecke begrenzt bleiben. Ferner ist bei Bimodalität einstufenweiser Ausbau denkbar.Ein gr<strong>und</strong>sätzlicher Vorteil einer automatischen Querführung ist unabhängigvon der Fahrzeuglänge an der Schnittstelle Haltestelle/Fahrzeugzu sehen. Bei Haltestellen, die geführt angefahren werden, kann auch für


1 6 6A s p e k t e e i n e r a u t o m a t i s c h e n Q u e r f üh r u n gMobilitätsbehinderte unabhängig von den Fertigkeiten des Fahrzeugführersdurchweg eine angemessene Zugänglichkeit zu dem Nahverkehrsfahrzeugsichergestellt werden.B.1.2 Zulässige Fahrzeuglänge ohne Einsatz einerautomatischen QuerführungIm Geltungsbereich Europa enthält die Fassung der EU-Richtlinie96/53/EG „Massen <strong>und</strong> Abmessungen“ (grenzüberschreitender Verkehr)eine zulässige Gesamtlänge für Gelenkbusse von 18,75 m. Der parallelzu diesem Text vorliegende Entwurf einer EU-Richtlinie „Massen <strong>und</strong>Abmessungen“ für die Typprüfung der Fahrzeuge sieht die gleichen Abmessungenvor. Hierbei lässt der Art. 4, Abs. 5 der 96/53/EG die Möglichkeitoffen, dass während eines Versuchszeitraumes in bestimmtenörtlichen Verkehrsbereichen auch Fahrzeuge zum Einsatz kommen, dieauf neuen Technologien oder Konzepten beruhen, die bestimmte Merkmaleder Richtlinie nicht einhalten können.Trotz der genanten Festlegungen ist es heute noch möglich, in bestimmtenEU-Mitgliedsstaaten auf Basis der nationalen Vorschriften Gelenkbussemit einer größeren Länge zuzulassen. Hier sind insbesondereFrankreich mit einer zulässigen Länge von Doppelgelenkbussen von24,50 m (Einzelachslast 13 t, zulässiges Gesamgewicht 38 t) <strong>und</strong>Schweden mit einer gr<strong>und</strong>sätzlich zulässigen Länge von 24,00 m (Einzelachslast10 t, Antriebsachse 11,5 t, zulässiges Gesamgewicht 28 t) zunennen.In Deutschland ist derzeit über die StVZO die zulässige Länge für Gelenkbusseauf 18,00 m beschränkt. Deshalb ist es zur Zeit nicht ohneWeiteres möglich, auf Basis der nationalen Vorschriften einen Doppelgelenkbusmit z. B. einer Länge von 25,00 m zuzulassen. Aufgr<strong>und</strong> verschiedenerInitiativen, u. a. des VDV <strong>und</strong> der Bergischen UniversitätWuppertal, stellte der B<strong>und</strong>-Länder-Fachausschuss „Technisches Kraftfahrwesen“(BLFA-TK) Anfang 2002 mit Rückblick auf den erfolgreichenProbebetrieb auf der ÖPNV-Trasse in Oberhausen (1998, DoppelgelenkerVan Hool; 2000 Anhängergespann Scania <strong>Bus</strong>/Hess) in Aussicht,dass unabhängig von nationalen Vorschriften zunächst auf drei Jahrebefristete Ausnahmegenehmigungen nach § 70 StVZO von den zuständigenBezirksregierungen erteilt werden können, sofern sich aus kraftfahrzeugtechnischerSicht keine Bedenken ergeben <strong>und</strong> die Kurvenlaufeigenschaftennach § 32 d StVZO erfüllt werden.


A s p e k t e e i n e r a u t o m a t i s c h e n Q u e r f üh r u n g 1 6 7Zeitgleich beschlossen die EU-Parlamentarier in einer am 9.3.2002 veröffentlichtenRichtlinie der europäischen Kommission <strong>und</strong> des Rates eineHarmonisierung der höchstzulässigen Abmessungen der Omnibusse. Inder entsprechenden Richtlinie 2002/7/EG, die im EG-Amtsblatt L 67 vom9. März 2002 veröffentlicht worden ist, werden mit den neuen Bestimmungender Richtlinie 96/53/EG, Anhang I, folgende Maximallängen für<strong>Bus</strong>se genannt:• Gelenkbus: 18,75 m• Anhängergespann: 18,75 m.Auch mit Anwendung der Richtlinie 96/53/EG bleibt der Einsatz von Doppelgelenkbussenim 25-m-Bereich möglich, da die Richtlinie ausdrücklichnicht für „Gelenkbusse mit mehr als einem Gelenkabschnitt“ gilt. Bis zum9.3.2004 müssen alle EU-Länder diese Richtlinie im Rahmen der Harmonisierungin nationales Recht umzusetzen.Bei gummibereiften Fahrzeugen mit einer Gesamtlänge über 25,00 msollte außer Frage stehen, dass der Betrieb spurgeb<strong>und</strong>en zu sein hat.Ein entsprechendes System sollte so ausgeführt werden, dass eine Einordnungin den Gesetzes- <strong>und</strong> Verordnungsrahmen der Straßenbahnen,gegebenfalls „besonderer Bauart“, ermöglicht wird.B.1.3 Begriffe zur Querführung bei StraßenfahrwerkenBei einer Spurführung an einer Monoschiene wird der Kraftschluss derTragräder zum Bremsen <strong>und</strong> zur Beschleunigung benutzt. Die Seitenkräftewerden überwiegend von schienengeführten Führungsrollen aufgenommen.Der spurtreue Nachlauf der Achsen wird über Führungsrollenselbsttätig gehalten <strong>und</strong> ist vom Kraftschluss <strong>zwischen</strong> Tragrädern <strong>und</strong>der Fahrbahn unabhängig.Bei einer Spurregelung wird eine Leitinfrastruktur entweder mechanisch(z. B. Leitkante) oder berührungsfrei (z. B. induktiv) abgetastet.Über eine Regeleinheit erfolgt bei Abweichungen von dem Sollkurs eineÄnderung der (Vorder-) Radeinschläge. Die Seitenkräfte werden wie beider Handlenkung von den Tragrädern aufgebracht, d. h. alle Stellkräftefür die Seitenführung werden unter Ausnutzung des Kraftschlusses Tragrad-Fahrbahnaufgebracht.


1 6 8A s p e k t e e i n e r a u t o m a t i s c h e n Q u e r f üh r u n gEin Lenkassistent basiert auf einer berührungsfreien Spurregelung,wobei der Fahrer im Gefahrenfall sowie bei einem technischen Defekt dieVerantwortung für die sichere Betriebsabwicklung auch bei aktivierter,berührungsfreier Spurregelung trägt (Rückfallebene Fahrer). Die nachfolgenduntersuchten berührungsfreien Spurregelungen entsprechen einerassistierenden Lenkhilfe <strong>und</strong> sind vom Fahrer in jeder Betriebssituationübersteuerbar bzw. ausschaltbar.Eine hohe Spurtreue ist gegeben, wenn die Achsen der einzelnen Wagenteileexakt in der Spur des Vorderwagens ohne Schleppkurve laufen.Bei der Handlenkung <strong>und</strong> einer Spurregelung geben die Anzahl der gelenktenAchsen sowie die geometrischen Beziehungen, die aus den Längen<strong>und</strong> den Drehpunkten der jeweils miteinander verb<strong>und</strong>enen Wagenkästenresultieren, den Grad der Spurtreue bzw. die Kurvenlaufeigenschaftenvor.Bei dem Rad/Schiene-System erfolgt eine Radsatzführung im Gleis.Im geraden Gleis werden notwendige Rückstellkräfte hauptsächlich durchprofilierte Laufflächen <strong>und</strong> Schienenprofile erzeugt. Beim engen Bogenlaufwerden Seitenkräfte von dem Spurkranz auf die Schiene übertragen.Rad/Schiene-SystemmechanischeSpurführungGummirad/Straße-Systemmechanische berührungsfreieSpurregelung SpurregelungSpurhaltung#!B+ !# +#! +,0Spursicherung3!"+ &+&+ !%# &,+B"$O / I""Die Gruppe der mechanisch quergeführten Fahrzeuge ist unempfindlichgegen Änderungen des Reibwertes der Fahrbahn. Vereisung, Wasseroder Schmiere auf der Fahrbahn führen hier nicht zum Verlust der Querführung.Diese Tatsache stellt einen wesentlichen Sicherheitsfaktor dar,vergleichbar mit dem Rad/Schiene-System.B.1.4 Anforderungen an ein Querführungssystem• Ein automatisches Querführungssystem für gummibereifte Fahrzeugemuss so beschaffen sein, dass es den Anforderungen der Sicherheit<strong>und</strong> Ordnung genügt. Ein plötzliches Versagen von Komponentendes Querführungssystems darf zur Degradation des Fahrkomforts


A s p e k t e e i n e r a u t o m a t i s c h e n Q u e r f üh r u n g 1 6 9führen, keineswegs aber zu gefährlichen Situationen. Beim Versagender Querführung, Verlust des Kraftschlusses <strong>und</strong> extremen Störgrößenist die sichere Lage eines Fahrzeugs der „Halt“ längs zur Leiteinrichtung.• Die dynamische Stabilität muss bei allen Geschwindigkeiten, Beschleunigungen,Bewegungen, Reibwertänderungen der Fahrbahn,Beladungen, Fahrbahnneigungen, Seitenwind, Schwerpunktsverschiebungen<strong>und</strong> Nutzlaständerungen etc. gewährleistet sein. Füralle auftretenden Fälle muss eine ausreichende Stabilitätsreservevorhanden sein (Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme 1975, S. 56).• Mit (witterungsbedingten) Reibwertänderungen der Fahrbahn, einemplötzlichen Abfall des Druckes in irgendeinem Reifen (führend odertragend) oder kleinerer Fremdkörper im Bereich der Radabrollfläche(z. B. Ziegelstein o. ä.) muss gerechnet werden. Es darf zur Degradation,nicht zum Verlust der Querführung führen (Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme 1975, S. 56).• Bei Bereichen ohne eine mechanisch passive Notführung trägt derFahrer auch bei aktivierter, berührungsfreier Spurregelung die Verantwortungfür eine sichere Betriebsabwicklung (RUBIS 2000). ImZweifelsfall ist die Spurregelung auszuschalten (Rückfallebene Fahrer).Es ist ein Sicherheitsraum in Abhängigkeit der zulässigen Geschwindigkeit<strong>und</strong> des zur Verfügung stehenden Lichtraumprofilsfestzulegen, um ein gefahrloses Ausregeln von Störgrößen zu ermöglichen.• Sofern bei einer berührungsfreien Spurregelung durch ein mehrfachred<strong>und</strong>ant ausgelegtes System der Nachweis einer ausreichendenGesamtzuverlässigkeit erbracht werden kann (Rückfallebene System),trägt der Fahrer ausschließlich für den Ablauf des Systemwechsels<strong>und</strong> bei witterungsbedingten Haftreibungsveränderungender Fahrbahnoberfläche die Verantwortung für eine sichere automatischeBetriebsabwicklung. Auch hier ist im Zweifelsfall die Spurregelungauszuschalten, bzw. auf eine Inbetriebnahme zu verzichten.• Betriebsanlagen, die für ein Fahrprogramm mit aktivierter, berührungsfreierSpurregelung ausgelegt sind, sind so zu bauen, dass zumindestein eingeschränkter Fahrbetrieb auch ohne aktivierter, berührungsfreierSpurregelung (konventionelle Handlenkung) aufrechterhalten werden kann.


1 7 0A s p e k t e e i n e r a u t o m a t i s c h e n Q u e r f üh r u n gB.1.5 Prinzipien aktueller QuerführungstechnikenUnter einer Querführung versteht man die automatische oder vom Fahrervorgenommene Lenkung eines Fahrzeugs auf einer vorgegebenen <strong>Bahn</strong>unter Berücksichtigung der dabei auftretenden Störeinflüsse. Nachfolgendaufgeführte Querführungstechniken bei Fahrzeugen auf Basis der<strong>Bus</strong>technologie werden im Weiteren ausführlich dargestellt:• Handlenkung (einschließlich Formstein mit Selbstlenkungseffekt imBereich einer Haltestelle),• eine mechanische Spurregelung der Vorderachse an einer Leitkante,• eine berührungsfrei arbeitende Spurregelung,• eine Spurführung mit mechanischer Anlenkung an einer Monoschiene.Erwähnt sei der Vollständigkeit halber die bewährte Rad/Schiene-Technikbei Straßenbahnen.


H a n d l e n k u n g b e i F a h r zeu g e n m i t S o n d e r l än g e 1 7 1B.2 Handlenkung bei Fahrzeugenmit SonderlängeB.2.1 MehrachslenkungEs ist Stand der Technik, dass Einfach-Gelenkbusse mit Vorderradlenkungeine verkehrstechnisch hinnehmbare Schleppkurve befahren; beieinem mehrgliedrigen, vierachsigen Fahrzeug genügt demzufolge bereitseine weitere Lenkachse für eine ausreichende Spurgenauigkeit, d. h. dieAchsen der weiteren Wagenteile laufen genügend genau in der Spur desVorderwagens (Bild B.1). Eine Steuerung von Doppelgelenkbussen nurüber die Vorderachse wie beispielsweise in Curitiba oder São Paulo(Brasilien) bedingt eine enorme Schleppkurve – die bestrichene Fahrspurbreitebei einer engen Kurvenfahrt beträgt näherungsweise dasDreifache der Fahrzeugbreite – <strong>und</strong> ist ohne konsequente geradlinigeAnfahrt an eine Haltestation, ein umsichtiges Verhalten der weiteren Verkehrsteilnehmersowie Hilfslinien für den Fahrer insbesondere bei Kurvenfahrtennicht umsetzbar (Bild B.2). Die Umsetzung erfordert in jedemFall das Vorhandensein großzügiger, konfliktfreier Verkehrsflächen, mitdenen aber bei europäischen Stadtstrukturen keineswegs gerechnetwerden kann.$-. ($1.- ->"# ;&B$;*1Insbesondere auf bereits eingeführten Linienverläufen von Gelenkbussenist unter der Annahme, dass die fahrzeugspezifischen <strong>und</strong> fahrdynamischenGrenzwerte der Fahrzeuge <strong>und</strong> die aus den Erfordernissen derVerkehrssicherheit resultierenden Entwurfselemente bei Straßenverkehrsanlagenberücksichtigt worden sind, davon auszugehen, dass bei vierachsigenFahrzeugen eine Führung oder Regelung egal welcher Art entbehrlichist. Es könnte nach einer streckenspezifischen Eignungsprüfungauf die gängige Handlenkung zurückgegriffen werden.B.2.2 BetriebserfahrungenNach Aussage des Fahrdienstleiters der Lütticher Verkehrsbetriebe TEC,die in ihrem Fahrzeugpark einen Doppelgelenker führen, ist die zu beachtendeSchleppkurve bei dem <strong>Bus</strong>zug Van Hool AGG 300 trotz der$+ >"" HQ>:H -. " # !",.1&&


1 7 2H a n d l e n k u n g b e i F a h r zeu g e n m i t S o n d e r l än g eFahrzeuglänge von 24.70 m vergleichbar mit der eines Standard-Schubgelenkbusses. Die Erkenntnisse aus den Praxiseinsätzen inUtrecht <strong>und</strong> Aachen bestätigen diese Aussage. Die guten Kurvenlaufeigenschaftendes Doppelgelenkers sind darauf zurückzuführen, dassdrei der vier Achsen angelenkt werden (Bild B.3).$31(;;3EE2 $'-( $Nach dem Oberhausener Testeinsatz eines Van-Hool-Doppelgelenkersist von den Fahrern der Stadtwerke Oberhausen AG (STOAG) vor allemdas Spurverhalten der beiden angelenkten Nachlaufachsen <strong>und</strong> das guteKurvenverhalten des vierachsigen Fahrzeugs gelobt worden (HOEFS2000, S. 31). Gewöhnungsbedürftig ist nach Einschätzung der Fahrer derDoppelgelenkbus insofern, da der Schwenkbereich in die entgegengesetzteRichtung des eigentlichen Vorderradeinschlages vom Fahrerplatzaus nicht beobachtet werden kann <strong>und</strong> – wie auch beim Solobus mit Personenanhängeroder einem Standard-Schubgelenkbus – vom Fahrzeugführer„nach Gefühl“ berücksichtigt werden muss.Bei der engstmöglichen Kreisfahrt mit einem Halbmesser vonR a = 12,00 m (R i = 5,38 m) beträgt das Ausschwenkmaß beim Einlenkenaus der Geradeausfahrt r<strong>und</strong> 0,70 m, wobei dieser Wert nach StVZO0,80 m nicht überschreiten darf. Langfristig wird EU-weit allerdings eineallgemeine Begrenzung des Ausschermaßes auf 0,60 m angestrebt. ZumVergleich: Die BOStrab lässt einen Wagenausschlag in den Lichtraumrichtlinienvon 0,65 m zu, allerdings liegen die üblichen Halbmesser beiStraßenbahnen selten unter R a = 25,00 m.$8. B (H " & /#/" E." "$Auch die Bewertung eines vierachsigen <strong>Bus</strong>zuges mit Personenanhängerist im Hinblick auf die Manövrierfähigkeit positiv einzustufen(Bild B.4 u. B.5):• Der Flächenbedarf zum Bewegen im Straßenraum ist infolge der beidenüber die Deichsel mechanisch angelenkten Achsen (Einzelradaufhängung)des Personenanhängers eher kleiner als beim wesentlichkürzeren Standard-Schubgelenkbus. Der Wendekreis des inOberhausen eingesetzten Anhängergespanns der TAK Tallinn (Estland)hat bei einer Gesamtlänge von 23,23 m nur einen Wendekreisvon knapp über 21,50 m (R i = 3,83 m; R a = 10,78 m). Haltestellenanfahrtenbedürfen der Eingewöhnung.• Die äußere Hüllkurve ist im dichten Verkehr bei zwei Fahrspurenproblematisch, zum Beispiel beim Linksabbiegen schert der Anhängerbeim Einlenken zunächst nach rechts aus. Hier bedarf es zunächsteiner Gewöhnungsphase. Über die Spiegel ist die rechteFahrzeugaussenwand beim Linksabbiegen nicht einsichtig.


H a n d l e n k u n g b e i F a h r zeu g e n m i t S o n d e r l än g e 1 7 3Gerade die Erfahrungen mit den vierachsigen <strong>Bus</strong>zügen zeigen, dass fürden fahrgastfre<strong>und</strong>lichen Einsatz eines niederflurigen Großraumbussesdie Einrichtung von Haltestellen, die nahezu geradlinig angefahren werdenkönnen <strong>und</strong> frei von Falschparkern sind – also <strong>Bus</strong>kaps, Haltestelleam Fahrbahnrand oder passive Haltestellenbuchten – anzustreben sind.Auf diese Weise können höhengleiche <strong>und</strong> nahezu spaltfreie Ein- <strong>und</strong>Ausstiegsverhältnisse auch bei Omnibussen mit Sonderlänge erzielt werden.Zweckmäßig ist der Einsatz einer speziellen Bordsteinkante als Abstandshilfe.B.2.3 Formstein mit SelbstlenkungseffektNur für den Haltestellenbereich sind zu Anfang der neunziger Jahre Forschungsarbeitenunter dem Begriff „Niederflur-<strong>Bus</strong>system-Abstandshilfe“erstellt worden. Im Zusammenspiel mit der Niederflurfahrzeugtechnikentwickelte man als eine sehr wirkungsvolle Fahrhilfe zur präzisen, nahezuhöhengleichen <strong>und</strong> spaltfreien Haltestellenanfahrt den Formstein mitSelbstlenkungseffekt.Von vornherein dürfen Niederflur-Fahrzeuge nicht nur für sich gesehenwerden, sondern es ist auch eine Abstimmung mit den Haltestellen erforderlich(Bild B.6). Durch den Einsatz von Niederflurbussen allein, ohneeine entsprechende Anpassung der Haltestellen, kann ein schnellerer<strong>und</strong> komfortabler Fahrgastwechsel <strong>und</strong> damit eine zügigere Betriebsabwicklungnur bedingt herbeigeführt werden. Auch ist ein barrierefreier Zugangzum Nahverkehr für Fahrgäste, deren Mobilität eingeschränkt ist,durch Niederflurbusse allein noch nicht gegeben. Neben einer besonderenbaulichen Kantenausbildung des Bordsteins setzt ein Niederflur-<strong>Bus</strong>verkehrssystem ein geradliniges, bordparalleles Anfahren der Haltestellevoraus, um einen weitestgehend spaltfreien Zugang zu gewährleisten.$= .:""). /$0 "F $Die bordparallele Einfahrt in eine Haltestelle, bzw. die daraus abzuleitendeplanerische Forderung, eine Haltestelle auf der Fahrbahn anzulegen –<strong>und</strong> damit die Haltestellenform <strong>Bus</strong>bucht nicht zu verwenden – hat für dieFahrgäste auch sicherheitsrelevante Bedeutung: Bei der Anordnung einerHaltestellenbucht ist unter Berücksichtigung von Sicherheitsaspekteninsbesondere nachteilig, dass• beim Ein- <strong>und</strong> Ausfahren eine unangenehme Seitenbeschleunigungauf stehende bzw. zum Ausstieg gehende oder Sitzplatz suchendeFahrgäste einwirkt,• <strong>Bus</strong>se beim Ein- <strong>und</strong> Ausfahren mit den Fahrzeugüberhängen Seitenraumflächenüberstreichen <strong>und</strong>


1 7 4H a n d l e n k u n g b e i F a h r zeu g e n m i t S o n d e r l än g e• die Warteflächen in den Seitenräumen durch den Flächenbedarf derBuchten häufig sehr klein ist.Nachteilig ist darüber hinaus, dass das Wiedereinfädeln aus einer Haltestellenbuchtin den übrigen Fahrverkehr trotz des bestehenden Vorrechtsder <strong>Bus</strong>se bei starkem Kraftfahrzeugverkehr erschwert ist.B.2.4 Einsatzhinweise des Formsteins$@ ;# >$J60 %" $Eine Reduzierung der Fußbodenhöhe bei Niederflurbussen auf allgemein320 mm <strong>und</strong> die Möglichkeit, durch „Kneeling“-Vorrichtungen im Haltestellenbereichden Einstiegsbereich der Fahrzeuge sogar bis auf 250 mmzu senken, eröffnet neue Möglichkeiten, setzt aber auch eine Erhöhungder Bordsteinkanten voraus, um die Differenz <strong>zwischen</strong> Bordsteinhöhe<strong>und</strong> Einstiegsbereich zu reduzieren. Für die Festlegung der Höhe an<strong>Bus</strong>haltestellen ist neben der Fußbodenhöhe auch die Federung derFahrzeuge infolge der Fahrgastbesetzung entscheidend; außerdem ist zuberücksichtigen, ob die Haltestelle geradlinig angefahren werden kann(Bild B.7).Unter günstigen Bedingungen können an <strong>Bus</strong>haltestellen 180 mm, beisehr guten Bedingungen 200 mm hohe Warteflächen vorgesehen werden.Optimal reduzierte Reststufen <strong>und</strong> Spaltbreiten lassen sich nur erreichen,wenn die Fahrzeuge die Haltestelle bordparallel anfahren <strong>und</strong>auch wieder verlassen können sowie der Haltebereich nicht in einem Bogenliegt. Anderenfalls müssen größere Stufen <strong>und</strong> Spalten akzeptiertwerden, um auszuschließen, dass die Fahrzeuge durch ein Aufsetzen aufder Wartefläche oder eine Kollision mit der Bordsteinkante beschädigtwerden. Für Rollstuhlfahrer (vorrangig bei der Benutzung von Rollstühlenmit Elektroantrieb) ist zudem zur Überwindung des Restspalts eine fahrzeugseitigeKlappbrücke als Ein- <strong>und</strong> Ausstiegshilfe vorzuhalten.Die Forderung nach einer möglichst geradlinigen Anfahrt gilt hierbei nichtnur für spurfreie Doppelgelenker sondern auch für spurgeregelte <strong>Bus</strong>bahnen<strong>und</strong> Straßenbahnen, da bei einer erhöhten Haltestellenplattform(180-350 mm) das Überstreichen der Wartefläche mit dem Fahrzeugüberhangunabhängig vom Querführungssystem ebenso zu Beschädigungenführen würde. Darüber hinaus ist der Fahrgastwechsel vondem Fahrzeugführer bei einer Haltestelle im Aussenbogen nicht einsichtig.<strong>Bus</strong>buchten bzw. Haltestellen, die keine geradlinige An- <strong>und</strong> Abfahrtder Fahrzeuge ermöglichen, sollten deshalb gr<strong>und</strong>sätzlich vermiedenwerden.


H a n d l e n k u n g b e i F a h r zeu g e n m i t S o n d e r l än g e 1 7 5Sofern gewährleistet ist, dass sich kein verkehrswidrig abgestelltes Fahrzeugsowohl im Haltestellenbereich als auch bei der An- <strong>und</strong> Zufahrt befindet,kann bei einer geradlinigen Anfahrt auch ein 300 mm hoher Formstein(wie auf der Zuidtangente Amsterdam) zum Einsatz kommen. Erforderlichsind hierbei im Nachlauf verzögert angesteuerte Lenkachsen, beispielsweiseüber eine intelligente Lenkungselektronik (z. B. BauartNeoplan, elektrohydraulische Lenkanlage, EHLA oder Bauart ZF, RearAxle Electronical Controlled, RASEC) oder einer aproportionalen Nokkensteuerung(z. B. Van Hool), um bei dem Verlassen des Haltestellenbordsbei starker Vorderradeinstellung nicht den Bordstein mit dem Fahrzeugheckzu streifen.Die aproportionale Achsanlenkung der Achsen drei <strong>und</strong> vier erfolgt beispielsweisebei dem Van Hool - Doppelgelenker über mechanischeLenkwinkelgeber an der Gelenkdrehscheibe <strong>und</strong> einem Lenkgestängeunter dem Wagenkasten. Im Regelfall kommt das Lenkgestänge erstdann zur Anlenkung der Nachläuferachsen zum Einsatz, wenn der Lenkwinkelgebereinen Winkel größer 13° Grad erfasst. S o wird gewährleistet,dass bei der Abfahrt von einer Haltestelle das Heck weder die Warteflächeder Haltestelle überstreicht <strong>und</strong> Fahrgäste gefährdet noch der Wagenkastenbei Haltestationen mit einer Wartefläche höher 180 mm mitdem Formstein kollidiert. Auch bei einem Fahrer-Assistenz-System zurHaltestellenanfahrt müsste auf eine verzögert angesteuerte Lenkachsezurückgegriffen <strong>und</strong> die Haltestellenan- <strong>und</strong> abfahrt auf Falschparkerstreng kontrolliert werden.$A >> -"( > # %" Zur besseren Einschätzung der Fahrzeugstellung vor dem Anlenken anden profilierten Formstein kann ergänzend eine Hilfsmarkierung auf derFahrbahnoberfläche eingesetzt werden (Bild B.8 u. B.9). Zur Vermeidungvon Fahrbahnabsenkungen <strong>und</strong> Spurrinnen im Haltestellenbereichsollte insbesondere bei <strong>Bus</strong>kaps <strong>und</strong> Haltestellen am Fahrbahnrand einbesonderes Augenmerk auf einen verformungsresistenten Straßenoberbaugelegt werden, damit auch auf Dauer einerseits eine nahezu spaltfreieAnfahrt möglich ist, andererseits aber auch Berührungen <strong>zwischen</strong>Fahrzeug <strong>und</strong> Bordstein verhindert werden.$D>/ > # .:"B.2.5 Wirkungsweise des profilierten FormsteinsUm an Haltestellen geringe Spaltbreiten <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong>tür <strong>und</strong> Bordsteinzu erzielen, können besondere Bord- oder Formsteine eingesetzt werden.Als Anfahrhilfe ist die konkave Anlauffläche des Formsteins exaktauf den Reifenquerschnitt von <strong>Bus</strong>sen abgestimmt. Durch eine geringeKehlausr<strong>und</strong>ung <strong>und</strong> der Schrägneigung der Seitenwand um 65° ermöglichtein solcher profilierter Formstein eine „Querführung mit Selbstlenkungseffekt“,die das Fahrzeug sicher <strong>und</strong> direkt an die Haltestelle führt.


1 7 6H a n d l e n k u n g b e i F a h r zeu g e n m i t S o n d e r l än g eDer Fahrer lenkt hierzu sein Fahrzeug mit sanftem Druck an das Bord,was bei der mechanischen Spurregelung prinzipiell dem Lenkvorgang beider Einfädelung in einen spurgeführten Streckenabschnitt oder derDurchfahrt einer passiven Weiche entspricht.$E 2 > #( "6%>*&1%0Der Formstein ist besonders verschiebesicher durch die Aufstandsbreitevon über 40 cm. Selbst direktes Anfahren <strong>und</strong> damit die Übertragung vonFlankenkräften verschiebt ihn nicht aus seiner Lage, da das Rad auf derFahrfläche des Bordsteins steht, bevor es diesen seitlich berührt(Bild B.10). Durch die glatte Oberflächengestaltung der Seitenwand werdenSchäden an den Reifenflanken vermieden, wie sie sonst beim zudichten Heranfahren an herkömmliche Bordsteine auftreten können.Überdies besitzen moderne Niederquerschnitt-Reifen an den Flanken zusätzlicheGummirillen als Verschleißprofil. Fahrzeugseitig ist eine Achsanordnungvorteilhaft, bei der die äußeren Radflanken der Vorder- <strong>und</strong>Hinterachse in einer Flucht zueinander stehen.Durch den Einsatz von Formsteinen <strong>und</strong> einer Fahrerschulung lassensich ohne fahrzeugseitige Hilfsvorrichtungen Spaltbreiten von 50 bis100 mm <strong>zwischen</strong> den Einstiegsbereichen von Niederflur-Fahrzeugen<strong>und</strong> den Haltestellenborden erzielen.


Mech a n i s c h e S p u r r e g e l u n g a n e i n e r L e i t k a n t e 1 7 7B.3 Mechanische Spurregelungan einer LeitkanteB.3.1 Erfahrungen mit mechanisch geregeltenSpurbussenBei der mechanischen Spurregelung tasten Fühler eine passive Leiteinrichtungmechanisch ab, <strong>und</strong> die mechanischen Signale werden im Fahrzeugohne Hilfsenergie in Vorderradeinschläge umgesetzt (VÖV/VDA1979, S. 129). Erstmalig wurde sie ab dem Jahr 1980 in einem Demonstrationsprojektin Essen mit Beteiligung von Mercedes-Benz <strong>und</strong> MANsowie unter der Projektleitung der Essener Verkehrs-AG (EVAG) <strong>und</strong> derStudiengesellschaft Nahverkehr (SNV) im Fahrgastbetrieb eingesetzt.In der ersten Projektphase zur Erprobung der Komponenten wurde einereine Spurbusstrecke aufgebaut, die von dieselbetriebenen Gelenkbussenbefahren wurde. Die Erfahrungen flossen ein u. a. in die Planungendes 1986 eröffneten O-<strong>Bahn</strong> <strong>Bus</strong>way in Adelaide (Südaustralien;Bild B.11). Vom Jahre 1983 an wurde in Essen in einer zweiten Phaseder Testbetrieb von spurgeregelten Gelenk-Duobussen <strong>und</strong> Straßenbahnenauf einer gemeinsamen Trasse (Mischbetrieb) aufgenommen, <strong>und</strong> inder dritten Projektphase in den Jahren 1987/88 erfolgte schließlich dermechanisch spurgeregelte Mischbetrieb auf einer gemeinsamen, 3 kmlangen Tunnelstrecke (Bild B.12). Aufgr<strong>und</strong> von Fahrwegproblemen <strong>und</strong>Kapazitätsengpässen infolge hoher Belegung musste Anfang 1996 dergemischte Betrieb auf der Tunnelstammstrecke eingestellt werden. Dieoberirdischen Spurbustrassen mit einem Fahrweg aus Betonfertigteilensind dauerhaft in das ÖPNV-System der EVAG integriert worden.$. / ." (51!1'1.10)%50*,..1$+. /'" 5 "".:" 1 51!1'1.10)%50*,..1Was zeigt nun – ausgelöst durch das Essener Demonstrationsvorhaben– eine Betrachtung der weiteren realisierten Spurbusprojekte:• In Mannheim liegen Spurbus-Erfahrungen bei einem Mischbetriebsfahrwegmit Schienenfahrzeugen vor, in Adelaide (Australien) mitSchnellfahrwegsabschnitten <strong>und</strong> im Bereich von Ingenieurbauwerken,letztere auch auf der Shidami-Linie, nordöstlich von Nagoya,sowie auf der Fura Fila-Versuchsanlage in São Paulo (Bild B.13).$3.?67; /;:" " $'>/ /". $5(*1


1 7 8Mech a n i s c h e S p u r r e g e l u n g a n e i n e r L e i t k a n t e• In Essen wird auf stillgelegten Schienenstrecken deren eigener<strong>Bahn</strong>körper ohne einen für den Handlenkungsbetrieb zusätzlichenBreitenbedarf genutzt (Vorteil der Trassensicherung für den ÖPNV).• Bei einigen Anwendungen in Großbritannien (Leeds, Bradford, Gatwick)wird darüber hinaus die mechanische Spurregelung auf kurzenVerbindungsabschnitten <strong>zwischen</strong> Knotenpunkten eingesetzt. Einekurze Spurbustrasse in Mittellage dient hier im Rückstaubereich zurstörungsfreien Einfahrt in Kreisverkehre. Ein konventioneller ÖPNV-Sonderfahrstreifen, möglicherweise mit einer baulich einfachen Separierungvon der allgemeinen Verkehrsfläche, entspräche aber beidem hier verfolgten Ziel der Verlustzeitreduzierung eher einer gängigenaufwandsarmen Maßnahmenwahl.B.3.2 Technik der mechanischen Spurregelung$8>& >#1 "$Die Spurbusfahrbahn wird an beiden Seiten durch senkrechte Leitbordebegrenzt. Fahrbahn <strong>und</strong> Leiteinrichtungen bilden somit einen U-förmigenTrog, der beispielsweise an die Pariser U-<strong>Bahn</strong>strecken für gummibereifteFahrzeuge erinnert (AHLBRECHT 1992 S. 5, Bild B.14). Bei gemeinsamerTrasse mit Schienenbahnen wird die Fahrbahn bei der BauartZüblin mitsamt dem Leitbord unabhängig vom Schotterbett <strong>zwischen</strong> denSchwellenköpfen des Gleises auf Bohrpfählen oder auf Blockf<strong>und</strong>amentengelagert.Bei gemeinsamer Trasse mit Straßenbahnen ist auch die elastische Lagerungauf den Schwellenköpfen des Schotterbettes ausgeführt (Essen<strong>und</strong> Mannheim). Die Lasten werden hierbei über den Schotteroberbauabgetragen. Eine kostengünstige Fahrwegkonstruktion aus in Längsrichtungmit im Versatz verlegten, quarzsandbeschichteten Holzbalken bietet,unter der Voraussetzung einer hohen Justiergenauigkeit <strong>und</strong> dauerhaftenBefestigungen der Längsbalken, allenfalls bis zu mittleren Geschwindigkeiteneinen ausreichenden Fahrkomfort (EVAG 1995, S. 16). Eine elastischeLagerung wird deshalb auf Sonderfälle beschränkt bleiben.Die fahrzeugseitig zusätzlich angeordneten Tastarme mit den horizontalenGummiführungsrollen, die vor den lenkbaren Vorderrädern befestigt<strong>und</strong> mit deren Achsschenkeln verb<strong>und</strong>en sind, laufen unter Vorspannungan diesen Leitborden entlang <strong>und</strong> führen den Omnibus in der Sollspur.Die mechanische Übertragung der Lenkinformation innerhalb dieses Regelungssystemserfolgt ausgehend von den Leitborden über die Tastarmemit den Führungsrollen <strong>und</strong> veranlasst mittels modifizierter Achsschenkeldirekt das Einschlagen der Vorderräder, so dass der Omnibusim Fahrbahntrog immer der Mittellinie folgt (Bild B.15). Der seitlicheÜberstand der Spurführungsrollen beträgt 50 mm, so dass sich hier eine


Mech a n i s c h e S p u r r e g e l u n g a n e i n e r L e i t k a n t e 1 7 9Gesamtbreite des Fahrzeugs von 2,60 m ergibt. In Deutschland ist gemäßStVZO hierfür eine Ausnahmegenehmigung erforderlich, die in Essen<strong>und</strong> in allen weiteren Anwendungsfällen des Spurbusses auch erteiltworden ist (EVAG 1995, S. 23).Das Spurführungssystem weist einen hohen Sicherheitsstandard vergleichbarmit dem Rad/Schiene-System auf. Die Entgleisungssicherheitist unabhängig von den Witterungsbedingungen. Selbst bei rutschendenTragrädern verhindern die Leitborde, die dann als Notführung dienen, zuverlässigein Abkommen des Fahrzeugs von der Fahrbahn. Weitere Erprobungenhaben darüber hinaus gezeigt, dass auch ein ungleicherKraftschluss, das Platzen eines Reifens (Innenlaufring als Rückfallebene)oder überfahrene Fremdkörper die <strong>Bus</strong>se nicht von der vorgegebenenFahrspur abbringen (Daimler-Benz/Züblin 1989, S. 5).$


1 8 0Mech a n i s c h e S p u r r e g e l u n g a n e i n e r L e i t k a n t eFahrzeugseitig sind nur wenige Komponenten für die mechanischeSpurführung erforderlich. Die unmittelbar vor den Vorderrädern angeordnetenhorizontal ausgerichteten Spurführungsrollen sind mit einem Tastarmverb<strong>und</strong>en, welcher die Lenkinformation auf einen modifiziertenAchsschenkel überträgt (NIEMANN 1983, S. 311 <strong>und</strong> KLUGE u. a. 1984S. 132).Neben den Spurführungsrollen können an den weiteren Achsen desFahrzeugs zusätzlich sogenannte Drängelrollen erforderlich werden,wenn dies die Trassierung (Radien, Überhöhung) <strong>und</strong> der Betriebsablauf(Geschwindigkeitsprofil) erforderlich machen. Diese Drängelrollen verhindernschleppkurven- <strong>und</strong> schräglaufbedingtes Berühren der Reifenflankender hinteren Achsen mit den Leitborden (KLUGE 1988).In Essen befinden sich jeweils im Haltestellenbereich der Spurbusstreckeim Mittelstreifen der A 40 die engsten Kurvenradien mit r = 120 m, imTunnelbereich ist ein engster Radius von r = 90 m durchfahren worden.Noch engere Radien sind mit einer Aufweitung der inneren Leitbordführungmöglich, was aber eine deutlich reduzierte Geschwindigkeit erfordert.Im Allgemeinen wird für eigene Trassen eine möglichst großzügigeTrassierung angestrebt, um Zeitvorteile durch hohe Geschwindigkeitenzu erreichen (z. B. Expressbusway Adelaide). In diesen Fällen hat sichbei Mercedes-Benz die ausschließlich an den Vorderachsen angebrachteSpurführung bewährt.B.3.4 Vor- <strong>und</strong> Nachteile der mechanischenSpurregelungDer spurgeführte Betrieb bietet folgende Vorteile:• Zulässigkeit hoher Fahrgeschwindigkeiten bis 100 km/h im Begegnungsverkehrbei geringstem Platzanspruch <strong>und</strong> damit Steigerungder Leistungsfähigkeit des Omnibusbetriebs,• den K<strong>und</strong>en wird Sicherheitsgefühl auch bei hohen Geschwindigkeitenvermittelt,• genaues Anfahren der Haltestellenplattformen auch bei einseitigerSpurführung,• ansprechender Fahrkomfort unter der Bedingung einer hohen Fertigungs-<strong>und</strong> Verlegegenauigkeit,• erwiesene, nahezu wartungsarme Lebensdauer des Fahrwegs ausBeton <strong>und</strong> dauerhaft ebene Beschaffenheit des Fahrwegs ohneSpurrinnenbildung selbst im Bereich der Haltestationen,


Mech a n i s c h e S p u r r e g e l u n g a n e i n e r L e i t k a n t e 1 8 1• reduzierte Geräuschentwicklung des Fahrzeugbetriebs,• Entlastung des Fahrzeugführers (Mercedes-Benz 1988).Zu dem letzten Punkt der Auflistung der Vorteile bleibt noch ergänzendhinzuzufügen, dass sich der Fahrer durch die nicht ausgeführte Kurbelarbeitungewohnt passiv verhält. Es ist nicht auszuschließen, dass der Fahrerbeim Verlassen der Spurbusstrecke oder bei Einfahrt in eine Off-Line-Station nicht mehr in ausreichendem Maße konzentriert ist <strong>und</strong> die Wiederaufnahmeder Kurbelarbeit im handgelenkten Bereich „vergisst“. Sohat man beispielsweise in Adelaide die Konsequenz aus einzelnen betriebsgefährdendenSituationen gezogen <strong>und</strong> am Ende der spurgeführtenAbschnitte geriffelte Markierungen zur Erzeugung von Vibrationen im Abrollbereichder Reifen angeordnet, um die volle Konzentration des Fahrersbeim Verlassen der Spurbustrasse sicherzustellen.Als nachteilig bei einem Spurbussystem wird häufig angesehen, dass eineTrasse mit seitlichen Führungskanten ohne Überholmöglichkeit zubetrieblichen Behinderungen führen kann. Was passiert, wenn ein Fahrzeugbeispielsweise mit einem Achsbruch die Trasse blockiert? Eine ÖV-Trasse, die handgelenkt befahren wird, bietet hier die Möglichkeit, dassein fahruntüchtiges Fahrzeug überholt wird. Die bisherigen Erfahrungswertebelegen aber, dass ein Fahrzeugschaden in den allerseltenstenFällen zu einer Blockade eines Spurbusabschnitts führt. Im Regelfall istdas defekte Fahrzeug zumindest abschleppfähig oder kann aus eigenerKraft die Spurbustrasse verlassen. Zu betonen ist, dass die Wahrscheinlichkeitsolcher betrieblichen Unregelmäßigkeiten entscheidend von derZuverlässigkeit des Fahrzeugs abhängt, wobei klar ist, dass diese insbesonderebei dem Großserienprodukt Omnibus auf allerhöchstem Niveauliegt.Ein möglicherweise entscheidender Nachteil der Spurbusse bleibt aberbestehen: Im Stadtverkehr wird insbesondere in den staubelasteten Innenbereichendie Notwendigkeit einer durchlaufenden ÖPNV-Trasse zurGewährleistung eines störungsfreien Betriebs gesehen, wobei aber einemechanische Spurregelung im allgemeinen Straßenraum aufgr<strong>und</strong> deraufragenden Leitkante nicht in Frage kommt. Natürlich ist hier zu berücksichtigen,dass zu Zeiten der frühen Dual-Mode-Systementwicklung Mitteder siebziger Jahre ausschließlich unabhängige Fahrwege in Tieflage<strong>und</strong> eine evolutionäre Fahrzeugentwicklung fester Bestandteil der Überlegungenwaren.Trotzdem bleibt für Planungen auf Straßenniveau ein systemimmanenterNachteil bestehen; eine Spurbustrasse kann immer nur genau dort eineabschnittsweise Einzelmaßnahme darstellen, wo querender Verkehr aufgr<strong>und</strong>einer aufgelösten Siedlungsstruktur nur eine untergeordnete Rolle


1 8 2Mech a n i s c h e S p u r r e g e l u n g a n e i n e r L e i t k a n t eeinnimmt <strong>und</strong> damit im Regelfall ohnehin genügend Verkehrsfläche füreinen Betrieb mit Handlenkung zur Verfügung steht. Eine mechanischeSpurregelung innerhalb eines innerstädtischen Nahverkehrssystemsbleibt damit verzichtbar <strong>und</strong> auf klar definierte <strong>Einsatzbereiche</strong>, wo eineSchnellverbindung gewünscht wird, beschränkt.


Mech a n i s c h e S p u r f üh r u n g a n e i n e r Monosc h i e n e 1 8 3B.4 Mechanische Spurführungan einer MonoschieneB.4.1 AusgangssituationBei einer mechanischen Spurführung wird eine in der Fahrbahnmitteverlegte Monoschiene verwendet. Der spurgetreue Nachlauf der Achsenwird über Führungsrollen selbsttätig geregelt <strong>und</strong> darüber hinaus beiVerlust des Kraftschlusses die Spur unmittelbar gesichert. Ähnlich wie dieRillenschiene bei der Straßenbahn schließt die Monoschiene mit derFahrbahnoberfläche des Straßenverkehrs bündig ab <strong>und</strong> stellt, andersals bei der mechanischen Spurregelung an Leitkanten, keine Einschränkungfür querende Verkehrsteilnehmer dar.Es gibt zwei anwendungsreife Entwicklungen mechanischer Spurführungen,die eine straßenbündige Monoschiene verwenden:• Zum einen ist 1985 von der Waggonfabrik BN, Brügge, eine mechanischeSpurführung an einer Monoschiene entwickelt <strong>und</strong> erstmaligvor dem Heyselgebäude in Brüssel auf einer 800 m langen Teststreckewährend der UITP-Ausstellung vorgeführt worden. Der vierachsigeSpur-Duobus, MLP (Métro Léger sur Pneus), machte insbesondereaufgr<strong>und</strong> lauter Fahrgeräusche <strong>und</strong> unzureichenden Fahrkomfortskeinen guten Eindruck auf die Besucher. Erfahrungen mitdieser Spurführungstechnologie sind vor der Einführung imJahr 2000 in Nancy u. a. mit zwei hochflurigen Doppelgelenk-Duobussen <strong>zwischen</strong> Jemelle <strong>und</strong> Rochefort (Belgien) auf einer eingleisigen,umgebauten Eisenbahntrasse gesammelt worden <strong>und</strong> mitder weiterentwickelten niederflurigen Version GLT/TVR (Guided LightTransit/Transport sur Voie Réservée) bei einem Fahrgastprobebetriebauf der TVM in Paris (Bild B.16).$=;&B"1 H• Zum anderen arbeitete Lohr Industrie 1993 u. a. für Lausanne Angebotefür einen Trolleybus mit einer Radanordnung im Gelenkrahmenaus. Parallel dazu wurden auf dem Gelände in Duppigheim in derNähe von Straßburg Versuche mit einem Doppelgelenkfahrzeug unternommen,um einerseits die Wirkung eines neuen Führungssystems<strong>und</strong> andererseits die Wechselwirkung <strong>zwischen</strong> diesem System<strong>und</strong> der Lenkung eines Doppelgelenkstraßenfahrzeugs zu untersu-


1 8 4Mech a n i s c h e S p u r f üh r u n g a n e i n e r Monosc h i e n echen (HONDIUS 2000, S. 12). Nachdem man ausführliche <strong>und</strong> erfolgreicheTests mit einem weiteren Technologieträger gefahren hatte,entschloss man sich zum Bau eines Prototyps (Bild B.17 u. B.18).$@ H-&* B.4.2 Einsatzziele eines ZweiwegefahrzeugsIm Vergleich zum Rad/Schiene-System soll bei gummibereiften, mechanischspurgeführten Fahrzeugen, die auch Abschnitte in Handlenkungbefahren, eine wesentlich höhere Flexibilität gegeben sein (JAHN 1996,S. 25):• Möglichkeit einer stufenweisen Systemeinführung,$A1 6; "" -E#


Mech a n i s c h e S p u r f üh r u n g a n e i n e r Monosc h i e n e 1 8 5B.4.3 GLT/TVR: Führungsrollen mit beidseitigemSpurkranzDer GLT/TVR verfügt über vier konventionelle Straßenfahrwerke. Für denspurgeführten Modus besitzen alle Achsen ein Führungsgestell mit jeweilseinem vorderen <strong>und</strong> hinteren Rollenpaar. Die Führungsrollen werdenan einer Monoschiene geführt (Bild B.19 u. B.20) <strong>und</strong> haben wiebeispielsweise bei der Schwebebahn in Wuppertal einen beidseitigenSpurkranz. Trotz der mechanischen Querführung ist bei dem GLT/TVRKupplungsfähigkeit für einen Betrieb mit einem hohen Personalwirkungsgradweder konstruktiv noch steuerungstechnisch berücksichtigt worden.Der GLT/TVR hat trotz kleinerer <strong>und</strong> größerer Nachbesserungsaktionen(u. a. verbessertes Fahrersichtfeld, Anpressdruck der Führungsrollennach dem Federspeicherprinzip, wirksame Isolation gegen Feuchtigkeitder elektrischen Unterfluraggregate des Antriebsstrangs) insbesondereim Bereich der mechanischen Spurführung konzeptionelle Schwächen:zum einen wegen der Überwachung des Systemwechsels Handlenkung/Spurführung<strong>und</strong> zum anderen wegen der Formgestalt der Führungsrollenmit beidseitigem Spurkranz:$D>/ .";&B• In der Hauptsache stellt der Systemwechsel Handlenkung/Spurführung<strong>und</strong> umgekehrt aufgr<strong>und</strong> der Erfahrungen desProbebetriebs bei der RATP auf der TVM eine potentielle Gefahrenquelledar <strong>und</strong> erfordert eine zuverlässige Überwachung. Sensorenmüssen feststellen, ob alle Führungsgestelle ordnungsgemäß eingefädeltsind; beim Ausfädeln wiederum muss für den handgelenktenBetrieb sichergestellt werden, dass die Allradlenkung, deren mechanischesAnlenkgestänge im spurgeführten Modus freigeschaltet werdenmuss, wieder funktionsbereit ist. Unfälle in Nancy <strong>und</strong> Caen bereitsim Fahrgastbetrieb offenbarten schwere Mängel in dem Sicherheitskonzept.• Auch die Wahl von Führungsrollen mit beidseitigem Spurkranz bedingteinen technischen Mehraufwand. Einerseits wird so zwar ermöglicht,dass die Monoschiene an beliebiger Stelle der Trassedurch das Anheben der Führungsgestelle verlassen werden kann,andererseits müssen die vordere <strong>und</strong> hintere Führungsrolle je Achseinheitzur Erhöhung der Entgleisungssicherheit pneumatisch mit7,5 kN (bei acht Führungsrollen also 60 kN pro Fahrzeug) vertikalemAnpressdruck belastet werden, damit sich die Führungsrollen sichnicht von der Monoschiene nach oben lösen oder herausgedrücktwerden, wie dies auch im Fahrgastbetrieb in Nancy <strong>und</strong> Caen festgestelltwerden musste. Der TVR/GLT ist dann ohne Führung. Erst imLaufe des Zulassungsverfahrens für Nancy wurde darüber hinausbemängelt, dass der pneumatische Anpressdruck von der elektrischenHilfsenergie abhängt, d. h. bei einem Ausfall der Elektrik wäre$+E'( " " H .5 /$'5 "" #""> I"." 1 $


1 8 6Mech a n i s c h e S p u r f üh r u n g a n e i n e r Monosc h i e n edas Fahrzeug ohne Spurführung. Zur betriebssicheren Aufrechterhaltungdes Anpressdrucks sind nachträglich an der Spurführungmechanische Sicherungsmechanismen (Federspeicherprinzip) installiertworden.• Der vertikale Anpressdruck zieht aber wiederum einen erhöhten Verschleißan Führungsrolle <strong>und</strong> Monoschiene nach sich; gleiches giltfür die horizontalen Seitenkräfte in Gleisbögen. In Nancy <strong>und</strong> Caensind die Monoschienen demzufolge speziell gehärtet geliefert <strong>und</strong>dem zu erwartenden Verschleiß entsprechend austauschbar montiert.Auch der Einsatz keramischer Werkstoffe im Bereich der Kontaktflächender Führungsrollen ist zur Verschleißreduzierung in Erwägunggezogen worden. Der vertikale Anpressdruck der Führungsrollenbewirkt außerdem eine Entlastung der beiden angetriebenenAchsen 1 <strong>und</strong> 4, was insbesondere in spurgeführten Steigungsstrekkendie Haftreibung der Pneus <strong>und</strong> damit die Traktionsfähigkeit verschlechtert.• Ein gr<strong>und</strong>sätzliches Problem ist darüber hinaus, dass leicht belastete,stählerne Räder bei hohen Drehzahlen dazu neigen, recht laut zusein. Die Führungsrollen des GLT/TVR haben einen Durchmesservon 220 mm <strong>und</strong> drehen bei 70 km/h 1687 U/min, was der Drehzahleines Hochgeschwindigkeitszugs bei 300 km/h entspricht (HONDIUS1998, S. 66). Die Führungsrollen müssen nach Angaben von BombardierTransportation alle 25.000 km ersetzt werden <strong>und</strong> stellen imneuprofilierten Zustand nach Optimierungsarbeiten nicht mehr dieauffällige Innenraum-Lärmquelle dar wie noch bei den Vorserienfahrzeugen.$+,/60" 1 H "2-#- $0H 1 H -"$• Der Wechsel der Betriebsweise von der Handlenkung auf Spurführungist im Gegensatz zur Essener Spurbustechnik nur bei Schrittgeschwindigkeitmöglich. Die stählernen Führungsrollen lärmen trotzder mittlerweile verwendeten Gummimatten beim Absenken auf dieEinfädelungsvorrichtung, die aus einer dreieckförmigen Stahlplattemit in Richtung der Monoschiene angeordnete trichterförmige Verengungbesteht (Bild B.21). Ein Ausfädeln ist durch das Anheben derFührungsgestelle an jeder beliebigen Stelle möglich.B.4.4 Translohr: V-förmig schräggestelltesFührungsrollenpaarLohr Industrie hat neben zwei Technologieträgern auch einen vierachsigen,dreiteiligen Prototypen gefertigt. Das Fahrzeug mit der BezeichnungTranslohr SE 3, für einen Fahrbetrieb in Handlenkung noch mit Lenkrad<strong>und</strong> elektrohydraulischer Anlenkung aller Achsen ausgestattet, befandsich ab November 2000 in Paris auf der TVM <strong>und</strong> ist dort bis März 2001im Testbetrieb erprobt worden. Mittlerweile wird im Hause Lohr Industrie


Mech a n i s c h e S p u r f üh r u n g a n e i n e r Monosc h i e n e 1 8 7auch bei kürzeren Fahrzeugeinheiten primär eine mechanische Spurführungüber den gesamten Streckenverlauf verfolgt, da aufgr<strong>und</strong> zweierStudien unabhängiger französischer Sicherheitsingenieurbüros der technischeAufwand zur Bewerkstelligung eines sicheren Betriebswechsels<strong>und</strong> die Komplexität des Fahrzeugs als unverhältnismäßig hoch eingestuftwird. Bei einem Einsatz in Deutschland würde bei der angestrebtenpermanenten mechanischen Spurführung, also einem Betrieb als Straßenbahn(auf Gummireifen), die BOStrab die gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage einerZulassung darstellen.$++>/ H " Die Führungsrollen mit einem Durchmesser von 210 mm sind beimTranslohr schräggestellt <strong>und</strong> umfassen beidseitig das Schienenprofil(Bild B.22). Bei der Entwicklung der Führungsrollen nahm man sich hinsichtlichdes Lärmpegels von leicht belasteten Stahlrädern der allgemeinenBedenken <strong>und</strong> bekannten Erprobungsergebnisse der Monoschienenführungdes GLT/TVR an <strong>und</strong> orientierte sich infolgedessen u. a. ankunststoffbandagierten Führungsrollen wie bei der O-<strong>Bahn</strong>-Technologieoder bei Seilbahnen. Die Führungsrollen werden hinsichtlich Materialzusammensetzung<strong>und</strong> Führungsvorrichtungen im Dauerversuch an einemLaufrad mit programmierbaren Fahrzyklen zur praxisnahen Streckensimulationerprobt. Nach derzeitigen Erkenntnissen zeigen die Führungsrollenmit Kunststoffbandage eine Lebensdauer von 60.000 km, was inetwa der jährlichen Kilometerleistung eines städtischen Nahverkehrsfahrzeugsentspricht. Die Kunststoffbandagen bedingen, dass bei der Verwendungeines einpoligen Fahrdrahts zur Stromrückführung ergänzendein Schleifkontakt, der die Monoschiene bestreicht, unter dem Fahrzeugrahmenangebracht werden muss.$+3%""-.(#5 ( -"$( :; ."$Bei einem Zweirichtungsbetrieb ist vor <strong>und</strong> hinter jeder Achse jeweils einDreieckrahmen angeordnet, welcher die Führungsrollen mit den Laufachsenverbindet. Nur der jeweils vorn laufende Dreieckrahmen wird horizontalverriegelt. Das nachlaufende Führungsrollenpaar kann sich freibewegen. Über das jeweils vorn laufende Führungsrollenpaar kommt esdurch das Abtasten der Monoschiene zu einem spurtreuen Nachlauf desfolgenden Wagenkastens, zum Beispiel ähnlich einem nachlaufendenWohnwagen (Bild B.25).$+82 .:" 5 6 Das in Fahrtrichtung vordere Führungsrollenpaar des Dreieckrahmenswird in seiner Lage durch die Monoschiene bestimmt <strong>und</strong> erfüllt damit einevergleichbare Aufgabe wie bei einem ziehenden Fahrzeug einesWohnwagengespanns der Kuppelpunkt. Bei einem Haftreibungsverlustwird durch mechanische Anschläge ein Quergleiten der Laufachse verhindert.Vertikales Spiel ist an allen Aufhängungen der Führungsrollenmöglich. Die mechanische Anlenkung über die vorweglaufende Führungsrollenpaarbedingt nur geringe Seitenkräfte.$+


1 8 8Mech a n i s c h e S p u r f üh r u n g a n e i n e r Monosc h i e n eDie Entgleisungssicherheit durch Formschluss ist im Rahmen der französischenZulassung auf der TVM im Auftrag des Ministeriums von zweiunabhängigen Ingenieurbüros untersucht <strong>und</strong> bestätigt worden. Es istherauszustellen, dass bei einer gummibereiften Straßenbahn der Formschluss<strong>zwischen</strong> dem kunststoffbandagierten Führungsrollenpaar <strong>und</strong>der Monoschiene lediglich das Anlenken der Achsen gewährleistet –Lastabtragung <strong>und</strong> Spurhaltung bzw. Spursicherung sind entkoppelt.Durch die Gummibereifung der Fahrwerke können keine verschleißintensivenZwängungen wie bei Straßenbahnen in engen Gleisradien entstehen,so dass der Gummiabrieb an Pneus <strong>und</strong> Führungsrollen ähnlich wiebei der Spurbus-Technologie nach den bisherigen Erkenntnissen die einzigeVerschleißform innerhalb des Führungssystems darstellt. Fernerkann, da ein Schienenaustausch nicht zu erwarten ist, die Monoschienedauerhaft in dem mittigen Schienentrog mit einer elastischen Zwei-Komponenten-Masse verklebt werden, um so neben einer vollständigenSchwingungsunterdrückung auch vagab<strong>und</strong>ierende Ströme bei der Fahrstromrückleitungsicher auszuschließen.


B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n g 1 8 9B.5 Berührungsfreie SpurregelungB.5.1 Meilensteine• In den Statusseminaren Nahverkehr wurde bereits seit 1975 über dieberührungsfreie Spurregelung an einem Leitkabel bei <strong>Bus</strong>sen berichtet.Waren es anfangs die Hersteller MAN <strong>und</strong> Bosch, so wurde inden folgenden Jahren auch von Daimler-Benz <strong>und</strong> Dornier berichtet.Im Jahre 1978 schließlich verkehrte auf der Transport 78 in Münchenein spurgeregelter Technologieträger der Firma MAN auf einemR<strong>und</strong>kurs mit hochgelegenen Haltestellen-Plattformen (JOCKUSCH,1984, S. 88).• Ab 1979 verkehrten in Halmstad (Schweden) im Fahrgastbetrieb acht<strong>Bus</strong>se, die spurgeregelt an einem Leitkabel nahezu spaltfrei erhöhtePlattformen (510 mm) ansteuerten. Die Querführungs-Ausrüstung istbald wieder ausgebaut worden, da die Fahrer der Meinung waren,dass ein solches Regelungssystem nur für den Haltestellenbereichnicht erforderlich sei (MAN 1984, S. 6).• In den Jahren 1984/85 fand in Fürth ein vom B<strong>und</strong>esforschungsministeriumgeförderter Demonstrationsbetrieb statt. In dieser Zeitwurden bis zu drei <strong>Bus</strong>se der Hersteller MAN <strong>und</strong> Daimler-Benz inFürth eingesetzt. Der Betrieb endete planmäßig, da der <strong>Bus</strong>verkehrinsgesamt auf der Demonstrationsstrecke infolge der parallel verlängertenU-<strong>Bahn</strong> eingestellt wurde. Der angestrebte Referenzbetrieberfolgte nicht (Bild B.26).• Das Daimler-Benz-Funktionsprinzip, damals von Cégélec AEG Systemsvertrieben, ist schließlich bei den Service-Fahrzeugen in derWartungsröhre des im Jahre 1993 eröffneten Eurotunnel zum Einsatzgekommen. Die Fahrzeuge werden im engen Raumprofil der Wartungsröhremit nur zehn Zentimetern Abstand untereinander im Begegnungsverkehrbetrieben. Störungen des Servicebetriebs sindnicht bekannt (Bild B.27).$+=' . /">" &$'>/) $,51*.1$+@.- 1!W;W&1!• Auf der 600 m langen Teststrecke Quayside in Newcastle-upon-Tyne(Großbritannien) verkehrten Mitte des Jahres 1996 <strong>Bus</strong>se aus der


1 9 0B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n g$+A; >H &H". 1&(!$!W;W&1!Serienfertigung, die für die Spurregelung an einem Leitkabel aufgerüstetworden sind (Cégélec 1997, Bild B.28). Das NachfolgeprojektMerseyside Rapid Transit in Liverpool ist nicht zur Ausführung gekommen.Es wurde aber beim Bau des Millennium Dome ein hochwertigerShuttle-Express auf einer besonderen ÖV-Trasse auf derVerbindung M1 North Greenwich - Charlton projektiert. Der gesamteFahrweg wurde in Vorbereitung auf eine mögliche Aufwertung imRahmen des Waterfront Transit - Projektes (Greenwich WaterfrontTransit, GWT) bereits straßenbahnmäßig trassiert. Die Haltestationensind mit einer Plattformhöhe von 300 mm ausgestattet. Der Fahrgastbetriebmit dem induktiven Leitsystem wurde aber nach zahlreichenTests nicht aufgenommen (CHARD 2001, S. 251). Erprobt wurdedie seinerzeit von der Daimler-Benz <strong>und</strong> AEG gemeinsam entwikkelteSpurregelungs-Technik, die von dem französischen KonzernAlstom unter dem Namen ELTRAC (Electronically Track Guided Vehicle)vertrieben wird (Bild B.29).• Bei Neoplan ist eine induktive Spurregelungstechnik beispielsweisein der Fahrzeugreihe N 6141 vorgesehen. Die verkürzte Einfachgelenk-Ausführungdieses in Lausanne im Linienbetrieb eingesetztenFahrzeugs ist optional automatisch querführungstauglich. Eine Anwendungim Fahrgastbetrieb hat bisher noch nicht stattgef<strong>und</strong>en.$+D5 &7 #3 &5 .-$>&• Ein optisches Leitsystem wird seit 1997 von Irisbus (Iveco Gruppe),in enger Zusammenarbeit mit Matra Transport (Tochtergesellschaftvon Siemens) auf einer Versuchsstrecke von 1300 m Länge naheLyon getestet <strong>und</strong> ist Bestandteil des Civis-Fahrzeugkonzeptes. Eserfolgten bisher Fahrgastprobebetriebe in Clermont-Ferrand (LigneExpérimentale, Léo) <strong>und</strong> Rouen (Transports Est-Ouest del’Agglomération Rouenaise, TEOR). Die Aufnahme des Linienverkehrsist in Vorbereitung. In Las Vegas (2003, Boulevard North) <strong>und</strong>Berlin (2005, Heerstraße) soll der Civis ebenfalls optisch spurgeregelteingesetzt werden.• Der Zweckverband der Region Eindhoven (SamenwerkingsverbandRegio Eindhoven, SRE) hat den Beschluss gefasst, eine 15 km langeHOV (Hoogwaardig Openbaar Vervoer) - Demonstrationslinie zubauen. Die eingesetzten Fahrzeuge von APTS/Berkhof mit der BezeichnungPhileas, u. a. auch ein Doppelgelenkbus, werden auf einerÖPNV-Trasse über eine elektronische Wegkarte, die bordautonomabgespeichert ist, in Kombination mit einem Odometrie-basiertemLeitsystem spurgeregelt werden. Im Jahre 2003 soll der Betriebstarten.


B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n g 1 9 1B.5.2 Zielsetzung der berührungsfreien SpurregelungNach Abschluss des Demonstrationsbetriebs in Fürth (Spurregelungssystemeder Fahrzeughersteller MAN <strong>und</strong> Mercedes-Benz) stellt das Stadtentwicklungsamtder Stadt Fürth hinsichtlich einer elektronischen Spurregelungfest, dass eine Verbesserung der verkehrlichen <strong>und</strong> städtebaulichenVerhältnisse insbesondere bei folgenden Problemzonen möglich ist(SNV 1985, S. 81):• Durchfahrt enger Straßen <strong>und</strong> enger Kurven,• Passieren von Fußgängerzonen,• Befahren enger Haltestellenbereiche.Als Ziele im öffentlichen Nahverkehr werden auch Jahre später mit dermillimetergenauen Anfahrt einer Halteposition (Spaltbreite < 75 mm <strong>und</strong>Stufe ± 50 mm, in Anlehnung an die Rail Vehicle Accessibility Regulations)<strong>und</strong> dem zügigen Befahren schwieriger Routen in engen Straßenräumenausschließlich Sonderfälle formuliert (TfL/Cégélec 1997).Der Fahrzeughersteller Neoplan sieht Vorteile einer berührungsfreienSpurregelung darin, dass ein genaues Anfahren von Haltestellen verwirklichtwerden kann, ein geringerer Platzbedarf bei Tunnelpassagen möglichist, zudem sind automatisierte Abläufe in den Betriebshöfen (Waschanlagen)denkbar (WILDHAGEN 1999, S. 19).Bei dem Projekt Phileas wird angegeben, dass die Fahrbahnbreite auchbei hohen Geschwindigkeiten reduziert werden kann, die Infrastrukturinsgesamt kostengünstiger ist, ein Mischbetrieb auch mit handgelenktenFahrzeugen möglich ist. Darüber hinaus wird auf die Möglichkeit hingewiesen,Fahrzeuge über eine „elektronische Deichsel“ zu kuppeln.Als Hauptziel der Spurregelung an einer Farblinie der Bauart Civis wirdangegeben, die Spaltbreite <strong>zwischen</strong> Bürgersteig <strong>und</strong> Fahrzeug auf einMinimum zu reduzieren (ca. 50 mm), um den Einstieg zu optimieren(Bild B.30). Zwei weitere Ziele werden angegeben: Zum einen soll eineReduzierung der Seitenbeschleunigung mit Hilfe einer „virtuellen Schiene“,hier eine Bodenmarkierung, schon bei der Einmessung durch eineAbfolge optimierter Trassierungselemente berücksichtigt werden. Die nurallmähliche Zunahme der Seitenbeschleunigung bei der Anfahrt in einenKreisbogen beruht hierbei allerdings auf der Möglichkeit, überhaupt einenFahrweg trassierungstechnisch neu anlegen zu können. Mittels Handlenkungwäre es jedem Fahrer ebenso möglich, einer allmählichen Krümmungszunahmedurch eine mit konstanter Drehgeschwindigkeit ausgeführteKurbelbewegung ohne Einschränkung des Fahrkomforts zu begegnen.Zum anderen wird eine Verminderung der Breite des öffentlichenVerkehrsraums angestrebt, was tatsächlich ohne passive Nothilfsführungnur für Geschwindigkeiten bis zu 30 km/h möglich sein dürfte.$3E0 1" ;" * " #(!>


1 9 2B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n gB.5.3 Induktive, optische <strong>und</strong> Odometrie-basierteLeitsystemeBei der berührungsfreien Spurregelung werden bei allen Leitsystemenüber eine streckenseitige Infrastruktur Leitinformationen ausgestrahlt, dieüber eine Lenksignalsensorik am Fahrzeug empfangen werden. Mikroprozessorenim Fahrzeug werten diese aus <strong>und</strong> übertragen sie an eineim Fahrzeug befindliche Lenkhydraulik.Im Gegensatz zu der induktiven Streckenerfassung wird bei einer optischenStreckenerfassung anstatt einer Aufnehmerspule eine Kamerasowie anstatt eines Leitkabels eine doppelte Farblinie verwendet. Beidem Odometrie-basierten Leitsystem wird auf eine elektronische Wegkarte– ergänzt durch ortsfeste Detektoren – zurückgegriffen.Im weiteren Verlauf der Überlegungen werden die berührungsfreienSpurregelungen insbesondere im Bereich der Sicherheitsaspekte gemeinsambetrachtet. Es sind folgende Aspekte ergänzend zu beachten:• Bei der Spurregelung an einem Leitkabel werden Leitinformationenunmittelbar unter der Vorderachse im Bereich des angebrachtenSensors empfangen. Demgegenüber erfasst die optische Strekkenerfassungdie vor dem Fahrzeug liegenden Bodenmarkierungen,<strong>und</strong> es kann die erforderlichen Fahrtrichtungsänderungen vorab erfassen.Bei der Odometrie-basierten Streckenerfassung ist der Fahrwegbereits auf Abruf gespeichert. Es erfolgen allerdings punktuelle„Driftkorrekturen“. Dem Vernehmen nach sind aber bei den drei Erfassungstechnologienkeine Unterschiede hinsichtlich des Fahrkomfortsfestzustellen.• Bei der induktiven Spurregelung kann das in der Fahrbahn verlegteLeitkabel gr<strong>und</strong>sätzlich auch für weitere Aufgaben genutzt werden,wie dies analog z. B. bei der linienförmigen Zugbeeinflussung (LZB)über einen kontinuierlichen Austausch von Informationen <strong>zwischen</strong>der Strecke <strong>und</strong> dem Fahrzeug realisiert ist. Aufgabenbereiche wiezum Beispiel dynamische Fahrgastinformation, Lichtsignalbeeinflussung,Übertragung von Fahrzeugzustandsdaten etc. werden allerdingsheutzutage mittels Mobilfunktechnik bzw. Satellitenortungsverfahreninfrastrukturarm umgesetzt.• Bei einem induktiven <strong>und</strong> optischen Leitsystem muss die Möglichkeitberücksichtigt werden, dass der Leitsignalträger ausfällt (z. B. Sendeausfallbeim Leitkabel; Schneefall bei der Kameraerfassung). Beieinem Odometrie-basierten Leitsystem werden dagegen eigenständigePermanentmagneten verwendet, die überdies auch nur als ergänzendesReferenzsystem der bordseitigen elektronischen Wegekartedienen.


B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n g 1 9 3• Induktive LeitsystemeBei dem in Fürth verwendeten Spurregelungssystem bestand die strekkenseitigeAusrüstung im Wesentlichen aus einem in der Deckschichtverlegten Kabel, das durch sogenannte Leitkabelsender gespeist wird,die zwei unterschiedliche Frequenzen erzeugen. Auf diese Weise entstehtum das Kabel ein konzentrisches elektromagnetisches Feld. Fahrzeugseitigwird dieses elektromagnetische Feld durch eine Antenne aufgenommen,durch die Fahrzeugelektronik im Soll-/Ist-Vergleich ausgewertet<strong>und</strong> mit dem ausgewerteten Signal die Lenkhydraulik angesteuert(JOCKUSCH, 1984, S. 88). Die Funktionsfähigkeit des induktiven Leitsystemskonnte nachgewiesen werden. Bemängelt wurde, dass eine genaueEinmessung des Leitkabels in Kurvenbereichen <strong>und</strong> das daran anschließendeSpurfräsen äußerst personalaufwändig ist (SNV 1986, S. 32).Bei den aktuellen Spurregelungsvarianten, beispielsweise in der Wartungsröhredes im Jahre 1993 eröffneten Eurotunnels oder dem TestbetriebMillennium Transit in London, beruht die Markierung des Sollkursesauf einem in die Fahrbahnoberfläche verlegten, paarigen Leitkabel. Beidem Testbetrieb Millennium Transit ist bemängelt worden, dass die Leitkabelanfällig bei Arbeiten an der ÖV-Trasse sind, Untergr<strong>und</strong>setzungenzu Lageveränderungen der Leiterschleifen führen sowie unebene Fahrbahnoberflächenim Haltestellenbereich eine spurgeregelte, spaltfreieAnfahrt erschwert. Diese Mängel beruhen aber in erster Linie auf einenmangelhaften Oberbau der Verkehrsflächenbefestigung, d. h. es kannhier nicht von einem systemimmanenten Mangel der Spurregelung gesprochenwerden. Insgesamt kam man bei Transport for London (TfL) zudem Schluss, dass die Spurregelungs-Technologie bei geringen Geschwindigkeitendurchaus einsatzfähig ist, darüber hinaus aber die TestphaseMängel offenbarte, die einen Fahrgastbetrieb ohne weiterreichendeMaßnahmen ausschließen.Der Fahrzeughersteller Neoplan benutzt als streckenseitige Infrastrukturebenfalls zwei parallele Leitkabel (Leiterschleifen), die in die Fahrbahndeckein 20 bis 30 mm Tiefe eingefräst verlegt werden. Im Betrieb wirdmit Wechselstrom ein präzises Magnetfeld zur Spurerkennung aufgebaut.Versorgt wird dieser Leitdraht alle 1500 m, d. h. entsprechend einer Leitdrahtlängevon 3000 m, durch eine Frequenzerzeugereinheit, an der achtverschiedene Frequenzen im Bereich von 5 - 25 kHz ausgewählt werdenkönnen. So ist es möglich, mehrere Leitdrähte exakt überdeckend zuverlegen, um mehrere Kurse durch linienspezifische Frequenzen zu realisieren(VDV 1999, S. 230).


1 9 4B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n g• Optisches LeitsystemDie Entwicklung des optischen Erkennungssystems Visée von MatraTransport geht auf Untersuchungen bis in das Jahr 1994 zurück, wenngleichursprünglich ausschließlich die Zugänglichkeit der Fahrzeuge aneiner Haltestelle im Vordergr<strong>und</strong> stand.$3>"" & # Streckenseitig werden Bodenmarkierungen verwendet, die sich aus zweiparallelen, gestrichelten Linien zusammensetzen. Die weißen Linien bestehenaus Längsstreifen von 50 x 10 cm, die in Längsrichtung im Abstandvon 50 cm <strong>und</strong> in Querrichtung im Abstand von 25 cm mit normalerzugelassener Straßenfarbe aufgebracht werden können (Bild B.31).$3+>" !- > #"2. -> "$10(,&$*$Die Kamera der optischen Spurführung, auf einer mittigen Traverse reflexionsfreiunmittelbar hinter der Frontscheibe in etwa 1,50 m Höhe überder Fahrbahnoberfläche angeordnet, erfasst die gestrichelten Linien, dievom Bordcomputer, der die Vorderachsen steuert, analysiert werden. DieKamera untersucht ständig ein Gesichtsfeld, das 0,50 m vor dem Fahrzeugbeginnt <strong>und</strong> sich r<strong>und</strong> 20 m voraus erstreckt (Bild B.32). Die Kameranimmt eine Gesamtmenge von Motiven auf, die zuerst wiedererkannt<strong>und</strong> für gültig erklärt werden müssen, bevor sie weiter ausgewertet werden.Die Abmessungen eines jeden Rechtecks müssen einer Toleranzprüfungstandhalten. Wenn die Abmessungen mehr als 10% von derForm der Regelmarkierung abweichen, werden sie vom System verworfen.Der Rechner beschränkt die weitere Auswertung nur auf die erfasstenMotive, die für gültig bef<strong>und</strong>en wurden.Fahrwegbezogene Einflüsse wie Kontraste <strong>zwischen</strong> Schatten <strong>und</strong> Sonneneinstrahlung,Lichtreflexe bei Regen, Schneefall, Dunkelheit, Farbwahlder Regelmarkierung, sonstige Fahrbahnmarkierungen (hier insbesondereLeitlinien, aber auch Doppellinien, Sperrflächen etc.) oder dasVorhandensein eines anderen Fahrzeugs vor der Kamera sollen das Erfassungssystemnicht beeinträchtigen. Dem Vernehmen nach funktioniertdas System auch, wenn bis zu 30% der Streifen abgedeckt sind.Zwei mögliche Fälle können während des Auswertungsvorgangs der optischenStreckenerfassung auftreten: Entweder hat der Rechner genügendMesspunkte zur Verfügung, um die Linienführung rekonstruieren zukönnen, oder er stellt fest, dass die Anzahl der gültigen Motive unzureichendist <strong>und</strong> er gezwungen ist, dem Fahrzeugführer „das Steuer zuüberlassen“. Der Fahrer hat sich folglich in ständiger Bereitschaft zu finden.Beachtenswert ist an dieser Stelle auch die Meinung der Fahrer inClermont-Ferrand, wo die Inbetriebnahme des Leitsystems für den Linienverkehrerfolgt: Keine Entlastung, sondern zusätzliche Verantwortung!Dies bedeutet aber nicht, dass die Fahrer den Lenk-Assistenten gr<strong>und</strong>sätzlichablehnen.


B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n g 1 9 5• Odometrie-basiertes LeitsystemBei dem Phileas-Projekt kommt ein an der Technischen Universität Eindhovenanwendungsreif entwickeltes magnetisches Referenzsystem zumEinsatz. FROG (Free Ranging On Grid) Navigation Systems ist verantwortlichfür die Realisierung des Spurregelungssystems in Eindhoven.Das Odometrie-basierte Erkennungssystem umfaßt zwei Elemente:Odometrie <strong>und</strong> Kontrollpeilung. Zunächst verfügt jedes Fahrzeug bordautonomüber eine elektronische Karte der Umgebung, in der gefahrenwerden soll. Im Linienbetrieb ist das Gr<strong>und</strong>satzmerkmal von Nutzen,dass sich die Fahrzeuge auf „bekannten“ definierten Fahrstrecken bewegen,die sie in der Regel nicht verlassen. Mit derzeitiger Computer-Leistungsfähigkeit werden die zurückgelegten Fahrtabschnitte vollautomatischanalysiert <strong>und</strong> die Abfolge der Lenkbefehle aus einer Memory-Datenbank abgerufen. Parallel werden bei einer Fahrt die zurückgelegteEntfernung <strong>und</strong> die Geschwindigkeit durch das Zählen der Anzahl derRadumdrehungen (Odometrie) kontrolliert. Auch Richtungsänderungenwerden vom Fahrzeug erfasst.$33(-56>" ' -"$Die Odometrie ist eine relative Positionsbestimmung. Die neue Positionwird dabei aus einer vorher bekannten Position plus zurückgelegterWegstrecke errechnet. Es werden Signalgeber an den Rädern verwendet,um den zurückgelegten Weg des Fahrzeugs messen zu können. DieOdometrie liefert bei der Wegstreckenerfassung auf kurzen Distanzensehr genaue Ergebnisse. Allerdings entstehen auch Fehler, die mit zunehmenderEntfernung wachsen. Die Räder können rutschen (Schlupf),unterschiedliche Durchmesser haben (Reifenluftdruck), oder es könnendurch unebene Fahrbahndecken falsche Entfernungen gemessen werden(DER, PANTZER 2000, S. 2).Bei dem Phileas-Projekt werden deshalb für die Verifizierung der Fahrzeugpositionals magnetisches „Referenzsystem“ Permanentmagnetengenutzt, die in der Fahrbahndecke verklebt werden (Bild B.33). Die Positiondieser Detektoren ist in der Steuerung gespeichert <strong>und</strong> Bestandteilder elektronischen Karte. Mehrere voneinander unabhängige Magnetsensorenbändersind quer zur Wagenkastenbreite unter dem Fahrzeugangebracht <strong>und</strong> erkennen die genaue Lage der induktiven Positionsmarkerüber deren Magnetfeld. Durch Registrierung der Permanentmagneteninnerhalb der definierten Linienstrecke wird der genau eingemesseneDetektorstandort <strong>und</strong> damit die betreffende Fahrzeugposition bis auf20 mm genau erkannt (Kontrollpeilung) <strong>und</strong> der aktuelle Meßfehler erkannt.Die Permanentmagneten werden r<strong>und</strong> alle vier Meter benötigt. ZurAnwendung soll darüber hinaus zu einem späteren Zeitpunkt ein Echtzeit-Lernverfahrenzur Fehlerbegrenzung kommen.


1 9 6B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n gB.5.4 RegelprozessBei allen Leitsystemen verarbeiten Mikroprozessoren im Fahrzeug Informationenüber die erfassten Streckendaten, Distanzentfernung <strong>und</strong> diemomentane Geschwindigkeit in ständiger Folge. Nach der Umformung inLenkbefehle wird eine Hydraulikeinheit, bestehend aus Pumpe, Regelventil<strong>und</strong> Lenkzylinder, an den jeweiligen lenkbaren Achsen angesteuert,um das Fahrzeug in der Spur zu halten (Abbildung B.1).(""$1 .&01%6&(0Neben den induktiven, optischen <strong>und</strong> Odometrie-basierten Leitsystemenzur Streckenrekonstruktion sind darüber hinaus eine Vielzahl von Messwertgebernüber einen spurgeregelten Omnibus zu verteilen. In Echtzeitwird eine bestimmte Anzahl von fahrzeugbezogenen Parametern, wiez. B. der Drehwinkel des Steuerrades, Gier-, Nick- <strong>und</strong> Wankbewegungenetc. erfasst. Diese Daten werden unter Bezugnahme mathematischerRechenschemata über das dynamische Verhalten ausgewertet <strong>und</strong> alsLenkbefehle dem elektrischen Steuerungsmotor, der die Vorderräder anStelle des Fahrzeugführers lenkt, übertragen. Die Nachmodellierung desdynamischen Verhaltens hängt auch von den spezifischen Merkmalendes jeweiligen Einzelfahrzeugs ab <strong>und</strong> bedarf einer korrektiven Inbetriebnahme.Im Gegensatz zu der automatisierten Spurregelung reagiert derhandlenkende Fahrzeugführer instinktiv aufgr<strong>und</strong> seiner Erfahrungswerte<strong>und</strong> seiner Kenntnisse über die Lenkeigenschaften des Fahrzeugs.Die ausgereifte Entwicklung des Regelungsprozesses genügt im Ergebnismittels Dämpferelementen bereits den Ansprüchen eines hohenFahrkomforts, <strong>und</strong> die elektro-hydraulischen Lenkbewegungen werdenruckfrei ausgeführt. Die praktisch umsetzbare Ablaufgeschwindigkeit desRegel- <strong>und</strong> Steuerungsprozesses ist deutlich höher als die aus Komfortgründeneinzuhaltende Geschwindigkeit in einem Kreisbogen. Die aufgezeichneteAbweichung variiert über der Länge eines Kreisbogens bei allenSystemen nur <strong>zwischen</strong> 50 <strong>und</strong> 60 mm.


B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n g 1 9 7B.5.5 Deaktivierung der Spurregelung imGefahrenmomentDer Fahrer kann bei allen Leitsystemen jederzeit durch Übersteuern dieKontrolle über das Fahrzeug übernehmen <strong>und</strong> auf konventionelle Weisehandgelenkt weiter steuern. Ein ruckartiges Bewegen des Lenkrads beidem Versuch, einem Hindernis auszuweichen, hat das Abschalten derSpurregelung zur Folge, begleitet von einem akustischen Signal. Allgemeinwar bei ersten Technologieträgern mit einer berührungsfreien Spurregelunghierzu das Drücken eines Notschalters notwendig. Nach demUmfahren des Hindernisses <strong>und</strong> der handgelenkten Rückpositionierungüber der Sollspur kann nach Betätigen eines Sicherheitsschalters dieSpurregelung reaktiviert werden. Bei allen berührungsfreien Spurregelungenist dies an beliebiger Stelle denkbar. Eine Geradeausfahrt erscheintaber hierbei zweckmäßig.Es wurden zahlreiche Versuche beispielsweise von Matra Transport sowieAlstom durchgeführt, um die Reaktionszeit des Fahrers im Falle einesVersagens der optischen Spurführung auszuwerten. Der Ausfall desLeitsystems wird durch das Aufleuchten einer Kontrolllampe <strong>und</strong> einerleichten Vibration im Steuerrad begleitet, um den Fahrer zu warnen, dassdie Spurregelung deaktiviert wird. Nach Angaben von Matra Transportzeigte sich, dass der Fahrer sein Verhalten ganz von selbst dem möglichenRisiko anpasst. So steht bei einem Ausfall der Spurführung für ihnauf freier Strecke der Fahrkomfort der Fahrgäste im Vordergr<strong>und</strong>, indemer sein Fahrzeug ruhig immer wieder auf die ideale <strong>Bahn</strong> zurückbringt,ohne das Lenkrad ruckartig zu bewegen, während er, wenn er auf verengterFahrbahn ohne Sicherheitsabstand fährt, unmittelbar reagiert, umdas Fahrzeug „abzufangen“.Alstom hat die maximale Reaktionszeit des Fahrers bis zum Abfangendes Fahrzeuges auf 2 sec festgelegt. Alstom lässt hierbei allerdings offen,ob diese Reaktionszeit <strong>und</strong> ein situationsbezogen richtiges Verhaltenbei allen Fahrern auch bei einer sich einstellenden Alltagsroutine erwartetwerden kann.Bei dem Phileas-Projekt setzt man auf eine simulatorgestützte Auswertungdes Fahrerverhaltens während Fahrten mit aktivierter Spurregelung.In Zusammenarbeit mit der Universität Groningen wird hierzu ein Fahr<strong>und</strong>Verkehrssimulator verwendet, d. h. es wird ein sogenannter interaktiverVerkehr simuliert, der Teilnehmer des Individualverkehrs repräsentiert.Der Fahr- <strong>und</strong> Verkehrssimulator soll neben zu trainierenden Bedienhandlungenbei betriebsgefährdenden Situationen auch zur Aus- <strong>und</strong>Weiterbildung der Fahrer verwendet werden.


1 9 8B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n gB.5.6 SicherheitsaspekteDie nach dem heutigen Kenntnisstand bei berührungsfreien Spurregelungenauftretenden Fehler <strong>und</strong> Störungen von außen <strong>und</strong> innen werdenerkannt. Im Rahmen der Selbst-Überwachung des Systems führt dies zuKorrekturen oder bei Überschreiten der vorgegebenen Toleranzbreitenach vorherigen Warnungen des Fahrzeugführers zum Abschalten derAutomatik. Dennoch wird vorrangig zu untersuchen sein, wie eine Fehlerentdeckungszeitbei eingeschalteter Spurregelung gegen Null sichergestelltwerden kann sowie ein Systemausfall gerade im Falle des Betriebswechselsfolgenlos bleibt bzw. wie eine erneute Inbetriebnahmenach einem Systemausfall abzulaufen hat.Um eine schnelle Reaktion des Fahrers bei einer Fehlererkennung odereiner betriebsgefährdenden Situation überhaupt zu gewährleisten, wirdeine Dienstanweisung vorgeben müssen, dass der Fahrzeugführer beiaktivierter berührungsfreier Spurregelung die Hände griffbereit am Lenkradzu belassen hat. Eine gründliche Fahrerausbildung mit Störfalltraining<strong>und</strong> Reaktionstest, sowie praxisbezogene Nachschulung <strong>und</strong> Weiterbildungsind geboten.Bei schmieriger Fahrbahn, bei Glatteis <strong>und</strong> Schneefall ist die Spurführungauszuschalten, da berücksichtigt werden muss, dass bei Überschreitungder zulässigen Reibwerte <strong>zwischen</strong> den Reifen <strong>und</strong> der Fahrbahn in jedemFall eine unsichere Fahrsituation, anders als bei der mechanischenSpurführung oder -regelung, entsteht. Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt: Die Verantwortungfür das Fahrzeug liegt beim Fahrer. Im Zweifelsfall ist die Spurregelungauszuschalten, um den Sicherheitsansprüchen zu genügen. Folglichist es unumgänglich, die Fahrwegbreite derart zu bemessen, dass eineTrasse für einen spurgeregelten Betrieb auch handgelenkt befahren werdenkann, wenngleich hierbei eine verminderte Fahrgeschwindigkeit angesetztwerden könnte.Die Ermittlungen des lichten Raumbedarfs bei eingeschalteter Spurregelungbeinhalten die üblicherweise konstruktiv oder betrieblich vorgegebenenSpiele <strong>und</strong> Verschleiße, Bautoleranzen sowie Unstetigkeiten beimLauf des Fahrzeugs (Windkräfte etc.) zuzüglich einer Toleranzbreite zubeiden Seiten zur Ausregelung festgestellter Spurabweichungen. AusgeführteFahrversuche zur Bestimmung einer Toleranzbreite schließendas Überfahren von kleinen Hindernissen, den Ausfall einer Radbremsean der Vorderachse, eine Vollbremsung bei ungleichem Reifenluftdrucksowie Vollbremsungen mit ungleichem Reibbeiwert oder plötzlichemLuftverlust in einem Reifen der Vorderachse mit ein. So wurde bereits1985 im Rahmen der begleitenden Untersuchungen zum Demonstrationsbetrieb„Elektronische Spurführung in Fürth“ festgestellt, dass bei allenoben aufgeführten Fahrversuchen bei einer Geschwindigkeit von50 km/h eine vorgegebene Toleranzbreite von 150 mm nach jeder Seiteals ausreichend angesehen werden kann (SNV 1985, Anlage 2, Blatt 4).


B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n g 1 9 9Zusätzlich ist für den Fall des plötzlichen Verlustes der Haftreibung bzw.eines plötzlichen technischen Ausfalls ein profilüberschneidungsfreier Sicherheitsabstandzu definieren, damit dem Fahrzeugführer hinreichendReaktionszeit verbleibt, um das Fahrzeug ohne Betriebsgefährdung perHand sicher auf die Sollspur innerhalb des lichten Raumes zurückzulenken.Der Sicherheitsabstand wäre ab einer Geschwindigkeit v > 30 km/hauf der freien, geraden Strecke stetig zu vergrößern. Insbesondere in einemgekrümmten Trassierungselement bei Fahrt im Innenbogen führt eintechnischer Ausfall ohne bauliche Nothilfsführung zu einer betriebsgefährdendenSituation, da das Lichtraumprofil der äußeren Spur ohne sofortigesEingreifen des Fahrers berührt oder gar gekreuzt wird.Bei dem Testbetrieb Millenium Transit wurde von der zuständigen Abnahmebehörde,Her Majesty’s Railway Inspectorate (HMRI), die prinzipielleEingreifmöglichkeit des Fahrers in einer betriebsgefährdenden Situationals eher gering abgeschätzt. Folglich ist dort die fahrzeugseitige Ausrüstungals Eisenbahn-ähnliche Spurführung eingestuft worden, welcheszum einen eine aufwändige kilometrierungsbezogene Sicherheitsanalysefür den Fall eines Systemversagens in Abhängigkeit der Trassierungsabfolgesowie zum anderen eine Leitkante als mittige Fahrspurabgrenzungder Richtungsfahrbahnen erforderlich machte.Unter Berücksichtigung möglichen Beeinflussungen (Fahrzeugumrisslinie,Toleranzbreite <strong>und</strong> geschwindigkeitsabhängiger Sicherheitszuschlag)kommt es demzufolge bei einer berührungsfreien Spurregelung auf freierStrecke nicht zu einer signifikanten Einsparung der Verkehrsfläche, soferneine Degradierung des Regelungssystems mit einbezogen werdenwird. Im Gegenteil, es ist damit zu rechnen, dass der Flächenbedarf mitZunahme der Geschwindigkeit sogar den Bedarf der Handlenkung übersteigt.Ein sehr kostenintensiver Lösungsansatz, der dennoch eine Einsparungvon Verkehrsfläche ermöglichen könnte, wäre das Vorhalten einerdreifach red<strong>und</strong>anten Fahrzeugausrüstung. Damit könnte zumindestein technischer Ausfall der bordseitigen Spurregelung nach menschlichemErmessen ausgeschlossen werden.B.5.7 Passive NothilfsführungUm die Fahrt bei einer Geschwindigkeit höher als 30 km/h uneingeschränktbetriebssicher auch auf einer engen Straße ohne ausreichendenseitlichen Sicherheitsabstand durchführen zu können, wäre es ohne red<strong>und</strong>anteFahrzeugausrüstung erforderlich, Leitkanten sowie Tastrollenam Fahrzeug vorzusehen, die als Rückfallebene im Falle eines Versagensder berührungsfreien Spurführung dienen.Ein Wechsel auf eine mechanische Spurregelung – siehe O-<strong>Bahn</strong> in Essenoder Adelaide – ist nicht ohne Weiteres möglich, da das für den Regelbetriebeiner berührungsfreien Spurregelung erforderliche Spurspielim Widerspruch zu der bei der mechanischen Spurregelung erforderli-


2 0 0B e r üh r u n g s f r e i e S p u r r eg e l u n gchen Vorspannung <strong>zwischen</strong> Führungsrolle <strong>und</strong> Leitkante steht. Hier wirdbei gestörter Spurregelung nur eine Langsamfahrt möglich sein. Dieskann natürlich von vornherein durch den Verzicht auf eine berührungsfreieSpurregelung umgangen werden <strong>und</strong> durch das planmäßige Fahrenunter Vorspannung (entsprechend dem O-<strong>Bahn</strong>system) ersetzt werden.Das Zurückgreifen auf eine aufragende Leitkante – egal ob zum Zweckeeiner passiven Nothilfsführung oder als abtastbare Leitinformation – erscheintallerdings unter dem Aspekt der städtebaulichen Integration gleichermaßenproblematisch.B.5.8 Abschätzung der <strong>Einsatzbereiche</strong>Die Anwendung einer berührungsfreien Spurregelung führt bei hohenGeschwindigkeiten zu keiner Verkehrsflächeneinsparung, da Sicherheitszuschlägeauch bei einem funktionstüchtigen Regelungssystem zu berücksichtigensind. Zudem ist der Betrieb von einzelnen Fahrzeugen ohnefunktionstüchtiger Spurregelung oder mit einer vom Fahrer eigenverantwortlichdeaktivierter Spurregelung sowie eine tragbare Außerbetriebnahmeder Spurregelung bei ungünstigen Witterungsverhältnissen oderSenderausfall ohne Betriebseinschränkung zu gewährleisten.Darüber hinaus ist bei einer Auslegung als Fahrer-Assistenz-System bisherdie Frage der Sicherstellung einer richtigen, situationsbezogenenReaktion des Fahrzeugführers auf ein plötzliches Versagen der Spurregelungnoch unzureichend geklärt. Die Sicherheit des Betriebes hängt imVersagensfall von der Aufmerksamkeit des Fahrers <strong>und</strong> seiner Reaktionsfähigkeitab – ein Sicherheitskonzept, welches den Umstand vernachlässigt,dass sich eine Alltagsroutine einstellt, die zu einem menschlichenFehlverhalten bei einem plötzlichen Störfall führen kann. Es stelltsich gr<strong>und</strong>sätzlich die Frage, wieso man den Fahrer von der physischenKurbelarbeit entbinden sollte, ihn gleichzeitig als „Rückfallebene“ für dieautomatisierte Kurbelarbeit in die Verantwortung nimmt, obwohl bei einerberührungsfreien Spurregelung ausreichend Verkehrsfläche auch für einen,unpräziseren handgelenken Fahrbetrieb vorhanden ist.Darüber hinaus steht zu vermuten, dass insbesondere durch eine umfassendeFahrerausbildung mit einem regelmäßigen Störfalltraining, durchdie korrektive Inbetriebnahme der Spurregelung sowie die fortwährendeInfrastrukturwartung nicht unbeträchtliche Nebenkosten bei einer Kostenrechnungberücksichtigt werden müssen.$380-9 * (7& - /9 # />"$9'9(#Als Einsatzgebiete können nichts desto trotz Zonen niedriger Geschwindigkeit,also Haltestellenbereiche, Fußgängerzonen <strong>und</strong> Rangierfahrtenauf Betriebshöfen ins Auge gefasst werden. Bisherige Erfahrungen zeigenaber, dass es eben für diese Bereiche auch bewährte konventionelleMaßnahmen gibt oder ein vordringlicher Handlungsbedarf nicht besteht.


V e r g l e i c h e n d e B e w e r t u ng d e r Q u e rf üh r u n g s t e c h n i k e n 2 0 1B.6 Vergleichende Bewertungder QuerführungstechnikenB.6.1 Breitenbedarf der BetriebsanlagenVielfach wird angeführt, dass eine automatische Querführung für die Einrichtungvon separaten Richtungsfahrbahnen in einem beengten Straßenraumbenötigt wird, um eine Inanspruchnahme der knappen Verkehrsflächemöglichst gering zu halten. Hier stellt sich gr<strong>und</strong>sätzlich sichdie Frage, ob in einem beengten Straßenraum zur Gewährleistung einesstörungsfreien Betriebs für handgelenkte Fahrzeuge <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong><strong>Bahn</strong> überhaupt das konventionelle Trennungsprinzip zur Anwendungkommen muss.• Zu überprüfen ist beispielsweise, ob einem handgelenkten <strong>Bus</strong> nichteine r<strong>und</strong> 3.50 m breite Mittelspur zugeordnet werden kann, die, jenach Staulage entweder innenstadtwärts oder auswärts führend, denFahrzeugen zur Verfügung gestellt werden kann. Die Verwendungder <strong>Bus</strong>technologie lässt diesen Richtungswechselbetrieb offen.• Des Weiteren wäre zu überprüfen, ob bei einem Verzicht auf einebeengte, getrennte ÖV-Trasse nicht die Führungsform „DynamischeStraßenraumfreigabe“ – mit dem ÖV-Fahrzeug als Pulkführer übereinen Streckenzug hinweg – eine flächensparende Alternative darstellt,sofern auch hier bei der Einrichtung eine gesicherte Bezuschussungin Aussicht gestellt wird.Bei der Anwendung des konventionellen Trennungsprinzips jedenfallskommen folgende Überlegungen zum Tragen: Der <strong>Bus</strong> benötigt nachAuffassung der Verkehrsbetriebe handgelenkt in der Geraden bei Gegenverkehrmindestens eine <strong>Bus</strong>fahrstreifenbreite von 6.50 m, ohne dassKomplikationen bzw. Zeitverluste im Begegnungsverkehr zu erwarten wären.Forschungsarbeiten zu Anfang der neunziger Jahre kommen gar zudem Schluss, dass eine Regelfahrbahnbreite von 6.00 m für den Begegnungsfall<strong>Bus</strong>/<strong>Bus</strong> insbesondere <strong>zwischen</strong> Hochborden (beispielsweiseÖPNV-Trassen in Mittellage) als ausreichend anzusehen ist (MATTHEß1994, S. 8, Bild B.35). Alstom gibt bei dem Projekt Millennium Transit inden zur Zulassung vorgelegten Unterlagen einer berührungsfreien Spurregelungdagegen eine Trassenbreite von 7,10 m an – ohne in den ge-$37.$


2 0 2V e r g l e i c h e n d e B e w e r t u ng d e r Q u e rf üh r u n g s t e c h n i k e nkrümmten Trassenabschnitten aus Sicherheitsgründen auf eine mittige,bauliche Abtrennung durch Hochbordsteine verzichten zu können (Alstom1998/a, S. 6).$3='. H51 >H "; "" /;&B"$Erscheint die Einrichtung eines besonderen Fahrkörpers im beengtenStraßenraum zwingend notwendig, sollte deshalb auf ein mechanischspurgeführtes Fahrzeug <strong>und</strong> einen kleinprofiligen Wagenkasten zurückgegriffenwerden. Bei einem Einsatz eines Kleinprofilfahrzeugs mit einerBreite von 2.20 m nimmt ein solches mechanisch geführtes Verkehrsmittelbei doppelter Gleislage unter 5.50 m Straßenraumbreite ein, auchim Bereich von Gleisbögen. Kapazitätsprobleme durch die geringe Wagenbreitekönnen durch eine entsprechende Fahrzeuglänge im 30 m -Bereich vermieden werden.Zusammenfassend ist festzuhalten, dass• im Vergleich zur Betriebsweise Handlenkung unter Beibehaltung derEntwurfsgeschwindigkeit mindestens einen Meter Verkehrsfläche inder Geraden eingespart werden kann – zur einen Hälfte durch einemechanische Querführung <strong>und</strong> zur anderen Hälfte durch die Wahleines Kleinprofil-Fahrzeugs (Bild B.36 u. B.37). Bei enger Kurvenfahrtkann eine Einsparung des Verkehrsflächenbedarfs je nach Gelenk-<strong>und</strong> Fahrwerkausbildung bedeutend größer sein.$3@"H O/- H # H >/ $&%*0',.*1• berührungsfreie Spurregelungen ohne passive Nothilfseinrichtungeninfolge eines geschwindigkeitsabhängigen Sicherheitszuschlags(Rückfallebene Fahrer) keine wesentliche Verkehrsflächenreduzierungengegenüber einem handgelenkten Betrieb bringen. Die Spurtreueinsbesondere bei Kurvenfahrten setzt in erster Linie eine Allradlenkung<strong>und</strong> nicht eine berührungsfreie Spurregelung voraus.B.6.2 Einsatzempfehlung der QuerführungstechnikenEs sei darauf verwiesen, dass verkehrspolitische Aspekte bei der Einführungsstrategieeiner Querführung kaum einschätzbar sind. So wird inDiskussionen immer wieder angeführt, dass bei Verwendung der <strong>Bus</strong>technologienur ein automatisch quergeführtes Kapazitätsfahrzeug imZuge des Neuartigen die Möglichkeit bieten könnte, das Privileg einesbeschleunigten oder gar bevorrechtigten Fahrwegs im Rahmen kommunalpolitischerEntscheidungen zugesprochen zu bekommen <strong>und</strong> auf diesemWege an Schnelligkeit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit im Betriebsablauf zu gewinnen.In diesem Zusammenhang wird die Wichtigkeit psychologischerAspekte einer zum Beispiel innovativen Spurregelung insbesondere vonFachkollegen aus Frankreich betont:


V e r g l e i c h e n d e B e w e r t u ng d e r Q u e rf üh r u n g s t e c h n i k e n 2 0 3Die berührungsfreie Spurregelung eignet sich als ergänzendeFahrhilfe bei der Haltestellenanfahrt. Sofern ein Fahrzeug bereits für eineberührungsfreie Spurregelung optional konzipiert worden ist – wie diesserienmäßig bei Neoplan, Phileas <strong>und</strong> dem Civis der Fall ist – kann ohnebesonderen technischen Aufwand über einen fahrzeugseitigen Sensor<strong>und</strong> einem Leitsystem die exakte, millimetergenaue Einfahrt <strong>und</strong> Positionierungermöglicht werden. Der spaltfreie Halt an einer <strong>Bus</strong>station kannso bei einer zukünftigen Ausbauphase berücksichtigt werden. Bei geraderHaltestellenanfahrt ist allerdings der Selbstlenkungseffekt an Formsteinenzur Minderung der Spaltbreite nahezu gleichwertig, sofern geschulteFahrer zum Einsatz kommen.Die mechanische Spurregelung an Leitkanten ist ausdrücklich zuempfehlen bei kreuzungsfreien Sonderschnellfahrwegen.Die Anwendungder Spurbustechnologie empfiehlt sich – unabhängig von der Länge desFahrzeugs – bei folgenden Streckenmerkmalen:• bei einem längeren kreuzungsfreien Fahrweg <strong>und</strong> Geschwindigkeitenüber 70 km/h – zur Erhöhung der betrieblichen Sicherheit,• bei baulich aufwendigen Sonderfahrwegen – zur Kosteneinsparungdurch einen reduzierten Querschnitt insbesondere bei Ingenieurbauwerken<strong>und</strong>• bei einer Mitbenutzung von Schienentrassen – zur Einhaltung desLichtraumprofils.Eine bimodale Betriebsweise ist aus betrieblicher Sicht bei Anwendungeiner Monoschiene nicht notwendig:• Über 25,00 m Fahrzeuglänge muss mechanisch quergeführt gefahrenwerden, unter 25,00 m Fahrzeuglänge genügt eine Mehrachslenkung.Bei einer Fahrzeuglänge, die in ihren Abmessungen diegrößtmögliche, zulassungssfähige Länge überschreitet (in jedem Fallbei Fahrzeuglängen über 25,00 m), ist nur die mechanisch geführte,straßenbahnähnliche Betriebsweise möglich.• Im Bereich unter 25,00 m liefert bei nicht kuppelbaren Fahrzeugendie Monoschiene eine hilfreiche, aber betrieblich nicht zwingend erforderlichewitterungsunabhängige Fahrpräzision. Die Anwendungeiner Spurführung bei Fahrzeuglängen weniger 25,00 m ist betrieblichnicht zu begründen, sofern es sich nicht um kreuzungsfreie Sonderschnellfahrwegehandelt oder die geringere Breite des Fahrwegszu einer Kosteneinsparung führt, die größer ist als die Mehrkosten fürEinrichtungen <strong>und</strong> Instandhaltung der Spurführung an Fahrzeugen<strong>und</strong> Fahrweg. Andernfalls hängt die Anwendung einer Spurführungbei 25 m - Kapazitätsfahrzeugen auf Basis der <strong>Bus</strong>technologie einzig<strong>und</strong> allein von den Mitteln ab, die den Betreibern zur Verfügung gestelltwerden.


2 0 4V e r g l e i c h e n d e B e w e r t u ng d e r Q u e rf üh r u n g s t e c h n i k e nB.6.3 Zusammenfassung• Bei einer Fahrzeuglänge über 25,00 m ist eine mechanischeQuerführung zur Gewährleistung der allgemeinen Verkehrssicherheitzulassungsrechtlich notwendig. Daneben können städtebaulicheAspekte <strong>und</strong> ein Verkehrsflächenmangel hinreichende Argumentationshilfenbei der Wahl des Konzepts einer Kleinprofil-Straßenbahnmit einer Fahrzeugbreite b ≤ 2.20 m sein.• Bei Fahrzeuglänge unter 25,00 m stehen mit der Mehrachslenkung<strong>und</strong> der Verwendung von Formsteinen im Haltestellenbereichprofilierte Formsteine zur Verfügung, die bei einer sorgfältigen Planungder An- <strong>und</strong> Abfahrt den betrieblichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Belangengenügen. Ein Betriebswechsel <strong>zwischen</strong> der mechanischenFührung an einer Monoschiene <strong>und</strong> Handlenkung erfordert enormentechnischen Aufwand zur Gewährleistung eines betriebssicheren Ein<strong>und</strong>Ausfädelns.• Die erprobte mechanische Spurregelung steht für den speziellenFall eines unabhängigen Sonderschnellfahrwegs zur Verfügung.• Der Einsatz einer berührungsfreien Spurregelung auf freierStrecke (v > 30 km/h) führt zu keiner Verkehrsflächeneinsparung <strong>und</strong>wirft systemimmanente Sicherheitsfragen auf.• Haltestationen (h > 160 mm) bedürfen unabhängig des Einsatzeseiner berührungsfreien Spurregelung oder Handlenkung einer Anordnungim Verkehrsraum, die eine geradlinige <strong>und</strong> bordparalleleAnfahrt zulässt.


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207Anhang CStraßenbündige Stromzuführung


208


E i n f üh r u n g 2 0 9C.1 EinführungC.1.1 ZielsetzungDie Projekte zur straßenbündigen Stromzuführung für elektrische <strong>Transportsysteme</strong><strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> haben ihren Ursprung in demWunsch, abschnittsweise oder vollständig eine Oberleitungsanlage zuvermeiden, die besonders als Hochkettenfahrleitung in architektonischoder historisch wertvollen Stadträumen als unschön empf<strong>und</strong>en wird. Sieentstammen damit weniger der Forderung nach einer betrieblichen Optimierungvon Fahrzeugantrieb, Energieversorgung <strong>und</strong> Fahrleitungsanlageals vielmehr ästhetischen <strong>und</strong> städtebaulichen Aspekten. Hinter derEntwicklung einer straßenbündigen Stromzuführung steht das Bekenntniszum elektrischen Fahrantrieb mit einer externen Stromversorgung, allerdingsohne den vielfach hervorgehobenen Kritikpunkt einer hängendenFahrdrahtanlage. Die Verkehrsgeschichte kennt zahlreiche Lösungen<strong>und</strong> Anwendungen solcher Systeme gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts(Bild C.1).!$-2H / . / /.:". X PAD


2 1 0E i n f üh r u n grührungsfreie Spurregelung, u. a. auch in Kombination mit der Energieversorgungaus der Fahrbahn, mit in die Betrachtung einbezieht.In Frankreich war das Straßenbahnvorhaben von Bordeaux der Auslöserfür eine Anzahl ähnlicher Projektstudien. Eine Arbeitsgruppe, bestehendaus Ingenieuren <strong>und</strong> Betreibern von Nahverkehrssystemen, hat sich1997 mit dem Ziel gegründet, eine betriebstaugliche Lösung einer straßenbündigenStromzuführung zu erarbeiten. Einige Konstrukteure habenLösungen vom Typ „3. Schiene in der Erde“, also unterirdische Stromzuführung,vorgeschlagen, ohne bestimmte Neuerungen <strong>und</strong> im Ganzengenauso problematisch wie jene, die schon in den 90er Jahren des vorigenJahrh<strong>und</strong>erts in zahlreichen europäischen <strong>und</strong> amerikanischenStädten existierten.Neue Ansätze stammten von der SGTE (Société Générale deTechniques et d’Études, Tochtergesellschaft von SPIE Enertrans). DieEnergieversorgung erfolgt bei dem sogenannten Innorail-System mit Hilfevon kurzfristig stromleitenden Abschnitten, die elektrisch voneinanderisoliert sind <strong>und</strong> deren Zuschaltung gleichlaufend mit der Fahrzeugbewegungdurch elektromechanische Schalter zustande kommt. Später meldeteAlstom (vormals Cégélec) 1998 ein Patent auf ein ähnliches Systeman, genannt ALISS, welches durchaus mit der Konzeptidee der SGTEvergleichbar ist. Bei einer Gegenüberstellung der beiden Entwicklungenfällt auf, dass die Schaltvorgänge bei Alstom nicht mit elektromechanischenSchaltern sondern mit Hilfe von IGBT-Transistoren auf elektronischeWeise erfolgen. IGBT (Insulated Gate Bipolar Transistor) sindHochleistungs-Transistoren, die ein- <strong>und</strong> ausgeschaltet werden. Bei beidenfranzösischen Systemen wird die Stromversorgung eines Einspeisungspunktsinnerhalb eines entsprechenden Streckenabschnitts perFreigabekontrolle gesteuert.Es liegt auf der Hand, dass die Hauptschwierigkeit für alle diese Stromabnehmersystemedarin liegt, eine perfekte Sicherheit gegen Berührungspannungsführender Teile zu garantieren. Das Hauptrisiko ist ein – unbemerktvon der Sicherheitslogik – unkontrolliert spannungsführendesSegment <strong>und</strong> damit die Gefährdung von Personen <strong>und</strong> Betriebsmitteln.Die unterschiedlichen von Ansaldo, SGTE <strong>und</strong> Alstom vorgeschlagenenVerfahren <strong>und</strong> damit die Konsequenzen, die sie im Hinblick auf Instandhaltung,Funktionstüchtigkeit <strong>und</strong> Verfügbarkeit nach sich ziehen, zeigenvor allem Unterschiede in der Herangehensweise zur Gewährleistung derSicherheit <strong>und</strong> natürlich auch hinsichtlich der Kosten des Systems.


S y s t e m S t r e a m 2 1 1C.2 System StreamC.2.1 AllgemeinesDas Konzept von Ansaldo, genannt Stream (Sistema di Trasporto Elettricoad Attrazione Magnetica), umfasst ein bimodales Fahrzeug, das einerseitsfür die elektrische Energieversorgung über die Straße ausgerüstetist <strong>und</strong> andererseits über eine an Bord befindliche Traktionsbatterieverfügt. Das Funktionsprinzip des Stromversorgungssystems beruht aufeinem Band aus einem ferro-magnetischen Material, an dem oberhalb<strong>und</strong> unterhalb jeweils ein Leiter angebracht ist. Eine Isolationsschichtliegt <strong>zwischen</strong> jedem Leiter <strong>und</strong> dem mittigen Magnetband. Der positivespannungsführende Leiter ist oberhalb, der negative Rückleiter ist unterhalbdes Magnetbands angeordnet (Abbildung C.1).!$+; ".. # > (0.(&'%1'((""!$. 2 .. 2(*B'1,.!C.2.2 FunktionsweiseDas Fahrzeug, in Triest ein Omnibus, ist mit einem unter dem Fahrzeugrahmenkardanisch aufgehängten Gleitschlitten als Stromabnehmer ausgestattet,der einen Permanentmagneten enthält sowie einen positiven<strong>und</strong> einen negativen Kontaktschuh als Schleifer (Bild C.2 u. C.3). DerGleitschlitten ist an einem beweglichen Tastarm montiert, um Fahrzeug-!$3; ".. #. (0.(&'%1'(


2 1 2S y s t e m S t r e a m!$8'2 ".. (. (0.(&'%1'(bewegungen von knapp 70 cm zu beiden Seiten der Streckenachse zuerlauben, da beabsichtigt ist, das Fahrzeug auch im alltäglichen Verkehrsgeschehenvom Fahrzeugführer ohne automatische Querführungsteuern zu lassen. Die Verbindung des Stromabnehmers mit den positiven<strong>und</strong> negativen Kontaktschienen wird elektro-magnetisch aufrecht erhalten.Über eine Anlege- <strong>und</strong> Abzugsvorrichtung kann gegebenenfallsein Wechsel <strong>zwischen</strong> der bordinternen <strong>und</strong> der externen Energieversorgungeingeleitet werden. Das Abheben des Stromabnehmers kann auchwährend der Fahrt erfolgen, wohingegen ein Absenken nur bei Fahrzeugstillstand(Haltestelle) <strong>und</strong> bei in Längsrichtung genauer Positionierungmöglich ist.!$ /#2 /(0.(&'%1'(Bei der Überfahrt des Fahrzeugs zieht der Magnet des Gleitschlittens dasbiegsame Magnetband an <strong>und</strong> setzt ein oder zwei Kontaktschienensegmenteunter Spannung, die wiederum mit dem positiven Kontaktschuhdes Fahrzeugs in Verbindung stehen. Also ist nur eine Zone von einerLänge <strong>zwischen</strong> 50 bis 100 cm der Kontaktschiene um den Magnetenherum unter dem rollenden Fahrzeug unter Spannung. Zu beiden Seitender Stelle, also dort wo es keine magnetische Anziehung mehr gibt, fälltdas Magnetband durch die Schwerkraft wieder zurück <strong>und</strong> ist mit demErdpotential verb<strong>und</strong>en. Die mechanische Verformung des biegsamenLeiterbandes bewegt sich mit dem Magneten wie eine Welle in der Geschwindigkeitdes Fahrzeugs (Bild C.4). Die Rückleitung des Stromsgeht mittels eines negativen Kontaktschuhs vonstatten, der eine zweiteKontaktschiene bestreicht, die parallel neben der positiven Kontaktschieneangeordnet ist. Die positiven Pole sind verteilt auf isolierte Abschnittevon 50 cm Länge, wohingegen der negative Pol aus einer durchgehendenMetallspur besteht.!$=12 51""$Die zweipolige Kontaktschiene ist straßenbündig in der Mitte der Straßein einen Isolationskörper eingebaut (Bild C.5). Der Magnetstreifen ist invorgefertigten Modulen in der Form von Längskästen enthalten, die unterden Kontaktschienen in einem in den Straßenoberbau eingefrästen Grabenvon 30 cm Tiefe <strong>und</strong> 60 cm Breite liegen (Bild C.6). Diese Modulesind geradlinig, steif, wasserdicht <strong>und</strong> messen <strong>zwischen</strong> drei <strong>und</strong> sechsMetern. Enge Bögen können nur unzureichend nachmodelliert werden<strong>und</strong> sind mit Batteriebetrieb zu befahren.Die Versorgung der Kontaktschiene ab Unterwerk erfolgt mit 750 VGleichstrom, verteilt über die Streckenlänge. Die Sicherheit des Systemsberuht auf den folgenden Prinzipien:• Abschaltung der Abschnitte über das Zurückholen des Magnetbandesdurch die Schwerkraft,


S y s t e m S t r e a m 2 1 3• Bodenschleife <strong>und</strong> Verbindung von Abschnitten ohne Spannung mitder Erde,• Aufspüren von Abschnitten, die betriebswidrig unter Spannung stehen.C.2.3 EntwicklungsstandDie erste Versuchsstrecke zur Demonstration des Stream-Systems ist1997 auf dem Werksgelände von AnsaldoBreda in Neapel auf einer Längevon 500 m erstellt worden. Hier wurde u. a. die Funktion der sicherheitstechnischenPlausibilitätsprüfung getestet, die überwachen soll, dassdie Kontaktschienensegmente nur dann unter Spannung gesetzt werdenkönnen, wenn die für ein bewegtes Fahrzeug übliche fortlaufende Stromabnahmein der Reihenfolge der verlegten Module erfasst wird. Sokönnte verhindert werden, dass nur ein einzelnes Segment aus der Vielzahlder Kontaktleiter unter Spannung gesetzt wird, beispielsweise aktiviertdurch einen Fremdmagneten. Darüber hinaus erfolgte eine Erfassungder Eigenfrequenz des Leiterbandes <strong>und</strong> eine versuchstechnischeErmittlung der Randbedingungen, die die Anregung einer unbeabsichtigtenFortpflanzungswelle begünstigen könnten.Seit Winter 1998/99 gehen die Tests auf einer Demonstrationsstrecke imRahmen eines Versuchs der Azienda Consorziale Trasporti (ACT) imStadtzentrum von Triest weiter. Derzeit ist der Versuchsträger ein 12 mlanger handgelenkter Niederflur-Elektrobus N 6114 des FahrzeugherstellersNeoplan mit Batteriehilfsantrieb. Ein 18 m langer Gelenk-Elektrobus N 6121 steht ebenfalls zur Verfügung. Die Omnibusse sindoptional für eine Spurregelung vorbereitet, jedoch wird eine Anwendungzum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ins Auge gefasst.Hinsichtlich einer Spurregelung werden gr<strong>und</strong>sätzlich drei Konzeptideenverfolgt: Zum einen wird überlegt, die Kontaktschienensegmente nichtgenau in der Fahrstreifenmitte anzuordnen, um so die ideale Verlegespurfür die Leitdrähte einer berührungsfreien Spurregelung freihalten zu können,zum anderen werden magnetische Positionsmarkierungen in Betrachtgezogen. Beide Konzeptideen – namentlich von der FirmaNeoplan – stehen für ein funktionsgetrenntes Nebeneinander der AufgabenEnergieversorgung <strong>und</strong> Spurregelung. Die dritte Konzeptidee (Ansaldobreda)beinhaltet, dass das Magnetfeld der Stromzuführungen füreine induktive Spurregelungen verwendet wird. Ein solches kombiniertesKonzept Stromzuführung/Spurregelung eignet sich allerdings nur eingeschränkt,da bei der Aneinanderreihung der geradlinigen Module dasMagnetfeld keineswegs deckungsgleich mit der Sollspur ist.


2 1 4S y s t e m S t r e a mDie Fahrzeuge auf der Demonstrationsstrecke in Triest werden bei einemUmlauf eine Strecke von 6,6 km einschließlich 12 Haltestellen bei einermaximalen Längsneigung von 6% befahren. Es sind 2 Unterwerke eingerichtet.Nach dem Ende weiterer Versuchsreihen <strong>und</strong> nach Abnahmedurch die Behörden könnte der Fahrgastbetrieb aufgenommen werden.Diese steht aber bisher aus. Bei Straßenbahnen würde man nach derzeitigenErkenntnissen das zur Verfügung stehende zweipolige Kontaktschienenmodulunverändert übernehmen, d. h. auf eine Schienenrückleitungkönnte verzichtet werden.


S y s t e m v o n I n n o r a i l 2 1 5C.3 System von InnorailC.3.1 AllgemeinesInnorail ist die Tochtergesellschaft von SPIE-Enertrans, vor kurzem gegründetfür die Entwicklung <strong>und</strong> Vermarktung des SGTE-Systems derfahrbahnbündigen Stromzuführung APS (Système d’Alimentation Par leSol). Dieses besteht aus einem in Abschnitte (13 cm x 15 cm) unterteiltenKontaktschienenträger in Modulbauweise, der vollständig in die Straßendeckeintegriert ist (Abbildung C.2), des Weiteren aus Stromeinspeisungspunkten<strong>und</strong> Stromabnehmerschleifer unterhalb des Fahrzeugs.Jeder Schienenabschnitt ist von seinen Nachbarsegmenten abgeteiltdurch isolierende Stücke, so dass die Fahrzeuglänge wenigstens zweileitende Abschnitte <strong>und</strong> einen isolierenden Zwischenraum für eine kontinuierlicheStromabnahme zu überdecken hat. Die Längenausbildung derKontaktschienensegmente wird durch die gewählten Fahrzeuglängen bestimmt.(""!$+O 2 #. *2(*B'1,.!C.3.2 FunktionsweiseIn den Gehäusen der Stromeinspeisungspunkte ist die notwendige Ausrüstungenthalten, um zwei aufeinanderfolgende leitende Abschnitte zuversorgen, nämlich die elektromechanischen Schalter <strong>und</strong> eine elektronischeSteuerung (Abbildung C.3). Zum Beispiel werden für eine Straßenbahnvon 31 m Länge die Abschnitte in der Größenordnung von 11 m


2 1 6S y s t e m v o n I n n o r a i lliegen, die einer isolierenden Trennung werden 2 bis 3 m betragen. DerPlatzbedarf der Gehäuse der Stromeinspeisungspunkte entspricht demeines Zylinders mit einem Durchmesser von 38 cm <strong>und</strong> einer Höhe von52 cm.Die jeweiligen Abschnitte unter dem Fahrzeug werden mit einer Nennspannungvon 750-V-Gleichstrom zugeschaltet. Der Strom wird über zweipositive hintereinander liegende Stromabnehmerschleifer entnommen,die zur sicheren Überdeckung der stromführenden Abschnitte im Bereichder Fahrzeugmitte angebracht sein sollten, <strong>und</strong> dann weitergeleitet zurLeistungselektronik <strong>und</strong> zum Antriebsmotor. Die Anordnung der Stromabnehmerschleifererfolgt bei Schienenfahrzeugen immer im Fahrwerkrahmen,um unabhängig von den Wagenausschlägen in Gleisbögen zusein. Die Fahrschiene der Straßenbahn dient zur Rückleitung des Antriebsstroms,wie bei einer Oberleitungsanlage. Im Fall des Fahrens aufGummireifen erfolgt die Stromrückleitung mittels zweier Stromrückführungsschleifer,die an den jeweiligen äußeren Enden des Fahrzeugs angebrachtsind, damit sie den Strom zu den Abschnitten zurückschicken,die an beiden Enden des rollenden Fahrzeugs anschließen.(""!$3> . /#. *2(*B'1,.!Eine an Bord befindliche Sendevorrichtung erlaubt dem Fahrzeug, seineAnwesenheit durch das Senden eines Codes mit einer Frequenz von600 kHz an Sensor-Schleifen zu übermitteln, die im Boden liegen <strong>und</strong>deckungsgleich mit den Abschnitten der Kontaktschienensegmente sind.Das Erkennungssignal wird durch eine elektronische Karte im Gehäuseder Stromeinspeisung entschlüsselt. Sofern die Anwesenheit eines Fahrzeugsbestätigt werden kann, steuert die Karte das Schließen des elektromechanischenSchalters des entsprechenden Kontaktschienensegments,um den Abschnitt unter Spannung zu setzen. Von dem Momentan, wo dieser Schalter geschlossen ist, übermittelt die elektronischeSteuerung das Signal „Empfangsbestätigung“ mit 30 kHz über die Sendevorrichtungan das Fahrzeug. Dies funktioniert über zwei Antennen, diein Fahrzeuglängsrichtung auf gleicher Höhe neben den positiven Stromabnehmerschleifernangebracht sind. Das Fahrzeug decodiert dieses Signal<strong>und</strong> steuert das Schließen eines weiteren, im Fahrzeug befindlichen


S y s t e m v o n I n n o r a i l 2 1 7Schalters, der den Stromfluss durch den betreffenden Stromabnehmerschleiferfreigibt. Als Schalter werden hierzu nur noch vorübergehendleistungsstarke IGBT-Transistoren vom Typ 3,3 kV – 1,2 kA verwendet.Aktuell hat sich der Hersteller nach neueren Erkenntnissen dazu entschieden,die im Fahrzeug befindlichen IGBT-Transistoren durch elektromechanischeSchalter, geeignet für hohe Stromstärken bis 1,5 kA, zuersetzen.Mit dem Weiterfahren des Fahrzeugs, wenn die hintere der beiden Antennenden Abschnitt verlässt, empfängt die an Bord befindliche Elektronikkein Signal mehr aus Richtung des Kontaktschienensegments. DieBordelektronik unterbricht dann mittels Öffnen des im Fahrzeug befindlichenSchalters den Strom des Schleifers, der das Signal nicht mehr zurückempfängt.Dies erlaubt das stromlose Öffnen des elektromechanischenSchalters des Stromeinspeisepunkts <strong>und</strong> stellt gleichzeitig dieVerbindung mit dem Erdpotential her, um sicherzustellen, dass keinegefährdenden Spannungen auftreten. Das stromlose Öffnen dient alsSchutzfunktion der Schalter, um trotz der Schalthäufigkeit eine angemesseneHaltbarkeit zu ermöglichen. Um Stromabrisse zu vermeiden, bedingtes allerdings das Vorhalten von zwei Stromabnehmerschleifern indem jeweiligen Fahrwerkrahmen. Sie sind in einem solchen Abstandvoneinander angebracht, dass die Länge des zu überbrückenden stromlosenIsolierabschnitts kürzer ist. Mittlerweile kommen in den Stromeinspeisepunktenweiterentwickelte elektromechanische Schalter zum Einsatz,bei denen auch bei einer Stromstärke von einigen H<strong>und</strong>ert Amperenoch eine ausreichende Haltbarkeit in Aussicht gestellt werden kann.Bei dem Innorail-Konzept erfolgt eine unabhängige Überwachung derSpannungselemente mittels eines 24-V-Stromkreises. Jede Zustandsänderungder Spannungskontinuität eines Kontaktschienensegments bewirkteine Abschaltung. Sofern ein Fehler durch die Sicherheitslogik lokalisiertwird, erfolgt die Außerbetriebnahme des entsprechenden Segments.Das fehlerhafte Segment ist während des weiteren Betriebs ausrollendzu überfahren, bzw. die an Bord befindliche, als Notantrieb ausgelegteTraktionsbatterie kommt abschnittsweise zum Einsatz.C.3.3 EntwicklungsstandDer Entwicklungsverlauf der Gesellschaft SGTE begann 1998 mit demEntwurf einer Machbarkeitsstudie. Die Überarbeitung des Systems wirdderzeit in Zusammenarbeit mit der RTM (Régie des Transports Marseillais)auf einer eigenen 350 m langen Strecke der Straßenbahn von Marseillein Höhe der Haltestelle Blancarde durchgeführt. Diese Versuchsstreckeverfügt über 28 Kontaktschienensegmente <strong>und</strong> 14 Stromeinspeisungspunkte.Die Stromversorgung wird vom Unterwerk Blancarde


2 1 8S y s t e m v o n I n n o r a i lsichergestellt. Da die Strecke tagsüber von der RTM genutzt wird, werdendie Versuche während der Nacht durchgeführt. Die SGTE plant ferner,die gewählten Technologien auf ihre Betriebstauglichkeit vertieft zuprüfen <strong>und</strong> die Systembestandteile auf zwei Versuchsstrecken auf demGelände der Gesellschaft Innorail in Vitrolles (Frankreich) zu optimieren.Die erste – eine 45 m lange, geradlinige Strecke, bestehend aus 6 Kontaktschienensegmenten<strong>und</strong> 3 Stromeinspeisungspunkten, auf der dasFahrzeug durch einen Schlitten mit Kontaktschuh simuliert werden wird –hat insbesondere die Aufgabe, die Witterungsempfindlichkeit <strong>und</strong> Störwirkungdes Informationsaustausches Fahrzeug/Kontaktschiene in Erfahrungzu bringen. Die zweite – eine 80 m lange Schleife – wird als Ermüdungstestdienen <strong>und</strong> eine Stromzuführung unter 600 V bei Stromstärkenvon bis zu 1000 A untersuchen.!$@1. #U++"$)".. H * " K #


S y s t e m A L I S S 2 1 9C.4 System ALISSC.4.1 AllgemeinesDas System ALISS (Alimentation Statique par le Sol) wurde von Alstomzum Zweck der fahrbahnbündigen Stromzuführung für alle öffentlichenVerkehrsmittel mit einem elektrischen Antrieb entwickelt: Obus, <strong>Bus</strong>bahnoder Straßenbahn. Auch dieses System besteht aus einer Anordnungvon gegeneinander isolierten Kontaktschienensegmenten, die in der Mitteder Straße bündig sichtbar angeordnet sind. Die Segmente sind mit denpositiven <strong>und</strong> negativen Stromversorgungsleitungen durch leistungselektronischeSchalter verb<strong>und</strong>en, untergebracht in wasserdichten Längskammern,die als Austauschmodule konzipiert sind. Sie liegen unter denstraßenbündigen Kontaktschienen in einer Aufgrabung von 30 cm Tiefe<strong>und</strong> 30 cm Breite. Die Länge der Kontaktschienensegmente sowie dieSpannung hängen vom Fahrzeugtyp ab.C.4.2 FunktionsweiseSobald das System die Anwesenheit eines Fahrzeugs erkennt, hat eszum einen die Aufgabe, das Segment, auf dem sich der Stromabnehmerschleiferbefindet sowie den nächsten Abschnitt in Fahrtrichtung <strong>und</strong> denvorhergehenden Abschnitt mit Spannung zu versorgen, zum anderenmuss es die Stromrückführung der anderen Abschnitte steuern. Die Zuverlässigkeitdieser letztgenannten Steuerung ist wichtig, weil sie garantiert,dass es keine unkontrollierte gefährliche Zuschaltung eines leitendenAbschnitts geben kann, wenn sich gerade kein Fahrzeug darüberbefindet (Abbildung C.4).Die Stromzuführung des Fahrzeugs erfolgt entsprechend seinem Fortschreiten(„Bocksprungverfahren“), indem der Stromabnehmerschleiferüber die Kontaktschienensegmente gleitet <strong>und</strong> ununterbrochen ein kodiertesSignal mit einer Frequenz von 200 kHz überträgt. Der Kontakt desSchleifers mit der Kontaktschiene <strong>und</strong> damit der Empfang des kodiertenSignals löst den Stromzuführungsprozess aus. Die Reaktionszeit des Systems ist sehr klein; dank der elektronischen Schalter vergehen nur wenigeTausendstel Sek<strong>und</strong>en. Der übertragene Code besteht aus einer Informationbezüglich. des Fahrzeugtyps <strong>und</strong> einer Informationssicherungentsprechend einem CRC (Check Red<strong>und</strong>ance Control).


2 2 0S y s t e m A L I S S(""!$8> . /#. (&*..2(*B'1,.!Jeweils drei Kontaktschienensegmente werden durch den Stromführungsschleifermit dem spannungsführenden Pol verb<strong>und</strong>en; möglicherweisekann ein vierter unter Spannung gesetzt werden während derÜberdeckung zweier aufeinander folgender Abschnitte durch den Stromabnehmerschleifer.In jedem Fall sind die unter Spannung stehendenSegmente komplett vom Fahrzeug bedeckt. Die Rückführung des Stromswird sichergestellt entweder durch die Fahrschiene im Fall derRad/Schiene-Technik oder für Fahrzeuge auf Gummireifen durch einenzweiten Stromrückführungsschleifer, der auf der gleichen Längsachseliegt, jedoch um einige Abschnitte versetzt die wieder negativ zurückgeschalteteKontaktschiene bestreicht.Wenn der Stromabnehmerschleifer hochgefahren ist, bleibt das Systemunwirksam, <strong>und</strong> die Kontaktbereiche bleiben mit dem Erdpotential verb<strong>und</strong>en.In diesem Fall muss eine an Bord befindliche Energiequelleverfügbar sein, um das Fahrzeug im Betriebseinsatz halten zu können.Jedes Segment ist mit einem elektronischen Schaltermodul verb<strong>und</strong>en,bestehend aus einer Hochleistungselektronik, die das Zusammenspielvon Steuerung <strong>und</strong> Kontrolle vereint. Die elektrische Ausrüstung ist auszwei IGBT-Schaltern <strong>und</strong> deren Steuerungsvorrichtung zusammengesetzt.Eine Rückspeisung der Bremsenenergie wäre elektrotechnischmöglich, wird aber nicht weiter verfolgt. Neben erhöhten Kosten stellt dieIGBT-Technik ein im Vergleich zur mechanischen Schaltertechnikschwieriger zu lösendes Sicherheitsproblem dar. Letztlich kann ein IGBT,wie jeder Halbleiter, sich selbst einschalten, was im Falle einer Störungeine Zustandsänderung <strong>und</strong> damit eine Fehlfunktion auslösen kann. Esist ein hoher Aufwand erforderlich, um eine betrieblich ausreichendeSpannungssicherheit zu garantieren.Hiervon unabhängig sollte eine Gefährdung von Personen ausgeschlossensein, da das gesamte System dauerhaft überwacht wird mit Hilfe einesDiagnosesystems zur Spannungsüberwachung FIP (Field InstrumentationProtocol). Im Fall eines erfassten Ausfalls des statischenSchaltersystems oder im Fall des Auftretens einer gefährlichen Dauer-


S y s t e m A L I S S 2 2 1spannung wird das Kontaktschienensegment mit Hilfe eines elektromechanischenSchalters (Selbstschalterprinzip) außer Betrieb genommen.Das elektronische Steuerungs- <strong>und</strong> Kontrollsystem, das Teil des Schaltermodulsist, stellt neben der Überwachung des statischen Schalters <strong>und</strong>der Außerbetriebnahme eines Kontaktschienensegments weitere Funktionensicher, wie zum Beispiel das Aufspüren des Fahrzeugs, das Unter-Spannung-Setzen des entsprechenden Segments nach Gegenprüfung,die Steuerung der Voreinstellung des nächsten Abschnitts in Fahrtrichtung,das Abschalten des vorhergehenden Abschnitts sowie den Anschlussdes Segments an den Rückleiter bei fehlendem Steuerungssignal.C.4.3 EntwicklungsstandBei dem System ALISS sind bis zum jetzigen Zeitpunkt nur theoretischeStudien <strong>und</strong> Versuche mit Modellen betrieben worden. Alstom hat auf einegründliche Laborstudie, unterstützt durch eine FDMS-Analyse gesetzt(FDMS: Fiabilité - Disponibilité - Maintenabilité - Sécurité). Das Entwicklungsprogrammvon ALISS sieht mehrere Phasen vor, von denen diebeiden ersten schon realisiert wurden. Sie bestanden zum einen aus einerMachbarkeitsstudie, zum anderen aus Versuchen mit einem Prüfstand100 V – 100 A. Dieser Prüfstand besteht aus einem R<strong>und</strong>lauf von1,6 m Durchmesser mit 6 Kontaktschienensegmenten <strong>und</strong> 6 Prototypenvon Austauschmodulen; ein Kontaktarm dient zur Fahrzeugsimulation beiGeschwindigkeiten bis zu 36 km/h (Bild C.8).!$A. ( #6/ &(*1',(*&Diese Versuche haben es ermöglicht, gesicherte Erkenntnisse nicht nurüber die Vorgänge des Befehlsaustausches, das Steuerungssystem <strong>und</strong>die Spannungszustände zu erhalten, sondern auch Forschungsergebnissebezüglich der möglichen Ausfallarten der Bestandteile des IGBT. DasModell erlaubte ebenfalls eine Überprüfung der Sicherheitsprinzipien <strong>und</strong>Versuche hinsichtlich der Verfügbarkeit des gesamten Funktionsprinzips.Einige Ergebnisse, die noch nicht zufriedenstellend waren, werden derzeitverbessert, insbesondere Probleme des Abschaltens unter Stromstehender Segmente. Auf einer Teststrecke in La Rochelle ist eineStromzuführungsanlage von 120 m Länge geplant, um Aufschluss überFragen der Fertigung <strong>und</strong> der Standardisierung der Elemente einer Vorseriezu erlangen. Eine sicherheitstechnische Abnahme <strong>und</strong> Zulassungwird angestrebt.


2 2 2Z u s a m m e n f a s s u n gC.5 ZusammenfassungEine Oberleitung als Fahrleitung kommt weltweit bei allen Obussen,Stadt- <strong>und</strong> Straßenbahnsystemen zum Einsatz. Die technische Ausführungist in hohem Maße ausgereift <strong>und</strong> bewährt. In städtebaulich sensiblenGebieten kann bei Schienenbahnen die Hochkettenleitung optischvorteilhaft durch eine Einfachfahrleitung mit unterirdischer Speiseleitungersetzt werden. Bei Obussysteme mit einer zweipoligen Oberleitungsanlagebedürfen aufwändigen Weichen <strong>und</strong> Kurvenschienen besondererAufmerksamkeit bei der städtebaulichen Integration. Für den Fall, dass inengen städtischen Straßenräumen auf Oberleitungsmasten verzichtetwerden muss, sind Verankerungen in den Fassaden der Gebäude anzubringen,wobei gegen Körperschallübertragungen entsprechende Dämpfungselementeeingebaut werden.In Konkurrenz zu der straßenbündigen Stromzuführung steht bei demWunsch eines lokal emissionsfreien Fahrbetriebs <strong>und</strong> dem Verzicht aufeinen Fahrdraht der Batteriehilfsantrieb, welcher planmäßig für sehr kurzeDistanzen (Querung einer Fußgängerzone oder eines historischenPlatzes etc.) anstelle einer externen Energieversorgung in Betracht gezogenwerden. Bei der hierfür eingesetzten Batterie müsste ein Kompromiss<strong>zwischen</strong> Mehrgewicht <strong>und</strong> der Ladezyklenzahl gef<strong>und</strong>en werden.Alternativ könnte der Blick auf Leistungsspeichersysteme (Schwungradspeicher,Superkondensator) gerichtet werden, die sich derzeit in derpraktischen Erprobung befinden.Die straßenbündige Stromzuführung bietet durch die optische Unauffälligkeiteine möglicherweise höhere Konsensfähigkeit einer Energieversorgungin städtebaulich sensiblen Straßenräumen, sofern die Installationder Kontaktschiene kontinuierlich <strong>und</strong> verschwenkungsfrei durchgeführtwird. Mit dem Wegfall der Oberleitungsmasten ist eine geringfügige Verringerungder erforderlichen Trassenbreite verb<strong>und</strong>en.Über das Problem der Sicherheit hinaus, dessen Lösung natürlich imMittelpunkt steht, beruht die Herausforderung bei den Systemen derstraßenbündigen Stromzuführung in der Eignung, die täglichen betrieblichenSchwierigkeiten, auch <strong>und</strong> vor allem Wasser, Eisbildung, Schlamm<strong>und</strong> aufgehäuftes Laub o. ä., auf Dauer zu meistern <strong>und</strong> unter Beweis zustellen, dass die Verfügbarkeit im Vergleich zur bewährten Oberleitungsanlagemindestens gleichwertig ist. Hier dürfen Zweifel erlaubt sein.


Z u s a m m e n f a s s u n g 2 2 3Hinsichtlich der Problematik von Wasser auf der Fahrbahn ist zu berücksichtigen,dass stehende <strong>und</strong> stark salzbelastete Wasserlachen ebensowie heftige Niederschläge Kurzschlüsse bei allen drei Stromabnehmersystemenauslösen können. Bei einer Wasserlache auf einer Gleiszonebei fehlerhafter Drainage beispielsweise fließt der Strom zurück durch dieFahrschiene als dem gewöhnlichen Leiter des Rückstroms, dem kürzestenelektrischen Weg folgend (Kurzschluss). Dieser Strom kann aber nurvorhanden sein, wenn das Fahrzeug die gefährliche Zone bedeckt; dieZugänglichkeit für Personen ist damit zumindest behindert. Ein abschließenderBeweis dafür, dass unter allen betrieblich auftretenden Umständendie Systemsicherheit auch bei Wasser auf der Fahrbahn erfüllt wird,steht noch aus.Unter der Voraussetzung einer sicherheitstechnischen Unbedenklichkeitist die Wahl des Stromzuführungstyps in Bordeaux politisch entschiedenworden, denn die notwendigen Investitionskosten liegen zwei bis vier Malhöher als bei einem aufgehängten Fahrdraht (Stream: 200%; Innorail:250%; ALISS: 400%). In Bordeaux werden für 8,5 km straßenbündigeStromzuführung, System Innorail, mit Zusatzkosten von über 30 Mio.EUR im Vergleich zu einer Fahrdrahtanlage gerechnet. Das Mehrgewichtder fahrzeugseitigen Ausrüstung soll in Bordeaux deutlich über 1 t betragen.Das entspricht genau dem Mehrgewicht einer vergleichbaren, herkömmlichenTraktionsbatterie. Aussagen über den Instandhaltungsaufwandsind noch nicht möglich. Inwieweit eine Standardisierung der Elementedes Systems – auch <strong>zwischen</strong> den Herstellern – eine Kostensenkungerwarten lässt, bleibt abzuwarten.


2 2 4Z u s a m m e n f a s s u n g


L i t er a t u r 2 2 5C.6 LiteraturKhatir, Z. (2000): Nouveaux procédés d’alimentation électrique par le soldes systèmes de transport urbains, in: REE, N°6/200 0 – Juin, S. 61-66.Khatir, Z., Soulas, C., Deutsch, V. (2001): Straßenbündige Stromzuführung,in: Der Nahverkehr, 1-2/2002, S. 23-28.


2 2 6L i t er a t u r


Anhang DElektronische Deichsel


E i n l e it u n g 2 2 9D.1 EinleitungD.1.1 Hintergr<strong>und</strong>Zur Optimierung des Pulkfahrens <strong>und</strong> der Einsparung von Lohnkosten istdie Idee eines Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-Systems mit virtuellen <strong>Bus</strong>-Zugverbändenaus autarken Einzelfahrzeugen entstanden, d. h. mehrere (Solo-) <strong>Bus</strong>sefahren mittels berührungsfreier Kupplung – der so genannten elektronischenDeichsel – im relativen Bremswegabstand.In zahlreichen europäischen Städten mit <strong>Bus</strong>verkehr kommt es im städtischenKernbereich auf der Stammachse des Liniennetzes durch eine hoheFrequentierung zu verkehrlichen Kapazitätsengpässen. Vielfach ist im<strong>Bus</strong>verkehr das Pulkfahren auf Stammstrecken die einzige Möglichkeit,befriedigende Verhältnisse bei der Verkehrsqualität zu erzielen(Bild D.1). Ziel eines Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-Systems ist es, dieses Pulkfahrentechnisch zu organisieren. Langfristig ist es das Ziel, einen solchen <strong>Bus</strong>-Zugverband aus mehreren Einzelfahrzeugen auf einer Stammstreckewirtschaftlich vorteilhaft nur mit einem Fahrzeugführer zu besetzen. Gleichermaßensollen mit einem Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-Konzept ungebrocheneVerkehrsanbindungen von aufgelockerten Siedlungsstrukturen mit Verkehrsballungsgebietenangeboten werden.'$6 D.1.2 Technische AnforderungenIm Wesentlichen sind bei der Fahrt als <strong>Bus</strong>-Zugverband mit der elektronischenDeichsel zum einen Fragestellungen der• Spurregelung sowie zum anderen der• Abstands- <strong>und</strong> Antriebsregelungzu beantworten. Bei dem Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-System ist die berührungsfreieBetriebsabwicklung des <strong>Bus</strong>-Zugverbands Herausforderung <strong>und</strong> sicherheitstechnischesHauptproblem zugleich.Eine Spurregelung ist notwendig, damit die Folgefahrzeuge in einemmöglichst spurtreuen Nachlauf geführt werden können. Entweder es werdendie Lenkbefehle des Führungsfahrzeugs jeweils auf elektrohydraulischeSteuereinheiten der Folgefahrzeuge wegabhängig verzögertübertragen, oder aber es wird über eine streckenseitige Leitinfrastruktur –berührungsfrei (mit passiver Nothilfsführung) oder mechanisch – sichergestellt,dass jedes Einzelfahrzeug für sich automatisch quergeführt wird.


2 3 0E i n l e it u n gEiner berührungsfreien Abstands- <strong>und</strong> Antriebsregelung wirdder Informationsausstausch der Fahrzeuge untereinander vorausgesetzt.Im Unterschied zur herkömmlichen Abstandshaltung mit Sensoren, wiesie im Automobilbereich eingesetzt werden, soll zukünftig die Abstandshaltungdurch die Kommunikation der Einzelfahrzeuge eines virtuellen<strong>Bus</strong>-Zugverbands untereinander realisiert werden. Vorteil ist hierbei, dassjedes Einzelfahrzeug des Verbandes zur gleichen Zeit eine Informationüber die Geschwindigkeitsänderung des ersten Einzelfahrzeugs erhält.Die Reaktionszeit des letzten Einzelfahrzeugs auf die Geschwindigkeitsänderungdes ersten Einzelfahrzeugs ist somit unabhängig von der Längedes Zugverbands.D.1.3 EntwicklungsstandAuf dem Gelände des Prüfcenters für <strong>Bahn</strong>technik in Wegberg-Wildenrath sind unter der Projektleitung des „Lehrstuhls <strong>und</strong> Instituts fürFördertechnik <strong>und</strong> Schienenfahrzeuge“, Univ.-Prof. Dr.-Ing. F. Frederich,RWTH Aachen, in Zusammenarbeit mit Siemens TS praxisnahe Testseiner elektronischen Deichsel im Rahmen des Projektes CargoMovergefahren worden − allerdings freigeschnitten von der Problematik einerberührungsfreien Querführung. CargoMover sind fahrerlose Einzelwagen,die im Güterverkehr automatisch verkehren sollen. Sicherungstechnischerfolgt eine Anlehnung an den neuesten Stand der <strong>Bahn</strong>automatisierungstechniksowie an das sich im Aufbau befindliche europäische ZugbeeinflussungssystemETCS. Hierzu sind in frühen Testphasen zwei Pkwmit schienengängigen Felgen ausgerüstet worden. Es sind Fahrversuchebei einer Geschwindigkeit von 80 km/h <strong>und</strong> einer Abstandsregelung imBereich <strong>zwischen</strong> 5-10 m durchgeführt worden. Mittlerweile dienen alsErprobungsträger zwei CargoSprinter.Derzeit testet Toyota in Mishuku (Japan) ebenfalls eine Variante derelektronischen Deichsel. Die Spurregelung erfolgt durch das Abtastenvon magnetischen Positionsmarkern, die auf die Fahrbahnoberflächeaufgedübelt werden. Es lassen sich bis zu sechs Einzelfahrzeuge aneinanderkuppeln, so dass je nach Platzbedarf bis zu 480 Fahrgäste (pro<strong>Bus</strong> maximal 80 Plätze) transportiert werden können. Als idealen Einsatzbereichstellt sich Toyota z. B. einen Flughafenzubringerdienst vor(Spiegel-online 2001). Toyota nennt das projektierte TransportsystemIMTS, eine Abkürzung für „Intelligent Multi-Mode Transit System“. EinEinsatz im innerstädtischen Nahverkehr wird zum jetzigen Zeitpunkt nochnicht ins Auge gefasst (Bild D.2).'$+ ' 7 L&""M.6*1;1&%0&*01B%G%(Bei dem Phileas-<strong>Bus</strong>bahn-Projekt in Eindhoven (Niederlande) soll aufÖPNV-Trassen neben spurgeregelten Fahrzeugen in einer späterenEntwicklungsphase auch die elektronische Deichsel zum Einsatz kommen.Über die berührungsfreie Kuppelbarkeit mittels elektronischerDeichsel wird angestrebt, die Kapazität entsprechend den Erfordernissender Nachfrage, insbesondere während der Spitzenst<strong>und</strong>e, anzupassen(BOUWMAN, VERLEG 2001, S. 5).


S i c h e r h e i t s t e c h n i s c h e R a n d b e d i n g u n g e n 2 3 1D.2 SicherheitstechnischeRandbedingungenD.2.1Prinzipielle Länge des <strong>Bus</strong>-ZugverbandsBei einem Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-System wird längenbedingt, also unabhängigvon der eigentlichen Technik <strong>und</strong> Zulassungsfähigkeit der elektronischenDeichsel, bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr ab einemr<strong>und</strong> 25,00 m langen Verband ein Zulassungsprozess in Anlehnung andie Straßenbahn- Bau- <strong>und</strong> Betriebsordnung (BOStrab) zu erwarten sein,welches eine durchgängige (mechanische) Querführung entlang einerLeitinfrastruktur zur Folge haben dürfte. Demnach wäre eine automatischeQuerführung bereits bei einer größeren Anzahl als zwei Standard-Solobussen – sofern dies die kleinste Gefäßgröße darstellt – im Verbandanzuwenden sein.D.2.2QuerführungNach derzeitigen Erkenntnissen ist zu erwarten, dass bei einer berührungsfreienSpurregelung außerhalb von Langsamfahrbereichen auchimmer eine vom Fahrer unabhängige Rückfallebene genehmigungsrechtlichzwingend erforderlich sein wird. Nur so besteht tendenziell die Möglichkeitden Nachweis zu führen, dass mindestens die gleichen Anforderungenan Sicherheit <strong>und</strong> Ordnung erfüllt werden, wie dies bei einemkonventionellen Betrieb nach den allgemein anerkannten Regeln derSpurführungstechnik des Rad/Schiene-Systems der Fall wäre.Bei einer berührungsfreien Spurregelung wird demnach eine Eigentrassemit passiver Nothilfsführung (z. B. Leitplanke, Seitenbegrenzung mittelsKasseler Formstein etc.) zu fordern sein, oder aber es wird durch einaufwändiges, mehrfach red<strong>und</strong>ant ausgelegtes System der Nachweis einerausreichenden Gesamtzuverlässigkeit erbracht (Rückfallebene System,bisher ohne Anwendung).


2 3 2S i c h e r h e i t s t e c h n i s c h e R a n d b e d i n g u n g e nD.2.3AbstandshaltungUnbeantwortet bleiben zum jetzigen Zeitpunkt selbst bei einer mechanischenQuerführung zahlreiche Einzelfragen der berührungsfreien Abstandsregelungbei einem Einsatz im städtischen Oberflächenverkehr:• Genügt hier bei einem berührungsfrei gekuppelten <strong>Bus</strong>-Zugverbandmit nur einem Fahrer ein besonderer Fahrweg oder muss eine unabhängigeEigentrasse vorausgesetzt werden?• Welche sicherheitstechnische Rückfallebene bietet die elektronischeDeichsel, wenn es beispielsweise bei einem Einzelfahrzeug des <strong>Bus</strong>-Zugverbands zu einem plötzlichen Abfall des Drucks in irgendeinemReifen bzw. es gar infolge einer Kollision mit einem anderen Verkehrsteilnehmerzu einer unkontrollierten Trennung kommt, oder kleinereFremdkörper im Bereich der Radabrollfläche (z. B. Ziegelsteino. ä.) liegen, die die Fahrt eines der Einzelfahrzeuge beeinflussenkönnte?• Wie kann ein ausreichender Kollisionsschutz der Einzelfahrzeugedes <strong>Bus</strong>-Zugverbands untereinander bei allen Geschwindigkeiten,Beschleunigungen, Bewegungen, Gefahrenbremsungen, Reibwertänderungender Fahrbahn, Beladungen, Fahrbahnneigungen, Seitenwind,Schwerpunktsverschiebungen <strong>und</strong> Nutzlaständerungen etc.gewährleistet werden?• Wie müssen Stoßeinrichtungen an den Fahrzeugen ausgebildetsein?Es ist herauszustellen, dass die elektronische Deichsel nach derzeitigenErkenntnissen nicht betriebsreif ist <strong>und</strong> keine Planungssicherheit beimZulassungsvorgang besteht. Hier mögen weitere Erprobungen zeigen, obaus sicherheitstechnischen Gründen neben einer mechanischen Querführungauch eine mechanische Schnellkupplung der elektronischenDeichsel vorzuziehen ist.


B e tr i e b l i c h e A s p e k t e 2 3 3D.3 Betriebliche AspekteD.3.1Fahrgastsicherheit <strong>und</strong> -abfertigungIm Folgenden sollen einige Detailprobleme insbesondere im Hinblick aufden Fahrgastbetrieb <strong>und</strong> der Fahrgastabfertigung aufgezählt werden:• So müssten beispielsweise Lichtschranken <strong>zwischen</strong> den berührungsfreigekuppelten Fahrzeugen zum Einsatz kommen, um zu verhindern,dass bei Stillstand des <strong>Bus</strong>-Zugverbands Fußgänger vomFahrer unbemerkt <strong>zwischen</strong> den Fahrzeugen die Fahrbahn kreuzen(Bild D.3).• Nicht durchgängig begehbare Einzelfahrzeuge eines <strong>Bus</strong>-Zugverbands erfordern besondere Maßnahmen zur Fahrgastsicherheit.'$3)(" F;"H# &$0$0$• Informationssysteme müssen dem Fahrgast den Weg zum richtigenEinzelfahrzeug des <strong>Bus</strong>-Zugverbands erleichtern (Vorsortierung derFahrgäste).• Es ist auf eine städtebaulich integrierbare <strong>und</strong> dennoch ausreichendlang dimensionierte Haltestellenanlage auf den Stammachsen zu beachten.D.3.2LiniengestaltungOft werden auf den Schwerelinien des ÖV-Verkehrs die eingesetztenVerkehrsmittel bewusst als Einzelfahrzeuge eingesetzt, um durch einendichten Takt eine hohe Verfügbarkeit mit kurzen Wartezeiten für dieFahrgäste anbieten zu können. So werden zahlreiche Straßenbahnstrekkenvon mehreren Gr<strong>und</strong>linien befahren, die sich im äußeren Stadtgebietje nach Siedlungsschwerpunkten verzweigen.Bei diesem Prinzip der Liniengabelung reduziert sich die Zugfolge in denGabelästen, wodurch die Angebotsdichte der reduzierten Nachfrage inaufgelockerten Siedlungsstrukturen angepasst wird. Umgekehrt ist dieZugfolgezeit auf der ÖV-Hauptachse im Vergleich zu den Gabelästenhalbiert. Mögliche Kapazitätsengpässe auf der ÖV-Hauptachse werdenim Straßenbahnverkehr durch eine Steuerung des Zulaufs, größere Zügeoder sich kreuzende – <strong>und</strong> nicht überlagernde – Gr<strong>und</strong>linien vermieden(bei Straßenbahnen z. B. Straßburg; bei Stadtbahnen z. B. Hannover).


2 3 4B e tr i e b l i c h e A s p e k t eBei einem Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-Konzept hätte dagegen die Bündelung vonEinzelfahrzeugen eine reduzierte Verfügbarkeit auf der Stammachse zurFolge.D.3.3WirtschaftlichkeitDa bei der Zusammenstellung eines <strong>Bus</strong>-Zugverbands die Zeit zur Zugbildungzu Anfang der Stammachse berücksichtigt werden muss, gegebenenfallsauch die Disposition der Fahrer der Einzelfahrzeuge, wird einMulti-Mode-<strong>Bus</strong>-System nur dort in Betracht zu ziehen sein, wo gemeinsame,möglichst lange unverzweigte Streckenabschnitte bestehen <strong>und</strong>des Weiteren nach Möglichkeit mittels geschickter Disposition Fahrpersonaleingespart werden kann. Die Vorlaufstrecken <strong>und</strong> Stammstreckenmüssen hierbei zwingend pünktlich befahren werden, um ohne Wartezeitendie <strong>Bus</strong>-Zugverbände bilden <strong>und</strong> die Dispositionen der Fahrer zuverlässigorganisieren zu können. Unverzichtbar sind deshalb Maßnahmen,die eine Steuerung des Zulaufs außerhalb der ÖPNV-Trasse ermöglichen.In der Studie „Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme“ (1975) finden sich Angaben zurEinsparung von Fahrpersonal, die im Ansatz durchaus auch auf aktuelleMulti-Mode-<strong>Bus</strong>-Konzepte übertragbar sind. Es ist hierbei Mitte der siebzigerJahre anhand der Städte Ulm, Karlsruhe <strong>und</strong> Bielefeld untersuchtworden, ob bei einem fahrerlosen Betrieb auf einer unabhängigen EigentrasseFahrer eingespart werden könnten <strong>und</strong> welcher Aufwand bei derFahrerdisposition vertretbar ist. Zusammenfassend wurde festgestellt:• Die Möglichkeiten der Fahrerdisposition hängen stark von den Linienfrequenzenab. Allgemein können die Wartezeiten der Fahrer biszur Übernahme eines neuen Fahrzeugs durch eine einfache <strong>und</strong>auch für den Fahrer übersichtliche Disposition <strong>zwischen</strong> zwei Linienminimiert werden. Die Einsparung durch weitergehende Dispositionsteht in keinem Verhältnis zu dem entstehenden Aufwand <strong>und</strong> derwesentlich größeren Störungsanfälligkeit (Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme1975, S. 26).• Eine Einsparung an Fahrern ist nur bei Vorhandensein eines genügendlangen Magistralennetzes möglich (Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme1975, S. 26). In der Studie wird für vollautomatisch gesteuerte Transporteinheitenmit 50 Personen pro Fahrzeug eine minimale Länge einerStammachse von 2,5 km genannt.Bei dem Verbleib eines Fahrers im Führungsfahrzeug <strong>und</strong> einer größerenGefäßgröße wäre die oben angegebene minimale Magistralenlänge von2,5 km bei den aktuellen Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-Konzepten im Hinblick auf einewirtschaftliche Umsetzung deutlich zu kurz. Es muss davon ausgegangenwerden, dass auf den vergleichsweise kurzen innerstädtischen Stammachsen,ein erhöhter Personalwirkungsgrad nicht erreicht werden kann.


V e r g l e i c h b a r e A n w e n d u n g e n i m S c h i e n e n v e r k e h r 2 3 5D.4 Vergleichbare Anwendungenim SchienenverkehrD.4.1Virtuelle ZugverbändeUrsprünglich stammt die Idee der virtuellen Zugverbände aus dem Bereichdes Güterschienenverkehrs (Virtually Coupled Train Formations,VCT; MINDEL 1998, S. 57). Erklärtes Ziel ist hierbei die Erhöhung derStreckenauslastung über ein innovatives Betriebskonzept, welches daraufaufbaut, dass Züge Schienenstrecken genauso flexibel befahren wieheute Pkw <strong>und</strong> Lkw die Straßen. Im Idealfall heißt das, dass jeder Wageneinen eigenen optimierten Antrieb besitzt <strong>und</strong> so einen kurzen, intelligenten,autarken Modulzug bildet. Mit Hilfe elektronischer Datenübertragungfahren diese Modulzüge mit einem minimalen Abstand, der demmechanisch gekuppelter Wagen entspricht. Die Zulässigkeit wesentlichschneller als mit Schrittgeschwindigkeit in ein besetztes Gleis einfahrenzu dürfen, ist Voraussetzung virtueller Zugverbände. An Verzweigungsstellenscheren die Modulzüge automatisch aus dem Verband aus bzw.ordnen sich in den Verband ein (BOCK, VARCHIM 1999, S. 316).Ein derartiges Verfahren wird beispielsweise bei der Deutschen <strong>Bahn</strong> AGunter dem Arbeitstitel „Train-Coupling and Train-Sharing“ vorrangig hinsichtlichdes Güterverkehrs untersucht (ALTHAMMER 2001, S. 30; AbbildungD.1).(""'$!.(&(551Mit Blick auf die <strong>Bahn</strong>betriebsleittechnik ist dies ein Loslösen weg vonder blockweisen Streckenfreigabe (modern auch „Moving-Block“ oder„Funkbasierter Fahrbetrieb“) hin zum Fahren im relativen Bremswegabstand.Im Bereich der Eisenbahnverkehrstechnik stellt dies einen innovativenAnsatz dar, der aber beim Fahren auf Sicht bei Straßenbahnen <strong>und</strong>


2 3 6V e r g l e i c h b a r e A n w e n d u n g e n i m S c h i e n e n v e r k e h rerst recht bei Linienbussen, die auf Stammstrecken ohne technischeHilfsmittel bei geringen Geschwindigkeiten sogar im verkürzten absolutenBremswegabstand fahren, nie anders praktiziert wurde.D.4.2Flügelungsprinzip'$8>U*3'.#. "(&.%5Aus Sicht des Fahrgastbetriebs ist die Idee der virtuellen <strong>Bus</strong>-Zugverbände im regionalen Schienenverkehr eher dem Flügelungsprinzipzuzuordnen, angewendet beispielsweise beim ICE Ruhrgebiet, Thalys,Pendolino Nürnberg, Oberlandbahn, Regionalbahn Nordhessen oder beider Euregiobahn. In Skandinavien sind im Regionalverkehr auch so genannteFlexliner im Einsatz, wobei eine Gummiwulst <strong>und</strong> wegdrehbareFührerstandseinrichtungen an den Fahrzeugenden den Fahrgastfluss<strong>zwischen</strong> den gekuppelten Einzelfahrzeugen ermöglichen (Bild D.4). EinerÜbertragung des Flügelungsprinzips auf den städtischen Nahverkehrstehen hierbei aber Eisenbahn-spezifische Voraussetzungen <strong>und</strong> Randbedingungenentgegen:• Beim Flügelungsprinzip kommt der abschnittsweise Zugverband natürlichauf vom Individualverkehr gänzlich unbeeinflussten Streckenabschnittenzum Einsatz,• die Datenübertragung <strong>und</strong> die Abstandshaltung erfolgen über einemechanische Schnellkupplung,• die Rad/Schiene-Technik ermöglicht in bewährter Weise die betriebssichereBildung langer Transporteinheiten,• die Eisenbahnsicherungstechnik bedingt einen zeitlichen Abstandzweier einander folgender Züge (Sperrzeit einschließlich Pufferzeit),so dass mit dem Einsatz langer Züge die Leistungsfähigkeit einesStreckenabschnitts deutlich angehoben werden kann,• die Überliegestrecken im Schienennetz sind im Gegensatz zu innerstädtischenStammachsen sehr lang (oft über 50 km), so dass imEinzelfall eine Disposition der Fahrzeugführer umsetzbar ist <strong>und</strong> derKupplungsvorgang einschließlich Bremsprobe zeitlich kaum ins Gewichtfällt,• es können Trassennutzungsgebühren eingespart werden.Darüber hinaus findet im regionalen Schienenpersonenverkehr eine Linienverknüpfungan Umsteigebahnhöfen im Vergleich zum städtischenNahverkehr oft nur im St<strong>und</strong>entakt statt, d. h. dichtere Zugfolgen wärenohnehin ohne Anschlussverbindungen.


Z u s a m m e n f a s s u n g 2 3 7D.5 ZusammenfassungSollte auch bei der Umsetzung eines virtuellen <strong>Bus</strong>-Zugverbands in einemersten Schritt nicht die Einsparung von Fahrpersonal im Vordergr<strong>und</strong>stehen, so bedürfen darüber hinaus jedoch sicherheitstechnischeAnforderungen <strong>und</strong> netzkonzeptionelle Bedienungsalternativen bei einemMulti-Mode-<strong>Bus</strong>-System mit elektronischer Deichsel einer besonderenBetrachtung.• Es bleibt festzuhalten, dass unter der Annahme eines <strong>Bus</strong>-Zugverbands mit über 25,00 m Gesamtlänge vorerst eine mechanischeQuerführung oder Notführungseinrichtungen genehmigungsrechtlicheVoraussetzung eines Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-Systems sein dürften.• Bei einem Einsatz einer berührungsfreien Abstandsregelung stehtnoch der Nachweis aus, dass beim Versagen der elektronischenDeichsel, dem Verlust des Kraftschlusses oder extremen Störgrößenalle Einzelfahrzeuge eines <strong>Bus</strong>-Zugverbandes längs zur Leiteinrichtungsicher zum Stehen gebracht werden können.• Unabdingbar für die Zielsetzung eines auf verkehrliche Erfordernisseausgerichtetes Multi-Mode-<strong>Bus</strong>-Systems ist eine einzelfallspezifischeBewertung von Siedlungsstrukturen. Hierbei wären Quelle-Ziel-Relationen <strong>und</strong> Verkehrsstromstärken eines ÖV-Netzes, welcheüberhaupt erst Überlegungen in Richtung auf ein bedarfsgerechtesMulti-Mode-<strong>Bus</strong>-System begünstigen, noch gesondert herauszuarbeiten.Innerstädtische Stammstrecken sind aber als Einsatzbereichwenig aussichtsreich.• Unter dem Aspekt der Einsparung von Fahrpersonal kann der Einsatzbereichdort eingehender geprüft werden, wo ein Zielort über einemöglichst lange, gemeinsame ÖPNV-Trasse zu erreichen ist, wiedies typischerweise bei einem Flughafenzubringerdienst o. ä. der Fallwäre.• Weitere planerische Voraussetzung wäre eine Fahrplan- <strong>und</strong> Liniengestaltungmit der Möglichkeit, die Fahrer auf den Zulaufstrecken derÖPNV-Trasse nach dem Sammeln der Fahrgäste an dem ÖV-Trassenendpunkt zeitlich abgestimmt wieder die Fahrzeuge der Gegenrichtungzum Verteilen der Fahrgäste übernehmen zu lassen.


2 3 8Z u s a m m e n f a s s u n g


L i t er a t u r 2 3 9D.6 LiteraturN.N. (2001): Gekoppelt in die Zukunft – Auto – Spiegel online11.01.2001.Althammer, K. (2001) Aufgaben <strong>und</strong> Ziele in Forschung <strong>und</strong> Entwicklungbei der Deutschen <strong>Bahn</strong> AG, EI – Der Eisenbahningenieur (52) 3/2001,S. 24-33.Bock, U., Varchmin, J.-U. (1999): Erhöhung der Streckenauslastungdurch „Virtuelle Zugverbände“, VDI-Berichte Nr. 1488, Düsseldorf 1999.Bouwman, R., Verleg, A. (2001): Driving on virtual rails, ÖffentlichkeitsarbeitAdvanced Public Transport Systems (APTS), Helmond 2001.Dual-Mode-<strong>Bus</strong>-Systeme (1975): Studie im Auftrag des B<strong>und</strong>esministersfür Forschung <strong>und</strong> Technologie – Förderungskennzeichen NTÖ 121<strong>und</strong> NTÖ 129; Verfasser: Dornier System, Dorsch Consult, TechnischerÜberwachungsverein Rheinland, Friedrichshafen/München/Köln 1975.


2 4 0L i t er a t u r


241Anhang EFahrwegkonstruktionen


E i n l e it u n g 2 4 3E.1 EinleitungE.1.1 VorbemerkungDie <strong>Transportsysteme</strong> auf Basis moderner <strong>Bus</strong>technologie varriieren <strong>zwischen</strong>Linienbusverkehr <strong>und</strong> Straßenbahnsystemen. Entsprechend großsind auch die Variationen der Fahrwegkonstruktionen. Auf der einenSeite werden beim Linienbusverkehr standardisierte Oberbauten des allgemeinenStraßenverkehrs benutzt, auf der anderen Seite finden beiStraßenbahnsystemen Gleisroste vor allem mit Rillenschienen Verwendung.Zwischenstufen wie halbstarre Deckschichten bei starkem Linienbusverkehroder Betonstraßen mit integrierter Monoschiene bei der Straßenbahnauf Gummireifen sind gleichfalls verwirklicht.Bekanntlich erfordern die Schienenwege bei der Erstellung <strong>und</strong> auch beider Instandhaltung einen vergleichsweise hohen baulichen Aufwand.<strong>Transportsysteme</strong> auf Gummireifen versprechen hier durch die Aufgabentrennungvon Lastabtragung <strong>und</strong> Spurführung sowie moderatenAchslasten Vorteile bei dem Ziel einer wirtschaftlichen Fahrwegkonstruktion.Dies liegt im Wesentlichen darin begründet, dass eine Spurführungim Gegensatz zur Rad/Schiene-Technik kraftschlüssig erfolgt, d. h. alleStellkräfte für die Seitenführung werden über den Reibschluss Gummirad/Fahrbahndeckeaufgebracht. Folglich ist Verschleiß überwiegend nurin Form von Gummiabtrieb zu erwarten.Trotzdem bedürfen beispielsweise bei der Asphaltbauweise die Effekteder plastischen Deformation besonderer Beachtung. Beispielhaft genanntseien hier Längsunebenheiten im Bereich häufiger Brems- <strong>und</strong> Beschleunigungsvorgängeoder die Spurrinnenbildung bei spurfahrendemVerkehr.Im Folgenden sollen bisherige Erkenntnisse bei der Nutzung von Verkehrsflächenvorgestellt werden, um das Verhalten der verschiedenenBauweisen abschätzen zu können. Zielsetzung ist es, die zu berücksichtigendenRandbedingungen je nach Wahl des Oberbaus zu versachlichen,vor allem auch im Hinblick auf die systemspezifischen Kostenstrukturen.


2 4 4E i n l e it u n gE.1.2 Anforderungen an <strong>Bus</strong>verkehrsflächenDie Fahrbahnoberfläche muss den Anforderungen eines sicheren Betriebsgenügen. Neben fahrdynamischen Streckenparametern bestimmtinsbesondere die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche den Fahrkomfort.Der Schienenverkehr bietet hier in Abhängigkeit von Instandhaltungsarbeiteneinen sehr guten Fahrkomfort. Große Teile der Straßendes öffentlichen Wegenetzes befinden sich dagegen in einem schlechtenZustand <strong>und</strong> mindern die Attraktivität des <strong>Bus</strong>verkehrs erheblich. Die Erhaltungeines einwandfreien Fahrbahnzustands des öffentlichen Wegenetzessowie der ÖPNV-Sonderfahrstreifen ist in der Regel Aufgabe desTiefbauamtes der Kommune. Für den Verkehrsbetrieb hat der Fahrbahnzustandbzw. die Gleislage direkte Auswirkungen auf den Fahrzeugverschleiß.Anforderungen an die Eigenschaften einer Verkehrsfläche für <strong>Bus</strong>se sind:• Standfestigkeit,• Ebenheit,• Griffigkeit,• Rißsicherheit,• einwandfreie Entwässerung,• geringe Geräusch- <strong>und</strong> Erschütterungsemissionen,• geringer Bau- <strong>und</strong> Wartungsaufwand,• geringer Aufwand für Reinigung <strong>und</strong> Winterdienst,• Stadtbildverträglichkeit (<strong>Bus</strong>verkehrssystem 1992, 4.44).E.1.3 Bauklasse nach den RStO 01<strong>Bus</strong>verkehrsflächen, hier Fahrgassen in einer Umsteigeanlage, werdennach den „Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen“(RStO 01) der Bauklasse III zugeordnet, allerdings mit demHinweis, dass bei besonders starker Verkehrsbelastung eine entsprechendhöhere Bauklasse gewählt werden kann. Es wird empfohlen, beihöher frequentierten <strong>Bus</strong>haltestellen <strong>und</strong> in häufig befahrenen Fahrgassen(150 <strong>Bus</strong>se/Tag) einen Fahrbahnaufbau nach Bauklasse II(RStO 01) zu wählen, um dauerhaft Setzungen <strong>und</strong> die Bildung von Spurrinnendurch die Achslasten der Tragreifen zu vermeiden. Pflasterdeckenscheiden bei den weiteren Betrachtungen aus, da sie nach Maßgabe derRStO 01 nur für die Bauklassen III bis VI geeignet sind.


E i n l e it u n g 2 4 5E.1.4 Verkehrsflächen mit besonderer BeanspruchungNach den RStO 01 können Verkehrsflächen besonderen Beanspruchungenunterliegen, z. B.• bei spurfahrenden Verkehr <strong>und</strong> enger Kurvenfahrt,• bei langsam fahrenden Verkehr,• bei häufigen Brems- <strong>und</strong> Beschleunigungsvorgängen,• bei Standverkehr oder Stop-and-go-Verkehr.Das o. g. Belastungsprofil ist vergleichbar mit den besonders beanspruchtenVerkehrsflächen der unkonventionellen <strong>Transportsysteme</strong>n<strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>. Die Auswirkungen der Beanspruchungen werdendurch klimatische Einflüsse, wie besonders hohe Temperaturen überlängere Zeiträume oder intensive Sonneneinstrahlung, noch verstärkt. Esist dann zu prüfen, ob den besonderen Beanspruchungen bei der Wahlder Baustoffe, der Zusammensetzung <strong>und</strong> der Herstellung einzelnerSchichten des Oberbaues Rechnung getragen werden muss, um diedauerhafte Gebrauchstauglichkeit der Fahrbahn zu gewährleisten(RStO 01, S. 11).Spurfahrender Verkehr (sowie Steigungsstrecken) fließen nach derRStO 01 durch die Ermittlung der Verkehrsbelastungszahl direkt in dieBemessung der Schichtdicken ein; die übrigen besonderen Belastungenmüssen gegebenenfalls durch baustofftechnologische <strong>und</strong>/oder bautechnischeOptimierungen berücksichtigt werden. Die besonderen Beanspruchungenwirken sich vornehmlich auf die Entstehung <strong>und</strong> Entwicklungbleibender Verformungen in Quer- <strong>und</strong>/oder in Längsrichtung bei Bauweisenmit Asphaltdecke aus.Bei permanent spurgeführten <strong>Transportsysteme</strong>n mit Straßenfahrwerkengibt es gesicherte Erkenntnisse über die Eigenschaften desOberbaus nur bei der O-<strong>Bahn</strong> – zum Einsatz kam aber bei diesem Systemausschließlich eine Stahlbeton-Fertigteilkonstruktion. In einem erstenSchritt könnte deshalb näherungsweise bei der Ermittlung einer geeignetenAsphaltbauweise das Belastungsprofil spurfreier Straßenfahrwerkeim Haltestellenbereich angesetzt werden, da hier zwar nicht spurgeführt,aber zumindest „in Spur“ gefahren wird. Ableiten ließe sich so mit derBauklasse II in Anlehnung an die RStO 01 ein standardisierter, wirtschaftlicherAsphaltoberbau für spurgeführte <strong>Bus</strong>systeme – zumindest fürdie fließende Fahrt auf freier Strecke.


2 4 6E i n l e it u n gE.1.5 Ergänzende RegelwerkeBei Asphaltbauweisen mit besonderer Beanspruchung werden günstigeOberbaueigenschaften über einen langen Nutzungszeitraum angestrebt.Um dies zu erreichen, wird in zahlreichen Untersuchungen durch das Variiereneinzelner Komponenten – Füller, Brechsand, Kies, Splitt, Bitumen,Hohlräumen – <strong>und</strong> dem Einsatz von Bindemitteln mit verbesserten Eigenschaftenversucht, Asphalte zu entwickeln, die den besonderen Beanspruchungenbesser gerecht werden.Es sei in diesem Zusammenhang auf die ZTV Asphalt-StB (ZusätzlicheTechnische Vertragsbedingungen <strong>und</strong> Richtlinien für den Bau von Fahrbahndeckenaus Asphalt) der Forschungsgesellschaft für Straßen- <strong>und</strong>Verkehrswesen (FGSV) hingewiesen. Aufgestellt sind Hinweise für dieZusammensetzung, die Herstellung <strong>und</strong> den Einbau von Asphaltbinderschichtenfür Straßen der Bauklasse SV <strong>und</strong> I sowie für Verkehrsflächenmit besonderer Beanspruchung <strong>und</strong> die Empfehlungen für die Zusammensetzung,die Herstellung <strong>und</strong> den Einbau von Splittmastixasphalt(SMA).Ergänzend wurden in einer Broschüre des Deutschen Asphaltverbandes„Asphalt für schwerste Beanspruchungen – Qualitätssicherung“ die Maßnahmenfür die Qualitätssicherung bei der Eignungsprüfung, bei der Herstellung<strong>und</strong> beim Einbau aufgezeigt, die geeignet sind, Fehler <strong>und</strong>Schäden zu vermeiden. Für die Unternehmen, die Asphalt herstellenoder Oberbauarbeiten im Straßenbau ausführen, hat die FGSV-Kommission „Qualitätssicherung im Straßenbau“ in Zusammenarbeit mitdem Deutschen Asphaltverband bzw. mit dem Hauptverband der DeutschenBauindustrie als weitere Hilfestellung zwei Leitfäden erarbeitet.Der Leitfaden Qualitätsmanagement „Asphalt-Herstellen“ <strong>und</strong> der Leitfadenfür das Qualitätsmanagement im Straßenbau „Teil: Oberbauarbeiten“sind ein weiterer Beitrag zu Qualitätssicherung (PREDEL 1998, S. 226).


O b e r b a u v a r i a n t e n f ür B u s v e r k e h r s f l äc h e n 2 4 7E.2 Oberbauvarianten für<strong>Bus</strong>verkehrsflächenE.2.1 Bauweisen für den fließenden Verkehr• SplittmastixbelagFür standfeste Deckschichten eignen sich vor allem Splittmastixbeläge,die sich von herkömmlichem Asphaltbeton durch sehr hohe Splittgehalte<strong>und</strong> Ausfallkörnung mit einer geringen spezifischen Kornoberfläche sowiebitumenreiche, gegen Entmischung mit Zusatzstoffen stabilisierte Mörtelunterscheiden. Der hohe Splittgehalt führt im verdichteten Zustand zu einemin sich abgestützten, fest verspannten Splittgerüst hoher Standfestigkeit,das durch einen steifen Mörtel auf die Dauer aufrecht erhaltenwird. Ein derartiger Asphalt weist nur noch einen geringen Hohlraumgehaltauf <strong>und</strong> durch die Lagerungsdichte <strong>und</strong> Korngrößenverteilung ist derWiderstand gegen bleibende Verformungen hoch.HUTSCHENREUTHER <strong>und</strong> WÖRNER (1998) geben an, dass die in der ZTVAsphalt StB-94 angegebenen Bereiche zur Erstellung einer Eignungsprüfung<strong>und</strong> somit zur Mischgutrezeptur relativ weit gefaßt sind. Da aberdieser Spielraum in der Zusammensetzung des Mischgutes nicht immerdazu benutzt wurde, dem Splittmastixasphalt entsprechende Standfestigkeit<strong>und</strong> optimale Zusammensetzung des Mineralstoffgemisches zu verleihen,wurden durch die FGSV wiederholt „Empfehlungen für die Zusammensetzung,die Herstellung <strong>und</strong> den Einbau von Splittmastixasphalt“veröffentlicht. Besonders hervorzuheben sind:• mögliche Verwendung von höherviskosem Bindemittel,• eine stärkere Orientierung auf Verwendung von grobem Korn,• höhere Mindestfüllergehalte,• höhere Mindestbindemittelgehalte.Ein solcher Splittmastixasphalt ist den Verkehrsbeanspruchungen einesdichten <strong>Bus</strong>verkehrs auf normaler Strecke ohne Weiteres gewachsen.Vorteilhaft bei der Verwendung dieses sehr verformungsarmen Asphaltoberbausist, dass es sich hierbei um eine gängige Straßenbautechnikhandelt, die in hohem Maße verfügbar ist <strong>und</strong> damit große Vorteile beiErhaltungsmaßnahmen hat. Die Aufnahme hoher Verkehrsbeanspru-


2 4 8O b e r b a u v a r i a n t e n f ür B u s v e r k e h r s f l äc h e nchung kann mit den handelsüblichen Straßenbaubitumen nach DIN 1995beziehungsweise mit einem hochviskosen polymermodifizierten Bindemittelentsprechend den Technischen Lieferbedingungen (TL PmB) erzieltwerden. Darüber hinaus sind für besondere verkehrliche AufgabenSonderbindemittel <strong>und</strong> Sonderbauweisen entwickelt worden.• Splittmastixbelag mit SonderbindemittelEin Splittmastixbelag mit hoch polymermodifiziertem Bitumen (HPmB,außerhalb der TL PmB) könnte die Ermüdungs- <strong>und</strong> Standfestigkeit weitererhöhen <strong>und</strong> damit die Ermüdungsrissbildung <strong>und</strong> die Bildung vonSpurrinnen der Asphalte stark reduzieren. Durch die Modifizierung desBitumens mit Polymeren werden nachweislich die Bitumeneigenschaften<strong>und</strong> die Gebrauchseigenschaften der mit ihnen hergestellten Asphalteverändert. RENKEN <strong>und</strong> SCHÄFER (1998, S. 61) weisen bei Asphalte mitSonderbindemittel daraufhin, dass im Allgemeinen ihre Herstellung nurgelingen wird, wenn alle Beteiligten die trivialen wie unabdingbaren Qualitätsfaktorenwie• Ausführung nur in der günstigen Jahreszeit• Auswahl geeigneter Bindemittel <strong>und</strong> Mineralstoffe,• Aufstellen von Eignungsprüfungen mit Zusatzuntersuchungen,• zusätzliche Eingangskontrollen der Zuschlagstoffe,• erhöhte Eigenüberwachung der Mischgutproduktion,• absolut gleichmäßige Mischgutproduktion <strong>und</strong>• Einbau <strong>und</strong> Verdichtung der Asphaltschichtmit größter Sorgfalt <strong>und</strong> Verantwortungsbewusstsein im Sinne der Bauweiseunbedingt einhalten.In einer Untersuchung des „Lehr- <strong>und</strong> Forschungsgebiets Straßenentwurf<strong>und</strong> Straßenbau“ an der Bergischen Universität Wuppertal, Univ.-Prof.Dr.-Ing. Beckedahl, sind aktuell die Sonderbindemittel Sealoflex 5-50(Ooms) <strong>und</strong> Styrelf 26 (Elf) einer Untersuchung unterzogen worden. Beachtenswertist, dass beim Spurbildungsversuch mit diesen hoch polymermodifiziertemBitumen Spurrinnentiefen erreicht wurden, die über50% geringer waren, als die mit herkömmlichen Straßenbaubitumen B 65erreichten Spurrinnentiefen. Asphalte sind als sehr standfest einzustufen,wenn bei dem Spurbildungversuch Spurtiefen von kleiner als 3,5 mm erreichtwerden. In der Praxis erleiden derartige Asphalte erfahrungsgemäßnur geringe Spurrinnen. Die beiden untersuchten Splittmastixasphalte mithoch polymermodifiziertem Bitumen hatten weitaus niedrigere Spurrinnen.Ergänzende Untersuchungen mit einem viskositätsverminderndenBitumenadditiv (Sasobit) sollen darüber hinaus zeigen, dass ein geringererVerdichtungswiderstand beim Einbau die spätere Nachverdichtungunter rollendem Verkehr nicht fördert.


O b e r b a u v a r i a n t e n f ür B u s v e r k e h r s f l äc h e n 2 4 9Insgesamt kann festgestellt werden, das hoch polymermodifizierte Bitumenfür die Zukunft durchaus eine Innovation darstellen können <strong>und</strong> diePerformance-Eigenschaften insbesondere die Stand- <strong>und</strong> Ermüdungsfestigkeitvon Asphalt nachweislich verbessern (ABODAHAB 2001, S. 75).Damit könnte der Einsatz eines Splittmastixasphalts mit hoch polymermodifiziertenBitumen <strong>und</strong> Bitumenadditive als verformungsresistenteVerkehrsfläche für spurgeführte <strong>Transportsysteme</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong><strong>Bahn</strong> in Erwägung gezogen werden.Ein vergleichbares Sonderbindemittel ist auch Esso Multigrade. Es istdeutlich unempfindlicher gegenüber Temperaturveränderungen als einStraßenbaubitumen. Bei Temperaturen über 60 C° ist es höher viskos alskonventionelle Bindemittel <strong>und</strong> somit besser resistent gegen Spurbildungen.Bei tieferen Temperaturen hat es einen günstigeren „Verhärtungsverlauf"<strong>und</strong> neigt dadurch weniger zur Rißbildung. Dieses Bindemittelkann insbesondere Anwendung finden bei ÖPNV-Sonderfahrstreifen,auch bei Standverkehr, sowie auf Spuren mit langsam fließendemSchwerverkehr <strong>und</strong> dünnen Deckschichten (HUTSCHENREUTHER, WÖRNER1998, S. 66). Darüber hinaus stehen zwei spezielle Bauweisen zur Verfügung,die am französischen Markt Eingang gef<strong>und</strong>en haben.• Métalflex–BelagDie französische Autobahnbetreibergesellschaft Screg Est entwickelte inZusammenarbeit mit den Bauunternehmungen Colas <strong>und</strong> Jean Lefebvreein Verfahren, das sie auf Mautstrecken von Autobahnen benutzt, diestarken Abbrems- <strong>und</strong> Beschleunigungsvorgängen von Fahrzeugen unterworfensind.Ihr patentiertes System Métalflex besteht aus einem unterstützendenmetallischen „Wabenmuster“, welches auf der Binderschicht mattenartigausgebreitet <strong>und</strong> schließlich von der Asphalt-Deckschicht ausgefüllt wird.Als Gerüststreben des Wabenmusters dienen Winkeleisen, die zu einemSechseckrahmen (Kantenlänge r<strong>und</strong> 8 cm) verb<strong>und</strong>en werden. Die Wahleines Winkelprofils erhöht die Standfestigkeit der Gerüststreben <strong>und</strong> verhindertein Einstanzen. Beim Überfahren von schweren Rädern wird dievon dem dreidimensionale Wabenmuster umschlossene Deckschichtwaagerecht festgeklemmt, in ihrer Ausdehnung behindert <strong>und</strong> kann sichdaher nicht mehr verformen (Bild E.1).1$1"( 9" - :$&(*1',(*&In Nancy ist bei dem Fahrzeugtyp GLT/TVR erstmalig das metallischeWabenmuster auf der Binderschicht einer <strong>Bus</strong>verkehrsfläche mit Monoschienezum Einsatz gekommen <strong>und</strong> mit einer Asphalt-Deckschichtversiegelt worden. Aussagen über das Verschleißverhalten sind nichtmöglich, da der GLT/TVR in Nancy wegen fahrzeugtechnischer Problemeerst eine geringe Laufleistung aufweist.


2 5 0O b e r b a u v a r i a n t e n f ür B u sv e r k e h r s f l äc h e n• Halbstarre Deckschichten1$+" ' $' ) /)2 "$Den Übergang zur Betondecke bildet eine Bauweise, die dennoch in derAnwendung einem Sonderasphalt ähnelt: der halbstarre Belag. Beispielsweiseentwickelte die Gesellschaft Indusvia d'Eurovia einen verformungsresistentenOberbau, welcher in erster Linie in Lagerbereichen vonIndustriestandorten benutzt wird <strong>und</strong> aus einem außentauglichen Industriefußbodenweiter entwickelt wurde. Der Oberbau schließt neben bodenverfestigendenMaßnahmen <strong>und</strong> einer verstärkten Binderschicht eineDeckschicht von 4 cm Percolé-Umhüllung mit ein. Bei dem Percolé-Belagwird ein mit Bitumen umhüllter einkörniger Splitt verwendet <strong>und</strong> der Mörtelmit einem Zement-Kunststoff-Bindemittel anschließend in die Hohlräumeeingerüttelt. Der Belag wird fugenlos hergestellt <strong>und</strong> ist hitzebeständig(Bild E.2).Eine derartige halbstarre Deckschicht ist beim GLT/TVR-System u. a.über eine Streckenlänge von 3,3 km in der Fußgängerzone von Nancyeingebaut worden. Beachtenswert ist der Gebrauch des Percolé-Belagsauch auf dem <strong>Bus</strong>verkehrssystem Petite Ceinture (PC) in Paris, südlichdes Boulevard des Maréchaux. Eine Spurrinnenbildung ist bei diesem mitAgora-Gelenkbussen in dichter Taktfolge befahrenen ÖPNV-Sonderfahrstreifen bisher noch nicht erkennbar. In Solingen ist ebenfallsein Abschnitt bei der Zufahrt zum <strong>Bus</strong>bahnhof mit einem halbstarren Belaggebaut worden. Auch hier sind Spurrinnen trotz des schweren Obusbetriebsnicht feststellbar.Problematisch bei der Verwendung von halbstarren Belägen ist die Notwendigkeiteiner Aufbereitungsanlage vor Ort zur homogenen Vermörtelungdes Stützgerüstes. Insbesondere bei Reparaturarbeiten fallen imRegelfall zu geringe Massen an, als dass sich das Einrichten einer Aufbereitungsanlagerechtfertigen ließe. Es wäre Leitungsfreiheit erforderlich,um dauerhaft Reparaturarbeiten an der Verkehrsfläche zu vermeiden.E.2.2 Bauweisen bei Haltestellenanlagen <strong>und</strong>StandverkehrFür Fahrgassen an Haltestellen gelten höchste Anforderungen, ist hierdoch neben der Verkehrssicherheit des allgemeinen Straßenverkehrsauch ergänzend der Spritzschutz wartender Fahrgäste, eine fixe Lagedes Haltestellen-Formsteins <strong>und</strong> darüber hinaus die Vermeidung vonQuer- <strong>und</strong> Längsunebenheiten dauerhaft sicherzustellen. Die Anforderungenan die Verkehrsflächenbefestigung im Bereich eines Knotenpunkts,wo gegebenenfalls mit Standverkehr gerechnet werden muss,sind vergleichbar.


O b e r b a u v a r i a n t e n f ür B u s v e r k e h r s f l äc h e n 2 5 1Unebenheiten in Querrichtung entstehen durch das Spurfahrenbeim präzisen Ansteuern eines Haltestellen-Formsteins (Spurrineneffekt).Unebenheiten in Längsrichtung entstehen durch häufige Brems<strong>und</strong>Beschleunigungsvorgänge bzw. Vibrationsbelastungen eines stehendenFahrzeugs. Bei Asphaltoberbauten sind die Unebenheiten inLängsrichtung gerade in den Anfahrbereichen stärker ausgeprägt als imBremsbereich, da es auf den ersten Startmetern insbesondere bei Fahrzeugenmit hoher Achslast <strong>und</strong> einem hohen Anfahrdrehmoment zu hohenSchubspannungen in der Asphaltdecke kommt.Die zu erwartende plastische Deformation im Bereich der Abrollflächenkönnten akzeptiert werden, sofern eine effektive Erhaltungsplanung betriebenwird. Da es sich bei den hier zu betrachtenden Fahrzeugen <strong>zwischen</strong><strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> u. a. um Fahrzeugtypen mit einem drehmomentstarkenelektrischen Antrieb oder mit nur einer hochmotorisierten Achsehandelt – unabhängig davon, ob spurgeführt oder spurfrei –, sollte abervielmehr ein verformungsresistenter Betonbelag (oder ein spezieller Asphaltbelag)zum Einsatz kommen.• BetonbelagBei der Erneuerung der Befestigung von Haltestellen gewinnt die Betondeckein den letzten Jahren an Bedeutung, auch wenn die Investitionskostenmindestens um 30% über den Kosten für eine Bauweise mit Asphaltdeckeliegen (Bild E.3). Betonbeläge können insbesondere dannangewendet werden, wenn der Untergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> die Situation im Bereichder Versorgungsleitungen es zulassen. Nachträgliche Tiefbauarbeitensind zu vermeiden, aber – anders als z. B. bei halbstarren Deckbelägen –durch das Herausschneiden von Betonsegmenten <strong>und</strong> Wiedereinfügenmittels Klebedübel gr<strong>und</strong>sätzlich möglich.Eine ansprechende Ebenheit des Betonbelages kann bei dem Einsatzvon Ortbeton nur erreicht werden, wenn den Schalungsschienen beimAbziehen <strong>und</strong> Glätten der frischen Betondeckenoberfläche besondereBeachtung geschenkt wird. Im Regelfall wird man eine fugenlose Betondeckeeinbauen <strong>und</strong> die erforderlichen Scheinfugen mit bitumenhaltigenVergussmassen schließen. Bei der Verwendung von frühhochfestemStraßenbeton mit Fließmittel könnte die Verkehrsfreigabe einer Haltestellebereits nach zwei Tagen mit vorgeschriebener Festigkeit erreichtwerden. Zu beachten ist, dass der Einsatz von Fließbeton bei ausgeprägtemSchräggefälle problematisch wird. Nicht zu unterschätzen ist einesorgfältige nächtliche Absperrung der Baustelle, um beim Abbindendes Frischbetons den Zugang Unbefugter auszuschließen. Im Bereichder Anschlussfugen zu Asphaltdeckenteilen sind Hohlräume durch Auflockerungenzu vermeiden <strong>und</strong> eine homogene Verdichtung <strong>zwischen</strong>gestandenem <strong>und</strong> betoniertem Oberbau zu schaffen. Dauerhaft höhen<strong>und</strong>spaltgleiche Anschlussfugen können Mithilfe eines Betonendspornshergerichtet werden.1$3*. " %" ("( /""$


2 5 2O b e r b a u v a r i a n t e n f ür B u s v e r k e h r s f l äc h e nBei einer qualitätsvollen Herstellung verspricht der Betonbelag im Bereichvon <strong>Bus</strong>verkehrsflächen eine sehr hohe Nutzungsdauer aufgr<strong>und</strong> der hohenFestigkeit. Die auftretenden Verformungen sind marginal. Es entstehenkeine Spurrinnen, Querwellen oder Verdrückungen.• AsphaltbelägeSofern bei der Herstellung des Mischgutes für einen Splittmastixasphaltauf die Homogenität des Bindemittelträgers geachtet <strong>und</strong> bei der Bindemittelsorteein eher härteres Bitumen ausgewählt wurde, liegen gute Erfolgeim Haltestellenbereich bei einem Linienbusverkehr ohne örtlicheBesonderheiten <strong>und</strong> eher geringerer Haltehäufigkeit vor.1$8. # ( " "$5"F%"H( #-.$&%*0',.*1Eine bestmögliche Funktionalität mit akzeptablen Folgekosten kann allerdingsbei der Wahl eines gängigen Asphaltbelags <strong>und</strong> bei dem Einsatzvon Fahrzeugen <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong>, die in dichter Taktfolge verkehren,die zulässige Achslasten ausnutzen <strong>und</strong> überdies hochmotorisiertsind, nicht erwartet werden. Vielmehr zeigt sich bei Standverkehr ein geeigneterErprobungsbereich zum Beispiel des hoch polymermodifiziertenSplittmastixasphalts oder des Métalflex-Belags – sofern nicht von vornhereinauf einen Betonbelag zurückgegriffen wird (Bild E.4).Alternativ bietet sich auch der Einbau eines gewalzten Gußasphaltes an.Besonders resistent gegen Spurrinnenbildung ist Gußasphalt, wenn zurErhöhung der Standfestigkeit die Sandkomponente ausschließlich ausEdelbrechsand besteht <strong>und</strong> ein polymermodifiziertes Bindemittel Verwendungfindet. Als Füller werden schwach versteifende Gesteinsmehleausgewählt.1$


O b e r b a u v a r i a n t e n f ür B u s v e r k e h r s f l äc h e n 2 5 3zuletzt bei dem Testbetrieb der Bauarten Translohr <strong>und</strong> GLT/TVR auf derTVM in Paris zeigte.Auf der Teststrecke in Duppigheim hat Cogifer TF bisherige Erfahrungenim Bereich Spurführung, Einbautechnik, Fertigertyp <strong>und</strong> spezieller betontechnologischerAnforderungen, abgestimmt auf das Lohr-Fahrzeug,umgesetzt. Eingebaut ist eine kunststofffaserverstärkte Betonstraße mitQuerscheinfugen, die aufgr<strong>und</strong> der höhengenauen Fertigung einen hohenFahrkomfort bietet (Bild E.7). In der Verschleißschicht ist man daraufangewiesen, keine Stahlfasern zu verwenden, um Beschädigungen derGummireifen zu vermeiden. Hier können zum Beispiel Polipropylenfasernzur Reduzierung möglicher Schwindrisse eingesetzt werden. Cogifer TFexperimentiert auch mit den Möglichkeiten des Betoneinfärbens: Eindunklerer Beton hätte den Vorteil, dass Schmiermittel <strong>und</strong> ölige Substanzennicht mehr deutlich sichtbare Verschmutzungen hinterließe.1$@2 - H :. # 'Generell ist bei der Verwendung der Gleitschalungstechnik wichtig, dassbei der Trassenplanung auch die Bauausführung im Auge behalten wird.So ist es zum Beispiel nicht ohne weiteres möglich, enge Kurven mit Radienkleiner 30 m in Gleitschalungstechnik zu betonieren. Für kleinereKurvenradien müssen einfache Schalungen gestellt werden, die von demGleitschalungsfertiger überfahren werden.Nach den Erkenntnissen aus dem Straßenverkehrswegebau sowie demBetrieb des Essener Spurbusses kann bei der qualitätsvollen Verwendungder Betontechnologie gr<strong>und</strong>sätzlich von äußerst wartungsarmenFahranlagen gesprochen werden. Ganz wesentlich für das Langzeitverhaltenist hierbei eine kontinuierliche Auflagerung, um Pumperscheinungenzu vermeiden.E.2.4 Fertigteilbauweise bei unabhängigem FahrwegBei einem unabhängig geführten Schnellfahrweg, der von anderen Verkehrsteilnehmernnicht gequert wird, bietet sich das bewährte Prinzip derO-<strong>Bahn</strong> an. Die in Essen <strong>und</strong> in Adelaide eingesetzte Stahlbeton-Fertigteilkonstruktion der Spurbus-Fahrbahn Bauart Züblin besteht imRegelfall aus Querträgern, auf denen die Fahrwegelemente mit integriertenLeitborden verlegt werden (vgl. NIEMANN, SACK 1983, S. 54-61,Bild E.8).Die Querträger liegen auf je zwei Bohrpfählen auf, die als F<strong>und</strong>amentdienen. Die Länge der Fahrwegelemente beträgt bis 12 m, die in denKurven entsprechend gekrümmt werden. Die Breite der Fahrbahnelementewird entsprechend der erforderlichen Breite der Aufstandsflächeder Zwillingsreifen bemessen. Der Zwischenraum <strong>zwischen</strong> den Fahrwegelementenvon r<strong>und</strong> 1.20 m kann unversiegelt belassen <strong>und</strong> begrüntwerden. Die Querträger, die jeweils die Fahrwegelemente nach Möglich-1$A1">""." 1 1..101121.(;1$D >.F:".( ." 1 $


2 5 4O b e r b a u v a r i a n t e n f ür B u s v e r k e h r s f l äc h e nkeit für beide Fahrtrichtung aufnehmen, werden jeweils unter den Stößender Fahrwegelemente angeordnet (Bild E.9). Zur Verringerung der Bauteildimensionierungder frei tragenden Fahrwegelemente sind jeweilszwei weitere Querträger zur Reduzierung der Feldmomente angeordnet.Die Befestigung der Querträger erfolgt mittels Spannklemmen, wie sieauch bei der Befestigung von Schienen auf Schwellen üblich sind (EVAG1995, S. 16).Auf der Trasse stillgelegter <strong>Bahn</strong>strecken mit einem vorverdichteten Untergr<strong>und</strong>können die Fahrbahnbalken kostengünstiger auf eine bewehrteBetonplatte kontinuierlich aufgelagert werden (Flächengründung BauartZüblin, EVAG 1988, S. 18).Ein Stahlbetonfahrweg in Fertigteilbauweise benötigt im Regelfall außerden üblichen Routinekontrollen keine Unterhaltung. Die Fahrwege habensich, unter Voraussetzung eines direkten Kräfteabtrages in einen lastaufnahmefähigenUntergr<strong>und</strong>, ohne Verschleißschäden mit einer nach wievor hohen Laufqualität im Langzeitbetrieb bewährt. Die SpurbusstreckeFulerumer Straße in Essen kann nunmehr 20 Jahre Betriebseinsatz vorweisen<strong>und</strong> zeigt die Dauerbeständigkeit der gewählten Stahlbeton-Fertigteilausführung. Einzelne Setzungen von F<strong>und</strong>amentierungenkonnten durch Hebung <strong>und</strong> Verpressen leicht beseitigt werden(AHLBRECHT 1992, S. 7).E.2.5 Fertigteilbauweise bei MischbetriebsfahrwegDie Fertigteil-Konstruktionen des Spurbusfahrweges richten sich nachden örtlichen Gründungsverhältnissen – bei Mischbetriebsstrecken mitSchienenfahrzeugen darüber hinaus auch nach den Belangen desGleisweges. Bei der Mitbenutzung vorhandener Schienenstrecken mitSchottergleisbett wird bei der Bauart Züblin das gleiche Lastabtragungsprinzipvorgeschlagen, wie bei den spurgeführten, reinen Omnibusfahrwegenin Essen-Kray <strong>und</strong> Adelaide, ebenfalls Bauart Züblin.Bei der Konstruktion des Mischbetriebsfahrweges ist ein direkter Kräfteabtragauf einen lastaufnahmefähigen Untergr<strong>und</strong> die wesentliche Voraussetzungeiner Adaption der bewährten Stahlbeton-Fertigteilbauweise<strong>und</strong> der statischen <strong>und</strong> dynamischen Entkoppelung vom elastischenGleisrost des Schienenweges. Des Weiteren sollte der Mischbetriebsfahrwegfür Instandhaltungsarbeiten am Gleisbett schnell <strong>und</strong> problemlosdemontierbar sein.Auf beiden Abrollseiten dient der Schienenkopf als Lauffläche für den innerenZwillingsreifen der <strong>Bus</strong>se. Die Benutzung der Schiene als Aufstandsflächefür den inneren Zwillingsreifen hat zumindest beim EssenerSpurbus zu keinerlei Beeinträchtigungen im Betrieb oder zu höheremReifenverschleiß geführt (EVAG 1995, S. 16).


T e c h n i s c h e S o n d e r f r a g en 2 5 5E.3 Technische SonderfragenE.3.1 RUBIS: SpurrinnenbildungsversuchBei Asphaltstraßen entstehen, gefördert durch spurfahrenden Verkehr,Spurrinnen, die die Verkehrssicherheit des allgemeinen Straßenverkehrsdurch Aquaplaning sowie bei einem Fahrbahnwechsel aufgr<strong>und</strong> des„Leitschieneneffektes“ bei steileren Flanken von Spurrinnenmulden beeinträchtigen.Bei der Personenbeförderung mit spurfahrenden Fahrzeugenauf einem eigenen Sonderfahrstreifen hat eine leichte Spurrinnenbildungallerdings keinen negativen Einfluss auf die Verkehrssicherheit oderden Fahrkomfort. Es muss aber sichergestellt sein, dass Aquaplaning,ein Überfrieren in Kältemonaten <strong>und</strong> eine Gefährdung querender Verkehrsteilnehmeran Knotenpunkten ausgeschlossen werden können.Offen bleibt aber die Frage, ob Asphaltstraßen auch bei spurgeführtenFahrzeugen geeignet sind. Es wird hierbei befürchtet, dass durch dasvöllig spurtreue Abrollen über immer die gleiche Asphaltspur ein plastischerBruch auftreten könnte. Da zu dieser Fragestellung noch keineaussagekräftige Untersuchungen in situ durchgeführt worden sind, ist inder französischen R<strong>und</strong>laufanlage von Nantes (Manège de Fatigue duLaboratoire Central des Ponts et Chaussées) die Spurrinnenbildung miteiner Reifenpressung entsprechend der Fahrzeugkonzepte Translohr,Civis <strong>und</strong> GLT/TVR simuliert worden (Bild E.10).Das Versuchsprogramm ist Bestandteil des europäischen ForschungsprojektsRUBIS <strong>und</strong> wurde u. a. von den Fahrzeugherstellern Lohr Industrie(Translohr), Renault V.I./ Matra Transport International (Civis), SpieEnertrans/Bombardier Eurorail/ANF Industrie (GLT/TVR) im Rahmen derGIE-TVM (Groupement d'Intérêt Economique - Trans Val de Marne) finanziert.1$E 0 $* .( " # %" H " "64 $&(*1',(*&Drei verschiedene französische Asphalt-Bauunternehmungen (Gerland,Jean Lefebvre, Screg) haben hierbei jeweils einen Sektor der Kreisflächeder R<strong>und</strong>laufanlage zugewiesen bekommen <strong>und</strong> in diesen auf einen einheitlichenUnterlage Deck- <strong>und</strong> Binderschichtvarianten eingebaut. In Verabredungmit dem GIE-TVM sind 100.000 Lastwechsel festgelegt worden,die entsprechend den gewählten Randbedingungen in etwa dasBelastungsprofil eines Regelbetriebs über 7 Jahre darstellen.


2 5 6T e c h n i s c h e S o n d e r f r a g enNach Abschluß der vorgegebenen Lastwechsel, die bei Asphalttemperaturenteilweise über 40 °C durchgeführt worden sind , ist• beim Translohr (Bild E.11) eine Spurrinnentiefe von 2,5 bis 3,5 mmbei einer Reifenpressung von 0,70 MPa (7 kg/cm 2 ; Achslast: 7 t)bei den Deck- <strong>und</strong> Binderschichtvarianten zu beobachten gewesen. Auchbei den anderen Fahrzeugtypen stellte sich die Gleichwertigkeit derDeck- <strong>und</strong> Binderschichtvarianten durch gleiche Spurrinnentiefen heraus.Es waren folgende Werte zu beobachten:1$ &(*1',(*&• Bauart GLT/TVR (Bild E.12): Spurrinnentiefe von 2,5 bis 6,5 mm,Reifenpressung entspricht 0,95 MPa (9,5 kg/cm 2 ; Achslast 8 t);• Bauart Civis (Bild E.13): Spurrinnentiefe von 2,5 bis 5 mm,Reifenpressung entspricht 0,90 MPa (9,0 kg/cm 2 ; Achslast 10 t);• Referenzbelastung: Spurrinnentiefe von 3,0 bis 5 mm,Reifenpressung entspricht 0,85 MPa (8,5 kg/cm 2 ; Achslast 8,5 t).Die Werte sind über einen Beiwert korrigiert, um den Einfluss der Fliehkraftbei der R<strong>und</strong>laufanlage auszuschließen.1$+ ;&B&(*1',(*&1$3. !- &(*1',(*&1$85 / "" 2 $Bei der Vorstellung des Ergebnisberichts „L' Essais d'Orniérage TVM surle Manège de Nantes, Juillet-Septembre 1999" in Triest ist die Rede vonzufriedenstellenden Versuchsergebnissen bei allen Deck- <strong>und</strong> Binderschichtvarianten– egal welcher Fahrzeugtyp eingesetzt wurde. Die verformungsresistentesteAsphaltdeckschicht der Erprobung ist von demUnternehmen Jean Lefebvre mit einem 6 cm dicken BB 0/14 (Béton bitumineux)eingebaut worden. Die Spurrinnentiefe liegt bei dieser Asphaltdeckschichtbei allen Fahrzeugtypen im Mittel <strong>zwischen</strong> 2,25 bis2,75 mm. Günstige Randbedingungen hinsichtlich des Reifeninnendrucks<strong>und</strong> der Reifenpressung werden dem Civis <strong>und</strong> dem Translohr im Vergleichzum GLT/TVR zugesprochen. Standverkehr wurde nicht berücksichtigt.Eine Bauunternehmung hat eine 6 cm Asphaltdeckschicht mit einem Zementguss(Percolé-Belag bzw. halbstarrer Belag) zusätzlich verhärtet.Hierbei war eine Spurrinnentiefe von weniger als 0,5 mm bei allen Belastungsannahmenfestzustellen, wenngleich auch die bei halbstarrenDeckschichten unvermeidlichen Mikrorisse festzustellen waren(Bild E.14).Die Resultate aus der R<strong>und</strong>laufanlage in Nantes zeigen deutlich, dassbei spurgeführtem Verkehr <strong>und</strong> mittleren bis hohen Achslasten eine Modifizierungdes Mischgutes erforderlich ist. Bei dieser Form der besonderenBeanspruchung muss beispielsweise durch polymermodifiziertesBindemittel, höheren Hohlraumgehalt sowie durch Auswahl der Mineralstoffe<strong>und</strong> des eingesetzten Größtkorns der innere Zusammenhalt erheblicherhöht werden.


T e c h n i s c h e S o n d e r f r a g en 2 5 7E.3.2 Temperaturausgleich bei AsphaltbefestigungenBei den höherwertigen Bauklassen sind in den RStO 01 auch Bauweisengroßer Asphaltdicke (Asphaltdecke einschließlich Asphaltbinderschicht<strong>und</strong> Asphalttragschicht) aufgeführt.Bisherige Erkenntnisse beispielsweise bei dem schweren ObusbetriebSolingen zeigen allerdings, dass bei Asphalt auf Deck-, Binder- <strong>und</strong>Tragschichten großer Gesamtdicke verzichtet werden sollte, sofern aufeinen gleichwertigen Oberbau zurückgegriffen werden kann. Gerade beibesonders hohen Temperaturen über längere Zeiträume oder intensiverSonneneinstrahlung ist kein angemessener Temperaturausgleich möglich.Infolge dessen erwärmt sich der Asphalt über mehrere Tage hinwegauf <strong>und</strong> ist – bedingt durch den Wärmestau – eher verformungsanfällig,als dies bei höherwertigem Asphaltbinder- <strong>und</strong> Asphalttragschichten mitgeringerer Gesamtdicke der Fall wäre (KOSIEDOWSKI 2001).Bei der Anwendung der RStO 01 sollte deshalb aus der ermittelten Bauklasseeine Bauweise mit eher geringerer Asphaltdicke ausgewählt werden.Anzumerken ist, dass die Bauweisen mit Asphaltdecke gemäß denRStO 01 nach dem Gr<strong>und</strong>satz weitgehend technischer Gleichwertigkeitfestgelegt sind. Eine Bauweise mit eher geringerer Asphaltdicke kann –sofern der gleichen Bauklasse zugeordnet – die Verkehrsbelastung genausoohne strukturelle Schäden aufnehmen. Eine weitere Lösung dieserProblematik bieten möglicherweise auch dünne Asphaltschichten mitSonderbindemittel im Zusammenspiel mit einer ergänzenden starrenTragschicht, beispielsweise mit hydraulischem Bindemittel.E.3.3 Leitungsfreiheit <strong>und</strong> FahrkomfortDie städtische Straße ist nicht nur Verkehrsfläche – sie ist auch eineTrasse für jede Art von Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsleitungen: Elektrizität, Telefon,Wasser, Gas, Fernwärme, Kabelfernsehen, Abwasserkanäle, Blitzschutzleitungen.Die kurzfristige Zugänglichkeit dieser Leitungen ist fürAusbau- oder Reparaturarbeiten zu gewährleisten.Das erklärt, weshalb im innerstädtischen Bereich auch bei besonderenBeanspruchungen die Wahl auf eine standfeste Asphaltstraße <strong>und</strong> nichtauf eine Betonfahrbahn fällt. Bei einer Asphaltstraße sind Aufgrabungenzum Beispiel zur Freilegung von Versorgungsleitungen mit kalkulierbaremAufwand möglich. Kostenersparnisse können so bei der Wahl einerAsphaltstraßen durch das Vermeiden der teilweise sogar die eigentlichenOberbaukosten übersteigenden, kostenintensiven tiefbautechnischenVerlegearbeiten erzielt werden. Tatsache ist aber, dass bei <strong>Bahn</strong>systemenauf einer Betontragplatten, egal ob Rad/Schiene-Technik oder auf


2 5 8T e c h n i s c h e S o n d e r f r a g enGummireifen, diese indirekten Folgekosten unvermeidbar sind, da derhochfeste Baustoff Beton bei einer nachträglichen Freilegung sehr aufwändigeBaumaßnahmen erfordern würde. Abgesehen davon sollten Beeinträchtigungenauf einen dichten Fahrbetrieb infolge freigelegter Versorgungsleitungenvermieden werden.Bei der Verwendung einer Asphaltstraße als <strong>Bus</strong>verkehrsfläche solltenach Möglichkeit ebenfalls Leitungsfreiheit angestrebt werden, da durchStraßenaufbrüche das konsolidierte <strong>und</strong> verspannte F<strong>und</strong>ament einerStrasse aufgelockert wird. Wenn bei unvermeidbaren Aufgrabungen derStreckenabschnitt mit handgelenkten Fahrzeugen befahren wird, könnenaber immerhin leicht Umleitungsfahrten eingerichtet werden. Damit abertrotz tiefbautechnischer Maßnahmen dauerhaft ein hoher Fahrkomfortgewährleistet werden kann, sind besondere Anstrengungen bei der homogenenVerdichtung der Verfüllung notwendig. Schichtenverb<strong>und</strong>,Nähte, Anschlüsse <strong>und</strong> Randausbildungen des Asphaltoberbaus sindsorgfältig <strong>und</strong> fachk<strong>und</strong>ig wiederherzustellen.E.3.4 RasengleisvariantenBei Schienenbahnen hat das Rasengleis auf unabhängigen <strong>und</strong> besonderen<strong>Bahn</strong>körpern aufgr<strong>und</strong> ökologischer <strong>und</strong> gestalterischer Erwägungenin zunehmenden Umfang Verwendung gef<strong>und</strong>en. Zur Verringerungdes Instandhaltungsaufwandes geht man neben der Aussaat von langsam-<strong>und</strong> niedrigwachsenden Rasensorten auch dazu über, (Re-) Naturierungen mit Moosen <strong>und</strong> Sukkulenten auszuführen.1$


T e c h n i s c h e S o n d e r f r a g en 2 5 9Der Spurbus-Fahrweg in Essen <strong>und</strong> in Adelaide mit Stahlbeton-Fertigteilen wird materialsparend ebenso entsprechend der erforderlichenBreite der Reifenaufstandsfläche bemessen. Der Zwischenraum <strong>zwischen</strong>den Fahrwegelementen wird unversiegelt belassen <strong>und</strong> ist im Fallvon Essen auch begrünt. Im Winterdienst wird konventionell geräumt <strong>und</strong>abgestreut.Sofern ausreichend Platz vorhanden ist, sollte bei spurfreien Systemen(z. B. Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zug) ein begrünter Fahrweg besser über Anpflanzungenin einem Mittel- oder beidseitigem Randstreifen vorgenommenwerden, da eine geschlossene Fahrbahn für den Winterdienst wesentlichgeeigneter ist. Analog zum Spurbus-Fahrweg wird aber auch überlegt,breite Reifenaufstandsfläche herzustellen <strong>und</strong> die Zwischenräume beispielsweiseüber Rasengittersteine zu befestigen (Bild E.17).Allen Fahrbahnkonstruktionen der gummibereiften <strong>Transportsysteme</strong> istgemein, dass die Abrollspuren der Tragreifen gegenüber den Zwischenräumenleicht erhöht hergestellt werden müssen, damit beim Winterdienstinsbesondere Schnee ohne Beschädigung der Grasnarbe weggebürstetoder weggeräumt werden kann.1$@/>" $ 6 F# :"("H; " $


2 6 0T e c h n i s c h e S o n d e r f r a g en


F a h r zeugtypen <strong>und</strong> empfohlener Oberbau 2 6 1E.4 Fahrzeugtypen <strong>und</strong> empfohlenerOberbauE.4.1 Auswahl der StraßenbautechnikAllgemein ist bei der Wahl eines Walzasphaltes zu beachten, dass einvollständiges Ausschließen von Schäden, besonders der Spurrinnenbildung,bei <strong>Transportsysteme</strong>n <strong>zwischen</strong> <strong>Bus</strong> <strong>und</strong> <strong>Bahn</strong> über einen langenZeitraum nicht realistisch ist. Es ist zu akzeptieren, dass die Decke periodischje nach den Belastungen aus Klima <strong>und</strong> Verkehr aufgearbeitetwerden muss. Als Erhaltungsmaßnahmen stehen hierfür Dünne Schichtenim Heiß- oder Kalteinbau zur Verfügung, bzw. Verfahren zum Rückformender Fahrbahnoberfläche sowie Ersatzverfahren, d. h. der Ausbaugeschädigter Schichten <strong>und</strong> deren Erneuerung.Bei der Wahl der Verkehrsflächenbefestigung sind für den Standverkehr,hier insbesondere Haltestellenbereiche, sowie für den spurgeführten Verkehrauf freier Strecke örtliche Gegebenheiten, regionale Erfahrungen,technische Gesichtspunkte, nutzungsbedingte Besonderheiten sowieUmweltbedingungen zu berücksichtigen wie beispielsweise:• Verkehrsbelastung,• Wirtschaftlichkeit,• Erhaltungsstrategien,• Bau- <strong>und</strong> Wartungsaufwand,• Know-how des Auftragnehmers,• örtlich vorhandene Baustoffe sowie• Stadtbildverträglichkeit.Möglicherweise ist hierdurch bereits die Wahl einer Oberbauvariante vorgegeben.Trotzdem sind ergänzende Gesichtspunkte bei der Wahl einesgeeigneten Oberbaus zu beachten. Sie sind im Folgenden den Fahrzeugtypender <strong>Transportsysteme</strong>n zugeordnet. Es ist darauf hinzuweisen,dass bei den bimodalen Fahrzeugtypen, z. B. Dual-Mode- oder Multi-Mode<strong>Bus</strong>sen, der Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahn für die nicht spurgeführtenAbschnitte vergleichbar ist; bei den spurgeführten Abschnitten entspricht


2 6 2F a h r zeugtypen <strong>und</strong> empfohlener Oberbauwiederum der Fahrzeugtyp Straßenbahn auf Gummireifen dem Belastungsprofilder bimodalen Fahrzeugtypen.Der wechselnden Gewichtung ortspezifischer Gesichtspunkte ist bei derWahl der Straßenbautechnik durch Abschnittsbildung, d. h. wechselndenOberbauformen im Verlauf der Trassierung, zu entsprechen.E.4.2 Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>zugBei fließendem Verkehr <strong>und</strong> dem Einsatz von <strong>Bus</strong>zügen eignet sichals Bauweise: Splittmastixasphalt mit Straßenbaubitumen.Bei sehr langsam fahrenden oder stehenden Verkehr, vornehmlichHaltestellenanlagen, sind bei der Wahl der Bauweise folgendeGesichtspunkte besonders zu berücksichtigen:• Widerstand gegen Reifenpressung,• Längsneigung,• Vortriebskraft,• Erwärmungstendenz,• Schubbeanspruchung in engen Kurvenradien,• Schubbeanspruchung in den Beschleunigungs- <strong>und</strong>Verzögerungsbereichen,• Lage <strong>und</strong> Zustand der Versorgungsleitungen sowie• Standsicherheit des Formsteins.Insbesondere die hohe Vortriebskraft bei nur einer hochmotorisiertenTriebachse <strong>und</strong> der kraftschlüssige Einbau eines Formsteins lässt vorrangigeinen Betonbelag (Ortbeton) empfehlenswert erscheinen. Als geeigneteStraßenbautechnik sind bei sehr langsam fahrendem Verkehraber auch ein modifizierter Splittmastixbelag, ein Gußasphalt, ein Métalflex-Belagoder ein halbstarrer Belag in Betracht zu ziehen.E.4.3 Fahrzeugtyp <strong>Bus</strong>bahnBei dem Einsatz von <strong>Bus</strong>bahnen im fließenden Verkehr eignet sichals Bauweise: Splittmastixasphalt mit Straßenbaubitumen.Folgende Gesichtspunkte sind ergänzend bei der Wahl der Bauweise beisehr langsam fahrenden oder stehenden Verkehr besonders zuberücksichtigen.


F a h r zeugtypen <strong>und</strong> empfohlener Oberbau 2 6 3• erhöhter Widerstand gegen Reifenpressung,• Längsneigung,• Erwärmungstendenz sowie• Schubbeanspruchung in engen Kurvenradien.Im Haltestellenbereich ist bei <strong>Bus</strong>bahnen ein hoher Widerstand gegenbleibende Verformungen (hohe Reifenpressung, verstärkt zum Beispieldurch Super-Single-Reifen) besonders zu berücksichtigen. Die Vortriebskraftverteilt sich im Regelfall auf mindestens zwei Achsen, so dass nichtzu erwarten ist, das der Belag durch Beschleunigungsvorgängen so extremwie bei <strong>Bus</strong>zügen belastet wird. Die Haltestellenanfahrt erfolgt spurgeregelt,so dass der Formstein nicht angesteuert wird. Eine geeigneteBauweise ist ein modifizierter Splittmastixbelag.Des Weiteren sind bei stehendem Verkehr auch die folgenden Straßenbautechnikenin Betracht zu ziehen: Gußasphalt, Métalflex-Belag, halbstarrerBelag sowie Betonbelag (Ortbeton).E.4.4 Fahrzeugtyp Straßenbahn auf GummireifenBei dem Betriebsmodus eines mechanisch spurgeführten Transportsystemsauf Gummireifen sind bei der Wahl der Bauweise folgende Gesichtspunktebesonders zu berücksichtigen:• Einbaumöglichkeit mechanischer Querführungseinrichtung,• Widerstand gegen Reifenpressung,• Komfortanspruch,• Längsneigung,• Erwärmungstendenz,• Schubbeanspruchung in engen Kurvenradien,• Schubbeanspruchung in den Beschleunigungs- <strong>und</strong>Verzögerungsbereichen,• Lage <strong>und</strong> Zustand der Versorgungsleitungen sowie• Auswirkungen von Erhaltungsmaßnahmen unter rollendem RadInsbesondere mit der Gleitschalungstechnik lässt sich ein Fahrweg (einschließlichdes Monoschienentroges) mit dauerhaft guten Gebrauchseigenschaftenwirtschaftlich herstellen (Feste Fahrbahn mit Gleitschalungstechnik).Aber es können auch spezielle Asphaltbeläge (modifizierterSplittmastixbelag bzw. Métalflex-Belag) oder halbstarre Deckschichten mitentsprechenden Tragschichten eingesetzt werden:


2 6 4F a h r zeugtypen <strong>und</strong> empfohlener Oberbau


K o s t e n s ät z e F a h r w e g k o n s t r u k t i o n e n 2 6 5E.5 Kostensätze FahrwegkonstruktionenE.5.1 Kostendaten SplittmastixasphaltEs soll der Frage nachgegangen werden, welche Infrastrukturkosten nurfür die Verkehrsflächenbefestigung pro lfdm unter der Annahme der BauklasseII <strong>und</strong> einem Splittmastixasphalt zu erwarten sind. Die angegebenenKosten enthalten nicht die anteiligen Kosten für die Erneuerung derFahrbahn nach schätzungsweise 10 Jahren Nutzungsdauer. Auch derBodenaushub/Auskofferung/Entwässerung soll hierbei unberücksichtigtbleiben.Es werden folgende Oberbaukosten für einen Splittmastixasphalt mitStraßenbaubitumen in [EUR/m 2 ] geschätzt (vgl. RstO 01, Tafel 1,Zeile 2.1, Bauklasse II):3 8 (C,% 8B


2 6 6K o s t e n s ät z e F a h r w e g k o n s t r u k t i o n e n3 @; (C,%B ?9 (C,%A / FG (C,% FG (C,%A'8O) @; (C,% G8 (C,%!O F9':%@@!) 99 (C,%, ! ?: (C,%Y Z8


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2 6 8K o s t e n s ät z e F a h r w e g k o n s t r u k t i o n e nE.5.4 Kostendaten StraßenbahngleisDie Kostenstruktur eines schwingungsgedämpften, kontinuierlich gelagertenStraßenbahngleises mit Kammerfüllkörper aus Kunststoff (Betonplattenbreiteb = 2,00 m) ergibt beispielhaft folgende Kosten pro lfdm:1$D. H .:" $2 /F." . $3 ; (C,%B'


K o s t e n s ät z e F a h r w e g k o n s t r u k t i o n e n 2 6 9E.5.5 Gegenüberstellung <strong>und</strong> Interpretation dersystemspezifischen KostenfaktorenGeschlossene Oberbauform, nur Herstellung0'YFG:)0'!YFG:)0'!=Y9


2 7 0K o s t e n s ät z e F a h r w e g k o n s t r u k t i o n e n


L i t er a t u r 2 7 1E.6 LiteraturAbodahab, M. (2001): Innovationspotential von hoch polymermodifiziertemBitumen für Straßen mit besonderer Beanspruchung. Diplomarbeitan der Bergischen Universität Wuppertal, Lehr- <strong>und</strong> ForschungsgebietStraßenbau <strong>und</strong> Straßenentwurf, Wuppertal 2001.GIE-TVM (1999): Premiers résultats des essais – Essais d’orniéeragepar fluage sous 100.000 cycles réalisés à plus de 30°C sur le manège duL.C.P.C de Nantes, Expertise des Revetements de Chaussees, Septembre1999.Handbuch zur Einführung des <strong>Bus</strong>verkehrssystems – DemonstrationsvorhabenLübeck (1992), Forschungsprogramm Stadtverkehr desB<strong>und</strong>esministers für Verkehr, Hamburg 1992.Hutschenreuther, J.; Wörner, T. (1998): Asphalt im Straßenbau: ausder Praxis des Verkehrsbaus, 1. Aufl. - Berlin: Verl. für Bauwesen, 1998.Kosiedowski, K. (2001): Mdl. Äußerung zum Thema: Spurrinennbildungdurch Wärmestau in Asphaltdeck-, binder- <strong>und</strong> Tragschichten am Beispieldes <strong>Bus</strong>bahnhofs Graf Wilhelm Platz, Vermögensbetriebe der StadtSolingen, 7.11.2001.Straube, E., Beckedahl, H. (2000): Straßenbau <strong>und</strong> Straßenerhaltung:ein Handbuch für Studium <strong>und</strong> Praxis, 6. durchges. Aufl. - Berlin: ErichSchmidt, 2000.Predel, P. (2000): Änderungen <strong>und</strong> Ergänzungen der ZTV Asphalt-StB 94 - Entstehung <strong>und</strong> Ausblick, in: Deutscher Straßen- <strong>und</strong> VerkehrskongreßLeipzig 1998, Bonn: Kirschbaum Verlag 2000.RstO 01 (Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen,RStO 86, ergänzte Fassung 1989): FGSV, Köln 1989.ZTV Asphalt-StB: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen <strong>und</strong>Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Asphalt.ZTVA-StB: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen <strong>und</strong> Richtlinienfür Ausgrabungen in Verkehrsflächen.ZTV-BEA-StB: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen <strong>und</strong> Richtlinienfür die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächen – Asphaltbauweisen.

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