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Forum<br />
frühindikAtoren in mittelständischen<br />
unternehmen – ein überblick<br />
Frühindikatoren sind Kennzahlen, die eine Veränderung der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens früher<br />
anzeigen als rein finanzielle Kennzahlen eines traditionellen Rechnungswesens, so genannte Spätindikatoren. Beispiele<br />
von Frühindikatoren sind Kennzahlen wie Kundenzufriedenheit, Fehlerquoten in der Produktion, Innovationsgrad oder<br />
Mitarbeiterfluktuation. Eine Änderung in solchen Kennzahlen hat einen (verspäteten) Effekt auf die wirtschaftliche Situation<br />
eines Unternehmens, daher der Name Frühindikator. Spätindikatoren sind traditionell Kennzahlen des Rechnungswesens,<br />
die grundsätzlich wirtschaftliche Aktivitäten rückblickend abbilden. So beschreiben zum Beispiel Return on Investment<br />
(ROI) oder EBIT die Situation der abgelaufenen Periode.<br />
Eine Studie des Bundesverbandes Deutscher Unternehmer 2005<br />
zeigt, dass nur 57 % der kleinen und mittelständischen Unternehmen<br />
aktiv mit Frühindikatoren arbeiten, obwohl der Nutzen<br />
solcher Frühindikatoren von vielen Organisationen und Institutionen<br />
immer wieder hervorgehoben wird. Auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
und Unternehmensberatungen betonen<br />
immer wieder den Nutzen von Frühindikatoren als sinnvolle<br />
Ergänzung zur Unternehmenssteuerung.<br />
sinD FrühinDikatorEn Früh?<br />
Trotz allen Werbens um den Sinn solcher Frühindikatoren sind<br />
sich Kritiker einig, dass es schwierig ist einen generellen Zusammenhang<br />
zwischen Früh- und Spätindikatoren herzustellen. Ein<br />
Grund ist die große Bandbreite der zur Verfügung stehenden<br />
Kennzahlen. Ein weiterer Grund ist die Komplexität von Geschäftsprozessen,<br />
die eine kausale Analyse sehr schwierig und<br />
zum Teil unmöglich machen. Empirische Studien konzentrieren<br />
sich nur auf einige wenige Frühindikatoren, zum Beispiel „Kundenzufriedenheit“,<br />
die recht deutlich mit Spätindikatoren, zum<br />
Beispiel „Umsatz“, korrelieren. Verschiedene empirische Studien<br />
über Investorenverhalten zum Beispiel zeigen, dass der Nutzen<br />
von Frühindikatoren von Investoren mit einer höheren Bewertung<br />
belohnt wird, obwohl sich zeitgleich die Spätindikatoren<br />
nicht verbessern. Frühindikatoren aber zeigen eine Veränderung<br />
erst nach einiger Zeit, was ein deutliches Signal dafür ist, dass<br />
es sinnvoll ist zwischen Früh- und Spätindikatoren zu unterscheiden.<br />
Die positive Investorenreaktion verdeutlicht auch die<br />
Wertrelevanz von Frühindikatoren für ein Unternehmen.<br />
Auf Basis der gegenwärtigen Forschung kann man sagen, dass<br />
der Gebrauch von Frühindikatoren zusätzlich zu traditionellen<br />
Kennzahlen eher positiv zu bewerten ist, denn Frühindikatoren<br />
helfen ein Unternehmen in seiner Gesamtheit besser zu bewerten<br />
und dementsprechend zu steuern. Wenn es sinnvoll ist, Frühindikatoren<br />
zu benutzen, sollten eigentlich alle Unternehmen<br />
dies tun. Da das allerdings nicht der Fall zu sein scheint, ist eine<br />
wichtige Frage, welche Unternehmen denn nun Frühindikatoren<br />
anwenden und warum.<br />
DiE nutzEr Von FrühinDikatorEn<br />
In einer Studie wurden 57 klein- und mittelständische Unternehmen<br />
in Nordrhein-Westfalen zum Thema Frühindikatoren<br />
befragt. Von diesen Unternehmen arbeiten 7 (12 %) mit bis zu<br />
vier Frühindikatoren und 36 Unternehmen (63 %) mit bis zu<br />
acht Frühindikatoren. Eine deutliche Mehrheit der befragten<br />
Unternehmen wendet Frühindikatoren also an. Mittels einer<br />
Regressionsanalyse der Daten scheint das wichtigste Ergebnis<br />
der Befragung jedoch zu sein, dass die Unsicherheit in den Geschäftsaussichten<br />
eines Unternehmens einen sehr verschiedenartigen<br />
Einfluss auf den Gebrauch von Frühindikatoren haben<br />
kann. Im Einzelnen, wenn die Unsicherheit als Gefahr für das<br />
14<br />
Unternehmen angesehen wird, werden traditionelle Indikatoren<br />
bevorzugt. Wenn hingegen die Unsicherheit als ungefährlich<br />
oder gar als geschäftliche Chance angesehen wird, steigt der Gebrauch<br />
von Frühindikatoren deutlich an. Unternehmen, die sich<br />
durch die Unsicherheit des Marktes in ihrer Existenz gefährdet<br />
sehen, nutzen also eher traditionelle Kennzahlen, die die meisten<br />
Manager verstehen. Wenn aber die Unsicherheit im Markt als<br />
positiv eingestuft wird, scheinen traditionelle Kennzahlen nicht<br />
mehr genügend Information zu bieten und Firmen greifen auf<br />
Frühindikatoren zurück, die mögliche Geschäftschancen schnell<br />
signalisieren können. Neben dem Geschäftsumfeld spielen noch<br />
zwei weitere Aspekte eine wichtige Rolle beim Umgang mit<br />
Frühindikatoren: Unternehmensberater, die einen Nutzen von<br />
Frühindikatoren empfehlen und Fortbildungen von Mitarbeitern,<br />
die den Gebrauch solcher Kennzahlen erläutern.<br />
Die Ergebnisse der Umfrage sind jedoch nur eine Momentaufnahme<br />
und dementsprechend mit Vorsicht zu interpretieren.<br />
Auch die relativ geringe Anzahl von teilnehmenden Unternehmen<br />
grenzt die Aussagekraft ein. Allerdings bieten die Ergebnisse<br />
Informationen, die bei deutschen Mittelständlern noch<br />
recht neu sind und die in der Diskussion um Sinn und Unsinn<br />
von Frühindikatoren von Nutzen sein können. Die Analyse des<br />
geschäftlichen Umfelds spielt eine entscheidende Rolle für viele<br />
Mittelständler, welche Art von Kennzahlen genutzt wird. In<br />
wirtschaftlich potenziell gefährlichen Situationen oder gar Krisensituationen<br />
wird auf „altbewährtes“, d.h. traditionelle Kennzahlen,<br />
zurückgegriffen, während bei einem positiv bewertetem<br />
Umfeld eher Frühindikatoren benutzt werden.<br />
autor<br />
Dr. Alexander Brüggen<br />
Assistant Professor<br />
Department of Accounting &<br />
Information Management<br />
Faculty of Economics &<br />
Business Administration<br />
Maastricht University<br />
Email: ab12594@<strong>bdvb</strong>.de<br />
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