3/2011 - Psychotherapeutenjournal
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Gruppenselbsterfahrung in der psychotherapeutischen Ausbildung<br />
Tabelle 2: Ergebnisse der Faktorenanalyse (Hauptkomponenten-Analyse mit Varimax-Rotation);<br />
Erklärung der Gesamtvarianz: 60,3%<br />
Items<br />
256<br />
Selbsterkenntnis Übertragungslernen Feedback-Lernen<br />
Faktor 1 Faktor 2 Faktor 3<br />
Ladungen Trennschärfe Ladungen Trennschärfe Ladungen Trennschärfe<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4 .68 .54<br />
5 .75 .54<br />
6 .71 .70<br />
7 .84 .72<br />
8 .80 .78<br />
9 .70 .71<br />
10 .82 .59<br />
11 .69 .58<br />
12 .61 .56<br />
13 .70 .75<br />
14<br />
aufgekl.<br />
.67 .68<br />
Varianz-<br />
Anteil<br />
29,1% 17,0% 14,2%<br />
Cronbachs<br />
Alpha<br />
0.90 0.75 0.69<br />
Tabelle 3: Korrelative Zusammenhänge (Spearman’s rho) zwischen Skalen und Erleben des<br />
Gruppenleiters durch die Gruppenteilnehmer (n = 196-199) ** p < 0.01<br />
Selbsterkenntnis<br />
Übertragungslernen<br />
Feedback-<br />
Lernen<br />
„Die Gruppenleitung<br />
war für mich hilfreich“<br />
Selbsterkenntnis .63 ** .51 ** .54 **<br />
Übertragungslernen .36 ** .38 **<br />
Feedback-Lernen .41 **<br />
der Basis der 243 Fragebögen wurde eine<br />
Hauptkomponenten-Faktorenanalyse mit<br />
Varimax-Rotation berechnet (SPSS 17.0,<br />
2008). Das Ergebnis zeigt Tabelle 2.<br />
Die Gesamtvarianzaufklärung der Dreifaktoren-Lösung<br />
beträgt 60,3% und ist<br />
damit noch im akzeptablen Bereich. Die<br />
Item-Faktor-Zuordnungen erfolgten über<br />
Cronbachs Alpha (für die Skala Selbsterkenntnis:<br />
0.90, Items 6, 7, 8, 9, 13, 14; für<br />
die Skala Übertragungslernen: 0.75, Items<br />
10, 11, 12; für die Skala Feedback-Lernen:<br />
0.69, Items 4, 5). Die Trennschärfen der<br />
Items bewegen sich zwischen .54 und .78.<br />
Tabelle 3 veranschaulicht korrelative Zusammenhänge<br />
zwischen den Skalen und<br />
mit dem Item 15 des Fragebogens („Die<br />
Gruppenleitung war für mich hilfreich“).<br />
Einen sehr hohen korrelativen Zusammenhang<br />
gibt es zwischen der Dimension<br />
Selbsterkenntnis und Übertragungslernen<br />
sowie einen relativ hohen korrelativen Zusammenhang<br />
zwischen Selbsterkenntnis<br />
und Feedback-Lernen, einen geringeren<br />
zwischen Übertragungslernen und Feedback-Lernen.<br />
Den höchsten korrelativen<br />
Zusammenhang zwischen einer Lerndimension<br />
und dem Erleben der Gruppenleitung<br />
gibt es mit dem Ausmaß an Selbsterkenntnis.<br />
Abbildung 1 zeigt den Verlauf der<br />
Werte der drei Skalen über drei konsekutive<br />
Messzeitpunkte der Selbsterfahrungsgruppen<br />
(jeweils ein Wochenendblock).<br />
Abbildung 1 (S. 257) zeigt, dass das vergleichsweise<br />
beste Lernen im Bereich<br />
Feedback-Lernen erfolgte. Es handelt sich<br />
hierbei um ein Lernen über Rückmeldungen<br />
durch andere Gruppenmitglieder bezüglich<br />
der eigenen Person, eine oftmals<br />
diskrepante Sicht zur eigenen Selbstwahrnehmung.<br />
Hierbei handelt es sich<br />
um einen spezifischen, sehr hilfreichen<br />
Wirkfaktor in Gruppensettings, der in Einzelsettings<br />
nicht auftreten kann (Yalom &<br />
Leszcz, 2006; Tschuschke, 2010). Selbsterkenntnis<br />
– quasi Einsichten bezüglich eigener<br />
Regungen und der eigenen Selbstwahrnehmung<br />
– bewegt sich ebenfalls<br />
auf einem überdurchschnittlichen Niveau<br />
und wächst im Verlauf der Selbsterfahrung<br />
weiter an. Auf relativ durchschnittlichem<br />
Niveau beginnt das Übertragungslernen,<br />
legt aber vom zweiten zum dritten<br />
Messzeitpunkt am deutlichsten zu. Hierbei<br />
handelt es sich um ein Lernen über<br />
unbewusste Mechanismen, die bewirken,<br />
anderen Menschen etwas zu unterstellen,<br />
etwas auf sie zu projizieren, das mit den<br />
eigenen vergangenen Lernerfahrungen<br />
mit anderen Menschen, jedoch nichts mit<br />
den aktuellen Sozialpartnern zu tun hat –<br />
ein Lernen quasi über eigene blinde Flecke<br />
in Beziehungsgestaltungen mit anderen<br />
Menschen, ein enorm wichtiger Bereich<br />
für angehende Psychotherapeuten.<br />
Abbildung 2 (S. 257) verdeutlicht, dass<br />
die Lerneffekte in allen drei Dimensionen<br />
abhängig sein können vom Gruppenleiter<br />
(vgl. auch Tschuschke, 2002; Tschuschke<br />
& Greene, 2002).<br />
Die Teilnehmer von Selbsterfahrungsgruppen<br />
bei Gruppenleiter A (> 50 Teilnehmer<br />
aus verschiedenen Gruppen)<br />
geben hochsignifikant niedrigere Lerneffekte<br />
in allen drei Dimensionen über<br />
drei Wochenendblöcke Selbsterfahrung<br />
an als die Teilnehmer der Gruppen der<br />
anderen Gruppenleiter (insgesamt > 160<br />
Gruppenteilnehmer; MANOVA, F = 5,01,<br />
5,27 und 5,97, alle p < .0001). Es spielte<br />
offensichtlich keine Rolle, welchem Konzept<br />
die Gruppenleitung folgte: Gruppenleiter<br />
A ist Verhaltenstherapeut, zwischen<br />
den restlichen verhaltenstherapeutischen<br />
Gruppenleitern und Gruppenleiter B als<br />
Gruppenanalytiker bestehen keine bedeutsamen<br />
Unterschiede.<br />
<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 3/<strong>2011</strong>