Humboldt-Blätter 16-2010 - Humboldtianer.de
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Wie gelingt <strong>de</strong>r aus meiner Sicht notwendige<br />
Balanceakt, Tautologien –<br />
jene Wahrheiten, die einem erfolgreichen<br />
Abschluss einfach eigen sind –<br />
glaubhaft zu verkün<strong>de</strong>n, Gefühle zu<br />
zeigen und trotz<strong>de</strong>m diesen Moment zu<br />
nutzen, Ihren Verstand anzusprechen<br />
und Ihnen einen Gedanken mitzugeben,<br />
<strong>de</strong>r haften bleibt über das Abschlussfoto<br />
hinaus?<br />
Billig wäre es, Sie mit Superlativen,<br />
Zuneigung, Verständnis und wirklichen<br />
o<strong>de</strong>r vermeintlichen Erinnerungen an<br />
Ihre Schulzeit zu überschütten.<br />
Tucholsky empfiehlt: „Hauptsätze.<br />
Hauptsätze. Hauptsätze. Klare Disposition<br />
im Kopf – möglichst wenig auf<br />
<strong>de</strong>m Papier. Tatsachen o<strong>de</strong>r Appell an<br />
das Gefühl. Schleu<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Harfe. Ein<br />
Redner ist kein Lexikon. Das haben die<br />
Leute zu Hause. Der Ton einer einzelnen<br />
Sprechstimme ermü<strong>de</strong>t. Sprich nie<br />
länger als vierzig Minuten. Suche keine<br />
Effekte zu erzielen, die nicht in <strong>de</strong>inem<br />
Wesen liegen.“<br />
Die Sache mit <strong>de</strong>n vierzig Minuten<br />
nehme ich nicht so ernst! – 38 Minuten<br />
müssen reichen! Tatsachen o<strong>de</strong>r Appell<br />
an das Gefühl? – Versuchen wir es bei<br />
Ihnen!<br />
Der letzte (zahlenmäßig) große Jahrgang;<br />
104 stellten sich <strong>de</strong>n Prüfungen<br />
und bestan<strong>de</strong>n.<br />
Das zweite Mal eine positive Abweichung<br />
vom langjährigem Durchschnitt<br />
(2,1 statt 2,4).<br />
Die Leistungen im Gaußschen Sinne<br />
normal verteilt zwischen zweimal 1,0<br />
und 3,4.<br />
Engagierte Schülerinnen und Schüler,<br />
die in vielen Schulprojekten, Wettbe-<br />
28<br />
werben, Arbeitsgemeinschaften und<br />
Kooperationsbeziehungen tätig waren.<br />
Auch sonst ist die volle Bandbreite<br />
zwischen echter I<strong>de</strong>ntifikation mit <strong>de</strong>m<br />
<strong>Humboldt</strong>-Gymnasium und „egozentrischer“<br />
Vorteilssuche anzutreffen.<br />
Also alles im „grünen“ Bereich?!<br />
„Lernst Du noch o<strong>de</strong>r lebst Du schon?“<br />
– Das Motto <strong>de</strong>s letzten Schultages<br />
scheint überhaupt nicht zu einem aufgeklärten<br />
Jahrgang zu passen, <strong>de</strong>r positive<br />
statistische Zeichen setzt.<br />
Lernen und Leben als empfun<strong>de</strong>ne<br />
Gegensätze? Nicht bei Ihnen! Ich habe<br />
sofort erkannt, dass das entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Wort das ODER, das logische ODER<br />
ist, also in <strong>de</strong>r Boolschen Algebra die<br />
Vereinigungsmenge von Lernen und<br />
Leben. Man muss die Signale, die Ihr<br />
Abiturjahrgang sen<strong>de</strong>t, eben zu <strong>de</strong>uten<br />
wissen. Sie halten es offensichtlich mit<br />
Henry Ford, <strong>de</strong>r in diesem Zusammenhang<br />
treffend bemerkte: „Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r<br />
aufhört zu lernen, ist alt, mag er zwanzig<br />
o<strong>de</strong>r achtzig Jahre zählen. Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r<br />
weiterlernt, ist jung, mag er zwanzig<br />
o<strong>de</strong>r achtzig Jahre zählen.“<br />
Papierkörbe als Abschiedsgeschenke<br />
für Ihre Schule am letzten Schultag.<br />
Auch hier sieht <strong>de</strong>r pädagogisch geschulte<br />
Beobachter die Metapher. Papierkörbe<br />
sind ein Plädoyer für <strong>de</strong>n<br />
Ordnungssinn, Ausdruck <strong>de</strong>r materialisierten<br />
Fähigkeit, das Wichtige vom<br />
Nebensächlichen zu trennen. Sie berühren<br />
damit die philosophischen Fragen<br />
von Inhalt und „Verpackung“. O<strong>de</strong>r Sie<br />
<strong>de</strong>nken einfach nur praktisch.<br />
Selbst die Jahreszahl Ihres Abiturs<br />
2009 lädt gera<strong>de</strong>zu dazu ein, das Bildungsgut<br />
Abitur in seinen Kontext zu-