ASO! Augsburg Süd-Ost - Mai 2015
Stadtteilmagazin für Augsburg-Hochzoll, -Herrenbach, -Spickel, -Textilviertel und Friedberg-West
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Anbauen – Ernten – Genießen. Sonnenacker in Friedberg-West<br />
Das Netzwerk UNSER LAND<br />
mit seinen regionalen<br />
Solidargemeinschaften hat<br />
ein klares Ziel! Die Arbeit<br />
des Netzwerkes dient<br />
dem Erhalt der Lebensgrundlagen<br />
für Menschen, Tiere und<br />
Pflanzen in der Region. Dies wird durch<br />
umfassende Verbraucherinformation,<br />
Projektarbeit und mit den Lebensmitteln<br />
als Botschafter der Idee erreicht.<br />
Eines der beliebtesten Projekte des<br />
Netzwerkes sind die Sonnenäcker.<br />
In der Solidargemeinschaft <strong>Augsburg</strong><br />
Land gibt es drei Sonnenäcker-Standorte:<br />
Neusäß, Täfertingen und Friedberg-West.<br />
Am Freitag, 10. April, fand in der<br />
Abendsonne auf dem Sonnenacker<br />
Friedberg-West die Übergabe an die<br />
Hobbygärtner statt.<br />
Was ein Sonnenacker ist und was dort<br />
geschieht, erfahren wir in unserem<br />
Gespräch mit der Projektbeauftragten,<br />
Frau Petra Tronsberg,<br />
<strong>ASO</strong>!: Bei der diesjährigen Übergabe<br />
konnte ich vor Ort sein, wobei auch ein Teil<br />
der Bilder entstanden ist. Nun haben Sie<br />
mich aber gebeten, den genauen Ort nicht<br />
zu veröffentlichen. Ist der Sonnenacker ein<br />
„Geheimprojekt“?<br />
Frau Tronsberg: Nein, geheim ist da nichts.<br />
Wir befürchten aber, dass zu viel weg<br />
kommt. Leider kommt es immer wieder<br />
vor, dass wir die Früchte unserer Arbeit<br />
nicht selbst ernten. Insgesamt hält sich<br />
der Diebstahl in Grenzen und ist weniger<br />
geworden, seit wir nicht mehr direkt an<br />
einer Straße und an exponierter Stelle<br />
liegen. Unser Acker ist nur zu Fuß oder<br />
mit dem Fahrrad erreichbar, da wir nicht<br />
als Landwirtschaft gelten und deshalb<br />
die Freigabe für den landwirtschaftlichen<br />
Verkehr für uns nicht gilt.<br />
Wie sieht es denn mit den tierischen<br />
Mitessern aus?<br />
Die tierischen Mitesser sehen wir alle als<br />
naturgegeben an – letztes Jahr hatten wir<br />
auf einem Streifen einen kleinen Hasen,<br />
der sogar angeschaut werden konnte und<br />
nicht davongehoppelt ist, außer es wurde<br />
ihm zu viel des Guten.<br />
Wer macht mit?<br />
Auf unserem Acker treffen sich die<br />
unterschiedlichsten Menschen aus den<br />
unterschiedlichsten Gründen.<br />
Von einer Schulgruppe über Studenten,<br />
Familien und Alleinerziehende mit<br />
Kindern, Mitt-Vierziger und –Fünfziger bis<br />
hin zu Rentnern und Pensionären sowie<br />
dem Tauschring Let´s <strong>Augsburg</strong> ist aus<br />
fast jeder Alters- und Gesellschaftsgruppe<br />
jemand vertreten. Uns eint die Liebe zur<br />
Natur und die Verbundenheit mit der Erde.<br />
Wir wollen wissen, woher unser Essen<br />
kommt.<br />
Erzählen Sie uns ein wenig, was das Jahr<br />
über auf dem Acker geschieht.<br />
Die Arbeit auf dem Acker – und Arbeit ist<br />
es durchaus – erdet einen im wahrsten<br />
Sinne des Wortes. Die meisten von uns<br />
können es gar nicht abwarten, bis der<br />
Winter vorbei ist und wir im Frühling<br />
endlich wieder loslegen können. Die Erde<br />
zwischen den Fingern, der direkte Kontakt<br />
mit der Natur ist einfach ein tolles Erlebnis.<br />
Man weiß das, was uns der Boden schenkt,<br />
viel mehr zu schätzen. Auch der Umgang<br />
mit Wasser wird einem auf dem Acker viel<br />
bewusster. In der Regel muss auf dem<br />
Acker nicht gegossen werden. Es reicht,<br />
wenn die frisch gepflanzten Gemüse<br />
oder die frische Einsaat angegossen wird<br />
und regelmäßig geharkt und Unkraut<br />
gejätet, den Rest erledigt die Natur. Die<br />
meisten bauen nach den Grundsätzen<br />
der Mischkultur an. Auf dem Acker findet<br />
ein reger Austausch von Erfahrungen<br />
statt. Für viele von uns ist es ein Ort, an<br />
dem wir abschalten und nur Mensch sein<br />
können ohne die Anforderungen, die<br />
Beruf, Familie und der Alltag ansonsten<br />
mit sich bringen. Wir haben dieses Jahr<br />
neben den “alten Hasen” auch wieder<br />
mehrere „Jung-Anbauer” dabei, einige<br />
ohne jede Erfahrung mit dem Gärtnern,<br />
aber wir geben unsere Erfahrungen und<br />
unser Wissen gerne weiter und freuen uns<br />
über jeden, der mitmacht und mit ganzem<br />
Herzen dabei ist.<br />
Wie viele Hobbygärtner beteiligen sich, und<br />
welche Fläche kann man bearbeiten?<br />
Wir sind dieses Jahr in Friedberg 35<br />
Anbauer bzw. Anbauergemeinschaften<br />
auf 29 Bifängen. Ein Bifang sind bei<br />
uns in Friedberg ca. 90 laufende Meter<br />
eines sog. Kartoffeldamms (ansonsten<br />
werden 100 m angeboten, aber unser<br />
Acker bietet sich für 90 m auf Grund<br />
seiner Maße an). Bi deshalb, weil die<br />
Erde von zwei Seiten aufgefangen und<br />
zu einem Wall aufgehäufelt wird, der<br />
dann der Bifang ist. Diese Dämme<br />
werden meist zum Legen von<br />
Kartoffeln erzeugt, sind aber auch für<br />
uns ideal. Entweder es wird direkt auf<br />
dem Bifang angebaut, oder die Erde wie<br />
ein Beet glattgestrichen, das macht jeder<br />
individuell, wie er möchte.<br />
Was kostet das?<br />
Die Nutzungsgebühr beträgt in Friedberg<br />
für die Saison Mitte April bis Mitte Oktober<br />
54 EUR (sonst 60 EUR für ca. 100 m).<br />
Kann jeder anbauen, was er will?<br />
Im Grunde ja – alle einjährigen Gemüse,<br />
Kräuter und Blumen. Selbstverständlich<br />
verzichten wir auf gentechnisch veränderte<br />
Saaten oder Pflanzen, die Verwendung von<br />
mineralischem Dünger und chemische<br />
Pflanzenschutzmittel.<br />
Es ist aber kein Bio-Acker, deshalb<br />
dürfen auch Saatgut und Pflanzen aus<br />
konventionellem Anbau und Zucht<br />
verwendet werden.<br />
Lohnt sich der Aufwand denn?<br />
Die Arbeit wird durch reichhaltige Erträge<br />
belohnt, und das Ernten ist natürlich<br />
die schönste Arbeit. Die ersten Ernten<br />
beginnen schon in ein paar Wochen, wenn<br />
Salate, Kresse, Radieschen, Spinat etc.<br />
sprießen. Im Laufe des Jahres wird aus dem<br />
braunen Acker eine grüne Pracht. Herrlich,<br />
das mitzuerleben, jedes Jahr wieder ein<br />
Vergnügen!<br />
Was wird denn so alles angebaut?<br />
Neben den gängigen und auch<br />
ausgefalleneren Gemüsesorten werden<br />
auf dem Acker auch Kräuter, Blumen<br />
und Bienen- und Schmetterlingsweiden<br />
gepflanzt.<br />
Woher weiß man denn, wem was gehört?<br />
Die meisten Anbauer schmücken<br />
ihren Streifen mit einem individuellen<br />
meist selbst gemachten Schild.<br />
Interview: B. Steiert