Herdern Magazin
ET 24.10.2015
ET 24.10.2015
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INTERVIEW<br />
Kindeswohl<br />
Kinderrechtskonvention<br />
Artikel 3: Bei allen Maß nah men, die<br />
Kinder betr e ffen, gle ichviel ob sie von<br />
öffentlichen oder privaten Einrichtungen<br />
der sozialen Für sorge, Gerichten,<br />
Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen<br />
getroffen werden, ist das<br />
Wohl des Kindes ein Gesicht spunkt, der<br />
vorrangig zu berücksichtigen ist.<br />
Stadtmagazin: Empathie und humanitäres<br />
Gedankengut ist also völlig unabhängig<br />
von selbst erfahrenem Leid?<br />
Nausikaa Schirilla: Da bin ich sehr vorsichtig.<br />
Meine Eltern sind selber Flüchtlinge<br />
gewesen, was die Rolle und Identität<br />
meines Vaters in der Flüchtlingsberatung,<br />
wo er tätig war, sehr geprägt hat. Es gibt<br />
da ganz verschiedene Auswirkungen,<br />
ich weiß nicht ob man das so verallgemeinern<br />
kann. Mir ist oft begegnet, dass<br />
es aufgrund von selbst erfahrenem Leid<br />
mehr Verständnis gab für andere.<br />
Stadtmagazin: In den Ländern, aus denen<br />
die Menschen fliehen, zählen Kinderrechte<br />
de facto nichts. Macht das ihre<br />
Rechte bei uns umso wichtiger?<br />
Nausikaa Schirilla: Wenn Menschen keine<br />
Rechte als Staatsbürger haben, so haben<br />
sie doch Menschenrechte und Kinderrechte.<br />
Diese müssen gewährleistet<br />
werden. Deshalb müsste man bestimmte<br />
ausländerrechtliche Bestimmungen bei<br />
uns in Frage stellen oder modifizieren.<br />
Stadtmagazin: Gibt es da aktuelle Vorstöße?<br />
Nausikaa Schirilla: Es ist noch sehr am<br />
Anfang, aber es gibt Verfahrensvorschläge.<br />
Der ehemalige Jugendamtsleiter des<br />
Landkreises Offenbach hat versucht<br />
diese umzusetzen. So wurden Kinder<br />
in Absprache mit der Familie in Obhut<br />
genommen, weil sie von Abschiebung<br />
betroffen waren. Er hat auch Vorschläge<br />
unterbreitet, wie Jugendämter einbezogen<br />
werden könnten in Abschiebeverfahren.<br />
Stadtmagazin: Die Kinderrechte gelten<br />
für jedes Kind auf der Welt, unabhängig<br />
von Geschlecht oder Herkunft. Alle<br />
Staaten – außer den USA – haben die<br />
UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert<br />
und haben sich damit völkerrechtlich<br />
dazu verpflichtet, für das Wohlergehen<br />
ihrer Kinder zu sorgen. Wie kann das<br />
auch für Flüchtlingskinder bei uns umgesetzt<br />
werden?<br />
Nausikaa Schirilla: Wir hatten hier eine<br />
Veranstaltung mit dem Arbeitskreis<br />
Kritische Soziale Arbeit, da hatten wir<br />
diesen ehemaligen Jugendamtsleiter<br />
des Landkreises Offenbach eingeladen.<br />
Er hat dabei vorgeschlagen, dass auf<br />
kommunaler Ebene eine Vereinbarung<br />
getroffen werden müsste, dass bei einer<br />
drohenden Abschiebung, bei der auch<br />
Kinder unter 18 Jahren betroffen sind,<br />
durch das Jugendamt, das dann von<br />
der Ausländerbehörde eingeschaltet<br />
wird, geprüft werden müsste, ob die<br />
bevorstehende Abschiebung erhebliche<br />
Wirkung auf das Kindeswohl dieser Kinder<br />
hätte. Die rechtliche Begründung<br />
dafür bietet die Kinderrechtekonvention.<br />
Der Paragraph 3 dort spricht von<br />
der Kindeswohlprüfung. Bei drohender<br />
Abschiebung müsste also Ausländerbehörde<br />
und Jugendamt zusammen<br />
gebracht werden.<br />
Stadtmagazin: Das heißt, um diesen Ansatz<br />
fort zu entwickeln, wäre der nächste<br />
Schritt Basisarbeit…<br />
Nausikaa Schirilla: Das ist richtig. Auch<br />
um die Fachdiskussion stärker in dieser<br />
Richtung zu beeinflussen. Die beste<br />
Chance ist ja, so etwas kommunal zu<br />
verwirklichen und zu erproben.<br />
Vortrag & Workshop<br />
Flüchtlingsarbeit<br />
„Flüchtlingsarbeit und -politik als kommunale<br />
Herausforderung“ lautet der<br />
Titel eines kostenfreien Vortrags des<br />
Politikwissenschaftlers Uwe Hunger der<br />
Universität Siegen mit anschließender<br />
Diskussion und Workshops am 13.<br />
November von 9.30 bis 16.30 Uhr in der<br />
Katholischen Hochschule Freiburg<br />
Gartenstraße 8<br />
Freiburg<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo – Sa 10 – 19 Uhr<br />
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SM-10/15<br />
Freiburg <strong>Herdern</strong> Stadtteilmagazin | 31