Herdern Magazin
ET 24.10.2015
ET 24.10.2015
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BRAUEREI SCHÄNZLE<br />
heute noch an dem Backsteingebäude,<br />
in dem bis 1921 Bier gebraut wurde. Anschließend<br />
– ein neu eingeführter gesetzlich<br />
festgeschriebener Mindestausstoß<br />
führte zum Massensterben kleiner Brauereien<br />
– wurde das Brauerei-Equipment<br />
abgebaut und nach Argentinien verkauft.<br />
Alles, was mit dem Gebäude fest verbunden<br />
war – Kühlanlage, Fasskeller, Flaschenkeller<br />
– existierte weiter. Was sich,<br />
meint Klaus, „Rothaus zunutze gemacht<br />
hat: Die haben das Ganze gemietet.“<br />
Und so wurde aus dem Ort, an dem<br />
einst das gute „Schänzle Bräu“ gebraut<br />
wurde, die Breisgauer Niederlassung der<br />
Badischen Staatsbrauerei Rothaus. Aus<br />
der Brauereigaststätte wurde, wie die<br />
Badische Zeitung formulierte, ein „gutes,<br />
bürgerliches Restaurant mit bemerkenswerter<br />
Küche“. Mit ebenfalls bemerkenswertem<br />
Bierausstoß. Was vielleicht etwas<br />
Agathe Hoch,<br />
Die Schänzle-Wirtin,<br />
kannte ihre Gäste,<br />
wusste von jedem wo<br />
ihn der Schuh drückt.<br />
Und sie hat auch gewusst,<br />
wer mit wem ins<br />
Bett ging.<br />
damit zu tun hatte, dass Willi inzwischen<br />
als Angestellter der Brauerei dafür zu<br />
sorgen hatte, dass im Breisgau immer genügend<br />
Rothaus-Bier getrunken wurde.<br />
Kein unstressiger Job: „Der hat wirklich<br />
verruckt viel geschafft: Er saß immer ewig<br />
im Büro und ist dann abends noch zur<br />
Kundschaft und hat die ganzen Beizen<br />
im Umkreis abgeklappert. Und daneben<br />
hat er auch noch die Mutter unterstützt:<br />
Er hat die Einkäufe fürs Restaurant gemacht<br />
und mittags auch noch geholfen<br />
zu servieren“, erinnert sich Klaus an<br />
seinen Vater.<br />
Die Mutter war nicht weniger rührig:<br />
Sie führte das bemerkenswerte Restaurant,<br />
domptierte Schwiegermutter und<br />
Personal und hielt bei allem beruflichen<br />
Wirken an der heiligen Stunde für ihre<br />
drei Buben fest: „Am Abend ist die Mutter<br />
immer zu uns gekommen und hat sich<br />
uns gewidmet. Jeden Tag von acht bis<br />
neun. Das war ein Riesenaufwand für sie!<br />
Aber wir haben gewusst: Jeden Abend ist<br />
die Mutter von acht bis neun für uns da.“<br />
Irgendwann in den Sechzigern, als seine<br />
Gesundheit keine Lust mehr auf „verruckt<br />
viel“ Arbeit hatte, verabschiedete<br />
sich Willi (der einst nach Kriegsende via<br />
Nachtmarsch von Prag aus in die Heimat<br />
gelaufen war, um sein „Schänzle“ fast<br />
unzerstört vorzufinden) per Schlaganfall<br />
von der Doppelbelastung. Die Gattin<br />
führte das Restaurant fortan alleine.<br />
„Frau Agathe Hoch, die Schänzle-Wirtin,<br />
kannte ihre Gäste, wusste von jedem<br />
Stammgast, wo ihn der Schuh drückte“,<br />
notiert die Badische Zeitung. Und Friedrich<br />
ergänzt trocken: „Stimmt. Die hat<br />
auch gewusst, wer mit wem ins Bett ging.<br />
Meine Mutter wusste alles.“<br />
Daneben war die Beamtentochter großzügig<br />
(das dreizehnte Bier ging immer<br />
aufs Haus) und clever (dank der Gratisaktion<br />
liefen pro Jahr etwa 800 Hektoliter<br />
Gerstensaft durch die Zapfhähne).<br />
Irgendwann aber fand auch diese Ära<br />
ein Ende – die goldenen Zeiten der<br />
Nachkriegsära, in denen die Schweine<br />
vom Hof jeden Dienstag mit Knöchle,<br />
Ripple und Metzelsuppe für glänzende<br />
Augen bei der Kundschaft sorgten, war<br />
längst vorbei: Im April 1971 rückte in der<br />
Habsburgerstraße ein Bagger an, der das<br />
alte Restaurant plattmachte. An seiner<br />
Stelle wurde ein „modernes Geschäftshaus“<br />
hochgezogen. Agathe setzte sich<br />
als erfolgreiche und von der Männerwelt<br />
umschwärmte Privatière zur Ruhe, sie<br />
reiste und lebte. Nach ihrem Tod ging<br />
das „Schänzle“ auf ihre drei Jungs – meine<br />
Onkel Friedrich und Klaus sowie meinen<br />
Papa Hansjörg – über, die die Gebäude<br />
nach und nach verkauften.<br />
Rennweg<br />
Komturstraße<br />
Waldkircher Straße<br />
Eichstetter Straße<br />
Freiburg-<strong>Herdern</strong><br />
Heute – nach erfolgreicher Renovierung<br />
der Habsburgerstraße und Verjüngung<br />
des ganzen Umfelds – entsteht im Hof des<br />
alten Schänzle-Bräu neues, junges Leben:<br />
ein Studentenwohnheim. Und ein kleiner<br />
Teil vom „Schänzle“ hat sich in meinen<br />
Keller gerettet... in Form von Tafelsilber<br />
und dem historischen Wirtshausschild.<br />
Danke, Oma!<br />
Annette Christine Hoch<br />
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