Herdern Magazin
ET 24.10.2015
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BRAUEREI SCHÄNZLE<br />
Der Turm der Schänzle-Brauerei<br />
in der<br />
Habsburgerstraße<br />
steht bis heute.<br />
Foto: Friedrich Hoch<br />
sie einst in das Metier<br />
hineingeboren worden<br />
und als alleinstehende Braumeisterswitwe<br />
hatte sie dafür zu sorgen,<br />
dass die Geschäfte auch nach dem Tod<br />
des Mannes liefen.<br />
Vielleicht war es ja einfach Bier statt Blut,<br />
was da durch Annas Adern floss? Meine<br />
medizinisch tendenziell fragwürdige Erklärung<br />
überzeugt meine Onkel nicht.<br />
„Die war ein bisschen bösartig. Die hat<br />
nur gearbeitet“, erzählt Friedrich stattdessen<br />
von seiner Großmutter. Noch heute,<br />
über ein halbes Jahrhundert nach ihrem<br />
Tod, mischt sich ein Hauch von Schmerz<br />
und Wut in die Worte des Endsiebzigers,<br />
der den Namen seines so früh verstorbenen<br />
Großvaters trägt.<br />
Aber egal, wie die Umstände<br />
waren, und egal,<br />
dass die eine lieber „eine<br />
Wirtsfrau als eine Studierte“<br />
hätte haben wollen<br />
und die anderen lieber<br />
„einen Professor statt eines<br />
Beizers“ gehabt hätte,<br />
wie es Friedrichs Bruder<br />
Klaus formuliert – die<br />
mutige Agathe und der<br />
schmucke Willi ließen<br />
sich von der mangelnden<br />
Begeisterung ihrer<br />
Eltern angesichts der Auswahl<br />
ihrer Zukünftigen<br />
nicht beeinflussen. Und<br />
so verkündeten an Weihnachten<br />
1934 Fräulein Agathe<br />
Reuter („Recklinghausen, Westf.“)<br />
und Herr Willi Hoch („Freiburg im<br />
Breisgau, Zähringerstraße 88“) ihre Verlobung.<br />
Und am 14. Mai 1936 stand auf<br />
der Karte aus dem Breisgau zu lesen:<br />
„Ihre Vermählung geben bekannt: Willi<br />
Hoch und Agathe Hoch, geb. Reuter.<br />
Freiburg i. Br., Adolf-Hitler-Str. 62 (frühere<br />
Zähringerstraße 88)“.<br />
Gefeiert wurde standesgemäß bei Ochsenschwanzsuppe<br />
mit Madeira und<br />
Seezunge in Weißweintunke nebst<br />
Sahne-Eisbombe „Agathe“, die Siebenundzwanzigjährige<br />
zog von ihrer Studentinnenbude<br />
ins „Schänzle“ mit der<br />
– zeitweilig – bösen Adresse und lebte<br />
fortan mit dem Mann ihrer Wahl unter<br />
einem Dach. Und auch mit ihrer Schwiegermutter.<br />
Was nicht einfach gewesen<br />
sein dürfte: „Ihr ganzes Leben lang haben<br />
Mutti und Oma Hoch ein angespanntes<br />
Verhältnis gehabt“, beschreibt Klaus<br />
Hoch das Miteinander von Mutter und<br />
Oma.<br />
Wie mag wohl das Verhältnis von Anna<br />
und ihrer Schwiegermutter gewesen<br />
sein? Darüber ist nichts bekannt. Auch<br />
nicht darüber, wie Anna und ihr Mann<br />
Friedrich ursprünglich eigentlich ins<br />
Schänzle-Bräu, das zunächst eine Brauerei<br />
mit angeschlossener Gaststätte war,<br />
gekommen waren.<br />
Noch heute erinnert der denkmalgeschützte<br />
Brauereiturm im Hinterhof des<br />
Edeka-Markts in der Habsburgerstraße<br />
62 an die Zeiten, in denen im Sudhaus<br />
Bier hergestellt wurde.<br />
Friedrich, der traditionsbewusste<br />
Erstgeborene,<br />
ist als ehemaliger Zeitungsmann<br />
ein Freund<br />
der schnellen Recherche:<br />
„Da“, sagt er, „guck bei<br />
Google: da steht’s.“ Richtig,<br />
1856 – oder auch 1870,<br />
je nach Quelle – gründete<br />
Carl Dold die Schänzle<br />
Bräu Carl Dold, die ihren<br />
Namen von der Lage des<br />
Brauereigebäudes nahe<br />
einem der Vauban’schen<br />
Befestigungswälle bekommen<br />
haben dürfte.<br />
„Dold 1900“ steht auch<br />
38 | Freiburg <strong>Herdern</strong> Stadtteilmagazin