25.11.2015 Aufrufe

Restaurant herz&niere - Unser Kochbuch

Respekt vor dem Lebensmittel Das ist das Credo von Christoph Hauser und Michael Köhle. Mit ihrem herz & niere setzen die beiden engagierten Jung-Gastronomen neue Maßstäbe in der Berliner Szene. So ungewöhnlich der Name ihres Kreuzberger Restaurants, so konsequent die Umsetzung des Konzepts: Wer Fleisch isst, sollte vor Bries, Kutteln oder Zunge nicht Halt machen, wer Gemüse und Obst schätzt, sich überraschen lassen, was sich selbst noch aus Kernen und Schalen machen lässt. Saisonales, Regionales und Eigenproduktionen wie Brot oder frisch gepresste Säfte kommen im herz & niere bevorzugt auf den Tisch. Ihre authentischen Kreationen präsentieren Hauser und Köhle nun erstmals in einem Buch: 52 köstliche Rezepte, nach Jahreszeiten aufgeteilt, machen Lust aufs Ausprobieren.

Respekt vor dem Lebensmittel

Das ist das Credo von Christoph Hauser und Michael Köhle. Mit ihrem herz & niere setzen die beiden engagierten Jung-Gastronomen neue Maßstäbe in der Berliner Szene.
So ungewöhnlich der Name ihres Kreuzberger Restaurants, so konsequent die Umsetzung des Konzepts: Wer Fleisch isst, sollte vor Bries, Kutteln oder Zunge nicht Halt machen, wer Gemüse und Obst schätzt, sich überraschen lassen, was sich selbst noch aus Kernen und Schalen machen lässt. Saisonales, Regionales und Eigenproduktionen wie Brot oder frisch gepresste Säfte kommen im herz & niere bevorzugt auf den Tisch.
Ihre authentischen Kreationen präsentieren Hauser und Köhle nun erstmals in einem Buch: 52 köstliche Rezepte, nach Jahreszeiten aufgeteilt, machen Lust aufs Ausprobieren.

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DIE HERZ&NIERE-DEVISE –<br />

GANZ ODER GAR NICHT<br />

Es klingt geradezu nach einer Binsenweisheit: Man findet manchmal<br />

etwas, das man gar nicht gesucht hat. So jedenfalls ging es<br />

uns, als wir auf diesen wunderbaren Mirabellenbaum stießen. Da<br />

stand er nun mitten in Berlin, am Rand einer Grünfläche – voller<br />

leuchtend gelber, saf tiger, zuckersüßer Früchte. Die niemand<br />

haben wollte. Außer uns.<br />

270 Kilogramm (in Worten: zweihundertsiebzig!) dieser kleinen, kugeligen<br />

Köstlichkeiten haben wir geerntet. Was wir damit gemacht<br />

haben? Zunächst gewaschen und entsteint, anschließend 70 Liter<br />

Saft ausgepresst und abgefüllt, 15 Flaschen Likör und 120 Liter<br />

Essig angesetzt, rund 30 Liter Sonnenblumenöl mit den Kernen<br />

aromatisiert und 80 Kilogramm Mirabellenpüree, das beim Saftpressen<br />

anfällt, in zig Gläsern Gelee, zahllosen Pralinen, un zähligen<br />

Broten und Kuchen sowie reichlich Eis verarbeitet. 2015 ist unser<br />

Jahr der Mirabelle!<br />

Dieser Zufallsfund war für uns also tatsächlich ein Glücksfall. Dabei<br />

hatten wir eigentlich Ausschau gehalten nach wild wachsenden<br />

Äpfeln. Von denen wir im Vorjahr so viele geerntet hatten, dass wir<br />

für nahezu zwölf Monate genügend Saft, Essig und eingeweckte<br />

Äpfel bevorraten konnten. Michael hatte also wieder einmal recht:<br />

„Man sieht nur, wenn man hinschaut.“ Was klingt wie ein typischer<br />

Kalenderspruch, irgendwie angelehnt an Saint Exupérys „Kleinen<br />

Prinzen“, entspricht allerdings der Wahrheit. Und weil der Satz<br />

so zutreffend ist, hängt er bei uns auch an prominenter Stelle im<br />

<strong>Restaurant</strong>. Uns jedenfalls ging es in der Tat so, dass wir vieles<br />

übersahen, schlicht nicht wahrnahmen. Einfach, weil wir nicht genau<br />

hinguckten (und zum Teil auch nicht so recht eine Ahnung hatten).<br />

Als wir dann anfingen, uns mit diversen Produkten – nicht nur<br />

vom Tier und vom Acker, auch von Büschen und Bäumen – richtig<br />

auseinanderzusetzen, bekamen wir auf einmal einen anderen Blick.<br />

Und entdeckten eins nach dem anderen, setzte ein „aha-Effekt“<br />

nach dem nächsten ein. <strong>Unser</strong> gesamtes Team ist ohnehin mittlerweile<br />

auf dem Such- und Sammeltrip, aber inzwischen machen uns<br />

auch Freunde aufmerksam auf Obstbäume in Schrebergärten, laden<br />

uns Bekannte ein, in ihren verwilderten Gärten den Überfluss<br />

abzuernten, der nicht in deren Einmachgläser und Kühltruhen passt.<br />

So stießen wir auf Maulbeeren, Schlehen und Traubenkirschen, auf<br />

Ebereschen, Quitten und Brombeeren, auf Nüsse, wilde Äpfel und<br />

Birnen und nicht zu vergessen: die eingangs erwähnten Mirabellen.<br />

<strong>Unser</strong> Motto im <strong>Restaurant</strong> ist: Wir behandeln jedes Lebensmittel<br />

mit Respekt. Das gilt nicht allein für Obst und Gemüse, von dem<br />

wir möglichst alles in irgendeiner Form verarbeiten, es gilt vor<br />

allem fürs Tier. Wenn wir Menschen Fleisch essen, dann sollten wir<br />

wenigstens das ganze Tier verwenden und nicht die Hälfte davon<br />

in den Abfall werfen, etwa weil Innereien als „minderwertig“ gelten<br />

und beispielsweise ein Rind nicht nur aus Filets, ein Schwein<br />

nicht nur aus Koteletts besteht. Den Beweis treten wir täglich an<br />

(bis auf montags, denn da haben wir geschlossen). Wir kochen,<br />

dünsten, braten und schmoren sozusagen „jenseits vom Filet“,<br />

obwohl es auch das natürlich bei uns gibt. <strong>Unser</strong>e Gerichte sind<br />

bodenständig, aber raffiniert, aus nicht mehr alltäglichen Zutaten,<br />

wie zum Beispiel einem Nierenzapfen. Der lässt sich sogar wie<br />

Steak zubereiten, hat aber eine spannendere Geschmackskomponente,<br />

wie wir – und unsere Gäste – finden. Oder aber Kalbsmaske,<br />

die so viele Varianten der Zubereitung ermöglicht, und immer<br />

wieder Nachfragen erzeugt nach einer Art Ochsenmaulsalat im<br />

h&n-Style, den wir unter anderem daraus machen.<br />

Einleitung 7

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