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KulturFenster Nr. 04|2013 - August 2013

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Vorweg<br />

Blasmusik<br />

Jung und Alt vereint<br />

Über das Leben und Zusammenwirken im Verein<br />

Vorweg ergeht die Einladung an alle Leserinnen<br />

und Leser, ihre ganze Aufmerksamkeit<br />

den Ausführungen von Prof. Dr.<br />

Friedrich Weyermüller in der Rubrik „Das<br />

Thema“ zuzuwenden. Wenn er nämlich in<br />

seinen „Gedanken über den Sokratischen<br />

Eid“ das Zusammenwirken von Jung und Alt<br />

und den Umgang miteinander beleuchtet,<br />

schimmert dabei die grundsätzliche Frage<br />

durch: Was ist ein Verein?<br />

„Als ob man das nicht schon längst<br />

wüsste!“, mögen nun viele entgegnen;<br />

schließlich sind unsere Musikkapellen doch<br />

(größtenteils) als Vereine definiert und organisiert.<br />

Und in diesem Zusammenhang<br />

gleich mit philosophischen Schwergewichten<br />

aus der griechischen Antike aufzufahren,<br />

mag einigen als übertrieben, wenn<br />

nicht gar als überflüssig erscheinen.<br />

Dennoch – ich halte die Überlegungen<br />

für sehr bedeutsam und wichtig, und zwar<br />

aus folgenden Gründen:<br />

Persönliche Bedürfnisse nicht über<br />

die Ziele der Gemeinschaft stellen<br />

Unsere Zeit wird zunehmend von zwei<br />

Extremen geprägt: Globalisierung und Individualismus.<br />

In diesem Spannungsbogen<br />

bewegt sich das gesellschaftliche Leben.<br />

Wenn hin und wieder Klage darüber geführt<br />

wird, dass „tragende Fundamente“ in<br />

den Vereinen wegzubrechen drohen, hat<br />

das bestimmt auch damit zu tun. Musikkapellen<br />

sind vielleicht davon (noch) nicht<br />

so sehr betroffen, weil sie über eine gut organisierte<br />

Ausbildungsstruktur und eine<br />

starke Vernetzung verfügen, aber ganz zu<br />

sicher fühlen sollten auch sie sich nicht.<br />

Die Tendenz, die „persönlichen Bedürfnisse“<br />

über die Ziele der Gemeinschaft<br />

(in diesem Fall des Vereins) zu stellen, ist<br />

überall ersichtlich und spürbar. So manche<br />

Obmänner und Obfrauen, Kapellmeisterinnen<br />

und Kapellmeister können sicher<br />

ein Lied davon singen.<br />

Eine solide Ausbildung ist im Musikgeschehen<br />

– nicht nur im Profibereich - von<br />

größter Wichtigkeit, das steht außer Zweifel.<br />

Zum Problem für die Musikvereine wird<br />

das erst, wenn alles nur „Solisten“ herangebildet<br />

werden, „Spezialisten“, wie sie<br />

Friedrich Weyermüller nennt, die im Verein<br />

lediglich ein Forum für ihre Selbstdarstellung<br />

sehen. Das mag jetzt ziemlich nach<br />

Schwarz-weiß-Malerei aussehen, aber so<br />

ganz zu vernachlässigen ist die Sache sicher<br />

nicht.<br />

Jung – dynamisch – leistungsstark, das<br />

sind Kriterien, mit denen vor allem die Werbung<br />

den erfolgreichen, man könnte auch<br />

sagen, den „guten“ Menschen charakterisiert.<br />

Müssen wir aber immer auf diesen<br />

Zug aufspringen? Die „Gretchenfrage“ lautet<br />

also: Wie halten wir‘s mit den Alten in<br />

unseren Vereinen, in unseren Musikkapellen?<br />

Was sind uns jahrzehntelange Erfahrung,<br />

Treue, Pflichterfüllung, ja, auch Kameradschaft<br />

noch wert?<br />

Womit wir also bei den Werten wären.<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich Johannes<br />

Helfer, den Jugendleiter der Musikkapelle<br />

Feldthurns, zitieren, der im Interview<br />

mit Joachim Buch (s. Seite 28)<br />

davon spricht, dass es für ihn immer wieder<br />

beeindruckend ist, wenn bei den Cäcilienfeiern<br />

„Musikanten für 40, 50 und<br />

auch 60 Jahre in einer Kapelle und für<br />

verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten<br />

ausgezeichnet werden“. Das entspricht<br />

meines Erachtens genau dem, was Friedrich<br />

Weyermüller mit dem „Sokratischen<br />

Eid“ meint. Und eine weitere Aussage von<br />

Johannes Helfer rundet das Ganze ab,<br />

wenn er sagt: „Es ist immer wieder schön,<br />

zu erleben, dass Jungmusikanten durch<br />

das Musizieren zueinander finden, sei es<br />

in musikalischer als auch in gesellschaftlicher<br />

Hinsicht.“<br />

Fundamentale Werte<br />

Hier scheint die Warnung, dass das Gemeinschaftliche<br />

verschiedener Kräfte hinter<br />

einem immer stärker werdenden Spezialistentum<br />

zurückstehen muss, bereits<br />

wahrgenommen und verstanden worden<br />

zu sein. Die fundamentalen Werte, die<br />

eben einen Verein ausmachen, sind immer<br />

wieder auf den Prüfstand zu stellen.<br />

Wenn die Verantwortlichen in den Musikkapellen<br />

sich die Zeit nähmen, einmal darüber<br />

zu „philosophieren“, könnte es sein,<br />

dass so manches (Hoch)Leistungsprinzip<br />

ins Wanken gerät. Das wiederum könnte<br />

dann zum einen oder anderen Paradigmenwechsel<br />

führen, wobei dies jedoch<br />

kein Grund ist, die gute Leistung an sich<br />

in Abrede zu stellen oder gar die Jugendförderung<br />

zu vernachlässigen.<br />

In diesem Sinne ist eine ständige kritische<br />

Hinterfragung des Vereins-Wesens<br />

nicht nur hilfreich, sondern sogar notwendig,<br />

weil sie dazu beiträgt, Verkrustungen<br />

zu vermeiden oder, wenn sie schon vorhanden<br />

sind, aufzubrechen.<br />

Paul Peter Niederwolfsgruber<br />

Redaktion <strong>KulturFenster</strong><br />

<strong>Nr</strong>. 04 | <strong>August</strong> <strong>2013</strong> 15

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