KulturFenster Nr. 05|2015 - Oktober 2015
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Komponisten im Porträt<br />
Blasmusik<br />
Marco Nussbaumer,<br />
ein vielseitiger Realist<br />
Ein Porträt des Schweizer Musikers zu dessen 40. Geburtstag<br />
Spannend und vielseitig liebt es<br />
der Schweizer Dirigent, Pädagoge,<br />
Komponist und Instrumentalist Marco<br />
Nussbaumer.<br />
Der Schweizer Marco Nussbaumer ist<br />
Realist. Zwar hatte er als Teenager schon<br />
den Wunsch, Musiker zu werden, aber er<br />
wusste auch: „Profi zu werden und von<br />
der Musik leben zu können, ist nicht unbedingt<br />
dasselbe.“ Der zweifache Familienvater,<br />
der am 30. <strong>Oktober</strong> seinen 40.<br />
Geburtstag feiert, ist daher froh um seine<br />
vielfältigen Aktivitäten. „Finanziell betrachtet<br />
gibt es eine gewisse Sicherheit, wenn<br />
man auf mehreren Standbeinen steht“,<br />
sagt der Dirigent, Pädagoge, Komponist<br />
und Instrumentalist.<br />
Wie viele andere seiner komponierenden<br />
Kollegen kommt er aus einer (amateur-)<br />
musikalisch sehr aktiven Familie. Der Vater<br />
und vier seiner Geschwister haben in<br />
der Dorfmusik „Konkordia“ Mümliswil musiziert,<br />
und als Kind sei Marco bei allen<br />
Anlässen dabei gewesen. Heute ist er dort<br />
Dirigent. Wie so oft begegnete man aber<br />
seinen musikalischen Berufswünschen<br />
eher reserviert. „Natürlich sollte ich zuerst<br />
etwas ‚Richtiges‘ lernen, also etwas, wovon<br />
man leben kann.“ Es habe sich aber<br />
alles einfach so ergeben, erzählt er. „Ich<br />
bin Schritt für Schritt in diese Richtung<br />
gegangen, habe zuerst in Basel ein Vorstudium<br />
Trompete und in Bern dann ein<br />
Hauptstudium Dirigieren begonnen.“ Daneben<br />
habe er aber schon „gearbeitet",<br />
was in seinem Fall dirigieren, musizieren<br />
und unterrichten bedeutete.<br />
Dank seiner guten Ausbildung wurde er<br />
bereits zwei Jahre vor der Matura als Trompetenlehrer<br />
an der Musikschule Mümliswil<br />
angestellt. „In der Schweiz gibt es drei<br />
Lohnstufen: M1, M2, M3“ erklärt Nussbaumer.<br />
„Ich wurde da einfach als M3<br />
(Amateur) angestellt.“ Natürlich habe „Vitamin<br />
B“ damals auch eine Rolle gespielt.<br />
Anderes gelang hingegen durch „learning<br />
by doing“. So übernahm er bereits<br />
mit 17 Jahren seinen ersten Chor. Eigentlich<br />
sollte nur ein einziger Auftritt<br />
vertretungsweise gestaltet werden, aber<br />
Nussbaumers selbstbewusste Probengestaltung<br />
gefiel den Sängern so gut, dass<br />
sich eine Zusammenarbeit über 14 Jahre<br />
entwickelte.<br />
Auch für den Jazz und die moderne<br />
Unterhaltungsmusik entwickelte Marco<br />
Nussbaumer schnell Verständnis. Schon<br />
mit 15 Jahren war er 1. Trompeter in der<br />
Kantonalen Sommer-Bigband. Später leistete<br />
er seinen Militärdienst in der Swiss<br />
Army Concert Band. „Dort hatten wir einige<br />
Jahre auch eine Funk-Band, mit welcher<br />
wir auch privat auftraten.“ Wenn es<br />
sein Zeitplan erlaubt, spielt er heute noch<br />
in der achtköpfigen Combo „Mumol Dixie<br />
Stompers“.<br />
Im Gegensatz zu seinen abwechslungsreichen<br />
Tätigkeiten bewegt sich Nussbaumer<br />
beim Komponieren gerne auf vertrauten<br />
Pfaden. „Am liebsten schreibe ich<br />
für Orchester, die ich kenne“, sagt er und<br />
freut sich, wenn er beim Einstudieren oder<br />
der Aufführung eigener Werke selbst dabei<br />
sein kann. Schon früh habe er für Ensembles<br />
komponiert und arrangiert, in denen<br />
er selbst mitwirkte. „Ob das, was ich mir<br />
vorgestellt habe, auch wirklich so klingt,<br />
finde ich sehr spannend und lehrreich.“<br />
Zum Komponieren angehalten wurde er<br />
bereits während des Studiums der Blasorchesterleitung<br />
bei Hans-Peter Blaser in<br />
Bern, und zwar neben den in diesem Fach<br />
verpflichtend anzufertigenden Instrumentationen.<br />
„Dies hat wohl den Grundstein<br />
für meine jetzige Komponistentätigkeit gelegt.“<br />
Nussbaumers konzertante Werke<br />
beziehen sich oft auf außermusikalische<br />
Themen, wie Historie oder Märchen und<br />
Mythen. Musik müsse für ihn aber nicht<br />
zwingend eine Geschichte vertonen. Für<br />
ihn reiche es aus, wenn Emotionen entfacht<br />
und transportiert werden.<br />
Als Blasmusik-Komponist freut man<br />
sich natürlich, wenn man international<br />
gespielt wird. Andererseits will man regionale<br />
Besetzungs-Traditionen nicht ganz<br />
über Bord werfen. Nussbaumer findet diesen<br />
Zwiespalt sehr spannend. Jeder solle<br />
seine Stärken ausspielen, sagt er. „ Als<br />
Komponist halte ich mich an die Vorgaben<br />
meines Verlages und biete mittels Stichnoten<br />
ggf. Varianten an. Für meine Jugendorchester<br />
arrangiere ich aber vieles selbst,<br />
sodass es auf die vorhandene Besetzung<br />
passt und ich alle gemäß ihrem Können<br />
fordern und fördern kann. Da wird es wohl<br />
auch in Zukunft keine für alle passende<br />
Lösung geben.“<br />
Joachim Buch<br />
<strong>Nr</strong>. 05 | <strong>Oktober</strong> <strong>2015</strong> 19