„Die Zeichen stehen auf Forschung und ... - Wirtschaftsjournal
„Die Zeichen stehen auf Forschung und ... - Wirtschaftsjournal
„Die Zeichen stehen auf Forschung und ... - Wirtschaftsjournal
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
AUTOWELT Ostdeutschland 2012<br />
Stärkere Kooperation im Fokus<br />
Interview mit Michael M. Lison, Projektmanager des automotive thüringen e. V.<br />
<strong>Wirtschaftsjournal</strong>: Wie sind die Zulieferer als Rückgrat<br />
der Automobilindustrie gerüstet, damit Thüringen<br />
im internationalen Standortwettbewerb be<strong>stehen</strong><br />
kann?<br />
Michael M. Lison: Viele unserer Unternehmer haben bereits<br />
frühzeitig <strong>auf</strong> die Anforderungen, die aus der Globalisierung<br />
erwachsen reagiert. Das heißt entweder wurde der<br />
Automatisierungsgrad so erhöht, dass man mit den weltweiten<br />
Mitbewerbern nicht nur mithalten konnte, sondern<br />
diese bei höchsten Qualitätsanforderungen übertraf. Zudem<br />
sind einige der Unternehmen bereits seit Jahren mit Produktionsstandorten<br />
insbesondere in China <strong>und</strong> Nordamerika<br />
vor Ort, um den Forderungen der K<strong>und</strong>en insbesondere<br />
nach „local content“ nachzukommen.<br />
Trotz dieser sehr positiven Aspekte darf man nicht übersehen,<br />
dass über die Hälfte der in Thüringen ansässigen<br />
Zulieferunternehmen einen Jahresumsatz von weniger als<br />
2,5 Millionen Euro haben. Diese Unternehmen konnten<br />
zwar bislang von den günstigen Lohnstückkosten profitieren,<br />
werden jedoch in Zukunft den abgeforderten größeren<br />
Stückzahlen <strong>und</strong> notwendigen ausländischen Produktionsstandorten<br />
nur im Wege von Kooperationen nachkommen<br />
können.<br />
Im Fokus des Clusters steht die Initiative, durch enge<br />
Kooperation, Joint Ventures im Lande <strong>und</strong> über die Landesgrenzen<br />
hinweg zu größeren Einheiten zu kommen, die<br />
in der Zeit der Globalisierung eine bessere Chance des<br />
Wachstums generieren können.<br />
WJ: Welche Unterstützung gibt dabei automotive<br />
thüringen e. V.?<br />
Michael M. Lison: Gerade für kleinere Unternehmen<br />
Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen, ist eine der wesentlichen<br />
Ziele, die sich der Vorstand für den „automotive<br />
thüringen e.V.“ gegeben hat. Hierzu wird eine Vielzahl von<br />
Kommunikationsplattformen angeboten. Von themenbezogenen<br />
Arbeitskreisen bis hin zu großen internationalen Branchentagen<br />
bietet der „at“ ein breites Angebot, damit sich<br />
die Unternehmer kennenlernen können, um mögliche Kooperationspartner<br />
zu identifizieren. Da die Erfolge noch sehr<br />
bescheiden sind, werden derzeit neue Modelle für eine<br />
weitergehende Unterstützung diskutiert <strong>und</strong> zwar nicht nur<br />
<strong>auf</strong> Landesebene, sondern im Rahmen des „ACOD – Automotive<br />
Cluster Ostdeutschland“.<br />
22 <strong>Wirtschaftsjournal</strong> | Januar 2012<br />
Unabhängig davon ist auch die Teilnahme an internationalen<br />
Messen für viele insbesondere der kleineren Unternehmen<br />
sehr wichtig. Hier unterstützt das Thüringer Zulieferernetzwerk<br />
mit Gemeinschaftsständen die Unternehmen.<br />
WJ: Wie sehen Sie die Entwicklung der Thüringer<br />
Automobilbranche <strong>und</strong> der Zulieferindustrie im<br />
aktuellen Jahr 2012?<br />
Michael M. Lison: Soweit man seriös in die Zukunft blicken<br />
kann, das sind Zeiträume von drei bis höchstens sechs Monaten,<br />
haben viele Unternehmen eine stabile Auftragslage.<br />
Dabei darf jedoch nicht unterschätzt werden, dass sich der<br />
Druck der K<strong>und</strong>en, also der OEM, nach der Krise nicht etwa<br />
entlastet hätte, wie man hätte erwarten können, damit die<br />
„Überlebenden“ ihr <strong>auf</strong>gezehrtes Eigenkapital wieder ergänzen<br />
könnten, sondern wiederum erhöht. Diese Entwicklung<br />
geht oft einher mit einer weiteren Verzögerung der Zahlungsziele,<br />
welche die zudem mit ständig wachsenden Entwicklungskosten<br />
belasteten Zulieferer vor unlösbare Finanzierungsprobleme<br />
bringt.<br />
WJ: Die Finanzierungsprobleme scheinen Ihnen also<br />
erhebliche Sorgen zu bereiten?<br />
Michael M. Lison: Einige Insolvenzen in unserem Bereich<br />
sind nicht <strong>auf</strong> mangelnde Aufträge oder betriebsinterne<br />
Probleme zurückzuführen, sondern ausschließlich <strong>auf</strong> die<br />
unüberbrückbare Verweigerung der Finanzierung. Das heißt,<br />
die restriktive Kreditpolitik der Hausbanken muss sich gr<strong>und</strong>legend<br />
ändern. Eine pauschale Schlechtbewertung der Unternehmen<br />
aus der Automobilzulieferindustrie darf nicht hingenommen<br />
werden. Notwendig ist – wie in früheren Zeiten<br />
auch – die einzelbetriebliche Analyse. Zudem müssen<br />
die neuen Instrumente der Kreditanstalt für Wieder<strong>auf</strong>bau<br />
KfW proaktiv von den Banken an die Unternehmen getragen<br />
werden.<br />
Letztlich sollten aber auch die Länder über Bürgschafts<strong>und</strong><br />
insbesondere über Anleihemodelle die Unternehmen<br />
<strong>auf</strong> der Kapitalseite unterstützen. Der AT Thüringen geht<br />
davon aus, dass die Kapitalbeschaffung in den kommenden<br />
Jahren im Mittelpunkt <strong>stehen</strong> wird, da die Banken sich<br />
zunehmend um die Sanierung der eigenen Situation im Kontext<br />
der Euro Krise kümmern werden.<br />
Gespräch: Wolfgang Baltzer<br />
„Der AT Thüringen geht davon aus, dass<br />
die Kapitalbeschaffung in den kommenden<br />
Jahren im Mittelpunkt <strong>stehen</strong><br />
wird“, davon ist Michael M. Lison,<br />
Projektmanager des automotive<br />
thüringen e. V. überzeugt.<br />
"at Thuringia takes the view that in the<br />
next few years raising capital is going<br />
to be a key issue," claims Michael M.<br />
Lison, project manager of automotive<br />
thüringen e. V.