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ForschungsForum Paderborn<br />

Quelle: Fotolia.com (Julien Eichinger)<br />

Abb. 1: Ai WeiWei, Sunflower Seeds (2010), Installation View, Tate Modern London.<br />

Das Kleine – Thema und Kontexte<br />

Im Zuge der globalen informationstechnologischen<br />

Bereitstellung und Zirkulation von Wissen<br />

entstehen neue medienkulturelle Praktiken,<br />

Formate und Kompetenzen, die sich durch Knappheit,<br />

Verdichtung, Fragmentierung und Kürze<br />

auszeichnen. Solche Phänomene des Kleinen<br />

begegnen uns im Zusammenhang der medial<br />

geprägten Populärkultur, aber auch dort, wo<br />

Randständiges, Marginales, Rudimentäres als Teil<br />

der modernen Konsum- und Massenkultur politisch<br />

und ästhetisch aufgewertet wird: Man denke<br />

etwa an literarische Mikroformate, an künstlerische<br />

Miniaturen und raumfüllende Materialinstallationen<br />

(Abbildung 1), an Web-Serien in Kurzund<br />

Kürzestformaten, an Handy-Videos, „Selfies“,<br />

Tweets, Micro-Blogs, Musikvideos, Werbespots,<br />

virale Clips oder animierte Gifs. Das überregionale<br />

Forscherteam, bestehend aus Vertretern der Literaturwissenschaft,<br />

Kunstgeschichte und Medienwissenschaften,<br />

nimmt die materielle, mediale<br />

und ästhetische Beschaffenheit und Funktion<br />

dieser sich rasant entwickelnden „Medienkulturen<br />

des Kleinen“ genauer in den Blick. Aus der jeweiligen<br />

disziplinären Perspektive werden Phänomene<br />

der Kleinheit kategorial bestimmt und in den<br />

jeweiligen Kontexten der Wissensbildung und<br />

Sinnstiftung analysiert. Erkenntnisleitend ist die<br />

Frage nach dem Spannungsverhältnis von Anpassung<br />

und Störung: Inwiefern passt sich das Kleine<br />

in die moderne Medienkultur ein, inwieweit wirkt<br />

es aber auch subversiv, indem es konventionelle<br />

Muster der Wissensanordnung und Sinnstiftung<br />

durchkreuzt? Kleine Formen markieren das, was<br />

man gegenwärtig in den Kulturwissenschaften mit<br />

dem Begriff „ästhetische Eigenzeiten“<br />

umschreibt: Sie generieren durch das ihnen eigene<br />

Paradox, Zeit gleichermaßen zu beschleunigen<br />

wie still zu stellen, neue Formen der Darstellbarund<br />

Erzählbarkeit. Sie überschreiten damit immer<br />

wieder aufs Neue herkömmliche Erzählmuster und<br />

bringen Beschleunigung und Entschleunigung in<br />

ein produktives Spannungsverhältnis.<br />

Seit der Frühromantik schon bildet sich eine<br />

Ästhetik des Kleinen heraus, die sich der<br />

Geschlossenheit großer Formen widersetzt und<br />

stattdessen auf Offenheit und Fragmentarität<br />

setzt. In der Moderne lässt sich die Emphase für<br />

kleine Formate als Symptom einer Kulturkritik<br />

lesen, die sich insbesondere in der philosophischen<br />

und feuilletonistischen Essayistik des 20.<br />

Jahrhunderts sowie in der Literatur und in den<br />

Künsten der ästhetischen Avantgarde z. B. als<br />

Readymade, Collage oder Montage abbildet. Die<br />

gegenwärtige Alltags- und Medienkultur ist immer<br />

stärker durch einen pragmatischen Verwendungszusammenhang<br />

von Bild- und Text-Konstellationen<br />

gekennzeichnet: Die Welt scheint unendlich<br />

reproduzierbar und kleine Formen unterliegen als<br />

Indikatoren des Momenthaften, Ereignishaften<br />

und des Plötzlichen einem ständigen Wandel. Sie<br />

reagieren nicht nur schnell auf kulturelle Transformationsprozesse,<br />

sondern bringen diese auch<br />

hervor und visualisieren sie. Zugleich öffnen sie<br />

Universität Paderborn<br />

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