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FFP-2016-end-dr_FFP_2012_3
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ForschungsForum Paderborn<br />
und Medien gleichermaßen bedeutend werden<br />
(Abbildung 5).<br />
Kleine Dinge, die in der Alltagspragmatik beheimatet<br />
sind, gewinnen ebenso an Relevanz wie<br />
eine ästhetische Modellierung des Kleinen, die mit<br />
oftmals sprunghaft sich vollziehenden Transformationsprozessen<br />
innerhalb der Wahrnehmungs-,<br />
Informations- und Kommunikationskultur korreliert.<br />
Folgende Leitfragen ergeben sich aus diesem<br />
Befund: In welcher Weise disponieren Mikroformate<br />
unsere Wahrnehmungseinstellungen und<br />
Realitätsentwürfe, inwiefern prägen sie nicht nur<br />
spezifische Sehkulturen, Mentalitäten, Erfahrungs-<br />
und Erinnerungsentwürfe? Inwieweit bildet<br />
das Kleine, seine Darstellung und Verhandlung,<br />
neue sozio-ökonomische und kulturell-ästhetische<br />
Maßstäbe aus, die auf soziale Interaktionen<br />
zurückwirken oder möglicherweise neue Vorstellungen<br />
von Bildung, Leben und Wissen generieren?<br />
Globalisierung und Digitalisierung von<br />
Lebenswelten setzen Prozesse der Komplexitätssteigerung<br />
in Gang, die paradoxerweise Verfahren<br />
der Komplexitätsreduktion, der Zerkleinerung,<br />
Fragmentierung, Komprimierung und Hybridisierung<br />
auf den Plan rufen. Die Cultural Studies und<br />
die Visual Studies greifen solche Tendenzen auf<br />
und formulieren neue Standards wissenschaftlicher<br />
Wertigkeiten. Neuere und aktuelle kulturgeschichtliche<br />
Studien diskutieren beispielsweise<br />
Austauschbeziehungen zwischen Dingen, Materialien<br />
und Menschen unter dem Aspekt performativer<br />
Transformationsprozesse und des Cross-over.<br />
Und schließlich leben wir in einem Zeitalter der<br />
zunehmenden Dynamisierung und Ökonomisierung<br />
von Zeit, wobei die Spannbreite dieser Erfahrung<br />
vom Eindruck der Beschleunigung bis hin zu<br />
Phänomenen der „langen Dauer”, vom modernen<br />
Augenblicks- und Plötzlichkeitsdispositiv bis hin<br />
zu imaginär oder auch virtuell erlebten Situationen<br />
der Zeitdehnung reicht. Kleine Formen, die auf<br />
Kürze, Komprimierung und Konkretion abgestellt<br />
sind, reagieren auf solche Dynamisierungsprozesse,<br />
wobei sich auch hier Paradoxien erkennen<br />
lassen: Das, was formal der Flüchtigkeit des<br />
Augenblicks geschuldet ist und beschleunigtes<br />
Zeiterleben in ein entsprechendes Format bringt,<br />
erweist sich zugleich als „kleines” Archiv polychroner<br />
Zeiterfahrung: Vielleicht wurde die unumgängliche<br />
Differenz zwischen der Präsenz, der<br />
Gegenwärtigkeit des Augenblicks und seiner<br />
gleichzeitigen Flüchtigkeit und Unverfügbarkeit<br />
nie deutlicher erlebt als im Zeitalter einer enormen<br />
Informationskumulation und -dichte sowie den<br />
technologisch scheinbar grenzenlos möglichen<br />
Zugriffen darauf.<br />
Fazit und Ausblick<br />
Eine Theorie des Kleinen lässt sich in einem definitorischen<br />
Sinn nicht formulieren. Gleichwohl<br />
erlaubt es die interdisziplinäre Betrachtung und<br />
Analyse narrativer, visueller und medialer Mikroformate,<br />
methodische Leitlinien herauszuarbeiten,<br />
um eine quantitative und qualitative Funktionsbestimmung<br />
des Kleinen vorzunehmen. So konnte in<br />
den inzwischen erschienenen Forschungsbeiträgen<br />
des Forscherteams gezeigt werden, dass das<br />
Kleine ungeachtet formaler Eigenschaften wie<br />
Reduktion, Konzentration und Verdichtung immer<br />
auch Verfahren der Entfaltung und Ausdehnung in<br />
Gang setzt. Die Bestandsaufnahme einer Phänomenologie<br />
des Kleinen zieht zunächst Deskriptionsverfahren<br />
nach sich, analytische Perspektiven<br />
ergeben sich insbesondere dort, wo es um das<br />
Konkretions-, Verfremdungs- und Transformationspotenzial<br />
des Kleinen geht: Kleine Formen<br />
zeigen ihre Kontur, ihr Profil im Kontext; eine<br />
Mikrostruktur evoziert stets ihren Makrokosmos.<br />
So hat man beispielsweise Mikroerzählungen mit<br />
fractal patterns verglichen, insofern sich in ihnen<br />
Strukturen und Muster auffinden lassen bzw.<br />
abzeichnen, die wie im Fall der mise en abyme<br />
Verborgenes sichtbar machen, das Große im Kleinen<br />
unter anderen Vorzeichen figurieren. Da kleine<br />
Formen und Formate die Grenze zwischen<br />
Sagbarem und Zeigbarem thematisieren und<br />
ausloten, eignet ihnen eine oszillierende, Konstellationen<br />
ausbildende und kombinatorische Qualität,<br />
die eindimensionalen Lesarten widersteht und<br />
modellbildend wirken und werden kann: Der<br />
Modellcharakter kleiner Formen verwirklicht sich<br />
in der Eröffnung von Möglichkeitssinn, denn er<br />
suggeriert dort Präsenz, wo er diese abzieht und<br />
stellt dort Verfügbarkeit in Aussicht, wo diese sich<br />
entzieht. Das von Prof. Dr. Claudia Öhlschläger<br />
(Komparatistik) und Prof. Dr. Sabiene Autsch<br />
(Kunstgeschichte) initiierte überregionale<br />
Forscherteam befasst sich seit April 2013 mit dem<br />
Thema „Medienkulturen des Kleinen“. Aus einer<br />
internationalen Tagung zum Thema an der Universität<br />
Paderborn im April 2013 ist ein Tagungsband<br />
hervorgegangen, der erste grundlegende Thesen<br />
und Überlegungen dokumentiert. Ein zweiter<br />
Band mit Detailanalysen befindet sich in Vorbereitung.<br />
Er wird 2016/17 unter dem Titel „Konstellationen<br />
des Kleinen“ erscheinen. Diskutiert werden<br />
soll auch in zukünftigen Workshops das transformative<br />
Potenzial und die transgressive Energie<br />
und vielschichtige Integrierbarkeit kleiner Formen<br />
und Formate in immer wieder andere, wechselnde<br />
Kontexte, kulturelle Umgebungen und ästhetische<br />
Anordnungen. Ziel ist es, einen methodischen<br />
Denk- und Deutungsrahmen zu entwickeln, der<br />
Aufschlüsse geben kann über das noch nicht<br />
erforschte Zusammenwirken von literarischer,<br />
künstlerischer Produktion und medialen Veränderungsprozessen.<br />
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Universität Paderborn