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Lobbyisten hinter- treiben Mindestlöhne - Carsten Zinn

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Gebäudereinigung: Lohnsenkung auf Umwegen<br />

Immer mehr Arbeit für dasselbe Geld<br />

Bärbel Pross erhält den Mindestlohn des Gebäudereinigerhandwerks.<br />

Ihr Arbeitgeber, die Berliner Firma Gegenbauer, zahlt<br />

8,40 Euro Stundenlohn. Doch was im Gegenzug verlangt wird,<br />

ist schlichtweg nicht zu leisten. »Früher war eine Frau mit einem<br />

4-Stunden-Vertrag für die Reinigung einer 2.000 Quadratmeter großen<br />

Etage im Gebäude der Deutschen Rentenversicherung zuständig.<br />

Heute habe ich einen 3,8-Stunden-Vertrag und soll in dieser Zeit<br />

fünf Stockwerke schaffen. Da weiß ich oft nicht mehr, wo mir der<br />

Kopf steht«, erzählt Bärbel Pross.<br />

Lange hat sie unbezahlte Überstunden gemacht, um die Arbeit zu<br />

schaffen. Doch das sieht die engagierte Gewerkschafterin nicht mehr<br />

ein. »Wenn ich meine geleisteten Überstunden abfeiern könnte, hätte<br />

ich ein Jahr Urlaub.« Inzwischen konzentriert sie sich beim Putzen auf<br />

das Wesentliche und vermittelt auch den Mitarbeitern ihres Kunden,<br />

der Rentenversicherung, dass nicht mehr zu schaffen ist.<br />

Hart bleibt die Arbeit ohnehin, wenn sie an ihrem Wagen, der mit<br />

Putzmitteln, Papierhandtüchern und Toilettenpapier beladen ist,<br />

zusätzlich auch noch bis zu fünf gefüllte Müllbeutel mitschleppen<br />

muss. Oder wenn sie gleich zu Beginn ihrer Arbeit 20 stark benutzte<br />

Toiletten säubert und zwei Aufenthaltsräume auf Vordermann bringt.<br />

Abgesehen von der enormen Arbeitsverdichtung ist sie auch mit<br />

der Höhe des Mindestlohns unzufrieden. Ihr zweiter Job in einem<br />

Einzelhandelsunternehmen wird nach Tarif mit 12,60 Euro die<br />

Stunde bezahlt. »Leider kann ich den Job nicht aufstocken, so dass<br />

ich weiterhin auch putzen muss. Aber nachvollziehen kann ich die<br />

Unterschiede bei der Bezahlung nicht. Denn Gegenbauer wird von<br />

der Deutschen Rentenversicherung sicher nicht weniger Geld als<br />

früher für die Reinigung bekommen. Doch an uns Beschäftigten wird<br />

gespart. Das ist ein Unding!«<br />

Dass die Berliner Firma mit ihrer Strategie der Arbeitsverdichtung<br />

nicht allein steht, ist auch bei der zuständigen Gewerkschaft IG BAU<br />

bekannt. Entweder müssten die Beschäftigten größere Flächen in<br />

derselben Zeit reinigen oder es werde weniger Arbeitszeit bei identischer<br />

Fläche eingeräumt. »Etliche Arbeitgeber versuchen, Lohnerhöhungen<br />

durch einen versteckten Akkord zu kompensieren«, kritisierte<br />

Frank Wynands aus dem Bundesvorstand der IG BAU anlässlich des<br />

Internationalen Tags der Putzfrau am 8. November 2010.<br />

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