2015-04: TOP Magazin Dortmund | WINTER
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Kultur<br />
Wenn zwei sich streiten<br />
… kann das sehr unterhaltsam sein:<br />
Cole Porters „Kiss me, Kate“ auf der <strong>Dortmund</strong>er Opernbühne<br />
Es ist Theater im Theater – im besten<br />
Sinne: Grundlage für Cole Porters<br />
Musical „Kiss me, Kate“, uraufgeführt<br />
am 30. Dezember 1948 in New York, ist<br />
Shakespeares Komödie „The Taming of The<br />
Screw“. Dieses Werk des Barden dient indes<br />
nur als Anlass für die Rahmenhandlung,<br />
obgleich einige Teile übernommen werden:<br />
Die Hauptdarsteller der Komödie, Fred Graham<br />
und Lilli Vanessi alias Petruchio und<br />
Katharina, sind seit einem Jahr geschieden<br />
und müssen gemeinsam auf der Bühne ein<br />
Paar spielen, das sich erst nicht heiraten<br />
will, aber sich dennoch zusammenrauft.<br />
„Strafverschärfend“ kommt hinzu, dass<br />
Grahams neue „Flamme“ Bianca und deren<br />
derzeitiger Freund Bill Calhoun auch noch<br />
mitspielen … Das bietet Zündstoff für „saftige“<br />
Dialoge, zahlreich umhergeworfene<br />
Blumentöpfe und andere „tieffliegende“<br />
Requisiten sowie temporeiche Tanzeinlagen,<br />
kurzum, einen bunten Abend.<br />
„Quietschbunte“ Kulissen<br />
Und das ist es, was die Zuschauer in der<br />
<strong>Dortmund</strong>er Produktion erwartet: eine<br />
herrliche, bunte, temporeiche Show mit<br />
exzellenten Darstellern. Regisseur Martin<br />
Duncan, der sich, gemeinsam mit Kostümund<br />
Bühnenbildner Francis O‘Connor bei<br />
der Premiere Ende September über einhelligen<br />
Beifall freuen konnte, macht erst<br />
gar nicht den Versuch, dem Werk Tiefgang<br />
abzugewinnen, den es nicht hat, sondern<br />
stellt es als das auf die Bühne, was es ist:<br />
ein bunter Spaß. Und so verwöhnen quietschbunte<br />
Kostüme und ein ebensolches<br />
„Bühnenbild im Bühnenbild“ – eben das<br />
Bühnenbild der aufgeführten Shakespearschen<br />
Komödie – das Auge des Zuschauers;<br />
aber auch Realismus ist angesagt, wenn die<br />
Bühne von hinten und die Garderoben der<br />
Künstler gezeigt werden: Da ist dann der<br />
sprichwörtliche Lack ab.<br />
singt und agiert das Protagonistenpaar:<br />
Emily Newton als Lilli Vanessa respektive<br />
Katharina Minola (in der Komödie) erstaunt<br />
einmal mehr durch die unglaubliche Wandlungsfähigkeit<br />
ihrer Stimme: Erst kürzlich<br />
als Marschallin in Strauss‘ „Rosenkavalier“<br />
auf der <strong>Dortmund</strong>er Bühne zu erleben,<br />
zeigt sie wieder einmal, dass sie auch in<br />
der leichten Muse zu Hause ist und singt<br />
und spielt sich mehr als nur überzeugend<br />
durch den Abend. Ihr zur Seite gibt Morgan<br />
Moody einen herrlich empörten, stimmlich<br />
stets präsenten Fred Graham beziehungsweise<br />
Petruchio. Auch Johanna Schoppa<br />
überrascht immer wieder durch ihre Vielseitigkeit:<br />
In dem Musical gibt sie die überaus<br />
stimmgewaltige, teilweise jazzig „röhrende“<br />
Assistentin von Graham, Hattie.<br />
Eine quirlige Sensation ist Nedime Ince als<br />
Lois Lane: Die junge Sopranistin ist nicht<br />
nur stimmlich auf der Höhe, sondern auch<br />
eine famose Tänzerin. Ihren beleidigten<br />
und sich stets düpiert fühlenden Freund<br />
Bill Calhoun gibt Andreas Wolfram in adäquater<br />
Weise. Leider hat Kammersänger<br />
Hannes Brock in der Rolle als General Harrison<br />
Howell nur einen eher kleinen Part,<br />
den er aber mit der ihm eigenen Mischung<br />
aus Komik und Selbstironie voll ausfüllt.<br />
Mafia-Deppen aus Österreich<br />
Einzige Frage, die bleibt: Warum muss man<br />
Österreicher auf der Bühne unbedingt als<br />
dämlich darstellen? Das hat nichts mit<br />
der Leistung von Fritz Steinbacher und<br />
Karl Walter Sprungala zu tun, die als erster<br />
und zweiter (Mafia-)Mann Graham wegen<br />
angeblicher Spielschulden (die aber eigentlich<br />
auf Calhouns Konto gehen) unter Druck<br />
setzen, denn die beiden Darsteller haben<br />
sich ihre Rollen und den österreichischen<br />
Akzent bestens zu eigen gemacht, aber man<br />
fragt sich wirklich, welchen tieferen Sinn<br />
der Regisseur hiermit verfolgt. Etwas irritierend<br />
ist auch die Entscheidung, die meisten<br />
musikalischen Nummern, bis auf den<br />
berühmten Song „Schlag nach bei Shakespeare“<br />
auf Englisch zu singen, die Dialoge<br />
aber auf Deutsch zu halten. Einheitlicher<br />
hätte das Werk gewirkt, hätte man alles auf<br />
Deutsch gemacht, so hätte man auch auf die<br />
lästigen Übertitel verzichten können.<br />
Trotz alledem: ein herrlicher, temporeicher,<br />
bunter Spaß. Hingehen lohnt auf<br />
jeden Fall!<br />
n<br />
Text: Martina Lode-Gerke<br />
Fotos: Thomas Jauck, Stage Picture<br />
… eine herrliche, bunte, temporeiche Show<br />
mit exzellenten Darstellern. Martina Lode-Gerke<br />
Wunderbare Tanzszenen<br />
Hinreißend sind die von Nick Winston<br />
inszenierten Tanzszenen, in die teilweise<br />
auch der Chor eingebunden ist, sowie die<br />
schmissig und engagiert aufspielenden<br />
<strong>Dortmund</strong>er Philharmoniker unter der<br />
Leitung von Philipp Armbruster. Fulminant<br />
Winter <strong>2015</strong> · top magazin DORTMUND<br />
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