12.04.2016 Aufrufe

Festspielzeit Frühling 2016

Das Magazin der Bregenzer Festspiele

Das Magazin der Bregenzer Festspiele

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ORCHESTERKONZERTE<br />

PHILIPPE JORDAN<br />

studierte Musiktheorie<br />

und Komposition in Zürich<br />

und begann seine Karriere<br />

als Kapellmeister am<br />

Theater Ulm. Heute ist der<br />

Schweizer Musikdirektor<br />

der Opéra national de<br />

Paris und Chefdirigent<br />

der Wiener Symphoniker.<br />

Als Dirigent gastiert er<br />

in den bedeutendsten<br />

Opernhäusern dieser Welt.<br />

Vor 70 Jahren begann die Zusammenarbeit<br />

der Bregenzer Festspiele mit<br />

den Wiener Symphonikern. Wie<br />

unterscheidet sich die Aufführungspraxis<br />

einer Beethoven-Symphonie<br />

von heute zu der von 1946?<br />

Philippe Jordan: Da hat sich einiges<br />

entwickelt im Rahmen der Diskussionen<br />

um die historische Aufführungspraxis,<br />

um Originalinstrumente und<br />

ihre Bauweisen, um Originaltempi,<br />

um die Anordnungen der Musiker<br />

und die Größe der Orchester –<br />

wobei es auch da schon wieder eine<br />

Gegenbewegung gibt. Generell lässt<br />

sich vielleicht sagen, dass Beethoven<br />

heute transparenter, feingliedriger<br />

und reduzierter gespielt wird<br />

als vor 70 Jahren, als es ein eher<br />

heroisches-titanisches Klangideal<br />

gab. Damals wurde Beethoven noch<br />

eher als das Ideal des romantischen<br />

Künstlers gesehen, seine Musik<br />

als der Gipfelpunkt der Musikgeschichte<br />

und der westlichen Kultur<br />

gefeiert.<br />

Worauf sollte man beim Programm<br />

dieses Orchesterkonzertes in<br />

Bregenz – gespielt werden Schubert,<br />

Mahler und Beethoven – besonders<br />

achten?<br />

Ich glaube, man muss gar nicht<br />

viel wissen, um das Konzert genießen<br />

zu können. Schubert, Mahler,<br />

Beethoven sind alles Wiener Komponisten.<br />

Oder »Beutewiener« im Fall<br />

von Mahler und Beethoven. Und<br />

diese drei Komponisten stehen<br />

für eine Entwicklungslinie von der<br />

Wiener Klassik bis in die Spätromantik<br />

oder Vormoderne. Schubert hat<br />

Beethoven sehr verehrt. In gewisser<br />

Weise können Sie Schuberts Symphonien<br />

durchaus als den Versuch<br />

verstehen, Beethovens Einfluss<br />

zu transzendieren, zu verarbeiten,<br />

ohne ihn einfach zu kopieren.<br />

Sie dirigieren viele Opern. Wie<br />

unterscheidet sich der Operndirigent<br />

Jordan vom Orchesterdirigenten<br />

Jordan?<br />

Was ist im Jahr <strong>2016</strong> das Reizvolle<br />

an Ludwig van Beethoven?<br />

Beethoven ist einer der ganz großen<br />

Innovatoren der Musikgeschichte.<br />

Es ist spannend aufzuzeigen, wie<br />

er alte Formen und Traditionen<br />

gebrochen und in etwas Neues überführt<br />

hat. In Wien spielen wir in der<br />

aktuellen Spielzeit einen Zyklus<br />

seiner Klavierkonzerte mit dem<br />

Pianisten Pierre-Laurent Aimard –<br />

und stellen Beethoven dabei Orchesterwerke<br />

Béla Bartóks gegenüber.<br />

Da gibt es Momente, an denen nicht<br />

klar ist, wer hier der »modernere«<br />

Komponist ist.<br />

Ich bin der Meinung, dass es für<br />

einen Dirigenten wichtig ist, sowohl<br />

Oper- als auch Orchesterwerke zu<br />

spielen. Einfach weil die Anforderungen<br />

unterschiedlich sind. In der<br />

Oper sind Sie Teil eines sehr großen<br />

Ganzen und dienen immer zunächst<br />

den Sängern und Sängerinnen sowie<br />

einer Inszenierung. Als Orchesterdirigent<br />

stehen Sie auch optisch<br />

ganz im Zentrum des Geschehens.<br />

Und Sie können sich einfach viel<br />

mehr auf die Musik konzentrieren.<br />

Jedes Alter hat seine eigene Musik.<br />

Gibt es einen Komponisten, den Sie<br />

jetzt mit Anfang 40 anders wahrnehmen<br />

als noch mit Mitte 20?<br />

Ja, ein Beispiel ist sicherlich auch<br />

Beethoven. Oder Arnold Schönberg,<br />

dessen Oper Moses und Aron ich<br />

kürzlich in Paris aufgeführt habe.<br />

Das ist ein Komponist, ein Werk,<br />

das ich mir mit Mitte zwanzig noch<br />

nicht zugetraut hätte. Gleichzeitig<br />

entdeckt man ständig Neues im<br />

14

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!