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herausdampfen. „Das ist unvergleichlich, das<br />
geht buchstäblich unter die Haut.“<br />
Entspannen im Heubad<br />
Das sehen auch Sandra und Hans Seeberger<br />
so. Die beiden haben die Wellness- und<br />
Kosmetiklinie „Almwell“ entwickelt, die<br />
Gäste in einigen Hotels der Zugspitz Arena<br />
Bayern-Tirol genießen können. Eines ihrer<br />
Produkte ist ein Heubad: „Es hat eine entgiftende<br />
und entschlackende Wirkung, es<br />
belebt, wirkt ausgleichend und steigert das<br />
allgemeine Wohlbefinden.“ Das an Kräutern<br />
und Heilpflanzen reiche Heu holen sie von<br />
ungedüngten und naturbelassenen Bergwiesen<br />
oberhalb der Kochelberg-Alm herunter.<br />
Ein einziger Schnitt per Hand zur Zeit der<br />
vollen Blüte und die schonende Trocknung<br />
und Lagerung sind dabei die Garanten für<br />
die besondere Qualität des Heus.<br />
Noch einmal ein Blick an den Anfang<br />
dieser Geschichte, zu den Bergwiesen rund<br />
um die Zugspitze. Damit sich die Fülle der<br />
Kräuter und Gräser dort entfaltet, ist der<br />
Bergbauer als Heger und Pfleger gefordert.<br />
Er muss Unkraut und wuchernde Hölzer fernhalten<br />
und darf den Weg nicht scheuen, der<br />
hinauf führt in die Höhe. Das braucht Energie,<br />
das braucht Zeit, das braucht ein gewisses<br />
Maß an Leidenschaft und Begeisterung,<br />
denn nur betriebswirtschaftlich darf man da<br />
nicht hinsehen.<br />
Nikolaus „Niklos“ Grasegger, Landwirt<br />
aus Grainau, schaut dafür umso genauer<br />
hin, dass „aus schönem Gras ein gutes Heu<br />
wird“. Die Wetterlage muss genau passen,<br />
wenn die Zeit für den Schnitt gekommen<br />
ist. „In die Mahd darf es nicht hineinregnen,<br />
sonst verliert das Heu an Nährwert“, erklärt<br />
er – und verrät ganz nebenbei, dass Heu für<br />
Pferde später geerntet wird als jenes für<br />
andere Tiere, damit es noch kräftiger ausfällt,<br />
weil die Gräser bereits blühen oder<br />
aussamen. Damit bekommt das Heu eine<br />
Struktur, die den Rossen nicht nur als Nahrung<br />
Freude macht, sondern auch als Zeitvertreib<br />
beim ausgiebigen Kauen.<br />
Einmal im Jahr geht‘s zur „Heimahd“<br />
Den Tag, an dem die Heuernte normalerweise<br />
beginnt, können sich vor allem<br />
Gourmets gut merken: Es ist der Johannitag,<br />
also das Hochfest von Johannes dem Täufer<br />
am 24. Juni. Traditionell endet an diesem<br />
Tag die Spargelsaison. „Wenn die Johanniswürmer<br />
glänzen, darfst Du richten Deine<br />
Sensen“, heißt der Appell zur Heumahd<br />
in einer alten Bauernregel. Wobei es noch<br />
einen zweiten Brückenschlag in die feine<br />
Küche zu konstatieren gilt. Nicht nur, dass<br />
Spannende Erlebnisse für<br />
Gourmets: Alpenkräuterschokolade<br />
und Heuschnaps.<br />
English Summary<br />
The first article in this issue of ‘<strong>Grenzenlos</strong>’<br />
looks at hay as a cultural object. Hay?<br />
Even its smell may be foreign to many<br />
city-dwellers, but here the plant’s sweet<br />
aroma wafts gently in the air all around<br />
the Zugspitze. Although hay cultivation is<br />
generally on the wane, farmers such as<br />
Thomas Koch have formed an association<br />
in Lermoos to counter the trend and keep<br />
a valuable tradition alive. Hay growing<br />
was once a complex matter demanding<br />
the attention of an entire family. The traditional<br />
hay harvest is extremely arduous,<br />
but much of it is done with machinery<br />
today, even if expert Ursula Höger stresses<br />
that the old-fashioned scythe is still the<br />
better tool. Parts of the Lermoos region<br />
still store the plant as in former times, as<br />
clean hay is essential for feeding animals<br />
– Thomas Koch knows just how much his<br />
goats appreciate good hay. But it’s not<br />
only good for our four-legged friends:<br />
humans, too, can benefit from the herbs<br />
it contains, as Ursula Höger explains.<br />
What’s more, it’s also beneficial to your<br />
skin, as Sandra and Hans Seeberger can<br />
testify. The couple offer a range of health<br />
and cosmetic services, for example hay<br />
bath treatments. Despite all its benefits,<br />
though, cultivating hay is a time-consuming<br />
process and demands a certain<br />
passion, as Nikolaus Grassegger knows<br />
very well. He explains, for example, that<br />
hay for horses must be harvested much<br />
later so that it’s not only easier to digest<br />
but can be chewed for longer. The hay harvest<br />
traditionally begins on 24 June – an<br />
easy date to remember, as it’s the feast<br />
of the Nativity of John the Baptist! Finally,<br />
those who prefer to indulge their palates<br />
can then try a meal containing hay as an<br />
ingredient at Steffen Koch’s restaurant<br />
or savour a hay eau de vie distilled by<br />
Wolfgang Rosen. There’s virtually no limit<br />
to what can be done with hay!<br />
Heumilchkäse gerade zur Delikatesse avanciert.<br />
Auch Spitzenköche wie Steffen Koch<br />
vom „koch’s“ in Garmisch-Partenkirchen<br />
haben schon vor geraumer Zeit das würzige,<br />
aromatische Heu als Zutat für ausgesuchte<br />
Gerichte entdeckt: „Eine charakteristische<br />
Spezialität aus der unmittelbaren Nähe,<br />
die hervorragend in unser Konzept einer<br />
modernen, regionalen Küche passt“, so sein<br />
Kommentar.<br />
Edle Brände aus Heu<br />
Nicht nur dorthin. Auch auf anderen Wegen<br />
darf das Heu überraschende Wirkung im<br />
Gaumen entfalten. Da wäre zum Beispiel<br />
der „Bergblumenheubrand“, den Wolfgang<br />
Rosen „Beim Schnapsbrenner in Berwang“<br />
kredenzt. Vor 15 Jahren ist er selbst auf<br />
den Heugeschmack gekommen, hat das<br />
intensive Aroma der Heublumen schätzen<br />
gelernt und ein Verfahren entwickelt,<br />
mit dem die zuckerfreien Blüten, die beim<br />
Pressen des Heus abfallen, zur Grundlage<br />
eines edlen Brands werden. „Wir sind keine<br />
Mediziner“, räumt er schmunzelnd ein, „aber<br />
zum innerlichen Einreiben ist dieser Brand<br />
Das Heu einzufahren ist<br />
beschwerlich, aber im<br />
Winter es zu raufen leicht<br />
und sehr ernährlich.<br />
hervorragend geeignet.“ Ein merklicher<br />
Anteil wilder Kamille mache ihn mild am<br />
Gaumen, die anderen Kräuter sorgten für<br />
einen intensiven Geschmack.<br />
Eine Eigenschaft, die sich der Schnaps mit<br />
der „Gapalade“ teilt. Die haben Franz, Irene<br />
und Linus Kässer von der Chocolaterie Amelie<br />
in Garmisch-Partenkirchen kreiert und ihr<br />
mit dem Besten aus dem Bergwiesenheu,<br />
mit getrockneten Alpenkräutern, nicht nur<br />
einen einzigartigen Geschmack verliehen,<br />
sondern auch eine überraschende Optik und<br />
ein spannendes Erlebnis auf der Zunge und<br />
im Gaumen. Heu eben, ein anregender Besucher<br />
unserer Sinne. <br />
<br />
Ulrich Pfaffenberger