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Gästemagazin Grenzenlos Sommer 2016

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26 / BUNTER MIX 27<br />

Nie war die<br />

„Hölle“ schöner<br />

Es war ein hartes Stück Arbeit, kostete Nerven und<br />

Durchhaltevermögen – aber es hat sich gelohnt.<br />

Die neue Höllentalangerhütte des<br />

Deutschen Alpenvereins (DAV)<br />

bei Grainau ist heuer zum ersten<br />

Mal für die gesamte Bergsteiger-<br />

Saison geöffnet: Ein moderner, rechteckiger<br />

Bau aus Holz und Beton über drei Geschosse<br />

mit flachem Pultdach und hellen Lärchenschindeln<br />

verkleidet, die sich stufenförmig<br />

in den Osthang der Alpspitze einfügen.<br />

Gleichzeitig geht dieses Jahr auch ein Wasserkraftwerk<br />

in Betrieb, das die neue Hütte<br />

ökologisch nachhaltig auf 1.387 Metern Höhe<br />

zu hundert Prozent mit Strom versorgt. „Damit<br />

sparen wir jährlich 18.000 Liter Diesel für<br />

das Stromaggregat, die über die Materialseilbahn<br />

nach oben transportiert wurden –<br />

und es ist leise“, erklärt Thomas Gesell. Zehn<br />

Jahre lang hat der Hüttenreferent der Sektion<br />

München des Deutschen Alpenvereins<br />

(DAV) das Bauprojekt begleitet. Jetzt ist er<br />

„sehr zufrieden“ mit der neuen „Hölle“, deren<br />

Kläranlage außerdem erweitert wurde.<br />

„Es freut mich besonders, dass alles Hand<br />

und Fuß hat und für den Gast und für den<br />

Pächter funktioniert“, sagt Gesell.<br />

Bei einem Weißbier geht es im<br />

Neubau jetzt wieder „gmiatlich“ zu.<br />

Bereits Ende August letzten Jahres öffnete<br />

der Neubau, der insgesamt 5,54 Millionen<br />

Euro kostete, für neun Wochen. Es kamen<br />

sehr viele Tagesgäste, auch Familien, die<br />

durch die Höllentalklamm wanderten, und<br />

Bergsteiger, die nach einer Übernachtung<br />

auf die Zugspitze weiter wollten. „Die Hütte<br />

wurde fast überrannt“, erzählt Gesell. Er<br />

habe von den Besuchern „super Rückmeldungen“<br />

bekommen. Bis dahin war es aber<br />

ein steiniger Weg, denn es gab einige Herausforderungen<br />

zu meistern.<br />

Dass die im Kern 120 Jahre alte und marode,<br />

aber urige „Hölle“ abgerissen werden<br />

musste, stieß bei vielen zunächst auf Ablehnung.<br />

„Das ging schon mit dem Pultdach<br />

los, das für den Lawinenschutz nötig war“,<br />

erzählt Gesell. Doch auch die Behördenrichtlinien<br />

etwa für Hygiene oder Brandschutz<br />

konnte die alte „Hölle“ nicht mehr erfüllen.<br />

Drei Jahre lang habe es gedauert, bis<br />

sich Verwaltung und Politik schließlich einig<br />

waren. Da es sich außerdem um den ersten<br />

kompletten Neubau einer Vereinshütte<br />

in Bayern handelte, sei von den Behörden<br />

Die neue Höllentalangerhütte fügt<br />

sich perfekt in die wunderschöne<br />

Landschaft ein.<br />

alles sehr genau geprüft worden, weiß der<br />

Hüttenreferent. „Sechs Jahre hat die Genehmigungsphase<br />

gedauert. Das war schon<br />

etwas zäh“, erinnert sich Gesell. „Architekt<br />

Stefan Zehl hatte zwischendurch nicht mehr<br />

geglaubt, dass das noch etwas wird.“ Und<br />

dann gab es da noch eine Petition für den<br />

Erhalt der alten Hütte, die aber scheiterte.<br />

Das Baumaterial kam aus der Luft<br />

Dafür lief der anschließende Bau „dann sensationell“,<br />

wie Gesell sagt. Da es zur Hütte ja<br />

keine Zufahrt gibt, mussten Baumaterial und<br />

Bagger mit Hubschraubern hochgeflogen<br />

werden. „Die effektive Bauzeit betrug nur<br />

elf Monate.“ Der anfängliche Vorbehalt auch<br />

in der Gemeinde Grainau hat sich „komplett<br />

gewandelt“, freut sich der Hüttenreferent.<br />

„Die Hütte gefällt hier allen.“<br />

Auch Pächter Thomas Auer, der mit seiner<br />

Frau Silvia bereits vier Jahre lang die<br />

alte Hütte bewirtschaftet hatte, ist von dem<br />

neuen Gebäude sehr angetan: „Ein guter<br />

Kompromiss zwischen Alt und Modern.“<br />

Auer: „Hier ist jetzt alles auf dem neusten<br />

Stand der Technik, um die Besucher gut versorgen<br />

zu können.“ An Spitzentagen seien<br />

bis zu 1.500 Leute auf der Höllentalangerhütte<br />

zu Gast. „Die Räume sind hell, mit viel<br />

Holz ausgestattet und alles ist viel leichter<br />

zu bewirtschaften als auf der alten Hütte.“<br />

Kulinarisches aus der Schutzhütte<br />

Die Gäste erwartet zum Beispiel „eine<br />

schöne Sonnenterrasse, freundliches Personal<br />

und gutes Essen“, meint der Hüttenwirt<br />

schmunzelnd. Am beliebtesten seien Kaiserschmarrn<br />

oder Knödel. Pommes und Burger<br />

stehen nicht auf der Speisekarte, dafür dürfen<br />

sich die Kinder über Spätzle mit Sauce<br />

freuen. „Wir wollen bodenständig bleiben<br />

und bewusst machen, dass es sich um eine<br />

Schutzhütte handelt.“<br />

Für die Bergsteiger gibt es zehn kleinere<br />

Schlafeinheiten für sechs bis acht Personen,<br />

und zwei größere Übernachtungsräume mit<br />

Matratzenlagern über drei Etagen für jeweils<br />

20 Gäste. Die insgesamt 106 Schlafplätze<br />

sind etwas breiter geworden. Trotz der Größe<br />

sei die Hütte gemütlich und werde noch<br />

gemütlicher, wenn das Holz nachdunkle.<br />

Übertriebener Luxus sollte vermieden werden.<br />

Aber die drei Duschen für verschwitzte<br />

Tourengeher findet Auer schon angenehm.<br />

Auch Grainaus Bürgermeister Stefan Märkl<br />

ist mit der neuen Hütte sehr zufrieden. „Das<br />

Genehmigungsverfahren war zwar nicht<br />

so einfach, aber das war vor meiner Zeit“,<br />

erzählt Märkl. „Mein persönlicher Eindruck:<br />

Der alpenländische Bau ist wirklich gelungen<br />

und sehr ansehnlich.“ Die neue Hütte<br />

„schmiegt sich schön in den Hang, die Lärchenschindeln<br />

passen gut in die Landschaft.“<br />

Die Bedeutung des neuen Bergquartiers<br />

ist nicht zu unterschätzen. Sie ist Wanderstützpunkt<br />

für Bergsteiger, Ziel für Ausflügler<br />

und sie liegt „auf der anspruchsvollsten<br />

Bergroute auf deutscher Seite“, der berühmten<br />

Höllentalroute, die von der Klamm bis<br />

zur Zugspitze führt. Märkl: „Ein Highlight für<br />

den Tourismus.“<br />

Lucia Glahn<br />

Mein persönlicher Eindruck:<br />

Der alpenländische Bau<br />

ist wirklich gelungen, und<br />

sehr ansehnlich. Die neue Hütte<br />

schmiegt sich schön in den Hang,<br />

die Lärchenschindeln passen gut in<br />

die Landschaft.<br />

Stefan Märkl, Bürgermeister Grainau<br />

English Summary<br />

The Höllentalanger alpine hut opens<br />

an entire mountain climbing season<br />

for the first time this year. In August<br />

2015, the German Alpine Club completed<br />

construction of the new hut at<br />

over 1,000 metres’ altitude, costing<br />

around 5.5 million euros. It replaced<br />

its 120-year-old predecessor and<br />

involved a complex logistics process,<br />

with materials having to be flown in<br />

due to the lack of an access road. After<br />

eleven months of building, the modern<br />

and yet aesthetically conventional<br />

building can now welcome up to<br />

1,500 guests a day. Mountain climbers<br />

will find traditional cuisine, a place to<br />

sleep and sanitary facilities here. The<br />

hut is on the ‘Höllenroute’, which runs<br />

on the German side of the Alps all the<br />

way to the Zugspitze.<br />

Hütten-Infos<br />

Thomas und Silvia Auer<br />

+49 163 5542274<br />

hoellentalangerhuette.de

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