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In Art We Trust — Money In Art In Money

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ART AND MONEY<br />

drei ästhetische Strategien im Zeitalter der Finanzialisierung<br />

Die letzten Jahrzehnte des finanzmärkischen Kapitalismus brachten einen<br />

bedeutenden Anstieg von Kunst mit sich, die sich Geld in vielen Formen als<br />

künstlerisches Medium vornehmen. Diese Kunst erstreckt sich von der bloßen<br />

<strong>In</strong>tegration des Materials Geld (Münzen, Geldscheine, Kreditkarten) über<br />

ästhetische Prozesse, wie Skulpturen, Gemälden, Performances und so fort,<br />

bis hin zu geisteswissenschaftlichen Auseinandersetzungen zu ephemeren<br />

Themen wie Verschuldung, Ökonomie und den Dynamiken des Kunstmarktes.<br />

Dieser <strong>Art</strong>ikel untersucht drei(-einhalb) Strategien von Künstlern, die Geld<br />

medial in ihren Arbeiten aufgreifen: im krassen Opportunismus;<br />

im völligen Offenbarwerden lassen der vom Geld ausgehenden Macht;<br />

dem neckischen Spiel mit der Unterwerfung der Kunst durch das Geld;<br />

und einem tiefgründigeren Versuch die aufgebrachte Mühleistung im Herzen<br />

des Geldes und der ästhetisch-politischen Macht der Kunst zu offenbaren.<br />

Der immanente Reiz, den Geld auf den Künstler ausübt, rührt dabei aus der<br />

Ironie der verlockenden Bedeutungsleistung, kapitalistische Totalität beinah<br />

in Gänze darstellen zu können. Doch im Ursprung gehen sowohl das Geld wie<br />

auch die Kunst aus einer rein kognitiven, kreativen Leistung hervor,<br />

einem Gefüge des Irrglaubens. Der künstlerische Umgang mit Geld kann<br />

Spielplatz sein für kritische Studien zu, dem Verstehen von und dem sich<br />

Klarmachen der Gesetze des spekulativem Kapitals.<br />

IN ART WE TRUST<br />

Die Repräsentationskrise<br />

unter kapitalistischer Totalität<br />

<strong>In</strong> der Einleitung seines Buches “Representing<br />

Capital” (2011), fasst Frederic Jameson einen Leitgedanken<br />

zusammen, der sich durch seinen Lebensweg<br />

als prominenter marxistischer Kulturkritiker<br />

hindurchzog: Die Tatsache, dass sich die Repräsentation<br />

des Kapitals – der gewaltigen Macht in<br />

unserer <strong>We</strong>lt, in ihrer unmoralischen Gänze im Kern<br />

der kapitalistischen Ökonomie – sowohl aufzwingt,<br />

sich dieser aber gleichzeitig entzieht. Sein Buch, ein<br />

neuer Ansatz zu Marx’ Erstausgabe von „Das Kapital“,<br />

zielt darauf ab, wie dieser berühmte Text der<br />

zwar am besten gelungenste Versuch das Kapital<br />

durch Sprache darzustellen, aber gleichzeitig ein<br />

ultimativ und eindrucksvoll gescheitertes Vorhaben<br />

ist. Jameson erläutert, dass in Widerspruch zur<br />

Hypothese der Mainstream-Ökonomen (auch vieler<br />

Marxisten), der Kapitalismus nicht einfach ein ökonomisches<br />

System ist, dessen Macht auf die Ebbe<br />

und Flut von Konsumwaren und der Ausschöpfung<br />

von Arbeitskraft begrenzt ist. Vielmehr sei der Kapitalismus<br />

totalitär: Seine ökonomischen Bestandteile<br />

stützen sich letztendlich auf politische Entscheidungen.<br />

Diese politische Entscheidungen gehen aus einer<br />

Kulisse kultureller <strong>We</strong>rte hervor, diese kulturellen<br />

<strong>We</strong>rte basieren wiederum auf ästhetische Konventionen,<br />

die hingegen einem ökonomischen Fundament<br />

entsteigen (Jameson 1981; 1991). <strong>We</strong>nn man so will,<br />

greifen alle sozialen, kulturellen, ökonomischen, ästhetischen<br />

und ideologische Komponenten in nichtlinearen<br />

und nicht-kausalen <strong>We</strong>isen ineinander ein.<br />

Im Gegensatz zum ökonomischen Reduktionismus,<br />

der den marxistischen Kulturkritiker lange verärgerte,<br />

möchte Jameson, dass wir ein Verständnis<br />

für den Kapitalismus entwickeln, in dem alle diese<br />

Dimensionen als vernetzt und wie in einem Kartenhaus<br />

aufeinander angewiesen, angesehen werden.<br />

Eine Vorstellung einer kapitalistischen Totalität<br />

bedeutet aber nicht, dass Widerstand zwecklos wäre,<br />

oder dass alle <strong>In</strong>dividuen und alle sozialen Strukturen<br />

automatisch und unkritisch dem unerbittlichen<br />

Diktat des Kapitals in jeder <strong>We</strong>ise zu gehorchen haben.<br />

Vielmehr heißt es, dass jeder einzelne soziale,<br />

ästhetische und kulturelle, oder ökonomische Prozess<br />

analysiert und verstanden werden muss. Es<br />

bedeutet, dass wir alles als eine Seite von Macht und<br />

Opposition, Gefangenschaft und Ausbruch, Differenz<br />

und Repetition, Utopie und Dystopie, Preis und <strong>We</strong>rt<br />

behandeln. So eine Herangehensweise an die kapita-<br />

Max Haiven 318

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