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In Art We Trust — Money In Art In Money

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GELD<br />

ESSEN<br />

KUNST<br />

AUF<br />

aus »Kunst Hassen –<br />

eine enttäuschte Liebe.«<br />

Tropen, Stuttgart 2013<br />

Andy Warhol sagte einmal: »Ich bin das Loch in der Schallplatte. Selber bin ich nichts, aber alles dreht<br />

sich um mich.« Heute hat sich das Verhältnis verändert, und an die Stelle ironischen Tiefstapelns ist<br />

nüchterne Realität getreten: Das Loch in der Mitte ist das Geld – und alles dreht sich drum herum.<br />

Die Künstler, die Galeristen, die Kritiker, am innersten Rand noch die Sammler, Auktionshäuser und<br />

Hedgefond-Manager, die die Platte vorantreiben. So laut und schnell, dass jeder es mitbekommt:<br />

Geld ist in den letzten zehn Jahren zu dem Kommunikationsmittel der Kunst geworden.<br />

Dabei schließen sich Geld und Kunst im Ursprung aus: Das eine, das Geld, ist die objektive Bewertung<br />

an sich, das andere, die Kunst, entzieht sich einer objektiven Bewertung. Was jedoch nicht dazu führt,<br />

dass eine Trennung der beiden angestrebt wird. Im Gegenteil: Die <strong>We</strong>rtsteigerung der Kunst<br />

wurde auch durch immer mehr ideell desinteressierte Käufer, Fondsmanager, <strong>In</strong>vestoren angetrieben.<br />

Ende der 1990er Jahre griffen die Auktionshäuser massiv in den Verkauf ein.<br />

Der Kunstsammler Harald Falckenberg erzählt während eines Vortrags im Rahmen des Symposiums<br />

»Brilliant Volume« im November 2010 an der Universität der Künste in Berlin: »Am 8. Dezember 1999<br />

kam die Sammlung des Berliner Künstlers Herbert Volkmann mit Arbeiten von Matthew Barney,<br />

Sarah Lucas, Damien Hirst, Raymond Pettibon, Franz Ackermann, Daniel Richter und Jonathan Meese<br />

bei Christie’s in London unter den Hammer. Die Auktion war ein Schock, konterkarierte sie doch die<br />

Aufbauarbeit der Galerien. Von vielen, nicht zuletzt auch Künstlern, wurde sie als Verrat an der Sache<br />

bewertet. Die Verärgerung der Galeristen hielt sich aber in Grenzen. Schnell erkannten sie die Chance,<br />

durch gezieltes Mitbieten die Marktpreise junger Kunst stabil zu halten und – besser noch – rechtzeitig<br />

vor geplanten Eröffnungen in die Höhe zu treiben. Maßgeblichen Einfluss nahmen die Großmeister und<br />

Milliardäre Bernard Arnault, François Pinault und Charles Saatchi, die mit offenem Visier dazu übergingen,<br />

Kunst für ihre globalen Marktstrategien zu instrumentalisieren. Und mit dabei die vielen Spekulanten<br />

und Finanzjongleure, die im Überfluss des Geldes auf junge Kunst setzten, langfristig in dubiosen Fonds<br />

angelegt und kurzfristig über Auktionen wieder auf den Markt geworfen. Es entwickelte sich auf diese<br />

<strong>We</strong>ise ein noch nie erlebter Kunstboom, die Umsätze der 1980er Jahre sind vervielfacht worden.«<br />

Der Gedanke, dass ein Gemälde von Peter Doig für mehr als 11 Millionen Euro den Besitzer wechselt,<br />

hinterlässt bei uns ein Gefühl des Unbehagens oder Zweifel – doch wir schauen fasziniert hin.<br />

Es ist wie öffentlicher Sex: noch mehr Geld, noch mehr Kunst, noch greller, noch bunter, unvorstellbare,<br />

ins Absurde steigende Höchstpreise, öffentliches Überbieten. Das ist nichts Neues: Die Kunst hat sich<br />

schon immer mit dem Geld ins Bett gelegt. Das war bei Tizian nicht anders als bei Goya. Doch nur weil<br />

es immer so war, macht es die Sache nicht besser. Neu ist, dass die zeitgenössische Kunst begehrter ist<br />

als »alte« Kunst. Das Spekulative hat sich seit der Krise abgeschwächt, ganz junge Kunst ist nicht mehr<br />

investitionssichere Kunst. Die etablierte, also anerkannte Kunst erzielt jedoch weiterhin als <strong>We</strong>rtanlage<br />

Höchstpreise. Die Nachfrage bestimmt den Preis. Die Folge der Entwicklung: Der Preis ist zu einem neuen<br />

Maßstab für die Qualität einer Kulturleistung geworden. Es gilt: je teurer, desto ästhetisch wertvoller.<br />

IN ART WE TRUST<br />

Nicole Zepter<br />

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