In Art We Trust — Money In Art In Money

»Schafft die Kunst ab, sofort!« So riefen es im August 1993 großformatige Anzeigen der britischen
Tagespresse aus. »Das große Umdenken beginnt! Erwartet weitere Bekanntmachungen!«
Ein Jahr zuvor hatte sich die erfolgreichste Pop-Band ihrer Zeit, The KLF, in einem unvergleichbar Aufsehen
erregenden Spektakel aus der Musikindustrie zurückgezogen. Die Anzeigen wurden unter dem jüngsten
Alias The K Foundation der Enfants Terribles Bill Drummond (alias King Boy D, Time Boy) und
James »Jimmy« Cauty (alias Rockman Rock, Lord Rock) geschaltet, die mit ihren gemeinsamen Projekten
The Justified Ancients of Mu Mu (kurz The JAMs), The Time Lords und der daraus resultierenden
Kopyright Liberation Front »KLF« nicht nur Musikgeschichte geschrieben hatten.
Zwischen 1969 und 1971 entwickelten die amerikanischen Schriftsteller Robert Shea und Robert Anton
Wilson die Romantrilogie »The Illuminatus!«. Die Novellen sind Science-Fiction-Abenteuer voller
literarischer Zitate und Anspielungen, sowie fiktiver Verschwörungstheorien und Interpretationen des
Illuminatenkults, von dem es heißt er etabliere eine neue Weltordnung nach ihren Maßregeln. Die Romane
waren so erfolgreich, dass sie schnell vom internationalen Theater aufgegriffen wurden. Nach einer kurzen
Spielzeit in Liverpool zog das Stück 1975 in das Nationaltheater von London. Es war hier, wo der damals
24-jährige Tischler Bill Drummond am Bühnenbild des Theaterstücks arbeitete. Doch blieb Drummond nicht
lange beim Theater. Die Vorbereitungen des Illuminatus!-Stücks waren in vollem Gange, als Drummond
sporadisch das Gebäude verließ um neuen Kleber kaufen zu gehen und niemals zurückkehrte.
Jemand anderes, der das Stück ebenfalls gesehen hat und empfänglich für die Illuminatus!-Phantasien war,
ist Jimmy Cauty. Drummond kam nach einigen eigenen musikalischen Projekten zwischen den späten
70ern und Anfang der 80er Jahren, darunter die Gründung und Auflösung der ersten Britischen Punkband
Big In Japan mit Jayne Casey, Holly Johnson (Frankie goes to Hollywood), Ian Broudie (The Lightning Seeds)
beim Major-Plattenlabel WEA unter. Dort betreute er unter anderen Cautys Band Brilliant. Nach seinem Ausstieg
bei WEA gründeten die beiden gemeinsam The Justified Ancients of Mu Mu. Obwohl die, für sie
günstig in Sampling-Technik produzierten, Stücke von den Kritikern hoch gelobt wurden, konnten sie
anfangs nur wenige Platten verkaufen. Das Debütalbum »1987 (What The Fuck Is Going On?)« musste nach
drei Monaten komplett vernichtet werden. Die schwedische band ABBA hatte The JAMs verklagt, da sie ohne
Erlaubnis große Teile ihres Hits »Dancing Queen« für ihren Titel »The Queen and I« gesampelt hatten.
Daraufhin verbrannten The JAMs 500 Exemplare des Albums in Schweden (ein Bild davon sollte später das
Cover einer JAMs-Compilation werden). Cauty und Drummond schalteten weiter Anzeigen für das nun aus
dem Verkehr gezogene Album, um die letzten 5 Exemplare für je 100 Pfund zu verkaufen. Letztendlich
verschenkten sie eines, verkauften drei und behielten das allerletzte für sich. Es erschien eine Version
von »1987«, die anstatt der Samples leere Stellen hatte und eine Anweisung, welche Platte man an welcher
Stelle wann spielen müsse um das gleiche Ergebnis wie bei der vernichteten Original-LP zu erlangen.
IN ART WE TRUST
Nach den erwähnten Schwierigkeiten mit The JAMs produzierten sie unter dem Namen The Timelords
ihren ersten britischen Nummer-Eins-Hit »Doctorin the Tardis«. Der Song ist überwiegend eine Zusammenmischung
der Doctor Who-Titelmusik, Gary Gitters »Rock and Roll (Part Two)« mit Teilen von »Blockbuster!«
von Sweet und »Let‘s Get Together Tonite« von Steve Walsh. Ein halbes Jahr später veröffentlichten sie mit
»The Manual –How To Have A Number One The Easy Way« eine realistisch beschriebene Schritt-für-
Schritt-Anleitung um einen garantierten Nummer-Eins-Hit zu produzieren. Das Buch gilt nach wie vor als
eines der wichtigsten, die je über Musik und die Musikindustrie geschrieben wurden. Es verspricht eine
Geld-zurück-Garantie, sollte die auf beschriebene Weise produzierte Single nicht auf Nummer Eins der
Charts landen. Die Gruppe Edelweiss verlangte eben dieses Geld ein, als ihre nach genau diesem Prinzip
produzierte Single »Bring Me Edelweiss« „lediglich“ Platz 5 der britischen Charts erreichte. Ihre zahlreichen
musikalischen Richtungswechsel wurden nicht nur jedes Mal mit künstlerischem Ruhm gewürdigt, sondern
The KLF 2