In Art We Trust — Money In Art In Money
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EINE ZEIT DER VERÄNDERUNGEN<br />
Mit Georg Herold, Raymond Pettibon und<br />
Ni Youyu vertritt Ihre Galerie selbst Künstler,<br />
die sich bereits mit einzelnen Arbeiten der Geld-<br />
Kunst zuordnen ließen. Sehen Sie als Galerist in<br />
der Geld-Kunst ein für die Gegenwartskunst<br />
interessantes Thema verfolgt?<br />
Nein, das ist mir ehrlich gesagt komplett egal, ob da<br />
nun ein Geldschein drauf ist, eine Maria mit Jesuskind,<br />
ein Elefant oder ein Legostein. Hauptsache, was<br />
auch immer da drauf ist, kickt mich und zwar auf eine<br />
<strong>We</strong>ise, dass ich das für ernsthaft und relevant halte.<br />
Was das nun ist oder wie es dargestellt wird, ist mir<br />
relativ schnuppe. Ich habe nie mit Georg, Pettibon oder<br />
Ni Youyu über Geld-Kunst geredet. Die finden einfach<br />
irgendwelche Sachen, so zum Beispiel ist Raymond<br />
Pettibon einfach ein Chronist des amerikanischen Alltagslebens<br />
<strong>—</strong> auch wenn das keiner so vermutet. Doch<br />
ich kenne ihn jetzt seit gut 25 Jahren und genau das ist<br />
er für mich. Und natürlich spielt im tagtäglichen Leben<br />
Geld eine Rolle und spielt somit auch in die Kunst ein.<br />
Geldkunst nimmt nicht nur den Geld-Begriff in den<br />
Fokus der künstlerischen Auseinandersetzung,<br />
sondern thematisiert in vielen Fällen selbstreferentiell<br />
die eigene Beziehung als Kunst zum Markt.<br />
Disqualif iziert diese überplakative Wirkung des<br />
Geldes im Medium des Kunstwerkes, eben diese<br />
Kunst von einer erfolgreicheren und besseren<br />
Platzierung auf Auktionen und in Galerien?<br />
Nein, das ist doch nur eine fünfminütige Effekthascherei.<br />
Das sollte man nicht überbewerten. Für<br />
eine schnelle Aufmerksamkeit ist es immer gut Geld<br />
zu nehmen, am besten Geld, das auch im Umlauf ist.<br />
Heute noch einen alten Hundert-Mark-Schein zu<br />
nehmen und den bunt anzumalen ist schon ziemlich<br />
langweilig, wenn du aber einen 500-Euroschein<br />
nimmst und »Scheiße« drauf schreibst, dann gucken<br />
eben alle hin und reden auch darüber, aber beeindrucken<br />
kann mich das nicht.<br />
<strong>We</strong>lche Kunst-Richtungen sind zur Zeit<br />
besonders gefragt und ökonomisch erfolgreich?<br />
Wie werden <strong>We</strong>rte generiert?<br />
Das kann ich gar nicht sagen, das ignoriere ich auch<br />
völlig was gehypt ist, oder welcher Kunstrichtung<br />
es zuzuordnen wäre. Ich kann immer nur von Einzelwerken<br />
reden und Künstlerinnen und Künstlern.<br />
Das ändert sich öfters mal, aber ich kann momentan<br />
ohnehin nichts ausmachen. Wir befinden<br />
uns zur Zeit, meiner Meinung nach, in einer großen<br />
Übergangsphase, wie es solche hin und wieder mal<br />
gibt im Leben. Die Leutchen, die 1933 Kunst gemacht<br />
haben, da weiß ich zum Beispiel auch nicht, was da<br />
die vorherrschende Kunstrichtung war <strong>—</strong> oder 1946.<br />
Ich denke wir sind an einem Punkt angekommen, an<br />
dem es tiefgreifende Veränderungen gibt und ich habe<br />
null Idee was da gerade ganz besonders relevant ist.<br />
Ich glaube das meiste von dem was in unserem Betrieb<br />
gerade fabriziert wird ist es aber nicht.<br />
Anhand welcher Kriterien machen Sie als Galerist<br />
Künstler aus, die in Zukunft erfolgreich sein<br />
könnten und in wie weit werden diese Künstler<br />
nicht nur gerade deshalb erfolgreich, weil Sie als<br />
international renommierte Galerie diese<br />
ausgewählt haben und vertreten?<br />
Also eine Sache, die ich mir komplett abgewöhnt<br />
habe ist irgendwelche Aussagen über die Zukunft<br />
zu machen und sei es nur morgen oder sonst wann.<br />
Das ist absolute Kaffeesatzleserei <strong>—</strong> auch nicht<br />
über Künstler, die bei uns ausgestellt haben. Das<br />
sind alles Sachen, die sind für mich nicht mehr relevant<br />
<strong>—</strong> es trifft so einfach nicht mehr auf mich zu.<br />
Das einzige was mich interessiert ist das Hier und<br />
das Jetzt. Was da die Kriterien sind kann ich eben sowenig<br />
sagen. Ich habe keine Form oder irgendetwas<br />
an das ich glaube, sondern das kann jemand sein der<br />
zur Tür herein kommt und die <strong>Art</strong> und <strong>We</strong>ise wie er<br />
einem guten Tag wünscht, einem die Hand schüttelt<br />
und sich umguckt oder einen Satz beginnt, irgendetwas<br />
das mich dazu bringt meine Antennen auf Emp-<br />
INTERVIEW<br />
BRUNO<br />
BRUNNET<br />
Bruno Brunnet begann seine Kunsthändlerkarriere<br />
in den frühen 80er Jahren in der damaligen<br />
Kunsthauptstadt Köln, zu einer Zeit als die<br />
Entwicklung Berlins Kunstkultur gerade erst<br />
beginnen sollte. Nach dem Mauerfall beschloss er<br />
in Berlin seine eigene Galerie zu eröffnen.<br />
Seine ersten Künstler hatten eine DAAD-Ausbildung,<br />
kamen aus den Vereinigten Staaten oder<br />
folgten aus Köln. <strong>In</strong> den frühen 90ern entwickelte<br />
er ein großes <strong>In</strong>teresse an den Talenten der Young<br />
British <strong>Art</strong>ists, darunter Sarah Lucas Tracey Emin<br />
und Damien Hirst und verhalf ihnen, unter anderen,<br />
zu weiterer Popularität in Berlin. <strong>In</strong>spiriert<br />
von Charles Saatchis Erfolg mit dessen YBAs<br />
verhalf Brunnet unter anderen den exzentrischen,<br />
deutschen Kunststars Daniel Richter und<br />
Jonathan Meese zu ihren jetzigen Ansehen.<br />
Darüber inwieweit das Ende der 16-jährigen<br />
Kunstfreundschaft zwischen Brunnet und Meese<br />
auf etwaige Starallüren des Künstlers zurückzuführen<br />
ist wird geschwiegen.<br />
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