blu Juni 2016
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Gesellschaft<br />
Homo- und Transphobie<br />
FÜRCHTET<br />
EUCH NICHT!<br />
Alle 11 Minuten<br />
verliebt sich<br />
ein Single über<br />
PARSHIP 1)<br />
Am 17. Mai wurde der IDAHOT, der<br />
Internationale Tag gegen Homo-, Trans*-<br />
und Biphobie, weltweit und auch in<br />
vielen deutschen Städten begangen.<br />
Während konservative Kreise gerne<br />
darauf verweisen, dass es – wenn<br />
überhaupt – nur in sogenannten Parallelgesellschaften<br />
Probleme gäbe, machen<br />
die Antidiskriminierungsstelle des<br />
Bundes und viele Verbände auch immer<br />
wieder auf alltägliche Anfeindungen und<br />
Diskriminierungen aufmerksam. Eine<br />
Bestandsaufnahme.<br />
DEFINITION<br />
Homophobie bezeichnet laut Wikipedia<br />
eine „soziale, gegen Lesben und<br />
Schwule gerichtete Aversion bzw.<br />
Feindseligkeit“. Homophobie wird dabei<br />
„in den Sozialwissenschaften zusammen<br />
mit Phänomenen wie Rassismus,<br />
Xenophobie oder Sexismus unter den<br />
Begriff ‚gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit‘<br />
gefasst und ist demnach<br />
nicht krankhaft abnorm bedingt.“<br />
ALLTAGSDISKRIMINIERUNG<br />
Lesben, Schwulen und Transgendern<br />
passiert es immer wieder, dass<br />
ihnen ein Job nicht gegeben wird<br />
(zum Beispiel wegen des immer noch<br />
bestehenden Sonderarbeitsrechtes der<br />
Kirchen, das Diskriminierung aufgrund<br />
verschiedener Gründe zulässt), ihnen<br />
beim Hautarzt wegen eines Trippers<br />
eine moralinsaure Predigt gehalten wird<br />
(„So was macht man ja auch nicht!“)<br />
oder sie werden bei der Wohnungssuche<br />
benachteiligt, wie ein ganz aktueller<br />
Fall zeigt:<br />
Über die Wohnungssuchseite www.abins-zuhause.de<br />
suchten Axel und Christian<br />
(Namen von der Redaktion geändert),<br />
eine Bleibe in Berlin. Sie schrieben<br />
einem Vermieter als offen schwules<br />
Paar, das sie nun mal sind, und erhielten<br />
folgende Antwort: „hahaha ANALPI-<br />
RATEN in MEINER Wohnung??? Sonst<br />
gehts noch gut oder? Bevor Schwule<br />
einziehen lernen Hunde fliegen! geht<br />
euch in köln die rosetten versilbern,<br />
meine wohnung bleibt homofrei!!!!“<br />
[sic!]<br />
Solche Fälle sind dank dem Allgemeinen<br />
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) seit<br />
2006 strafbar und können Schadenersatzansprüche<br />
nach sich ziehen. Erst<br />
Anfang April verurteilte das Landgericht<br />
Köln einen Vermieter zu 1.700 Euro<br />
Entschädigung wegen Verstoßes gegen<br />
das AGG, weil dieser seine Hochzeitsvilla<br />
einem schwulen Pärchen nicht vermieten<br />
wollte. Leider ist diese Tatsache<br />
allerdings wohl nicht allen Homosexuellen<br />
bekannt. Daher ein erster Tipp:<br />
MELDEN!<br />
Über die Homepage der Antidiskriminierungsstelle<br />
des Bundes kann bequem<br />
online eine Beratung eingeholt werden,<br />
die dann im Zweifel in eine polizeiliche<br />
Anzeige mündet.<br />
www.antidiskriminierungsstelle.de<br />
PÖBELEIEN UND GEWALT<br />
Die höchste mediale Aufmerksamkeit<br />
erfährt die schlimmste Ausprägung der<br />
Homo- und Transphobie. Körperliche<br />
Übergriffe sind leider bis heute fast an<br />
der Tagesordnung. So wurden alleine<br />
in Berlin im Jahr 2015 rund 225 Fälle<br />
registriert, bei einer Dunkelziffer von<br />
geschätzten achtzig bis neunzig Prozent,<br />
wie das Antigewaltprojekt maneo<br />
berichtete. Das reicht von Bespucken<br />
über handfeste Angriffe bis hin zu einer<br />
in den Medien hochgekochten „Steinigung“<br />
von Transsexuellen in Dortmund.<br />
ANZEIGEN!<br />
Leider werden diese Fälle immer noch<br />
nicht einheitlich statistisch erfasst,<br />
sodass fast Aussagen über Täterprofile<br />
einem Blick in die Kristallkugel gleichkommen.<br />
Gefühlte Wahrheiten über<br />
vermeintliche Herkunft oder soziales<br />
Umfeld sind dabei genauso fehl am<br />
Platze wie die willkürliche Vermischung<br />
von verschiedenen Straftatbeständen<br />
wie sexuelle Nötigung, Diebstahlsdelikte<br />
oder eben Homo- und Transphobie.<br />
An jeden, der Opfer einer Straftat wird,<br />
kann nur ein dringender Appell gerichtet<br />
werden:<br />
Fürchte dich nicht, geh zur Polizei!<br />
•Christian Knuth<br />
1) Hochrechnung aus Nutzerbefragung 2013, weltweit<br />
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