De:Bug 166
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Heatsick, Convergence,<br />
ist auf Rush Hour erschienen.<br />
www.rushhour.nl<br />
Warwick: In meiner Heimatstadt Leeds habe ich neben<br />
Warp und Oldschool-HipHop viel Kompakt und Wolfgang<br />
Voigt gehört, aber auch Rhythm & Sound. In Clubs bin ich<br />
aber nie viel gegangen, da war mir die Stimmung immer<br />
zu aggressiv, lieber habe ich in besetzten Häusern und auf<br />
feministischen Partys abgehangen.<br />
<strong>De</strong>bug: Wie beurteilst du Berlins Ruf als eine Art queeres<br />
Partyutopia?<br />
Warwick: Das ist sehr ambivalent, einerseits ist es natürlich<br />
toll, andererseits gibt es immer mehr die Tendenz<br />
zu beobachten, dass hier eine Szene, die lange eher im<br />
Geheimen existiert hat, vor den Stadtmarketing-Karren<br />
gespannt wird und immer mehr verflacht. Ich freue mich,<br />
wenn viele nicht-heterosexuelle Menschen zu meinen Live-<br />
Gigs kommen, aber das ist nicht mein Ziel. Es mag widersprüchlich<br />
erscheinen, aber nach den starken Referenzen<br />
auf der Intersex-LP möchte ich mittlerweile lieber nicht<br />
mehr auf das Thema festgelegt werden.<br />
<strong>De</strong>bug: Viele Künstler, die Sexualität in ihrer Arbeit intensiv<br />
reflektieren, wie etwa Terre Thaemlitz, arbeiten sehr<br />
konzeptuell. Würdest du dich da einordnen wollen?<br />
Warwick: Ja, natürlich. Ein wichtiger Einfluss für mich<br />
ist auch John Cage. Es geht immer darum, sehr bewusst<br />
damit umzugehen, was man wie in welchem Kontext<br />
ausdrückt und eine eigene Sprache zu finden. Bei Cage<br />
war das die Idee von Stille, die sich immer mit dem<br />
Geheimnisvollen und Verschwiegenen assoziieren lässt.<br />
<strong>De</strong>bug: Diese eigene Sprache hast du durch die<br />
Beschränkung auf das Casiotone-Keyboard gefunden?<br />
Warwick: Nein, das war keine bewusste Entscheidung,<br />
ich besitze einfach nichts anderes.<br />
<strong>De</strong>bug: Jetzt widersprichst du dir schon wieder.<br />
Warwick: Klar, aber auch bei Cage haben ja Zufälle eine<br />
große Rolle gespielt. Ich musste das auch erst lernen.<br />
Früher habe ich Live-Auftritte hinter einem Vorhang gespielt,<br />
damit das Publikum durch meine Präsenz nicht von<br />
der Musik abgelenkt wird. Die Convergence EP erscheint<br />
jetzt auf Rush Hour, wodurch sich automatisch ein neuer<br />
Hörerkreis erschließen wird. Aber ich sehe dem gelassen<br />
entgegen und bin froh, in bestimmten Bereichen die<br />
Kontrolle abzugeben. Vielleicht ist genau das die große<br />
Herausforderung: Widersprüche zuzulassen und mit ihnen<br />
zu leben.<br />
»Es wird ja gerne behauptet,<br />
die sexuelle Identität des<br />
Künstlers sei in der elektronischen<br />
Musik nicht wichtig.<br />
Stimmt nicht. «<br />
Mittlerweile ist die Finissage beendet, unser Gespräch<br />
"Klar gibt es da Gemeinsamkeiten, aber mit dieser Szene hat sich in den Biergarten gegenüber der Galerie verlagert.<br />
Steven und einige andere möchten noch weiter-<br />
habe ich wenig zu tun. In den USA findet das ja auch eher<br />
in einem Indie-Kontext statt." Eher sieht er sich verbunden ziehen in den Südblock am Kottbusser Tor, wo Whirlpool<br />
mit Leuten wie dem Impro-Techno-Freigeist Morphosis. Productions den Release ihrer Hildegard-Knef-Remixe zelebrieren.<br />
Wir verabschieden uns und ich frage mich, ob<br />
Auch zur Hardwax-Crew und Ex-Panorama-Bar-Resident<br />
Prosumer bestehen gute Kontakte.<br />
es treffend oder völlig überzogen ist, Hildegard Knef als<br />
Bevor Steven im vergangenen Jahr mit "Intersex" und "Postwar Marlene Dietrich" zu bezeichnen. Aber das ist<br />
der auf Cocktail d'Amore Music erschienenen "Dream wahrscheinlich wieder einer dieser Widersprüche, die sich<br />
Tennis EP" erstmals ein Clubmusik-affines Publikum auf nie ganz auflösen lassen.<br />
sich aufmerksam machte, veröffentlichte er Noise- und<br />
Drone-Musik auf dem eigenen Kassettenlabel "Alcoholic<br />
Narcolepsy" sowie u.a. auch auf dem 1%Silk-Parentlabel<br />
Not Not Fun. Bereits dort ist der Einfluss von Dub und<br />
Minimalmusik auf Stevens Produktionen zu spüren. <strong>166</strong>–19