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De:Bug 166

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LUKID<br />

LONELY AT THE TOP<br />

WERKDISCS<br />

DJ T. PRESENTS<br />

THE HOUSE THAT JACK BUILT PT.1<br />

GET PHYSICAL MUSIC<br />

01 Lukid<br />

Lonely At The Top<br />

Werkdiscs<br />

02 DJ T. Presents<br />

The House That Jack Built<br />

Get Physical Music<br />

03 Daphni<br />

Jiaolong<br />

Jiaolong Records<br />

04 ARP 101 & Eliott Yorke<br />

Fluro Black<br />

Donkey Pitch<br />

05 Akufen<br />

Battlestar Galacticlown<br />

Musique Risquée<br />

06 Basic Soul Unit / Eddie Niguel<br />

The First Shift<br />

Midnight Shift<br />

07 Lorenzo Senni<br />

Quantum Jelly<br />

Editions Mego<br />

08 Ghostlight<br />

Tomorrow’s Child<br />

Styrax<br />

09 Dollskabeat<br />

Bored Of Shit<br />

Kissa Records<br />

10 <strong>De</strong>ep 88<br />

Removing Dust EP<br />

12 Records<br />

11 Cat Power<br />

Sun<br />

Matador<br />

12 James T Cotton<br />

Beats In Space<br />

Shaddock<br />

13 Pixelord<br />

Supaplex<br />

Civil Music<br />

14 Errors<br />

New Relics<br />

Rock Action<br />

15 Simon/off<br />

Take It Back<br />

Disko404<br />

16 Low Line Relay<br />

Fingerprints<br />

Cambrian Line<br />

17 Morgan Zarate<br />

Broken Heart Collector<br />

Hyperdub<br />

18 Terror Danjah<br />

Dark Crawler<br />

Hyperdub<br />

19 Woodpecker Wooliams<br />

The Bird School Of Being<br />

Robot Elephant Records<br />

20 Downliners Sekt<br />

Trim/Tab<br />

Infiné<br />

21 V.A.<br />

We Are Family Vol. 1<br />

WNCL<br />

22 NeferTT<br />

Blue Skies Red Soil<br />

Hotflush<br />

23 Maria Minerva<br />

Will Happiness Find Me?<br />

Not Not Fun<br />

24 Copy Paste Soul<br />

Careful With Me<br />

2 Swords Records<br />

25 Fennesz<br />

Fa 2012<br />

Editions Mego<br />

Im Windschatten von Actress: Das neue Album von Lukid zieht seine Intensität<br />

aus den leisen, spröden Tönen. Introspektiver Freistil in Zeiten der unendlichen<br />

Möglichkeiten. 2007 hieß es hier noch über Lukids erstes Album: "Wahnsinnig<br />

junger Typ mit großer Zukunft." Und dann war es das mit Luke Blair, zumindest<br />

in diesem Heft. Was war da noch? <strong>De</strong>r in London lebende Produzent war immer<br />

schon experimentierfreudig, auf seinem ersten Album hatte er den Glitch<br />

als Ausgangspunkt und oberste Maxime schon perfektioniert, auf "Forma" von<br />

2009 wurde sein Sound düsterer, die Rhythmen gebrochener. Maßgebend war<br />

immer der Beat - als Struktur, als Erkennungsmerkmal und Wegweiser, für ihn<br />

und die Hörer. Jeder braucht einen roten Faden, um sich nicht in seiner eigenen<br />

Musik zu verlieren bei all diesen Möglichkeiten. Für Lukid waren es eben<br />

die abstrakten HipHop-Beats, die ihn irgendwie auf der Stelle gehalten haben.<br />

Jetzt hat er sich davon frei gemacht. Irgendwo ist er in den letzten Jahren offensichtlich<br />

abgebogen, hat sich von anderen Producern aus seinem Dunstkreis<br />

verabschiedet und sich einsam durch eine Wildnis der eigenen Soundvorstellungen<br />

geschlagen. Einen kleinen Berg hinauf, einen, der neben vielen<br />

anderen steht, die gut bevölkert sind. Lukid steht nicht auf dem höchsten Berg,<br />

aber zumindest alleine. Einen Gipfel höher thront Actress. Ihre Musik ist sich<br />

sehr ähnlich, der Unterschied: Darren Cunningham richtet seinen stählernen<br />

Blick nach oben, holt die Sterne vom Himmel. Lukid schaut auf seine Schuhe.<br />

"Wie bin ich hier her gekommen?" Blair hat den Freigeist in sich aktiviert. Keine<br />

Regeln, keine Genres, keine überdeutlichen kontemporären Referenzen, außer<br />

den großen geistesverwandten Eigenbrötlern. Einzige Richtlinie: Es muss gut<br />

klingen, das ist so schwammig wie präzise zugleich. Um den eigenen Sound<br />

zu finden, muss man sich selbst gut genug kennen. "Lonely At The Top" liefert<br />

uns in diesem Sinn ein eher trauriges Bild von Lukid: spröde, minimalistisch,<br />

mit kleinen Ausbrüchen und leisen, zerbrechlichen Melodien; die Beats, die oft<br />

auch ausbleiben, sind meist runtergestrippt auf karge, verrauschte Skelette,<br />

befreit vom Subbass-Diktat. <strong>De</strong>r Opener "Bless My Heart" könnte mit seinem<br />

ausgeleierten Loop und den vor Downpitching stöhnenden Stimmen auch von<br />

Hype Williams sein. <strong>De</strong>ren amateurhaften Analog-Gestus, der auf der Platte<br />

immer wieder aufblitzt, hat Lukid zwar bestimmt in <strong>De</strong>tailarbeit am Rechner<br />

reproduziert, das spielt aber keine Rolle, denn ihm geht es nicht um LoFi-Romantik.<br />

Das anschließende "Manchester" zeigt uns so auch gleich die kälteste<br />

Schulter der Platte, monoton und minimal. <strong>De</strong>r Titeltrack und "This Dog Can<br />

Swim" versprühen dann doch etwas von diesem Actress'schen Sternenstaub,<br />

nur viel bedeckter. Lukid gibt hier den leidenschaftlich-schüchternen Visionär,<br />

und das ist sehr sympatisch. Auch bei "Snow Theme", wo lediglich eine kleine<br />

Melodie vor sich hinpluckert - maximale Ausdrucksstärke in minimalstem Arrangement.<br />

So melodiös beginnt auch "USSR", das schönste Beispiel von Lukids<br />

Bassmusik-Minimalismus. Vielleicht hat sich Blair noch nicht ganz selbst<br />

gefunden, aber der beeindruckende Freistil von "Lonely At The Top" gibt die exakte<br />

Richtung vor: in höchste Höhen.<br />

MD<br />

Noch eine Jack-Compilation? Hatten wir nicht schon ein paar? DJ T. sammelt<br />

hier nicht nur Klassiker der Frühzeit von House, sondern lässt den Unterschied<br />

zwischen alt und neu nicht mehr gelten und greift für das Album, das es nur<br />

digital gibt, auf Tracks aus den 80ern zurück, die ohne Probleme neben ganz<br />

neuen, oder sonstwie in der Spanne dieser Zeit verteilten Tracks stehen. Keine<br />

Heldenverehrung, kein Zurückwenden zu einer besseren Zeit, sondern der<br />

Versuch einer persönlichen Genealogie der Geschichte von Jack, die obendrein<br />

noch ständig in eigenen Edits aufgearbeitet wird. Die digitalen Sammler werden<br />

sich freuen, denn viele der Tracks waren bislang nur als Vinylrips in den Untiefen<br />

des Netzes in zweifelhafter Qualität zu finden, und die Platten dazu nicht<br />

selten sündhaft teuer. Aber um Sammler und Jäger soll es bei dieser Compilation<br />

eigentlich gar nicht gehen. Eher um die Ruhe des weiten Blicks, die aus<br />

der Unmöglichkeit eines Überblicks, dem von vorneherein zum Scheitern verurteilten<br />

Unternehmen einer exhaustiven Geschichtsschreibung die Chance zieht,<br />

sich selber und den über Jahrzehnte geschulten Blick für die Zwischenräume<br />

als Leitfaden für eine Illusion, ein Phantasma von Jack zu nutzen. Dinge wieder<br />

an die Oberfläche zu bringen, die man nie in diesem Zusammenhang gesehen<br />

hätte, Schatrax, Troy Pierce, Jamie Jones z.B. Eine Kontingenz zu suchen, einen<br />

Puls, der von den Anfängen bis in die Neuzeit nach diesem Moment von<br />

House sucht, in dem es immer auch um die Einfachheit geht, die Direktheit der<br />

Methode, die Stimme die einen sofort anspringt, die eine Gemeinsamkeit sammelt<br />

in den Verschiedenheiten, ein Zentrum erzeugt für das genau Jack steht.<br />

Bass, Groove, Melodie, Stimme, viel mehr braucht es auf den meisten Tracks<br />

nicht, um selbst den unbekannteren Tracks das Gefühl zu vermitteln, genau so<br />

Legende zu sein wie "Washing Machine", "House Nation" oder "Rockin Down<br />

The House". Zielsicher greift DJ T. tief in die Kiste, lässt die Lizenzierungs-Feen<br />

Überstunden schieben, packt alles in ein leicht gewandeltes <strong>De</strong>sign der eigenen<br />

Edits und blickt am Ende auf ein Drei-Stunden-Set, das nicht für Nostalgie<br />

steht, sondern eine Art Skelett entkernter Housemusik, in dem fast durchgängig<br />

auf die breiten Harmonien, Strings, Rhodes verzichtet wird, die in der<br />

<strong>De</strong>ephouse-Welt so elementar geworden sind, und so nicht dazu neigt die Augen<br />

zu schließen und einzutauchen, sondern eher weiter zu suchen, das Album<br />

als Absprung zu nehmen in eine Welt von House, in der Attitude immer eine<br />

nicht zu unterschätzende Rolle gespielt hat. Attitude in der Musik allerdings, in<br />

den Tracks, eine Haltung die sich auf die Hörer nahtlos überträgt. Wie sind wir<br />

eigentlich bis jetzt ohne Chicago ausgekommen? <strong>De</strong>nn wo sonst würde dieses<br />

House stehen, selbst wenn die Bootynuancen eher zurückgenommen sind und<br />

die trashig kaputten wirren Extasen hier keine Rolle mehr spielen, alles ein klein<br />

wenig zu sehr blitzen mag in seinem neuen Gewand. Eins ist "The House That<br />

Jack Built" nicht, ein Fest des Absonderlichen, eine Faszination für die marginalen<br />

Splitter unglaublicher Innovation. Sagen wir einfach es geht um eine Quersumme,<br />

die Quintessenz von Jack und all seinen Auswirkungen und freuen uns<br />

schon mal auf den angekündigten zweiten Teil.<br />

BLEED<br />

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