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De:Bug 157

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Wer hingegen kennt schon den BMW-CEO mit<br />

Namen? Das alles sind keine guten Nachrichten<br />

für das Auto.<br />

Nun ist es nicht so, dass das Auto in Zukunft<br />

obsolet werden wird. Im Gegenteil. Schaffte man<br />

in den Industrienationen das Auto von heute auf<br />

morgen ab, dann würde die Wirtschaft zusammenbrechen.<br />

Das Auto als Statussymbol hat<br />

ebenfalls längst nicht ausgedient. Das zeigen die<br />

tonnenschweren und völlig irrationalen SUVs,<br />

die wie rollende Festungen durch die deutschen<br />

Innenstädte fahren. Und der Erfolg deutscher<br />

Luxusmarken wie Mercedes-Benz oder BMW in<br />

den aufstrebenden Schwellenländern China, Indien<br />

oder Brasilien macht deutlich: Das Auto ist<br />

immer noch mehr als nur Transportmittel. Man<br />

kann es ganz nüchtern wie ein Stück Kleidung<br />

oder eine gutsortierte Plattensammlung sehen:<br />

ein Ausweis von Persönlichkeit, Geschmack und<br />

Stil.<br />

Natürlich passiert der Übergang vom Mobilitäts-<br />

ins Informationszeitalter des Internets<br />

nicht von heute auf morgen, fest steht jedoch,<br />

dass sich unsere Perspektive auf das Auto ändert,<br />

denn mit ihm sind mittlerweile ebenso<br />

viele Probleme wie Vorzüge verbunden. Durch<br />

ihren immens hohen Ölbedarf sind Autos sowohl<br />

politisch als auch ökologisch ein Trouble<br />

Maker. Parallel dazu glauben wir in den westlichen<br />

Industrienationen immer mehr, dass wir<br />

mit einem politisch korrekten Konsum die Welt<br />

verbessern können. Die Autoindustrie steht unter<br />

Zugzwang und muss sich überlegen, wie sie<br />

ihre Kunden bei der Stange hält und ihre eigene<br />

Zukunft sichert, auch nachdem das Öl entweder<br />

ausgegangen oder unbezahlbar sein wird.<br />

Rollende Sender<br />

Nicht nur Umweltaktivisten, sondern auch die<br />

Bundesregierung glaubt inzwischen, dass die<br />

Lösung für viele dieser Probleme im Elektroauto<br />

liegen könnte. Und tatsächlich ist der Elektroantrieb<br />

nicht nur theoretisch zu einer sehr wahrscheinlichen<br />

Alternative geworden. Nissan bieten<br />

mit dem Leaf ein Großserien-Fahrzeug an.<br />

Renault hat mit dem avantgardistischen Kleinwagen<br />

Twizy und der Limousine Fluence Z.E.<br />

zwei elektrisch betriebene Autos im Programm.<br />

Mitsubishi verkauft den Kleinwagen i-Miev.<br />

<strong>De</strong>r Elektro-Smart startet nach Feldversuchen<br />

in ausgewählten Großstädten ab 2012 in einer<br />

Wir fahren am Tag selten<br />

mehr als 20 Kilometer,<br />

das E-Auto ist damit trotz<br />

geringer Reichweite absolut<br />

alltagstauglich.<br />

größeren Serie. BMW gründete in diesem Jahr<br />

eine eigene Marke für Fahrzeuge mit alternativen<br />

Antrieben. Unter dem Namen BMW i sollen<br />

2013 ein elektrisch angetriebenes Stadtauto (i3)<br />

und 2014 ein Supersportwagen (i8) mit Hybrid-<br />

Motor (Verbrauch nur drei Liter) auf den Markt<br />

kommen. Zudem beteiligte sich BMW an internetbasierten<br />

Mobilitätsdienstleistern wie DriveNow,<br />

ParkatmyHouse und MyCityWay. Die<br />

großen Autokonzerne fangen an, sich auch als<br />

digitaler Mobilitätsdienstleister zu verstehen.<br />

Es ist also nicht so, dass man in der Autoindustrie<br />

die Zeit komplett verschlafen würde. Trotzdem<br />

geht es vielen vor allem mit der Einführung<br />

des Elektromotors nicht schnell genug. Natürlich<br />

hätte man früher in deren Entwicklung investieren<br />

können, zumal der Elektromotor keine<br />

Neuigkeit ist, sondern Ferdinand Porsche bereits<br />

1900 den ersten Hybrid-Antrieb entwickelte,<br />

aber so lange die Ölvorräte grenzenlos schienen,<br />

die Umweltverschmutzung kein Thema war und<br />

die Produktion ausgesprochen profitabel, gab es<br />

aus Sicht der Industrie keinen Handlungsbedarf.<br />

Das hat sich zum Glück geändert.<br />

Geringe Reichweite<br />

Es wurde immer wieder versucht, Elektroautos<br />

am Markt zu etablieren. Oftmals nur halbherzig.<br />

So hatte General Motors zum Beispiel mit dem<br />

EV1 in den Neunzigern ein ausgereiftes E-Auto<br />

auf den Markt gebracht, das in Kalifornien zu<br />

einem kleinen Erfolg geworden war, kurzerhand<br />

eingestampft. <strong>De</strong>r ehemalige GM-Chef Rick<br />

Wagoner sagte später, dass das sein größter Fehler<br />

gewesen sei. Doch seitdem hat sich viel getan.<br />

Das Wettrennen um das erste massentaugliche<br />

Zero-Emission-Fahrzeug läuft längst wieder auf<br />

Hochtouren. Doch das Problem ist: Ein Elektroauto<br />

ist immer noch wesentlich teurer als eines<br />

mit einem normalen Verbrennungsmotor. Die<br />

Akku-Leistung ermöglicht im Schnitt kaum<br />

mehr als 150 Kilometer, die Ladezeit beträgt<br />

an einer Schnellladestation eine Stunde für die<br />

komplette Befüllung der Batterie, an der normalen<br />

Steckdose um die sechs Stunden, getankt hat<br />

man in fünf Minuten. Zudem sind Akkus immer<br />

noch sehr schwer, was die Reichweite drückt.<br />

Die geläufige Rechnung, das wir am Tag kaum<br />

mehr als 20 Kilometer mit dem Auto fahren<br />

und damit E-Autos absolut alltagstauglich sind,<br />

stimmt zwar, doch objektiv betrachtet bedeutet<br />

das einen Rückschritt. Zu mehr als einem Stadtauto<br />

taugen elektrisch angetriebene Fahrzeuge<br />

noch nicht. Und elektrische Sportwagen wie der<br />

SLS E-Cell oder die berühmte Silicon-Valley-<br />

Entwicklung Tesla sind unterm Strich nicht<br />

mehr als faszinierende Spielzeuge. Außerdem ist<br />

Zero Emission natürlich auch ein Trugschluss,<br />

wenn der Strom, der die Motoren antreibt, aus<br />

Atom- oder Kohlekraftwerken stammt. Greenpeace<br />

hält sich bei der Empfehlung von E-Autos<br />

zum Beispiel zurück. Ein Auto mit Verbrennungsmotor<br />

und einem Verbrauch von drei Litern<br />

ist zurzeit noch umweltfreundlicher als ein<br />

Elektroauto. Trotzdem bietet der Elektromotor<br />

viele Vorteile. Er ist sehr leise, er beschleunigt<br />

schneller und ist im Gegensatz zu den immer<br />

komplexer werdenden Verbrennungsmotoren<br />

wesentlich unkomplizierter und kleiner. Und<br />

natürlich verbessern seine geringe Lautstärke<br />

und die fehlenden Abgase die Lebensqualität in<br />

den Städten. Das Problem ist nicht der Motor,<br />

sondern wie er seinen Strom bezieht. Akkus, die<br />

man an der Steckdose auflädt, sind keine Lösung<br />

auf Dauer, denn warum sollte man auf den Komfort<br />

der Reichweite eines Verbrennungsmotors<br />

verzichten? <strong>De</strong>r Opel Ampera, der in diesem Jahr<br />

auf den Markt gekommen ist, bezieht den Strom<br />

aus einem sogenannten Range Extender, einem<br />

Verbrennungsmotor, der anspringt, um die Batterie<br />

aufzuladen und erreicht damit eine Reichweite<br />

von 500 Kilometern bei einem Verbrauch<br />

von beeindruckenden 1,6 Litern. Ein Hybrid ist<br />

aber auch mit einem Wasserstoffantrieb denkbar.<br />

Dann wäre man tatsächlich bei Zero Emission<br />

angelangt, denn aus dem Auspuff strömt<br />

dann nur noch Wasserdampf. Massentauglich<br />

ist diese Technologie aber noch längst nicht, in<br />

<strong>De</strong>utschland gibt es zurzeit nur sieben Tankstellen,<br />

an denen Wasserstoff angeboten wird.<br />

Grundsätzlich könnte man natürlich fragen:<br />

Warum braucht man in einer Großstadt mit<br />

einem gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr<br />

überhaupt noch ein eigenes Auto?<br />

Es kostet Steuern und Versicherungen, obwohl<br />

es oft unbenutzt herumsteht. Parkplatzsuche,<br />

Parkgebühren und Wartung verschlingen Geld<br />

und Geduld. Das Internet bringt uns bei, dass<br />

es nicht mehr wichtig ist, ob uns Musik oder ein<br />

Buch physisch gehört. Wir leihen uns Informationen<br />

und Erfahrungen aus und es ist uns zunehmend<br />

weniger wichtig, sie auch materiell zu<br />

besitzen, denn sie stehen ja ohnehin und in der<br />

Regel kostenlos zur Verfügung. Mit dem Auto<br />

könnte etwas Ähnliches passieren. Es wird uns<br />

nur dann zur Verfügung stehen, wenn wir es<br />

brauchen. Carsharing und ähnliche Konzepte<br />

könnten in ferner Zukunft den Markt dominieren.<br />

Die Autokonzerne werden zu Mobilitätsdienstleistern.<br />

Doch verschwinden wird das<br />

Auto nicht. <strong>De</strong>nn was das Internet nicht ersetzen<br />

kann, das ist die Erfahrung in einem Tesla auf<br />

das Gas zu drücken und zu spüren wie die Kraft<br />

des leise surrenden Motors einen in die Sitze<br />

drückt. Auch im digitalen Zeitalter wird gelten:<br />

Ich beschleunige, also bin ich.<br />

Bandbrummen<br />

Das "Cassette Car" vereint elektrischen Antrieb und Motorgeräusche vom Tonband in einem kompakten Gefährt, das die geplante Sound-Pflicht<br />

für Elektrovehikel reflektiert: Laut den Plänen einer UNO-Arbeitsgruppe muss das Geräusch deutlich machen, ob das E-Fahrzeug gerade beschleunigt,<br />

verzögert oder mit konstantem Tempo fährt. "Nicht akzeptabel" sind zum Beispiel Sirenen oder Alarmanlagen. Das Cassette Car wurde vom Nachwuchsdesigner<br />

Fu Lam Diep für ein Projekt des Fachbereichs Kommunikationsdesign der HfG Karlsruhe zur "Mobilität der Zukunft" entworfen.<br />

www.petrolectrical.com <strong>157</strong>–15

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