De:Bug 157
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Wir wollten ein t-Shirt<br />
drucken, auf dem depp statt<br />
deep steht. es gibt genügend<br />
klischees, die gerade total<br />
abgefeiert werden.<br />
Kater Holzig nach fünf Jahren wieder "Himmel unter Berlin"<br />
(Martin Zadak auf der White001) gespielt hat. Die Nummer<br />
funktioniert immer noch.“ Die White-Familie stellt dem<br />
4x4-Wumps-Techno lyrische Groove-Fantasien entgegen.<br />
Eine Genrezuordnung funktioniert jedoch nicht ganz reibungslos.<br />
Whites Releases könnte man ruhigen Gewissens<br />
in die Richtung des <strong>De</strong>ephouse stellen, nur leider wird eben<br />
jener Begriff gerade von der durchgestylten Hypemaschine<br />
recht willkürlich vergewaltigt. “Wir hatten zwischenzeitlich<br />
mal überlegt T-Shirts zu drucken, auf denen <strong>De</strong>pp steht<br />
statt <strong>De</strong>ep. Es gibt genügend Klischees, die gerade total abgefeiert<br />
werden.“ Oskars Vorschlag für neue Genregrenzen<br />
verzichtet auf die klassische Nomenklatur: “Eigentlich geht<br />
es nur um gute Musik und schlechte Musik, das sind die zwei<br />
Genres, die man unterteilen sollte.“ Ein Gedanke, der nicht<br />
nur auf der Basslinie verweilt. Artwork, Waschzettel, Typografie<br />
werden penibel durchgeplant wie bei einem Kunstwerk.<br />
Aber wer sich offenkundig dem Schönen hingibt, der<br />
erntet schnell Hater. Für ihre Faces-Serie, die die Künstler<br />
der Platten in schlichtem schwarz-weiß-Portrait ein wenig<br />
heroisiert, mussten sie sich schließlich einiges an Schelte<br />
anhören. Die Jungs, deren Musik auch schon als Easy-Listening-House<br />
beschimpft wurde, durften sich Selbstverliebtheit<br />
und Popstarlook aus den Gästebüchern einsammeln.<br />
Von ihrem Pfad abgebracht, hat sie das aber bestimmt nicht.<br />
Wer Gutes tut ...<br />
Ob <strong>De</strong>ephouse oder nicht, der ehemalige Scratch-Virtuose<br />
Moomin, der wie viele seiner Generation irgendwann das<br />
Warten auf gebührende Nachfolger seiner HipHop-Idole<br />
aufgegeben hat, passt mit seinen dezenten, aber eindringlichen<br />
Housetracks, die oft immer noch Reminiszenzen an<br />
den 90er Jahre HipHop samt Funk- und Jazzbeats stellen,<br />
musikalisch bestens ins Programm des Berliner Labels, wo<br />
er im letzten Jahr das erste Mal releast hat. Moomin rockt<br />
hauptberuflich annähernd eine 40-Stunden-Woche bei einem<br />
Berliner Musiksoftware-Produzenten runter (die Tarifverhandlungen<br />
sind da ein bisschen schief gelaufen), weswegen<br />
die musikalische Selbstverwirklichung zwangsläufig<br />
im Feierabend landet. <strong>De</strong>r gebürtige Kieler Küstenbewohner,<br />
dem man seine dreißig Lenzen beim besten Willen nicht<br />
abkauft, durchläuft gerade einen aufregenden Positivtrend,<br />
vielleicht dieser berüchtigte Zustand, wenn alles klappt, was<br />
man anfasst. Neben Releases auf White, Aim und Smallville,<br />
werden die Bookings deutlich mehr, gerne auch international.<br />
Trotz notorischer (Frei-)Zeitschuld entstehen Anfang<br />
des Jahres einige Tracks in Überproduktion, deren Schrei<br />
nach Veröffentlichung er trotz gefülltem White-Programm<br />
nicht mehr unterdrücken kann. “Julius (Steinhoff von Smallville)<br />
kennen wir ja auch ein bisschen und ich habe ihn einfach<br />
mal bei seiner Geburtstagsparty angequatscht. Ich habe daraufhin<br />
vier Lieder geschickt, da war er überraschenderweise<br />
total begeistert und hat gefragt, ob ich noch mehr habe.“ Und<br />
Moomin hatte noch einiges mehr. Carpe Diem, die zweite.<br />
Dieser glückliche Zufall sorgt dafür, dass sein <strong>De</strong>bütalbum<br />
“The Story about You“ nun auf einem seiner eigenen Lieblingslabels<br />
erscheint. Die Platte passt mit ihrer zurückhaltenden,<br />
puren House-Melodik so gut ins Programm der<br />
Hamburger Schmiede, wie es sich, mit der oft schwelgenden<br />
Tonlage, die doch fern von Sentimentalität bleibt und wie<br />
sich ein träumerischer Herbstfilm in die Phantasie schreibt,<br />
in das romantische White-Arsenal einreihen würde.<br />
Magier im gelobten Land<br />
Was im Studio hinter verschlossener Tür passiert, zelebrieren<br />
die drei Vinyl-only-DJs fast wöchentlich in verschiedensten<br />
Clublandschaften. Das Auflegen ist immer noch die<br />
große Leidenschaft, das Sahnebonbon der Arbeit. Eine Belohnung,<br />
die sich nicht in Abendgage umrechnen lässt. Ein<br />
Zauber, der süchtig macht und deutlich wird, als alle drei<br />
sehnsüchtig vom Streben nach diesem einen magischen Moment<br />
auf der Bühne sprechen. Ob das der Moment vorm neuen<br />
Track ist, den einem die Kopfhörer insgeheim zuflüstern,<br />
bevor er die Tanzfläche erreicht und in Ekstase versetzt, wie<br />
Moomin fast mit Gänsehaut aufmalt, oder ein Moment der<br />
Ruhe, wie Gilles erzählt: “Es gibt keine Erwartung mehr vom<br />
Edward alias Gilles Aiken (oben)<br />
ist seit Beginn bei White dabei, hat<br />
aber auch schon bei Giegling releast<br />
und vor kurzem die EP “Inside Out“<br />
auf Blooming Soul in die Läden<br />
geschickt.<br />
Oskar Offermann (rechts oben) ist<br />
zusammen mit Adam Zawadzki<br />
Gründer von White und betreibt<br />
nebenbei auch noch das Label<br />
Rimini, auf dem zuletzt Vid Vai und<br />
Venedict Reyf releasten. Zusammen<br />
mit Moomin hat er außerdem gerade<br />
eine 12” auf Smallville veröffentlicht<br />
(Heads or Tails).<br />
Moomin aka Sebastian Genz (rechts<br />
unten) hat seit letztem Jahr eine<br />
Reihe von Platten auf White, dem<br />
befreundeten Label Aim und zuletzt<br />
auf Smallville herausgebracht, wo<br />
jetzt auch sein <strong>De</strong>bütalbum "The<br />
Story About You“ erscheinen wird.<br />
26 –<strong>157</strong><br />
www.whitelovesyou.com<br />
www.smallville-records.com