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De:Bug 157

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Cubenx<br />

schmauchspur<br />

der melancholie<br />

Mit seinem <strong>De</strong>bütalbum kommt César Urbinas<br />

doppelt nach Hause. Nach langjähriger Zerstreuung<br />

in Berlin ist er wieder nach Mexiko gezogen um<br />

nach der eigenen Techno-Begeisterung wieder an<br />

die Shoegaze- und Post-Punk-Idole seiner Jugend<br />

zu erinnern. Cubenx schießt genau richtig knapp an<br />

der Tanzfläche vorbei.<br />

Text Bianca Heuser<br />

Angefangen hat für den Mexikaner César Urbina<br />

aka Cubenx alles mit seinem Cousin. <strong>De</strong>r war<br />

nämlich schon DJ, als César mit 13 anfing musikalische<br />

Interessen und Vorlieben zu entwickeln,<br />

brachte ihm das Mixen bei und führte ihn<br />

gleichzeitig an 4AD- und Techno-Platten, bis er<br />

schließlich auf eigenen musikalischen Füßen<br />

stand. "Wir ließen uns von den Kindern befreundeter<br />

Familien, die in die USA immigriert waren,<br />

bei Besuchen die neuesten Platten mit nach<br />

Guadalajara, in dessen Nähe wir aufwuchsen,<br />

mitbringen. Ansonsten bekommt man das ganze<br />

Zeug in Mexiko einfach viel zu spät, fast schon<br />

wieder recycled", berichtet Cubenx. Daran habe<br />

sich bis heute nicht viel geändert, sogar Techno<br />

käme erst langsam in seiner Heimat an: "Klar<br />

gibt es ein paar Clubs, Labels und Produzenten,<br />

aber Guadalajara hat vor allem eine sehr gesunde<br />

Post-Rock-Szene. Viele meiner Freunde sind Teil<br />

dieser Bands, DJs sind eher selten. Ich stehe da<br />

irgendwie dazwischen. Letztlich hat Rock’n’Roll<br />

aber mehr Tradition in Mexiko. Und in Sachen<br />

Kunst ist man hier etwas konservativ."<br />

Einen Lichtblick bot Nimboestatic, einziges<br />

Indielabel Mexikos, damals, Anfang der Nuller<br />

Jahre, mittlerweile als Static Discos auch im<br />

Rest der Welt bekannt. "Ich bin ein Riesenfan.<br />

Mit der Namensänderung drehte auch die musikalische<br />

Ausrichtung, mehr hin zur Elektronik,<br />

also schickte ich dem Label-Macher Ejival einen<br />

Haufen meiner Produktionen. Irgendwann rief<br />

ich ihn dann an und überzeugte ihn, sich meinen<br />

Kram auch mal anzuhören. Ungefähr eine Stunde<br />

später rief er zurück und wollte alles veröffentlichen",<br />

erzählt César. Ebenfalls über ihn kam der<br />

Kontakt zu Infiné zustande, wo nach ein paar<br />

EPs nun Cubenx’ erstes Album, "On Your Own<br />

Again", erscheint, dass eine gelassenere Seite<br />

seiner Produktionen zeigt.<br />

Bevor das passieren konnte, trieb seine Leidenschaft<br />

für Techno César aber nach Berlin:<br />

"Mein erster Trip nach Europa 2004 war ein typischer<br />

Backpacker-Urlaub. Rumziehen und sich<br />

volllaufen lassen. Das war alles cool, aber als ich<br />

gegen 4, 5 Uhr morgens in Berlin aus dem Zug gestolpert<br />

bin, habe ich mich sofort verliebt. Ich habe<br />

mich in die Ringbahn gesetzt und im Sonnenaufgang<br />

alles angeschaut. Das war sehr romantisch."<br />

Als er dann zwei Jahre später im Winter in seine<br />

Traumstadt zog, stürzte er sich ins Nachtleben,<br />

trank eine Menge Glühwein und stellte fest, dass<br />

er nicht besonders diszipliniert ist: "Ich habe in<br />

Berlin selten etwas auf die Reihe bekommen." Um<br />

also wieder mehr zu produzieren, zog es Cubenx<br />

zurück nach Guadalajara. Nicht ohne das Grau<br />

gehörig zu vermissen, aber mit der Erkenntnis,<br />

dass sich Berlin nun mal eher um Dance Music<br />

dreht.<br />

"Das ist ja auch nicht verkehrt, aber ich sehe<br />

mein Album eigentlich eher wie einen Film: mit<br />

einem Intro, der Handlung, die sich langsam entfaltet<br />

und Spannung, mit Up- und Downtempo-<br />

Momenten. Über Sachen wie Melodien, Texturen<br />

und organische Instrumente habe ich erst hier<br />

Etwas, um sich<br />

heim zu schleppen<br />

und Zuhause<br />

zu fühlen.<br />

in Guadalajara wieder nachgedacht." So ist "On<br />

Your Own Again" etwas für das Ende der von<br />

Club, Nacht und Tänzern gebotenen Immanenz<br />

geworden. Etwas, um sich heim zu schleppen<br />

und zuhause zu fühlen. Da ist ein Beat, zu dem<br />

man im Rhythmus bleiben kann und ein lethargischer<br />

Bass, der dieses Spiel nicht mitspielt.<br />

Durch die Geschichte seines Albums gräbt sich<br />

César mit einer äußerst prägnanten Soundästhetik.<br />

Viel Hall, Wände aus Gitarren, betont<br />

lässiges Schlagzeugspiel. Man hört viel von seinen<br />

Shoegaze- und Post-Punk-Idolen, ein bisschen<br />

von seiner Liebe zur Tanzfläche und ab und<br />

an auch in fast psychedelischem Gitarrenspiel<br />

wie in "Mist Over The Lake" von seiner mexikanischen<br />

Herkunft. "'Lovebirds' ist der einzige<br />

meiner neuen Tracks, der noch sehr an Berliner<br />

Nächte erinnert. Daran, wie lang die sind, flach,<br />

ohne Primetime", findet er und fügt lachend hinzu:<br />

"Vielleicht ist diese Rückkehr zum Songwriting<br />

aber auch einfach so ein Mittdreißigerding."<br />

Cubenx, On Your Own Again,<br />

ist auf Infiné/Alive erschienen.<br />

www.infine-music.com<br />

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