De:Bug 157
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Als wir Oskar Offermann mit seinen beiden Labelkollegen<br />
Edward und Moomin treffen, sind wir unschlüssig,<br />
ob er eher dem Typen aus Kuba ähnelt oder dem aus<br />
Nazareth. Rauschebart und Schultermähne brechen<br />
jedenfalls sofort das Eis. Ein lockerer Abend, der damit<br />
beginnt, dass Oskar uns die <strong>De</strong>likatesse der einzelnen<br />
Nudelgerichte am Dickegrad der Hartweizenstränge illustriert.<br />
Schönheit liegt manchmal im <strong>De</strong>tail, das hallt<br />
auch in der Label-Philosophie nach, die uns das Trio bei<br />
Tagliatelle näher bringt. Oskar, Gründer und drängende<br />
Kraft des White Labels. Edward, sein ewiger Bühnenkompagnon<br />
und Protagonist erster Stunde. Und Moomin,<br />
der nostalgische Balladenbastler, dessen <strong>De</strong>bütalbum<br />
sich demnächst über Smallville in die Ohren der<br />
Welt bohren wird. Seit nunmehr vier Jahren reiten die<br />
drei Berliner ihre ganz eigene musikalische Vision auf<br />
der allgemeinen Techno-Welle und bleiben dabei ihrem<br />
künstlerischen Stil genauso treu wie der Platte als einzig<br />
wahrem Überträger. Träume auf Vinyl, Schwarz auf<br />
Weiß.<br />
Streets of Maincity<br />
Edward und Oskar Offermann kennen sich wirklich<br />
schon seit Schultagen, die harmonische Bühnensymbiose<br />
ist aber erst während ihrer zweiten Liaison in Berlin<br />
entstanden, als die gemeinsame musikalische Brücke zur<br />
Einsturzsicherheit gereift war. <strong>De</strong>nn back in the days in<br />
Frankfurt frönte Edward lieber dem jugendlichen Nervenkitzel<br />
des Parkplatz-Raves vor dem berüchtigten<br />
Frankfurter Omen, während Oskar zusammen mit Moomin<br />
und ein paar anderen baggytragenden Homies den<br />
<strong>De</strong>utsch-Rap zu revolutionieren versuchte (hat nicht geklappt).<br />
Ein Techno-Kiddie im Wu-Tang-Revier. Mit Hip-<br />
Hop haben sowieso die meisten aus der Frankfurter Gang<br />
angefangen, erzählt Edward, der Moomin quasi über eine<br />
sagenumwobene Kassette kennengelernt hat: “Basti (aka<br />
Moomin) kannte ich gar nicht, das war so ein Mythos, ich<br />
kannte nur ein Tape von ihm und wir waren alle so: 'Uah,<br />
was ist das denn für,n geiler Typ?' Auch weil er der erste<br />
war, der ein bisschen mehr juggeln und scratchen konnte.<br />
Wir haben ja damals alle HipHop aufgelegt.“ Während Oskar<br />
am Mikrofon infantile Rebellionskaskaden anleiert,<br />
eifert Moomin an den Turntables der Mixtape-Mastery<br />
eines DJ Noize nach, der die DJ-Landschaft zu der Zeit<br />
kräftig durcheinander wirbelt. Fasziniert von Performance<br />
und Compilations des dänischen Großmeisters,<br />
zieht es den angefixten Moomin auch selbst immer wieder<br />
vor den Kassettenrecorder und an die <strong>De</strong>cks*. Erst<br />
das Wiedertreffen mit Oskar und Edward in Berlin lotst<br />
ihn zur musikalischen Umorientierung, die analogen<br />
Tonträger bleiben jedoch sein steter Wegbegleiter.<br />
Daddy Cool<br />
Während Oskar und Moomin den irgendwann überfüllten<br />
HipHop-Zug bis zur Station Sample-House weiter<br />
gefahren sind, ist der feingeistige Edward auf einer ganz<br />
anderen Route gereist. Sein Vater ist nämlich ebenso hinter<br />
den Plattentellern tätig und hat den kleinen Bengel<br />
schon in frühen Jahren mit dem Vinylfetisch angesteckt.<br />
<strong>De</strong>r verträumte Edward verliert sich in den Plattenregalen<br />
des Familienoberhaupts und schnuppert in seltenen<br />
Momenten am Zauber der Bühne, wenn der große<br />
Mann seine Funk-, Soul-, oder Discosets kickt und die<br />
faszinierenden Platten jongliert. <strong>De</strong>r Bann des mythischen<br />
Klangträgers, der einem etwas in die Hände gibt,<br />
letztens rief mein<br />
Vater an und meinte:<br />
“den neuen Omar-s-<br />
Remix musst du auch<br />
mal checken!”<br />
(edward)<br />
was kein MP3 der Welt einem in die Ohren geben kann,<br />
hält bis heute, genauso wie die DJ-Kapriolen des Vaters.<br />
“Wir legen auch heute noch zusammen auf. Er hat mich<br />
letztens erst angerufen - ‘Ey, den neuen Omar-S-Remix<br />
musste auch mal checken!‘. Am Anfang durfte er aber<br />
nicht zu meinen Gigs kommen, weil mir das manchmal<br />
unangenehm ist, wenn er daneben steht. Er steht immer<br />
so griesgrämig-väterlich da und schüttelt manchmal den<br />
Kopf, ‘Was ist denn das für ‘ne Platte?!‘ und macht dann<br />
manchmal so Fingerzeichen, à la ‘Jetzt mal ein bisschen<br />
aufdrehen hier!‘“<br />
Kein <strong>De</strong>ppenhouse<br />
<strong>De</strong>r Ruf der Hauptstadt pinselt frei, was unter jugendlichen<br />
Trendverwirrungen versteckt war. Eine Erzieher-<br />
Ausbildung und ein Praktikum in der Filmproduktion<br />
sind zwar nicht die ersten Zeilen im Katalog der Pushund<br />
Pullfaktoren für die Techno-Metropole Berlin, aber<br />
sie sorgten dafür, dass sich die beiden Frankfurter in<br />
neuer Umgebung wieder treffen. Edward, der nach dem<br />
Latzabwischen von kleinen Kindern tagtäglich neue<br />
Musik am Bildschirm zusammenschiebt, und Oskar, der<br />
die Filmkarriere doch lieber in die Warteschlange stellt<br />
und beim Sonar Kollektiv anheuert, entdecken plötzlich<br />
die musikalische Familienzusammengehörigkeit. Es ist<br />
der Anfang des melodiösen White-Sounds, der sich hier<br />
beim Smalltalk über Ambient einnistet. Es funkt. Partys<br />
werden geschmissen. <strong>De</strong>r Name White steht zum ersten<br />
Mal auf einem Flyer. <strong>De</strong>r Stein rollt: “Das war in einer<br />
Phase, wo sich ein kleiner Freundeskreis gebildet hat und<br />
dann entstand mit diesen Events irgendwann der Drang<br />
jetzt mal Geld zu verdienen für die erste Platte“, erzählt<br />
Labelchef Oskar. Schon bald ziert Edwards stolz-jungenhaftes<br />
Antlitz das Cover der White001. Es entsteht<br />
ein Label, das sich anfangs eher minimalistisch, und<br />
sicher auch avantgardistisch dem Techno-Mainstream<br />
gegenüberstellt, einem Relikt ihrer musikalischen Sozialisation<br />
in den späten Ostgut-Stunden. Im Laufe der<br />
Zeit nivellieren sich die vertrackten Arrangements zu<br />
einem hochgradig ansteckenden Sound eingängiger<br />
House-Balladen, die nicht immer zwangsläufig nach<br />
Dancefloor schreien, aber einem stets ein euphorisierendes<br />
Mitwippen einmassieren. Es wird die Suche<br />
nach dem wahren Schönen, so kitschig das klingen mag,<br />
das White Label setzt seine romantische Maxime auch<br />
gegen die bitchigen Seitenhiebe der eingeschworenen<br />
Realness-Gemeinde durch. “Bei White ging es mir immer<br />
um Songs. Ich will, dass man am Ende die Melodie<br />
vielleicht sogar nachsingen kann und dass man das Gefühl<br />
hat, es ist wie ein Song. Es geht darum, Musik zu machen,<br />
die zeitlos ist. So wie Gilles (aka Edward) letztens im<br />
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