blu August 2016
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Thema<br />
Kinder hatte und ganz gezielt den<br />
Wunsch verfolgte, zwei Schwulen<br />
eine Elternschaft zu ermöglichen.<br />
Außerdem hatte sie auch das Ziel, ihrer<br />
Familie, ihren Kindern und ihren Arbeitskollegen<br />
zu zeigen, dass es mehr<br />
Lebensmodelle gibt, als sie in der amerikanischen<br />
Kleinstadt ihrer Herkunft<br />
denkbar zu sein scheinen. Sie hatte<br />
eine fantastische Art, auch ihren Kindern<br />
diese Aspekte zu verdeutlichen.<br />
Als wir ihre vierjährige Tochter fragten,<br />
was sie im Kindergarten antwortet,<br />
wo denn das neue Geschwister wäre,<br />
sagte sie: „Aber es ist nicht unser Kind,<br />
es ist euer Kind und wird mit euch in<br />
Deutschland leben.“ Die Leihmutter<br />
hat uns auch gebeten, in ihrer Schule,<br />
wo sie Lehrerin ist, den Kindern in der<br />
Klasse über uns zu erzählen.<br />
NACH WELCHEN KRITERIEN HABT IHR<br />
DIE EISPENDERIN AUSGESUCHT?<br />
Itay: Wir hätten sämtliche Kriterien<br />
berücksichtigen können, allerdings<br />
war uns ein genetischer Test der<br />
wichtigste Faktor, um irgendwelche<br />
Krankheiten auszuschließen.<br />
WAR ES SCHWIERIG, EINE GEMEIN-<br />
SAME WAHL FÜR EINE EISPENDERIN ZU<br />
TREFFEN?<br />
Itay: Jeder von uns hatte aus einer<br />
Auswahl von zwanzig bis dreißig Profilen<br />
fünf ausgesucht und unter ihnen<br />
ein Ranking aufgestellt. Das Überwältigende<br />
war: Wir hatten die gleichen<br />
fünf ausgewählt und hatten dieselben<br />
Favoriten für Platz eins und zwei.<br />
HABT IHR KONTAKT ZU DER EISPENDE-<br />
RIN AUFGENOMMEN?<br />
Roi: Ja, wir haben sie nach der Befruchtung<br />
persönlich getroffen, was<br />
eher ungewöhnlich ist. Wir wollen<br />
eines Tages, falls Daniel fragt, antworten<br />
können, wer die Eispenderin war.<br />
WIE VERLIEF DER KONTAKT MIT DER<br />
LEIHMUTTER NACH DEM EINSETZEN<br />
DER EMBRYONEN?<br />
Roi: Zwei Wochen nach der Befruchtung<br />
sind wir nach Deutschland<br />
zurückgekehrt und haben gewartet,<br />
ob die Schwangerschaft eingetreten<br />
ist. Danach kommt der Herzschlagtest,<br />
der zeigt, ob der Embryo lebt und ob<br />
es einer oder mehrere sind. Sie hat uns<br />
an allen Tests via Skype teilnehmen<br />
lassen. Das erste Mal, als wir Daniel<br />
auf dem Ultraschall sahen, haben wir<br />
geheult wie Schlosshunde.<br />
WIE VERLIEF DIE ENTBINDUNG?<br />
Itay: Wir wussten von Beginn an, dass<br />
wir dabei sein dürfen. Nicht nur wir,<br />
sondern auch die Leihmutter bekommt<br />
die Profile zu sehen und trifft eine Auswahl,<br />
für wen sie das Kind austrägt.<br />
Roi: Wir waren alle zusammen im Raum.<br />
Itay und ich mit freiem Oberkörper, und<br />
im Moment nach der Geburt wurde uns<br />
das Baby schmutzig und <strong>blu</strong>tig wie es<br />
war auf den Oberkörper gelegt. Nach<br />
der Geburt sind wir noch drei Tage im<br />
Krankenhaus geblieben. Wir hatten<br />
zwei Räume direkt nebeneinander: Ein<br />
Doppelbett für uns sowie eine Krippe für<br />
das Baby und nebenan die Leihmutter.<br />
Auch nachdem sie entlassen war, kam<br />
sie zusammen mit ihren Kindern, um<br />
uns drei zu besuchen.<br />
WAS PASSIERT ANSCHLIESSEND?<br />
Roi: Nach amerikanischem Gesetz sind<br />
alle Kinder, die in den USA geboren<br />
werden, Amerikaner. Nach drei bis vier<br />
Wochen und jeder Menge Papierkram<br />
bekam Daniel ihre amerikanische Geburtsurkunde<br />
und ihren US-Pass.<br />
UND KEINER AN DEN GRENZKONTROL-<br />
LEN HATTE EIN PROBLEM?<br />
Roi: Nein, in der Geburtsurkunde steht,<br />
dass Daniel zwei Väter hat. Punkt. An<br />
der deutschen Grenze wurden wir<br />
gefragt: „Sind sie die Eltern?“ „Ja.“<br />
„Willkommen in Deutschland.“<br />
UND WIE VERHIELT ES SICH MIT DEM<br />
EINBÜRGERUNGSPROZESS IN<br />
DEUTSCHLAND?<br />
Roi: Das größte Problem war, dass das<br />
Standesamt den Namen, den wir ausgesucht<br />
hatten, abgelehnt hat. Es wurde<br />
verlangt, dass wir ihn ändern, obwohl<br />
sie eine gültige Geburtsurkunde und einen<br />
gültigen US-Pass hatte, als wir nach<br />
Deutschland kamen. Wir hatten uns<br />
zuvor dazu entschieden, unsere Tochter<br />
nach meinem Vater zu nennen: Daniel.<br />
Das ist ein gängiger Unisex-Name in<br />
Israel. Das deutsche Standesamt hat<br />
unseren Antrag abgelehnt. Deswegen<br />
brachten wir ihnen eine Bestätigung der<br />
israelischen Botschaft, dass Daniel ein<br />
gebräuchlicher Mädchenname ist. Aber<br />
nein, sie verlangten immer noch, dass<br />
wir den Namen ändern. Ihre Begründung<br />
war, dass anhand des Namens<br />
das Geschlecht nicht zu erkennen sei.<br />
Zu diesem Zeitpunkt war Daniel bereits<br />
schon mehr als drei Monate hier und<br />
damit ihr Touristenvisum abgelaufen.<br />
Das hat es uns unmöglich gemacht, mit<br />
ihr zu reisen. Als Daniel dann sieben<br />
Monate alt war, konnten wir uns mit<br />
dem Standesamt einigen. Der Kompromiss<br />
ist ein weiblicher deutscher<br />
Mittelname – der von uns gewählte<br />
erste Vorname konnte bleiben.<br />
•Interview: Olaf Alp<br />
1) Hochrechnung aus Nutzerbefragung 2013, weltweit<br />
Alle 11 Minuten<br />
verliebt sich<br />
ein Single über<br />
PARSHIP 1)<br />
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