Marvin Willoughby verbindet Basketball mit sozialem Engagement
stadtgeschichte(N) Die Starken schaffen Lösungen Der ehemalige Basketball-Profi Marvin Willoughby (38) schafft Gemeinschaft durch Sport – ungeachtet der Herkunft In seinen kulturellen Wurzeln selbstbewusst leben und dabei andere Lebenswelten respektieren – das muss vermittelt und gelernt werden. Noch immer gibt es in Hamburger Köpfen Vorbehalte gegen Mitbürger aus zugewanderten Familien. Kulturelle Vielfalt mag manchmal irritieren; die Hansestadt hat allerdings seit Jahrhunderten von Zuwanderung und Impulsen profitiert: Englische und niederländische Kaufleute, Hugenotten, Seeleute aus aller Welt, polnische Malocher und türkische Gastarbeiter haben die Hamburger Wirtschaft stets vorangebracht. Integration fördern, mentale Vorbehalte überwinden, den selbstbewussten „Sprung über die Elbe“ auch von Süd nach Nord ermöglichen, das ist das Ziel zweier engagierter Wilhelmsburger. Marvin Willoughby und Jan Fischer haben dafür die Sportförderung als Mittel zum Zweck gewählt. Marvin Willoughby wurde 1978 in Wilhelmsburg geboren, als Sohn einer deutschen Mutter und eines nigerianischen Vaters. Hier wuchs er auch auf, nicht im tiefsten Kiez des Reiherstiegviertels, sondern ein paar Straßen davon entfernt. „In Wilhelmsburg machten schon zwei, drei Straßen einen gewaltigen Unterschied“, wirft er lächelnd ein. Aber in seiner Schulklasse gab es gerade mal vier Kinder aus alteingesessenen Familien: „Der Rest waren Türken und ich. Die wurden meine Freunde, von ihnen habe ich türkisch gelernt. Darum hatte ich eine ziemlich problemlose Jugend, zumindest so lange ich in Wilhelmsburg blieb. Probleme gab es nur bei Ausflügen nach Norden über die Elbe hinweg; dort galten wir für viele als Underdogs.“ Solche Erfahrungen konnte man schon früher machen. So erzählte mir ein Maschinenbauingenieur aus einer alten Kirchdorfer Familie, er sei während des Wehrdienstes zusammen mit einem Freund Anfang der 60er Jahre zu einer Bottle-Party nach Othmarschen eingeladen worden. „An der Tür wurden wir noch freundlich begrüßt, stellten unsere mitgebrachte Flasche Whisky zu den anderen Mitbringseln, wurden dann kurz darauf von ein paar Älteren gefragt, woher wir denn kämen. Und danach sofort aufgefordert, doch lieber wieder zu gehen.“ Gemeinsame Erfahrungen von zwei Generationen. Vorurteile, die man sogar noch weiter zurückverfolgen kann. Noch immer sitzen diese fest in nicht wenigen Köpfen. Wilhelmsburgs sportlicher Sprung über die Elbe Das zu ändern – also den Sprung über die Elbe für die heutigen Wilhelmsburger Jugendlichen zu entkrampfen – das haben sich Marvin Willoughby und sein Partner Jan Fischer vorgenommen. Wilhelmsburg gilt seit langem als Problemviertel; dabei verläuft das Zusammenleben mit und zwischen Migranten aus inzwischen wohl mehr als 45 Nationen recht friedlich im gemeinsamen Kiez Willytown. Willoughby: „Ich habe mich in Wilhelmsburg immer sicher und wohlgefühlt. Es war ein Gewinn, hier zu leben.“ „Streit und Auseinandersetzungen unter Jugendlichen habe ich auch in Blankenese erlebt. Und den Bedarf, mit Kindern auf zwischenmenschlicher Ebene zu arbeiten, den gibt es auch in Blankenese“, merkt Sportsoziologe Jan Fischer an. Er ist unlängst von Altona nach Wilhelmsburg gezogen und fühlt sich hier pudelwohl. Genau wie Willoughby, den es mit seiner Familie aus Eimsbüttel zurück auf die Elbinsel getrieben hat. Der ehemalige Basketball-Nationalspieler Marvin Willoughby hatte es durch Ehrgeiz und Zielstrebigkeit nach ganz oben geschafft. Als er seine Profi- Karriere wegen einer Sprunggelenkverletzung beenden musste, wollte er seine Erfahrungen an andere Kids weitergeben und so helfen, ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Bessere Aufstiegsmöglichkeiten durch mehr Selbstbewusstsein, Teamgeist, Disziplin und Beständigkeit: „Wenn die Kids relativ früh strukturiertes und diszipliniertes Arbeiten wie beim Sport lernen, dann schaffen sie auch den Transfer all dessen in der Schule. Schauen Sie, Sport hat hier in den Familien einen ganz anderen Stellenwert als etwa in Poppenbüttel oder Othmarschen. Dort sind die Familien oft seit Generationen ins Vereinsleben eingebunden. Darum spielen dann ihre Kinder Tennis, Hockey, sie rudern, segeln oder golfen. Und genau dahin wollten wir unsere Kids bringen.“ Willoughby und Fischer hatten sich in Wedel kennengelernt, dort spielten sie gemeinsam Basketball. Der eine wurde Nationalspieler und ein guter Freund 45