Endokrinologie Informationen - Deutsche Gesellschaft für ...
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Schilddrüsenhormone haben einen tief greifenden Einfluss<br />
auf Organentwicklung und Energiestoffwechsel im<br />
Menschen. Es gibt praktisch kein Organ und keinen<br />
Stoffwechselweg, der nicht durch Hypo- oder Hyperthyreose<br />
beeinträchtigt ist, die euthyreote Stoffwechsellage<br />
ist ein wichtiges Stück Lebensqualität. Schilddrüsenhormone<br />
(T3) entfalten ihre Wirkung in den<br />
Zielorganen über Schilddrüsenhormon-Rezeptoren (TR).<br />
Diese binden mit ihren Liganden T3 an TR-responsive<br />
Elemente (TREs) in der Promotorregion T3-responsiver<br />
Gene, um – in koordinierter Abstimmung mit anderen<br />
Hormonen oder Faktoren – definierte Gene zu induzieren<br />
und damit spezifische Enzyme, Proteine etc. <strong>für</strong> die<br />
sinnvolle Funktion einer Zelle bereitzustellen.<br />
Aus Gründen, die bisher nicht verstanden sind, entfaltet<br />
T3 seine kernvermittelte Wirkung über verschiedene<br />
Rezeptor-Isoformen (wie �1 �1 bzw. �2). Die<br />
physiologische Bedeutung ist bisher nicht bekannt,<br />
jedoch ist offensichtlich, dass der �-Isoform wahrscheinlich<br />
eine höhere physiologische Bedeutung als<br />
der �-Isoform zukommt, da bei thyroid hormone resistance<br />
als Ursache bisher nur Mutationen in der �-<br />
Form beobachtet wurden.<br />
Während die T3-vermittelte Induktion wichtiger Enzyme<br />
in der Glykolyse/Glukoneogenese u.a. binnen 3–6<br />
Stunden beobachtet wurde, sind alle Effekte auf die<br />
Induktion mitochondrialer Enzyme/Transporter verzögert.<br />
Mind. 12–24 Stunden sind notwendig, um die<br />
Einführung<br />
Wirkungsmechanismus von Schilddrüsenhormonen<br />
Schon seit vielen Jahren ist bekannt, dass ein spezifischer<br />
Natrium-abhängiger Iodidtransporter in der<br />
basolateralen Membran der Schilddrüsenfollikelzellen<br />
<strong>für</strong> den Iodidtransport in die Schilddrüse sorgt. Doch<br />
erst vor sechs Jahren wurde das Gen des so genannten<br />
„Natrium-Iodid-Symporters“ (NIS) kloniert, der<br />
unter Energieverbrauch zwei Na + -Ionen zusammen mit<br />
einem I - -Ion gegen ein Konzentrationsgefälle transpor-<br />
H.J. Seitz, Hamburg<br />
Der Iod-Symporter<br />
Dr. med. Christine Spitzweg<br />
ABSTRACTS<br />
volle Induktion zu beobachten. Zudem wurden <strong>für</strong><br />
diese Enzyme/Proteine/Transporter keine TREs im Promotor<br />
gefunden, so dass zur Zeit nach anderen Wirkprinzipien<br />
gesucht wird.<br />
Mittels Array-Technik bei Einsatz von 4600 Genen gelang<br />
es in der Tat, Kandidatenproteine zu finden, die<br />
mittels T3 schnell induziert werden und die wiederum<br />
als Ko-Transkriptionsfaktoren einen Set von Enzymen/Proteinen/Transportern<br />
induzieren. T3 wirkt hier<br />
also indirekt über ein Zwischenprotein. Kandidatenproteine<br />
sind NRF-1, NRF-2 sowie PGC-1� und möglicherweise<br />
andere.<br />
Schließlich bindet T3 an T3-Rezeptoren, die intramitochondrial<br />
lokalisiert sind. Binnen 10–20 min. ist die<br />
Stimulation der mitochondrialen Aktivität in der Leber<br />
und möglicherweise im Herzen zu beobachten, ihre<br />
Wirkung ist jedoch nur klein im Vergleich zur nukleär<br />
stimulierten Genexpression wichtiger Enzyme in der<br />
Atmungskette und weiterer Stoffwechselwege; die<br />
physiologische Bedeutung dieser schnellen Wirkung<br />
im Mitochondrium selbst ist offen.<br />
Da T3 die Synthese wichtiger Hormone wie Insulin,<br />
STH u.a. stimuliert, entfaltet dieses Hormon offensichtlich<br />
auf verschiedenen Ebenen seine stimulierende<br />
Wirkung und orchestriert damit als zentrales Hormon<br />
die Harmonie in Entwicklung und Stoffwechsel des<br />
Menschen.<br />
tiert (Abb. 1) (1, 2). Aufgrund seiner Eigenschaft, Iod<br />
aus dem Blut in die Schilddrüse zu transportieren, bildet<br />
NIS die Grundlage diverser wichtiger klinischer<br />
Schilddrüsentests (Radioiodaufnahme- und Perchlorat-Test)<br />
sowie der Schilddrüsenszintigraphie. Darüber<br />
hinaus bildet die Expression eines funktionsfähigen<br />
NIS die Grundvoraussetzung <strong>für</strong> die effiziente Behandlung<br />
von Schilddrüsenkarzinomen und ihrer Metastasen<br />
mittels Radioiodtherapie. Die Klonierung des NIS-<br />
Gens ermöglicht daher die Anwendung von NIS als<br />
27 (2003) 2 <strong>Endokrinologie</strong> <strong>Informationen</strong> 43