Endokrinologie Informationen - Deutsche Gesellschaft für ...
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ABSTRACTS<br />
Prophylaxe bei euthyreoter funktioneller Autonomie:<br />
Die Gefahr einer iodinduzierten Hyperthyreose<br />
ist nicht so hoch wie bisher angenommen. Eine<br />
Voraussage ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet<br />
und im Einzelfall kaum möglich.<br />
Eine Prophylaxe sollte immer bei TcTUsupp-Werten<br />
>2% erfolgen. Bei Werten zwischen 1–2% ist eine Entscheidung<br />
nach individuellen Gesichtspunkten notwendig<br />
(zusätzliche Risiken?) und bei Werten 50 ml) und gleichzeitig niedrigem<br />
oder vollständig supprimiertem TSH ist ein besonders<br />
hohes Risiko anzunehmen. Im Zweifelsfall ist eine<br />
Prophylaxe angezeigt. Die Empfehlungen weichen im<br />
Detail voneinander ab, da es keine ausreichenden<br />
Studien zu diesem Problem gibt.<br />
Die Propylaxe kann bei weniger aktiven Autonomien<br />
mit Perchlorat allein und sollte bei höherer Aktivität<br />
besser mit der Kombination Perchlorat und Thiamazol<br />
(Methimazol) durchgeführt werden.<br />
– Perchlorat (Irenat):<br />
1–2 Stunden vor Iodgabe 900-1200 mg<br />
(2 x 25–30 Gtt.)<br />
Fortführung über 7–14 Tage: 900 mg/Tag<br />
(3 x 15 Gtt.)<br />
– Thiamazol:<br />
Beginn vor Iodgabe: 20 mg/Tag<br />
Fortführung 7–14 Tage: 20 mg/Tag<br />
– Kontrollen: TSH, FT3, FT4, (Blutbild) vor sowie etwa<br />
1–2, 4, 8 und 12 Wochen nach Iodgabe (Cave:<br />
Latenzphase der Hyperthyreoseentwicklung ca. 4–6<br />
Wochen). Die Kontrollen müssen auch durchgeführt<br />
werden, wenn auf eine Prophylaxe verzichtet wurde.<br />
Wenn man sich <strong>für</strong> eine Prophylaxe entscheidet,<br />
müssten logischerweise die Weichen <strong>für</strong> eine baldmögliche<br />
definitive Therapie gestellt werden.<br />
Maßnahmen bei Hyperthyreose: Besteht eine floride<br />
Hyperthyreose, sollte ein Iodexzess nach Möglichkeit<br />
vermieden werden. Ist die Iodgabe unumgänglich, so<br />
erfolgt die Iodinationsblockade mit Perchlorat in der<br />
oben beschriebenen Weise. Die Thiamazoldosis muss<br />
hoch gewählt werden, um eine rasche und sichere Blockade<br />
der Hormonsynthese zu erreichen und sie ist so<br />
früh wie möglich einzuleiten. Ein Mindestzeitraum bis<br />
zur Iodapplikation von ca. 2–4 Stunden sollte nach<br />
Möglichkeit eingehalten werden. Die Initialdosis sollte<br />
40–80 mg Thiamazol betragen. Nach Iodapplikation erfolgt<br />
die Fortführung mit 40 mg Thiamazol/Tag. Die Dosis<br />
wird dem Verlauf angepasst schrittweise reduziert.<br />
Bei einer laufenden Dauertherapie und kompensierter<br />
Schilddrüsenfunktion unter niedrigen Thiamazoldosen<br />
muß die Thyreostatikadosis <strong>für</strong> 1–2 Wochen wieder<br />
angehoben werden (20 mg/Tag). Die Dosisreduktion<br />
erfolgt entsprechend dem Verlauf. Die Perchlorat-<br />
Applikation erfolgt wie bei den euthyreoten Formen.<br />
Wichtig ist in allen Fällen die Festlegung des weiteren<br />
Procedere (definitive Therapie anstreben).<br />
Amiodaron<br />
Eine Therapie mit Amiodaron (Cordarex) stellt eine<br />
erhebliche Iodbelastung dar. 200 mg Amiodaron enthalten<br />
75 mg Iod, davon sind 6 mg verfügbar. Amiodaron<br />
und seine Metaboliten (Desethylamiodaron) werden im<br />
Gewebe (Herz, Fettgewebe) angereichert. Die<br />
Eliminations-HWZ beträgt ca. 52 Tage (Metaboliten länger).<br />
Hauptwirkungen sind die Hemmung der Konversion<br />
von T4 zu T3, der rT3-Deiodierung und der zellulären T4-<br />
Aufnahme. Ferner werden die kardialen T3-Rezeptoren<br />
blockiert und die Zahl der ß-Rezeptoren vermindert. Die<br />
auf das Herz entfalteten Effekte sind z.T. durch eine<br />
„Gewebehypothyreose“ im Herzmuskel erklärbar.<br />
Zytotoxische Reaktionen an Thyreozyten sind experimentell<br />
belegt. Einen Teil der Amiodaron-Effekte, insbesondere<br />
die TSH-suppressive Wirkung auf hypophysärer<br />
Ebene, wird mit der engen strukturellen Verwandtschaft<br />
von Thyroxin und Amiodaron erklärt.<br />
Trotz euthyreoter Stoffwechsellage kommt es unter<br />
Amiodaron in typischen Fällen zum T4-Anstieg und<br />
zum T3-Abfall. TSH steigt zunächst meist an, um sich<br />
nach ca. 3 Monaten zu normalisieren; es kann jedoch<br />
auch unter die Normgrenze abfallen. Damit wird die<br />
Schilddrüsenfunktionsdiagnostik erheblich erschwert.<br />
Der T4-Anstieg wird bei niedrigem TSH oft fälschlicherweise<br />
als Ausdruck einer Hyperthyreose gewertet.<br />
Die Symptomatik ist gleichfalls nur eingeschränkt aussagefähig.<br />
So können die klinischen Erscheinungen bei<br />
Herzpatienten oft nur schwer zugeordnet werden.<br />
Funktionsstörungen können zu jeder Zeit auftreten. Für<br />
eine Hyperthyreose ist ein (plötzlicher) T3-Anstieg<br />
beweisend, aber auch T3-Spiegel im oberen Normbereich<br />
sind bei einer Hyperthyreose möglich (Klinik<br />
beachten, Dynamik der T3- und der T4-Spiegelbewegungen<br />
wichtig: „T3-“ und ggf. „T4-Sprung“ ). In Iodmangelgebieten<br />
– das trifft <strong>für</strong> Deutschland zu – entwickeln<br />
sich häufiger Hyperthyreosen (10–15%) als<br />
74 <strong>Endokrinologie</strong> <strong>Informationen</strong><br />
27 (2003) 2