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Endokrinologie Informationen - Deutsche Gesellschaft für ...

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Basedow auf. Selbst eine <strong>für</strong> den Betrachter geringgradige<br />

EO kann aus kosmetischen Gründen <strong>für</strong> die<br />

häufig jungen Patientinnen psychisch äußerst belastend<br />

sein. Am häufigsten ist ein bilateraler EO-Befund<br />

zu erheben, der einseitig stärker ausgeprägt sein kann.<br />

Ein streng unilateraler Befund sollte grundsätzlich<br />

Anlaß zum differenzialdiagnostischen Ausschluss anderer<br />

Ursachen geben. Die EO manifestiert sich in der<br />

Regel in engem zeitlichen Zusammenhang (+ 6-12<br />

Monate) zum Auftreten der Hyperthyreose, meist mit<br />

einer Latenz von wenigen Monaten, seltener in größerem<br />

zeitlichen Abstand nach- und nur in Einzelfällen vor dem<br />

Auftreten der Hyperthyreose. Retrospektiv beschreiben<br />

die Patienten als frühestes Zeichen häufig eine<br />

Schwellung in der lateralen Oberlidregion. Als typische<br />

Beschwerden und Befunde der aktiven EO werden<br />

Tränenträufeln (Epiphora), Lichtscheu (Photophobie),<br />

Druck- und Fremdkörper- bzw. Sandkorngefühl,<br />

Augenbrennen, retrobulbäre Missempfindungen, Oberund<br />

Unterlidödeme, ein Vortreten der Augen (Protrusio<br />

bulbi) sowie Doppelbilder beobachtet. Die Beschwerden<br />

werden meist morgens nach dem Aufwachen stärker als<br />

abends empfunden. Ermüdungsdoppelbilder treten<br />

dagegen meist abends auf. Bei höhergradiger entzündlicher<br />

Aktivität der EO kann es zu starkem Tränenfluss<br />

mit Verschwommensehen, zur ausgeprägten periorbitalen<br />

Schwellung sowie zur Augenmuskelbeteiligung mit<br />

Einschränkung der Augenbeweglichkeit und – bei seitendifferenter<br />

Motilitätsstörung – zum Auftreten intermittierender<br />

oder persistierender Doppelbilder kommen. Als<br />

Komplikation der schweren EO kann infolge einer ausgeprägten<br />

Protrusio bulbi mit unvollständigem Lidschluß<br />

eine Expositionskeratitis resultieren, die zur bakteriell<br />

superinfizierten Ulzeration und zum Verlust der Hornhaut<br />

führen kann. Extremvarianten mit Kompressions- oder<br />

zugbedingter Optikusläsion und akuter Visuseinbuße<br />

kommen nur noch selten vor.<br />

Im Verdachtsfall bzw. möglichst bald nach Diagnosestellung<br />

sollten Patienten mit EO einem spezialisierten<br />

Augenarzt und Endokrinologen vorgestellt werden.<br />

Dabei ist nach einer detaillierten Basisdiagnostik, bei<br />

der Schwere- und Aktivitätsgrad sowie Komplikationen<br />

der EO erfasst werden sollen, die Entscheidung zu treffen,<br />

ob lediglich symptomatische Maßnahmen und<br />

engmaschige Kontrollen oder bereits eine frühzeitige<br />

Intervention (z.B. Steroidtherapie oder Retrobulbärbestrahlung)<br />

notwendig sind. Während sich Schweregrad<br />

und Komplikationen der EO im Regelfall aufgrund von<br />

Anamnese und klinischer Untersuchung erkennen lassen,<br />

sind hingegen Aktivität, Dynamik und Prognose<br />

schwierig und nur anhand regelmäßiger, engmaschiger<br />

Verlaufskontrollen (alle 4–6 Wochen) abschätzbar. Die<br />

früher gebräuchliche NOSPECS-Klassifikation kann<br />

nicht mehr empfohlen werden, weil bei den meisten<br />

ABSTRACTS<br />

Gruppe 1 Lidveränderungen<br />

0 fehlend<br />

1 nur Lidödem<br />

2 nur Retraktion (ohne Ödem)<br />

3 Retraktion mit Oberlidödem<br />

4 Retraktion mit Ober- und<br />

Unterlidödem<br />

Gruppe 2 Exophthalmus<br />

0 fehlend<br />

1 ohne Lidschlussinsuffizienz<br />

2 Bindehautreizung morgens<br />

3 Bindehautreizung ständig<br />

4 Hornhautkomplikationen<br />

Gruppe 3 Muskelveränderungen<br />

0 fehlend<br />

1 nur im Ultraschall/CT nachweisbar<br />

2 Pseudoparese<br />

3 Pseudoparalyse<br />

Gruppe 4 Optikusbeteiligung<br />

0 fehlend<br />

1 nur im Farbsehen und visuell<br />

evozierte Potenziale<br />

2 periphere Gesichtsfelddefekte<br />

3 zentrale Gesichtsfelddefekte<br />

Tab. 1: Klinische Klassifikation der endokrinen Orbitopathie nach<br />

Boergen<br />

Patienten mit EO gleichzeitig mehrere klinische Befunde<br />

unterschiedlicher NOSPECS-Grade vorliegen,<br />

die sich in einem pauschalisierenden Klassifikationssytem<br />

nicht sinnvoll zuordnen lassen. Eine weitaus differenziertere<br />

und klinisch praktikable Einteilung stellt<br />

die so genannte „LEMO“-Klassifikation dar, in der den<br />

vier Befundgruppen Lidveränderungen, Exophthalmus,<br />

Muskelveränderungen und Optikusbeteiligung je nach<br />

Ausprägungsgrad Zahlen von 0 bis 3 bzw. 4 zugeordnet<br />

werden (Tab. 1). In Analogie zur TNM-Klassifikation<br />

kennzeichnet das Stadium L1E1M2O0 eine EO mit<br />

Lidödem ohne Lidrektraktion, einen Exophthalmus<br />

ohne Lidschlussinsuffizienz sowie Augenmuskelveränderungen<br />

im Sinne einer Pseudoparese. International<br />

wird <strong>für</strong> den Vergleich unterschiedlicher therapeutischer<br />

Modalitäten im Rahmen kontrollierter klinischer<br />

Studien eine quantitative Erfassung klinischer Befundkomponenten<br />

(Status von Lidern, Hornhaut, Augenmuskeln,<br />

Exophthalmometrie, Optikusfunktionen,<br />

Aktivitäts-Score, Selbstbeurteilung durch den Patienten)<br />

unter Einschluss bildgebender Untersuchungen<br />

gefordert. Diese ausführliche Form der Befundklassifizierung<br />

eignet sich zwar vorzüglich <strong>für</strong> die<br />

Beurteilung des individuellen Krankheitsverlaufs und<br />

die Wirksamkeit therapeutischer Verfahren, ist in der<br />

Praxis jedoch zu aufwändig.<br />

27 (2003) 2 <strong>Endokrinologie</strong> <strong>Informationen</strong> 67

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