Endokrinologie Informationen - Deutsche Gesellschaft für ...
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ABSTRACTS<br />
Chirurgische Therapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms<br />
Die chirurgische Therapie des Schilddrüsenkarzinoms<br />
hat sich in den letzten Jahren immer mehr zu einer differenzierten<br />
Vorgehensweise bei den Patienten entwickelt,<br />
die zwischen subtotaler Resektion beidseits<br />
und Hemithyreoidektomie und radikaler Schilddrüsenentfernung<br />
mit Entfernung auch der lateralen Halslymphknoten<br />
entscheiden muss. Das Vorgehen ist<br />
einerseits abhängig von der Ausdehnung des Primärtumors<br />
und wird andererseits von der lokalen Erfahrung<br />
über die Aggressivität des Tumors gesteuert.<br />
So zeigen Erfahrungen aus den USA und hier speziell<br />
langjährige Untersuchungen der Mayo-Klinik eine<br />
Knoteninzidenz der Bevölkerung, die abhängig vom<br />
Alter bei 4–7% liegt und damit eine Karzinominzidenz<br />
von Knoten von um 1–5% aufweist. Dies steht im krassen<br />
Gegensatz zu den Erfahrungen in Jodmangelgebieten<br />
wie z.B. der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Hier liegt die Knoteninzidenz der Erwachsenen bei<br />
etwa 30% und die Inzidenz der Karzinome wird bei<br />
einer Prävalenz von 4–8 Fällen pro 100000 Einwohnern<br />
mit 0,02% anzugeben sein. Dies betrifft klinisch relevante<br />
Karzinome und nicht Autopsiebefunde, die papilläre<br />
Strukturen in über 10% der Schilddrüsen bei<br />
genauer Analyse aufdecken.<br />
Andererseits ist nach eigenen Erfahrungen an über<br />
4000 Fällen von Patienten mit primär als gutartig eingestuften<br />
Schilddrüsenerkrankungen in 2–4% mit<br />
einem zufällig gefundenen meist papillären Schilddrüsenkarzinom<br />
zu rechnen, das in den meisten Fällen<br />
unter 1 cm Durchmesser maß und in weniger als 5%<br />
auch langfristig zum Tod des Patienten führt. Dies steht<br />
im Gegensatz zu größeren Schilddrüsenkar-zinomen<br />
und Schilddrüsenkarzinomen mit follikulärer Struktur<br />
oder Varianten des papillären Karzinoms, bei denen<br />
eine Letalität von generell bis zu 20% in 15 bis 20<br />
Jahren akzeptiert werden muss, die jedoch bei<br />
Auftreten von Fernmetastasen, extrathyroidalem<br />
Wachstum und ausgedehntem Kapsel- und Gefäßeinbruch<br />
noch weiter steigt. Aus diesen Überlegungen<br />
heraus ist die zurückhaltende Resektion mit weniger<br />
als einer totalen Thyreoidektomie <strong>für</strong> das papilläre<br />
Karzinom unter 1 cm weltweit akzeptiert, wo hingegen<br />
ab einem T3-Tumor (über 4 cm) oder nachweislicher<br />
Lymphknoteninfiltration von uns seit einigen Jahren<br />
schon primär eine auch laterale Lymphknotendissektion<br />
vorgenommen wird. Dieses Vorgehen wird<br />
P.E. Goretzki<br />
Lukaskrankenhaus Neuss<br />
auch von anderen Autoren, wie z.B. de Groot aus<br />
Chikago und Dralle aus Halle, generell akzeptiert und<br />
wurde mit einem weniger radikalen Vorgehen früherer<br />
Jahre im eigenen Krankengut verglichen.<br />
So zeigt die Zurückhaltung der totalen Thyreoidektomie<br />
bei T1-Tumoren (unter 1 cm) ohne Nachweis von<br />
Lymphknotenmetastasen oder Fernmetastasen und<br />
damit auch der Verzicht auf eine Radiojodtherapie bei<br />
diesen Patienten nach unseren Ergebnissen an über 70<br />
Patienten mit differenziertem Schilddrüsenkarzinom und<br />
T1 keine schlechtere Prognose <strong>für</strong> die Patienten als eine<br />
totale Thyreoidektomie mit nachfolgender Radiojodtherapie.<br />
Dies können wir jedoch nur über einen Zeitraum<br />
von 5 Jahren verfolgen, wo hingegen die Erfahrungen<br />
der Mayo-Klinik mit identischen Ergebnissen bei diesen<br />
Tumoren über einen Erfahrungszeitraum von über 20<br />
Jahren verfügt. Die Bedeutung der operativen Zurückhaltung<br />
bei diesen Patienten betrifft hauptsächlich<br />
Patienten mit zufällig entdeckten kleinen Karzinomen,<br />
die nach aller bisherigen Erfahrung keine nachfolgende<br />
totale Thyreoidektomie mit den Problemen möglicher<br />
Morbidität bei Rezidiveingriffen benötigen. Inwieweit<br />
hier jedoch langfristig die Zahl der lokoregionären<br />
Rezidive ansteigen wird, bei den über 30% multifokal<br />
auftretenden papillären Karzinomen, kann bisher nicht<br />
vollständig beantwortet werden und ist Gegenstand<br />
weiterer Untersuchungen.<br />
Für größere differenzierte Schilddrüsenkarzinome hat<br />
N.A. Samaan 1992 erstmalig eindeutig nachweisen<br />
können, daß neben der Chirurgie die Radiojod-Therapie<br />
eine Verbesserung der Prognose erbringt. Dies<br />
wurde hauptsächlich in der „high risk“-Gruppe von<br />
Patienten über dem 45. Lebensjahr und ausgeprägtem<br />
Tumorgeschehen evident, so daß ab T2-Tumoren <strong>für</strong><br />
uns die totale Thyreoidektomie mit nachfolgender<br />
Radiojod-Therapie <strong>für</strong> alle Patienten als Grundvoraussetzung<br />
der Therapie gilt.<br />
Bezüglich der gleichzeitigen Lymphknotendissektion<br />
mit Radiotherapie sind die Daten weniger eindeutig,<br />
zeigen jedoch zunehmend den Vorteil der frühzeitigen<br />
auch lateralen Lymphknotendissektion bei T3 und T4-<br />
Tumoren. So ist nach eigener Erfahrung eine Lymphknotenmetastasierung<br />
im Stadium pT1-2-3-4 <strong>für</strong> das<br />
papilläre Karzinom in 9–16–15–46 % nachweisbar und<br />
<strong>für</strong> das follikuläre Karzinom in 6–4–6–29%.<br />
84 <strong>Endokrinologie</strong> <strong>Informationen</strong><br />
27 (2003) 2