PT-Magazin_5_2016
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Der Fluch des Alters<br />
Oskar-Patzelt-Stiftung <strong>PT</strong>-MAGAZIN 5/<strong>2016</strong><br />
24<br />
© beeboys<br />
Erfahrung und Gelassenheit nehmen<br />
mit dem Alter zu. Die Lust<br />
auf Risiken und Neues hingegen<br />
nimmt – hormonell bedingt – ab. Wann<br />
ist nun der optimale Zeitpunkt für die<br />
Übergabe? Es gibt fünf untrügliche Zeichen,<br />
die aufzeigen, ob Sie schon einen<br />
Nachfolger suchen sollten.<br />
Für eine perfekte Unternehmensnachfolge<br />
gibt es eine ganze Reihe von<br />
Fallstricken. Einer der gravierendsten ist<br />
der lange Aufschub. Wer einmal die 50<br />
überschritten hat, kennt es aus eigener<br />
Erfahrung: Der unschlagbare Vorteil des<br />
zunehmenden Alters besteht in dem<br />
Wissen, wie der Hase läuft. Zur Erfahrung<br />
gesellen sich Routine und Gelassenheit<br />
und plötzlich geht vieles wie<br />
von selbst. Wo man als Jungspund noch<br />
ständig mit dem Kopf durch die Wand<br />
ging, sieht man jetzt an der gleichen<br />
Stelle, nur 5 Zentimeter daneben, die Tür.<br />
Fehlervermeidung führt zu Stagnation<br />
Man erlebt sich in den „Fifties“, „Sixties“<br />
und „Seventies“ weiterhin auf dem<br />
Zenit und fühlt durchaus eine gewisse<br />
Erhabenheit in seiner Erfahrung und<br />
der Richtigkeit seines Tuns. Doch mit<br />
zunehmendem Alter nimmt – speziell<br />
bei Männern – das Hormon „Cortisol“<br />
zu. Cortisol führt dazu, dass Menschen<br />
Gefahren anders bewerten, Angst vor<br />
Unsicherheit und Stress aufbauen und<br />
eine stark zunehmende Aversion gegen<br />
Fehler entwickeln.<br />
Ihr Blick richtet sich auf die Fehlervermeidung<br />
bei anderen. Sich selbst haben<br />
Sie aufgrund der geringen Fehler der<br />
letzten 20 Jahre nicht auf dem Schirm.<br />
Beim Gedanken an einen Nachfolger<br />
sehen Sie Ihr Lebenswerk davonschwimmen.<br />
Und so schieben Sie im Glauben<br />
auf ein ewiges Leben die unausweichliche<br />
Entscheidung vor sich her. Meist mit<br />
der innerlichen Rechtfertigung, dass der<br />
Richtige schon noch kommen wird.<br />
Warum sich viele Unternehmer schwer tun,<br />
rechtzeitig loszulassen<br />
Demotivation statt Innovation<br />
Das Wohl des Unternehmens leidet darunter,<br />
wenn der alte Unternehmer zwar<br />
jede Menge Erfahrung mitbringt, aber<br />
keine Innovationen mehr durchführt.<br />
Im Gegenteil: Aufgrund seines angstbesetzten<br />
Hormonhaushalts verhindert er<br />
diese häufig und demotiviert damit die<br />
Mitarbeiter, die Innovationen vorschlagen.<br />
Die jungen Wilden, die das Unternehmen<br />
voranbringen könnten, lassen<br />
sich das meist nicht lange bieten und<br />
wechseln zu anderen Unternehmen, wo<br />
ein frischerer Wind weht.<br />
Wer spricht den Unternehmer an?<br />
Das ganz große Dilemma: Wer spricht<br />
mit dem Senior darüber? Die Familie?<br />
Schwierig. Das fordert familiäre Konflikte<br />
geradezu heraus. Die angestellten<br />
Führungskräfte? Das wäre ideal,<br />
ist aber unrealistisch. Der befreundete<br />
Hausjurist oder Steuerberater? Der kann<br />
und darf es. Ob er sich durchsetzt, darf<br />
bezweifelt werden. Vielleicht wäre eine<br />
regelmäßige, anonyme Befragung bei<br />
den Führungskräften und Mitarbeitern<br />
doch das nützlichste und ehrlichste Instrument.<br />
Doch wie man es dreht und<br />
wendet: dieser Punkt bleibt heikel.<br />
Ein interessantes Instrument, um das<br />
Thema frühzeitig in Griff zu bekommen,<br />
ist die Familienverfassung. Sie regelt, wie<br />
sich das Unternehmen und der Unternehmer<br />
in all diesen Fällen zu verhalten<br />
haben. Es ist so eine Art Patientenverfügung<br />
für Unternehmer, allerdings ohne<br />
verbindliche Wirkung. Die Unternehmer,<br />
die dieses Instrument nutzen, sind in der<br />
Regel diejenigen, die auch die Unternehmensnachfolge<br />
souverän und professionell<br />
in die Wege leiten.<br />
Wann ist die Zeit reif für die<br />
Staffelübergabe?<br />
Woran erkennen Sie nun, ob Sie schon<br />
einen Nachfolger suchen sollten? Es gibt<br />
fünf untrügliche Zeichen:<br />
• Sie sind über 70 Jahre<br />
• Sie haben keinen Nachfolger<br />
• Sie entscheiden im Wesentlichen<br />
alles selbst<br />
• Ihr innerbetrieblicher Widerspruch ist<br />
gering<br />
• Ihre letzte große Innovation ist älter<br />
als 12 Monate<br />
Wenn mehrere dieser Punkte auf Sie<br />
zutreffen, sollten Sie das Thema „Unternehmensnachfolge“<br />
mit Dritten besprechen<br />
und sich einen Zeitraum von drei<br />
Jahren setzen, innerhalb dessen Sie die<br />
Staffel übergeben. Wobei dieser Zeitraum<br />
ruhig allgemein bekannt sein darf,<br />
um die Verbindlichkeit zu steigern. Wir<br />
helfen Ihnen gerne dabei. ó<br />
Über den Autor<br />
Christian Kalkbrenner ist Strategieberater<br />
und Autor und erhielt für seinen Bambus-<br />
Code von der Oskar-Patzelt-Stiftung die<br />
Auszeichnung „Mittelstandsbuch 2010“.<br />
Gemeinsam mit seinen Partnern organisiert<br />
er Unternehmensnachfolgen. Weitere<br />
Informationen: www.ub-kalkbrenner.de