s'Positive Magazin 09.2016
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KLIMAKATASTROPHE<br />
ZUSATZINFOS<br />
Der Ausbruch des Tambora<br />
Auf der östlich von Java<br />
gelegenen Insel Sumbawa<br />
in Indonesien finden wir<br />
den aktiven Stratovulkan<br />
Tambora. Sumbawa wird<br />
im Norden und Süden von<br />
ozeanischer Erdkruste gesäumt.<br />
Der Tambora wurde<br />
durch aktive Subduktionszonen<br />
darunter gebildet.<br />
Dieser Prozess hob ihn auf<br />
eine Höhe von bis zu<br />
4300 Meter an, was den<br />
Vulkan zu einem der<br />
höchsten Gipfel des indonesischen<br />
Archipels machte<br />
(heute misst er noch<br />
2850 Meter). Hierbei floss<br />
das Magma aus einer<br />
grossen Kammer innerhalb<br />
des Berges ab, die sich<br />
GRÖSSENVERGLEICH<br />
TAMBORA<br />
(Indonesien)<br />
10 KM<br />
Einkommenssteuer gab es beispielsweise<br />
nicht – und im Gegenzug keine AHV. Die gibt<br />
es erst seit dem 1. Januar 1948. Den Staat,<br />
wie wir ihn heute kennen, gibt es im Grunde<br />
erst seit dem 2. Weltkrieg. Erst nach der<br />
Gründung des Bundesstaates Schweiz im<br />
Jahre 1848 übernahm der Staat nach und<br />
nach Aufgaben, die dazu führten, dass die<br />
Verwaltung effizienter werden musste – mit<br />
dem Ziel, mehr Geld durch Steuern einzutreiben.<br />
Nur so war es möglich, die Infrastrukturen<br />
und das Schulwesen für die Bedürfnisse<br />
eines dynamisch wachsenden Industriestaates<br />
und die Landesverteidigung<br />
zu finanzieren.<br />
Das «Jahr ohne Sommer» wirkte sich in<br />
der Schweiz nicht überall gleich aus. Am<br />
härtesten wurden die damals stärker industrialisierten<br />
Gegenden als der Oberaargau<br />
getroffen – vor allem in der Ostschweiz. Dort<br />
über den Zeitraum einiger<br />
Jahrhunderte erneut füllte.<br />
Die vulkanische Aktivität<br />
dieser Kammer erreichte<br />
zwischen dem 10. und 15.<br />
April 1815 eine Spitze.<br />
1815 brach der Tambora<br />
mit einer Intensität von<br />
7 auf dem Vulkanexplosivitätsindex<br />
aus – die<br />
grösste Eruption seit dem<br />
Ausbruch des Taupo in<br />
Neuseeland vor etwa<br />
26 500 bis 22 500 Jahren.<br />
Starke Niederschläge aus<br />
vulkanischer Asche reichten<br />
bis Borneo, Sulawesi<br />
und Java. Durch den Ausbruch<br />
starben mindestens<br />
71 000 Menschen auf<br />
Sumbawa und Lombok,<br />
davon 11 000 bis 12 000<br />
direkt durch die Eruption.<br />
Das durch die Eruption<br />
ausgeworfene Material bewirkte<br />
globale Klimaveränderungen,<br />
die aufgrund<br />
der Auswirkungen auf das<br />
nordamerikanische und<br />
europäische Wetter dem<br />
Jahr 1816 die Bezeichnung<br />
«Jahr ohne Sommer» einbrachten.<br />
In Teilen der<br />
nördlichen Hemisphäre<br />
kam es durch Missernten<br />
und eine erhöhte Sterblichkeit<br />
bei Nutztieren zur<br />
schlimmsten Hungersnot<br />
des 19. Jahrhunderts. Die<br />
weltweiten, indirekten<br />
Opferzahlen lassen sich<br />
nicht beziffern.<br />
VESUV<br />
(Italien)<br />
war der Selbstversorgungsgrad geringer. Ja,<br />
die Schweiz brauchte damals Entwicklungshilfe.<br />
Die Not konnte etwa in der Ostschweiz<br />
nur dank Spenden und Lebensmittellieferungen<br />
des russischen Zaren einigermassen<br />
bewältigt werden. Osteuropa wurde damals<br />
von der Klimakatastrophe viel weniger stark<br />
getroffen.<br />
FATALER VULKANAUSBRUCH<br />
Warum gab es dieses «Jahr ohne Sommer»?<br />
Niemand fand damals eine Erklärung. Und<br />
weil den Menschen die Schicksalshaftigkeit<br />
des Lebens viel stärker bewusst war als heute,<br />
wurden die schweren Zeiten als gottgegeben<br />
hingenommen. 1816 spielte das Klima<br />
verrückt. Der Winter brachte extreme Kälte.<br />
In Nordamerika und in Westeuropa gab es<br />
keinen Sommer. Heute ist diese Klimakatastrophe<br />
gut erforscht.<br />
Ein gigantischer Vulkanausbruch pustete<br />
den Sommer weg. Im April 1815 flog in Indonesien<br />
der Vulkan Tambora in die Luft. Es<br />
war der grösste Vulkanausbruch seit Menschen<br />
die Erde bewohnen. Der Ausbruch<br />
forderte mindestens 71 000 Todesopfer. Das<br />
durch die gewaltige Eruption ausgeworfene<br />
Material bewirkte globale Klimaveränderungen,<br />
die aufgrund der Auswirkungen auf das<br />
nordamerikanische und europäische Wetter<br />
dem Jahr 1816 die Bezeichnung «Jahr ohne<br />
Sommer» eingebracht haben. In Teilen der<br />
nördlichen Hemisphäre kam es durch Missernten<br />
und eine erhöhte Sterblichkeit unter<br />
Nutztieren zur schlimmsten Hungersnot des<br />
19. Jahrhunderts und zur letzten Hungersnot<br />
im Oberaargau. Aber die Kunde von diesem<br />
Vulkanausbruch vernahmen die Leute kaum<br />
– und wenn, dann stellte niemand einen Zusammenhang<br />
zwischen der Katastrophe und<br />
unserem Wetter her.<br />
GROSSE WETTERUMSTÜRZE<br />
Zu Beginn des Jahres 1816 deutete noch<br />
nichts auf die grosse Not hin. Die Ernte im<br />
Jahre 1815 war gut gewesen. Bloss ein paar<br />
Gelehrte waren ein wenig beunruhigt. Durch<br />
angerusste Glasscherben war es möglich, im<br />
Herbst 1815 mit blossem Auge Flecken auf<br />
der Sonne zu erkennen. Einige befürchteten<br />
ein Schwächerwerden der Sonne oder gar das<br />
Ende der Welt. Die aufgeklärte Öffentlichkeit<br />
machte sich über die Sonnenflecken-Manie<br />
lustig. In der Schweiz und im Oberaargau<br />
ging der Witz um, wenn man genau hinsehe,<br />
dann erkenne man in diesen Flecken Kopf und<br />
Glieder von Napoleon. Nach der verheerenden<br />
Niederlage bei Waterloo sei ihm nur noch<br />
die Sonne als Zufluchtsort geblieben.<br />
Aber dann bereitete den Menschen der<br />
schleppende Beginn des Frühlings und Sommers<br />
immer mehr Sorgen. Zwar waren Januar<br />
und Februar 1816 eher mild. Schnee<br />
und Regen wechselten sich ab. Am 10. Februar<br />
1816 setzte jedoch grimmiger Frost ein<br />
und die Kälte blieb bis im April, der so kalt<br />
war, wie normalerweise der Dezember und<br />
der Januar. Die Wintersaat verrottete auf den<br />
Feldern und nach der Aussaat konnte sich<br />
das Getreide wegen des anhaltenden kalten<br />
und nassen Wetters nicht richtig entwickeln.<br />
Noch im April gab es nicht genügend Gras,<br />
um die Kühe weiden zu lassen. Vom 5. bis<br />
zum 10. Mai soll es ununterbrochen geregnet<br />
haben. Der Sommer brachte schwere Gewitter<br />
und Hagelstürme und extreme Temperaturumstürze.<br />
Es soll jeden Monat einmal bis<br />
auf 800 Meter ü. M. geschneit haben. Den<br />
ganzen Sommer über traten Bäche und Flüsse<br />
immer wieder über die Ufer.<br />
Religiös gestimmte Menschen erwarteten<br />
Gottes Rache angesichts der Verderbtheit der<br />
Welt. Angeheizt wurde die Untergangs-<br />
Foto: geoethno<br />
24 s’Positive 9 / 2016