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Rot - Wirtschaftsnachrichten

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SERVICE<br />

Pflege: Nichts bleibt, wie es war<br />

Landesrätin Mag. a Kristina Ed-<br />

linger-Ploder (ÖVP) hat nach<br />

den steirischen Landtagswah-<br />

len 2010 den Pflegebereich vom<br />

von der SPÖ geleiteten Sozial-<br />

ressort „geerbt“. Im Interview<br />

mit <strong>Wirtschaftsnachrichten</strong>-<br />

Süd-Redakteur Christian Tho-<br />

maser verrät die Landesrätin,<br />

warum der Pflegeregress wie-<br />

der abgeschafft wurde und wie<br />

das Land Steiermark in diesem<br />

Bereich sparen will.<br />

n Frau Landesrat, der Pflegeregress<br />

wurde in der Steiermark mit 1. November<br />

2008 abgeschafft. „Und das<br />

bleibt auch so“, sagte der damals zuständige<br />

Soziallandesrat Kurt Flecker<br />

noch im Mai 2009. Warum bleibt es<br />

jetzt nicht so?<br />

Grundsätzlich muss man wissen: Auch ohne<br />

Regress sind Kinder gegenüber Eltern und<br />

umgekehrt sowie Ehegatten gegenüber Ehegatten<br />

nach dem „Allgemeinen Bürgerlichen<br />

Gesetzbuch“ (AGBG) unterhaltspflichtig.<br />

Der Regress tritt nun an die Stelle der Unterhaltspflicht<br />

laut AGBG und nimmt besser<br />

Rücksicht auf die Möglichkeiten des Einzelnen.<br />

Der Regress verhält sich zur Unterhaltspflicht<br />

wie die Lohnsteuer zur Einkommensteuer.<br />

Beim Regress handelt sich um eine<br />

„Einhebungsart“, deren Ausgestaltung günstiger<br />

ist als die zivilrechtliche Regelung im<br />

Unterhaltsrecht. Die Regelungen im Sozialhilferecht<br />

des Landes sind also günstiger als<br />

der zivilrechtlich – außerdem einklagbare –<br />

Unterhalt. Die Regelung aus 2008 hat bei<br />

Betroffenen viel Unmut ausgelöst, als sie<br />

draufgekommen sind, dass sie auch nach abgeschafftem<br />

Regress zahlen müssen, teilweise<br />

sogar mehr. Auch deshalb war die Änderung<br />

notwendig.<br />

n Hat man die Kosten damals unterschätzt<br />

oder war der Zustrom in die<br />

Pflegeheime größer als erwartet?<br />

Beides ist mit „Ja“ zu beantworten. Viele<br />

Menschen glaubten, dass man mit der Ab-<br />

WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN 4/2011<br />

LR Mag. a Edlinger-Ploder klärt in Sachen<br />

Pflege auf. Foto: Symbolpictures<br />

schaffung des Regress nun nichts mehr zahlen<br />

muss und waren überrascht, dass der gesetzliche<br />

Unterhalt in vielen Fällen plötzlich<br />

an die Stelle des Regresses trat. Das hat zu<br />

sehr unguten Situationen geführt, wenn etwa<br />

die Behörde stellvertretend für zu Pflegende<br />

den Klagsweg beschreiten musste.<br />

n Viele Menschen stellen sich die Frage:<br />

Ja, hat man denn 2008 noch nicht gewusst,<br />

dass man sich die Abschaffung<br />

des Pflegeregresses nicht leisten kann?<br />

Was antworten Sie diesen Menschen?<br />

Damals befand man sich in einer aktuellen<br />

Debatte, die eben so gelaufen ist. Man hätte<br />

den Pflegregress auch abgeschafft lassen<br />

können, hätte es eine bundeseinheitliche Lösung<br />

gegeben. Wenn Sie so wollen, handelt<br />

es sich um eine Notwehrreaktion des Landes<br />

nicht unbedingt zum Nachteil der Betroffenen.<br />

Die anderen Länder werden folgen<br />

(müssen).<br />

n Kommt der Pflegeregress wieder in<br />

der Form, wie er bis November 2008<br />

war?<br />

Nein, das neue System geht – in Anlehnung<br />

an das Regresssystem des Steiermärkischen<br />

Mindestsicherungsgesetzes – von dem<br />

Grundgedanken aus, dass die Ersatzpflicht<br />

(in Maximalhöhe der Sozialhilfeleistung)<br />

vom Angehörigenverhältnis sowie von der<br />

Einkommenssituation der ersatzpflichtigen<br />

Personen abhängig ist.<br />

n Wenn der Pflegeregress wieder<br />

kommt, gibt es aber auch noch die Unterhaltspflicht.<br />

Wer muss künftig wofür<br />

aufkommen?<br />

Die zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtung<br />

besteht unabhängig von einer eventuellen Ersatzpflicht<br />

nach dem StSHG. Falls einem<br />

Hilfeempfänger ein Unterhalt zufließt, ist<br />

dieser bei der Berechnung des Einkommens<br />

zu berücksichtigen.<br />

Fließt kein Unterhalt, so besteht in Hinblick<br />

auf titulierte Unterhaltsansprüche des Hilfeempfängers<br />

eine Rechtsverfolgungspflicht.<br />

Bei der Bemessung der Ersatzpflicht ist<br />

schließlich ein für den Zeitraum der Inanspruchnahme<br />

der Sozialhilfeleistungen bereits<br />

geleisteter Unterhalt in Abzug zu bringen.<br />

n Der Pflegeregress wird laut ersten<br />

Meldungen in zwei Schritten wiedereingeführt:<br />

Ab 1. August für Menschen,<br />

die ab diesem Zeitpunkt in ein<br />

Heim müssen, und ab 1.1.2012 für all<br />

jene, die schon jetzt in einer solchen<br />

Einrichtung gepflegt werden.<br />

Diese Aussage ist korrekt. Es darf allerdings<br />

darauf hingewiesen werden, dass Hilfeempfänger,<br />

denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens<br />

der neuen Regelungen eine Hilfeleistung gewährt<br />

wird, bis zum 31. Dezember 2011 einen<br />

neuen Antrag auf Hilfeleistung zu stellen<br />

haben. Bis zur Entscheidung über den Antrag<br />

ist die bisherige Hilfeleistung weiterzugewähren.<br />

Wird kein Antrag oder der neue Antrag<br />

nicht fristgerecht eingebracht, ist die<br />

Hilfeleistung ab 1. Jänner 2012 einzustellen.<br />

n Sie haben in Ihrer Budgetpressekonferenz<br />

angekündigt, dass bei den Heimen<br />

gespart werden wird. Wie sehen<br />

diese Sparpläne im Detail aus?<br />

• Anhebung der Anzahl der zu betreuenden<br />

Personen von vier auf bis zu sechs Personen<br />

bei Pflegeplätzen;<br />

• Beschäftigungsverpflichtung einer Fachkraft<br />

aus dem gehobenen Dienst für Gesundheits-<br />

und Krankenpflege mit einer Ausbildung<br />

zum mittleren Management für den Bereich<br />

„Pflege“ in einem Pflegeheim;<br />

• Eintragungsverpflichtung der Heimträger<br />

in die von der Landesregierung eingerichtete<br />

Datenbank;<br />

• Änderung der Bestimmung über den teilweisen<br />

oder gänzlichen Entzug einer Bewilligung;<br />

• Neufassung der Strafbestimmungen,<br />

einschließlich einer Erhöhung der Höchststrafen;

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