Rot - Wirtschaftsnachrichten
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Gut die Hälfte der weiblichen Jugendlichen in der Steiermark und<br />
Kärnten interessiert sich seit Jahrzehnten nur für drei Berufe:<br />
Einzelhandels-, Bürokauffrau und Friseurin. Damit wählen<br />
Mädchen automatisch auch ein niedrigeres Gehalt. Denn die beliebtesten<br />
männlichen Lehrberufe, KFZ-, Elektro- und Maschinenbautechniker,<br />
werden wesentlich besser bezahlt. Die Technik war lange<br />
eine reine Männerdomäne. Doch dank der Initiative engagierter Unternehmen<br />
begeistern sich immer mehr Mädchen für technische Berufe.<br />
Der Grund für die Initiativen der Unternehmen ist pragmatisch: Vor<br />
dem aktuellen demografischen Hintergrund machen sich Engpässe<br />
am Arbeitsmarkt bemerkbar. Technisch ausgebildete Frauen sind ein<br />
wichtiger Faktor für einen Wirtschaftsstandort. Nach dem Ende der<br />
Kurzarbeit in der Metall- und Elektronikbranche wächst der Bedarf<br />
an neuen Arbeitskräften in der Industrie. Hier gelte es anzusetzen,<br />
betont Manfred Juricek, Leiter des AMS Mürzzuschlag: „Das Thema<br />
der Zukunft lautet, Frauen stärker für technische Berufe zu interessieren,<br />
vor allem für Lehrberufe, um dem Bedarf in der Region gerecht<br />
zu werden.“<br />
Beim Summercamp des steirischen Autoclusters bekommen Mädchen<br />
im Alter von zehn bis 14 Jahren einen spielerischen Einblick in die<br />
Automobilbranche. Foto: ACstyria<br />
Anerzogene Scheu überwinden<br />
Auch Sabine Sattler von „Faszination Technik“, einer Initiative der<br />
Wirtschaftskammer Steiermark, hebt den Arbeitsmarktfaktor hervor:<br />
„Es ist auf alle Fälle notwendig, dass Mädchen vermehrt technische<br />
Berufe erlernen“, so Sattler. Die wichtigsten Fördermaßnahmen dafür<br />
seien Information, Sensibilisierung und die Möglichkeit, technische<br />
Berufe kennen zu lernen. Die WK Steiermark unterstützt daher den<br />
Girls Day, an dem Mädchen steiermarkweit die Möglichkeit haben,<br />
in technische Berufe zu schnuppern. Durch praktische Übungen an<br />
Werkstücken soll die „anerzogene Scheu“ vor diesen Berufen genommen<br />
werden. Weitere Initiativen sind der Töchtertag und die Initiative<br />
„Frauen in die Technik“.<br />
Um Mädchen als Lehrlinge zu gewinnen, engagieren sich aber vor<br />
allem die Unternehmen selbst immer stärker. „Die Motivation dieser<br />
Betriebe ist der Mangel an genügend geeigneten Lehrlingen“, sagt<br />
Beate Staudacher von der Wirtschaftskammer Kärnten. „Jedes Jahr<br />
wird die Suche nach notwendigen Lehrlingen schwieriger, und man<br />
möchte die große Gruppe der jungen Frauen nicht außer Acht lassen<br />
– vor allem auch, weil man mit den wenigen Mädchen, die bereits<br />
TRADITIONELLE BERUFSWAHL<br />
Die beliebtesten Lehrberufe 2010<br />
(männlich) – n Steiermark / n Kärnten<br />
KFZ-Techniker:<br />
1165<br />
530<br />
Elektrotechniker:<br />
1063<br />
486<br />
Maschinenbautechniker:<br />
908<br />
456<br />
Die beliebtesten Lehrberufe 2010<br />
(weiblich) – n Steiermark / n Kärnten<br />
Einzelhandelskauffrau:<br />
1601<br />
930<br />
Bürokauffrau:<br />
740<br />
335<br />
Friseurin/Stylistin:<br />
657<br />
367<br />
FRAUEN STÜRMEN UNIS<br />
COVERSTORY<br />
Frauenanteil an den Absolventen nach ausgewählten Studiengängen<br />
an österreichischen Universitäten im Studienjahr<br />
2008/09 (in Prozent):<br />
Landschaftsplanung und -pflege: 70<br />
Lebensmittel- und Biotechnologie: 55<br />
Raumplanung und Raumordnung: 46<br />
Chemie: 48<br />
Technische Chemie: 44<br />
Physik: 23<br />
Informatik: 16<br />
Mechatronik: 5<br />
ausgebildet werden, sehr gute Erfahrungen macht.“ Es gehe um Lehrberufe<br />
wie Kunststofftechnikerin, Mechatronikerin, Maschinenfertigungs-<br />
und IT-Technikerin. Spitzenreiter bei den nichttraditionellen<br />
Lehrberufen in Kärnten sind derzeit Malerin (62 Mädchen), Maschinenbautechnikerin<br />
(51 Mädchen) sowie Elektrobetriebs- und Metallbearbeitungstechnikerin<br />
(jeweils 17 Mädchen).<br />
Lust auf technische Berufe machen<br />
„Das Ziel der Projekte ist es, Mädchen in den Schulen der Umgebung<br />
mit ganz speziellen Programmen, Informationsveranstaltungen und<br />
Workshops für die jeweiligen Lehrberufe zu interessieren“, erläutert<br />
Staudacher. Die Initiative ergriffen hat die Kärntner Firma Flextronics,<br />
die ihren Mädchenanteil von derzeit 22,5 Prozent heben will.<br />
Weibliche Lehrlinge des Treibacher Unternehmens sind in den<br />
Haupt- und polytechnischen Schulen des Bezirks unterwegs, um in<br />
Gesprächen und Vorträgen rund 400 Schülerinnen der 7. bis 9. Schulstufen<br />
Lust auf technische Berufe machen.<br />
Dieser Zugang hat sich bei anderen Projekten schon oft als sehr erfolgreich<br />
herausgestellt. Denn gegenüber Jugendlichen haben die<br />
Schülerinnen wesentlich weniger Hemmungen und trauen sich nachzufragen.<br />
Außerdem erfahren sie aus erster Hand, was in der Realität<br />
auf sie zukommt, wie ihr Arbeitsalltag aussieht. Unterstützt werden<br />
die Lehrlinge von Flextronics von Pädagoginnen des Mädchenzen-<br />
WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN 4/2011 9