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Unternehmensindividuelle Strategiearbeit in KMU - Gesellschaft für ...

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<strong>Unternehmens<strong>in</strong>dividuelle</strong><br />

<strong>Strategiearbeit</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>KMU</strong>*<br />

Erfahrungen, Beispiele und Werkzeuge<br />

*kle<strong>in</strong>e und mittlere Unternehmen<br />

Dr. Jürgen Dahmer<br />

Romanus Hagemann<br />

Stefan Kaiser<br />

GfAH


<strong>Unternehmens<strong>in</strong>dividuelle</strong><br />

kle<strong>in</strong>ere und mittlere Unternehmen<br />

<strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>*<br />

Erfahrungen, Beispiele und Werkzeuge<br />

Dr. Jürgen Dahmer, GfAH mbH, Dortmund<br />

Romanus Hagemann, SOVITAL Life & Nutri-Science GmbH, Karben<br />

Stefan Kaiser, Kaiser Lacke GmbH, Nürnberg<br />

Diese Arbeit ist im Rahmen des Verbundvorhabens „Instrumente zur Etablierung<br />

kunden<strong>in</strong>dividueller Geschäftsmodelle <strong>in</strong> der Chargen<strong>in</strong>dustrie“ entstanden.<br />

Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde mit Mitteln des<br />

Bundesm<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Bildung und Forschung (BMBF) <strong>in</strong>nerhalb des<br />

Rahmenkonzeptes „Forschung <strong>für</strong> die Produktion von morgen“<br />

(Förderkennzeichen 02 PD 1161) gefördert und vom Projektträger<br />

Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA), Bereich Produktion und<br />

Fertigungstechnologien (PFT), betreut.<br />

Vorlaufende Erfahrungen mit e<strong>in</strong>er systematischen <strong>Strategiearbeit</strong> wurden <strong>in</strong><br />

den folgenden beiden Verbundprojekten gewonnen:<br />

�� „Humanressourcen als Engpassfaktor <strong>für</strong> die Entwicklung von kle<strong>in</strong>en<br />

und mittleren Unternehmen“ gefördert von DLR, PT Arbeitsgestaltung<br />

und Dienstleistungen beim Bundesm<strong>in</strong>isterium <strong>für</strong> Bildung und<br />

Forschung; Förderkennzeichen 01 HL 0021.<br />

�� „Stetige Innovation von Produkten und Prozessen als Voraussetzung<br />

nachhaltiger Entwicklung von kle<strong>in</strong>eren Unternehmen“, e<strong>in</strong>e vom Land<br />

NRW und von der Europäischen Union f<strong>in</strong>anzierte QUATRO-<br />

Maßnahme (Qualifizierung, Arbeit, Technik, Arbeitsorganisation);<br />

Aktenzeichen 92-V52A-0236.<br />

Die Broschüre „<strong>Unternehmens<strong>in</strong>dividuelle</strong> <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>“ ist als kostenloser Download<br />

unter www.potenzial-check.de erhältlich oder zum Preis von 7,50 EUR zu beziehen bei:<br />

<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Arbeitsschutz- und<br />

Humanisierungsforschung mbH (GfAH)<br />

Friedensplatz 6<br />

44135 Dortmund<br />

Telefon: (0231) 55 69 76-0<br />

Fax: (0231) 55 69 76-30<br />

e-mail: <strong>in</strong>fo@gfah-do.de<br />

www.gfah.de<br />

www.potenzial-check.de<br />

ISBN: 3-927671-55-Y<br />

Copyright© by GfAH, Dortmund 2003<br />

Verlag: Verlag der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Arbeitsschutz-<br />

und Humanisierungsforschung mbH (GfAH), Dortmund


Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................... 3<br />

Abbildungsverzeichnis................................................................................................................ 4<br />

1 E<strong>in</strong>führung .........................................................................................................................5<br />

2 Die Herausforderung.........................................................................................................6<br />

2.1 E<strong>in</strong> neues strategisches Denken und Handeln ist gefordert.......................................6<br />

2.2 <strong>KMU</strong> haben e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik..................................................................7<br />

2.3 Eigenschaften erfolgreicher Werkzeuge....................................................................9<br />

3 Der Potenzial-Check: E<strong>in</strong> Weg zur systematischen <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>KMU</strong> .................................................................................................................................11<br />

3.1 Das Werkzeug .........................................................................................................11<br />

3.2 Die Vorgehensweise: Strategien entwickeln, umsetzen und verankern ..................11<br />

3.2.1 Workshop I und II: „Bestandsaufnahme und Positionierung“ ...................12<br />

3.2.2 Der Workshop III: „Beteiligung“ ...............................................................21<br />

4 Der Potenzial-Check im Beispiel der Firma „AKRA“ .................................................22<br />

4.1 Das Unternehmen, se<strong>in</strong>e Ziele und Potenziale ........................................................22<br />

4.2 Die Ergebnisse des Beteiligungsworkshops............................................................24<br />

4.3 Die nächsten Schritte - Planung, Umsetzung und Revision ....................................27<br />

5 Formen der <strong>Strategiearbeit</strong> ............................................................................................29<br />

5.1 Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong>: das Beispiel der Firma „STABA“......................29<br />

5.1.1 Das Unternehmen, se<strong>in</strong>e Ziele und Potenziale ...........................................29<br />

5.1.2 Die erstmalige Durchführung des Potenzial-Checks..................................30<br />

5.1.3 Revisionen, Bestandsaufnahmen und Umsetzungsworkshops ...................30<br />

5.1.4 Revisions-Experimente...............................................................................31<br />

5.1.5 Strategie- und Werkzeuglernen ..................................................................32<br />

5.2 Von der konzeptgeleiteten zur e<strong>in</strong>gebetteten <strong>Strategiearbeit</strong>: das<br />

Beispiel der Firma KREM.......................................................................................35<br />

5.2.1 Das Unternehmen, die Ziele und Potenziale ..............................................35<br />

5.2.2 Erstmaliger Potenzial-Check: konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong>..................36<br />

5.2.3 Revisionen, Bestandsaufnahmen und Maßnahmenumsetzung:<br />

e<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong>.........................................................................36<br />

6 Kompetenzmuster von <strong>KMU</strong>..........................................................................................38<br />

7 Schlussfolgerungen ..........................................................................................................41<br />

7.1 Die Kompetenzen....................................................................................................42<br />

7.2 Das Werkzeug .........................................................................................................42<br />

7.3 Die Verankerung der <strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen ...........................................44<br />

3


Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 1: Zentrale Merkmale von <strong>KMU</strong> .....................................................................................8<br />

Abb. 2: Erfolgsfaktoren von Instrumenten...............................................................................9<br />

Abb. 3: Die drei Stufen der Strategieentwicklung..................................................................12<br />

Abb. 4: Erfolgsvoraussetzungen und Rollen der Beteiligten..................................................13<br />

Abb. 5: Die Inhalte der Basismodule......................................................................................14<br />

Abb. 6: Beschäftigtenzahl ......................................................................................................16<br />

Abb. 7: Früherkennung...........................................................................................................18<br />

Abb. 8: Kundenzufriedenheit .................................................................................................20<br />

Abb. 9: Die Entwicklungsstrategie der Firma AKRA............................................................23<br />

Abb. 10: Verbesserungsbereiche der Firma AKRA,<br />

Ausschnitt „Kunden und F<strong>in</strong>anzen“ ..........................................................................24<br />

Abb. 11: Maßnahmenplan der Firma AKRA ...........................................................................26<br />

Abb. 12: Die lernende Strategie ...............................................................................................27<br />

Abb. 13: Die Stufen der Unternehmensreife der Firma STABA ............................................. 33<br />

Abb. 14: Rangreihe der Excellence-Konzepte nach der Reifestufe der 15 <strong>KMU</strong> ....................39<br />

Abb. 15: Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>............................................................41<br />

4


1 E<strong>in</strong>führung<br />

Ziel dieser Broschüre ist es, Wege und Werkzeuge zur Entwicklung, Umsetzung und Verankerung<br />

von Strategie <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en und mittleren Unternehmen aufzuzeigen (im folgenden als<br />

„<strong>KMU</strong>“ abgekürzt).<br />

Um den Besonderheiten von <strong>KMU</strong> gerecht zu werden, gilt es <strong>in</strong>sbesondere zu fragen:<br />

• Was wissen und können <strong>KMU</strong>? Wo s<strong>in</strong>d ihre Stärken? Wo liegen ihre Schwachstellen<br />

und wie gehen sie damit um?<br />

• Wie sieht die Art und Weise der Strategieentwicklung, -umsetzung und -verankerung<br />

aus? Was zeichnet geeignete Hilfsmittel und Werkzeuge aus?<br />

E<strong>in</strong> Werkzeug, das die <strong>Strategiearbeit</strong> von <strong>KMU</strong> unterstützen kann, ist der „Potenzial-Check“.<br />

Er ist an die Voraussetzungen und Möglichkeiten von <strong>KMU</strong> angepasst, antizipiert die Vielfalt<br />

der Bed<strong>in</strong>gungen und bietet deshalb nicht nur Anleitung zu e<strong>in</strong>er systematischen<br />

<strong>Strategiearbeit</strong>, sondern lässt auch Zwischenstufen zu. Im Spannungsfeld zwischen den<br />

Besonderheiten und der Individualität von <strong>KMU</strong> auf der e<strong>in</strong>en Seite und den allgeme<strong>in</strong>en<br />

Konzepten des Potenzial-Checks auf der anderen Seite wird e<strong>in</strong> Lernprozess im Unternehmen<br />

<strong>in</strong>itiiert. In dessen Verlauf werden die allgeme<strong>in</strong>en Konzepte sukzessive kontextualisiert und<br />

angeeignet, e<strong>in</strong>e unternehmens<strong>in</strong>dividuelle Strategie entwickelt und e<strong>in</strong>e geeignete Vorgehensweise<br />

herausgearbeitet.<br />

Die Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> werden anhand ausgewählter Ergebnisse von Strategieberatungen<br />

<strong>in</strong> <strong>in</strong>sgesamt 15 <strong>KMU</strong> dargelegt. Sie wurden im Zeitraum von Anfang 2000<br />

bis Mitte 2003 durchgeführt. Mit e<strong>in</strong>er Ausnahme s<strong>in</strong>d alle Unternehmen von den Eigentümern<br />

geführt. In der Mehrzahl der Unternehmen bewegt sich die Mitarbeiterzahl zwischen<br />

40 und 60 Beschäftigten; das kle<strong>in</strong>ste Unternehmen hat 5 und das größte 82 Mitarbeiter. Die<br />

Firmen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em breiten Spektrum verschiedenster Branchen angesiedelt, die vom Stahlund<br />

Anlagenbau über Druck, Leder, Logistik, Baustoffhandel, Lack und Nahrungsmittel bis<br />

zum Garten- und Landschaftsbau reichen. Insgesamt gehören vier Firmen zum Dienstleistungsbereich,<br />

die Mehrzahl aber s<strong>in</strong>d produzierende Unternehmen. Davon s<strong>in</strong>d vier Chargenproduzenten,<br />

die sich durch e<strong>in</strong>e „kunden<strong>in</strong>dividuelle Massenproduktion“ auszeichnen 1 ; die<br />

anderen fertigen vorwiegend Unikate und Kle<strong>in</strong>stserien. Aus Gründen des Datenschutzes und<br />

der Vertraulichkeit werden Namen und sensible betriebliche Daten herausgenommen oder<br />

verfremdet. H<strong>in</strong>zuweisen ist auf die beiden Unternehmen Kaiser Lacke, Nürnberg und<br />

SOVITAL & Nutri-Science, Karben. Als Partner im Verbundprojekt „Instrumente zur<br />

Etablierung kunden<strong>in</strong>dividueller Geschäftsmodelle <strong>in</strong> der Charge<strong>in</strong>dustrie“, gefördert vom<br />

Projektträger PFT, Projektträgerschaft Produktion und Fertigungstechnologie des<br />

Bundesm<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Bildung und Forschung, leisteten sie e<strong>in</strong>en wesentlichen Beitrag im<br />

Prozess der Entwicklung des Potenzial-Checks.<br />

Im Fokus der folgenden Darstellung stehen strategische Aktivitäten der Unternehmen im<br />

engeren S<strong>in</strong>ne. Erfahrungen und Vorschläge zur Gestaltung der konkreten Umsetzung von<br />

Maßnahmen werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Broschüre zum Thema Projektmanagement dargelegt. Ferner ist<br />

darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass die Beherrschung der F<strong>in</strong>anzen als e<strong>in</strong>e der Kernaufgaben des<br />

Unternehmens natürlich die entsprechende Berücksichtigung im Potenzial-Check f<strong>in</strong>det, aber<br />

nicht im Zentrum dieses Beitrages steht.<br />

1 P<strong>in</strong>e, B. J. (1993). Mass Customization: The New Frontier <strong>in</strong> Bus<strong>in</strong>ess Competition. Boston.<br />

5


2 Die Herausforderung<br />

2.1 E<strong>in</strong> neues strategisches Denken und Handeln ist gefordert<br />

E<strong>in</strong>es der grundlegenden Probleme von Unternehmen besteht dar<strong>in</strong>, die Zukunft nicht vorhersagen<br />

zu können oder gar, im extremsten Fall, mit e<strong>in</strong>er pr<strong>in</strong>zipiellen Unprognostizierbarkeit<br />

von Markt-, Kunden- und Wettbewerbsstrukturen konfrontiert zu se<strong>in</strong>. Diese Schwierigkeiten<br />

werden durch e<strong>in</strong>e zunehmende Intransparenz, Dynamik, Diskont<strong>in</strong>uität und Vielfalt der<br />

relevanten Bed<strong>in</strong>gungen im Unternehmensumfeld und dem Unternehmen noch gesteigert. Die<br />

Leitung von Unternehmen ist deshalb e<strong>in</strong>em hohen Maß an Unsicherheit bei gleichzeitiger<br />

Forderung nach Führung, Vorgaben und Planungssicherheit ausgesetzt. Persönliche Grenzen<br />

werden erreicht und es wächst die E<strong>in</strong>sicht, dass e<strong>in</strong>e veränderte, <strong>in</strong>tensivere Beschäftigung<br />

mit Zukunfts- und Überlebensfragen des Unternehmens dr<strong>in</strong>gend notwendig ist.<br />

Strategische Unternehmensführung f<strong>in</strong>det zwar <strong>in</strong> jedem Unternehmen statt, häufig jedoch <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er vorwiegend impliziten, <strong>in</strong>tuitiven Form. Demgegenüber will der Begriff strategisches<br />

Management strategisches Denken und Handeln explizit bewusst machen, rationalisieren und<br />

die Entwicklung von Unternehmen gezielt gestalten. Aufgegriffen werden Themen, die als<br />

überlebenswichtig <strong>für</strong> die Entwicklung des Unternehmens nach außen zur Umwelt und nach<br />

<strong>in</strong>nen zu sich selbst angesehen werden.<br />

Im Unterschied zu Modellen der Totalplanung, die davon ausgehen, die Entwicklung von<br />

Unternehmen könne vollumfänglich gesteuert werden oder zu Annahmen, nach denen die<br />

Unternehmensentwicklung pr<strong>in</strong>zipiell unsteuerbar ist und nur e<strong>in</strong> Durchwursteln bleibt, wird<br />

hier e<strong>in</strong>e dritte Sichtweise favorisiert: Strategieentwicklung als geplante Evolution 2 . Dabei<br />

dient e<strong>in</strong>e grob gerasterte, konzeptionelle Gesamtsicht des Unternehmens zur Steuerung der<br />

e<strong>in</strong>zelnen Unternehmensschritte und jeder konkrete Schritt hat wiederum Auswirkungen auf<br />

die Gesamtsicht und führt zu deren Modifikation und Konkretisierung. Woh<strong>in</strong> die<br />

Unternehmensentwicklung letztlich geht bleibt offen.<br />

Die beteiligten Akteure lernen im Prozess aus ihren Erfahrungen und gew<strong>in</strong>nen Rückschlüsse<br />

<strong>für</strong> ihre weiteren Vorgehensweisen. In dem fortlaufenden kollektiven Lernprozess werden<br />

Ideen generiert, geprüft und durch Erfahrungen bestätigt oder revidiert. Dieser Prozess bewegt<br />

sich im Spannungsfeld von deduktiv abgeleiteten Ideen und <strong>in</strong>duktiv gewonnener Erfahrung<br />

sowie top-down-Planungen und bottom-up-Initiativen. In e<strong>in</strong>er solchen erweiterten Sicht s<strong>in</strong>d<br />

strategische Aktivitäten nun nicht mehr e<strong>in</strong>e exklusive Aufgabe der betrieblichen Führung,<br />

sondern sie werden vielmehr zur betrieblichen Geme<strong>in</strong>schaftsaufgabe. E<strong>in</strong>e lebendige, erfolgreiche<br />

Strategie besteht nicht nur aus Analysieren und Planen, sondern auch aus Umsetzen,<br />

Prüfen und Korrigieren und bedarf weit mehr als ausschließlich Managementaktivitäten: Für<br />

e<strong>in</strong>e solche umfassenden Perspektive steht der Begriff „<strong>Strategiearbeit</strong>“.<br />

2<br />

vgl. dazu Kirsch, W. (1997). Wegweiser zur Konstruktion e<strong>in</strong>er evolutionären Theorie der strategischen<br />

Führung. München.<br />

6


2.2 <strong>KMU</strong> haben e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik<br />

<strong>KMU</strong> s<strong>in</strong>d anders<br />

Viele Aktivitäten e<strong>in</strong>er professionellen Unternehmensgestaltung <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> folgten und folgen<br />

der Prämisse „lernt von den Großen und übertragt deren Konzepte auf die Kle<strong>in</strong>en“. Bei all<br />

diesen Ansätzen ist man jedoch mehr oder weniger schnell auf schier unüberw<strong>in</strong>dbare H<strong>in</strong>dernisse<br />

gestoßen: <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> s<strong>in</strong>d nicht nur die f<strong>in</strong>anziellen und personellen Ressourcen knapp<br />

und lediglich e<strong>in</strong> begrenzter Zugriff auf externe F<strong>in</strong>anzierungsquellen möglich, sondern es<br />

fehlt auch an Experten und systematisierten, im Unternehmen verbreiteten Planungs- und<br />

Regelsystemen. So scheiterten beispielsweise Bemühungen Controll<strong>in</strong>gsysteme wie die<br />

Balanced Scorecard oder fortschrittliche Entgeltsysteme e<strong>in</strong>zuführen schon daran, dass <strong>in</strong> der<br />

Regel ke<strong>in</strong>e Kennzahlen vorhanden s<strong>in</strong>d. Ferner ist <strong>in</strong> der Mehrzahl der Betriebe weder e<strong>in</strong><br />

Konzept zur Personalentwicklung und Weiterbildung noch zum Innovations- und Wissensmanagement<br />

erkennbar, elaborierte Konzepte zur Früherkennung von Chancen und Risiken<br />

s<strong>in</strong>d weitgehend unbekannt und auch das strategische Management ist als unzureichend zu<br />

kennzeichnen.<br />

Während im skizzierten Defizit-Modell den <strong>KMU</strong> vorwiegend Schwächen zugewiesen werden,<br />

gesteht ihnen e<strong>in</strong>e andere Perspektive e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik zu. Damit eröffnen<br />

sich völlig neue Möglichkeiten ihrer Beurteilung. So werden <strong>KMU</strong> folgende wesentliche<br />

Eigenschaft zugeschrieben: Sie s<strong>in</strong>d ausgeprägt kundenorientiert, können aufgrund der zentralen<br />

Position des Eigentümers und des übersichtlichen Führungssystems sehr schnell Entscheidungen<br />

treffen und besitzen im Unterschied zu den Großbetrieben e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere<br />

Arbeitsteilung und e<strong>in</strong>e damit e<strong>in</strong>hergehende ger<strong>in</strong>ge Expertendichte <strong>in</strong> unterstützenden<br />

Bereichen. In der Konsequenz s<strong>in</strong>d die Leitungstätigkeiten multifunktional und e<strong>in</strong> ansonsten<br />

verteiltes Wissen ist auf wenige Köpfe zentriert. Insgesamt ist die Integration verschiedener<br />

Wissensgebiete <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Köpfen sehr ausgeprägt und die Schlüssel-Integratoren des<br />

Wissens s<strong>in</strong>d weniger explizite, theoriebegründete Strukturen, als vielmehr implizite, arbeitsbed<strong>in</strong>gte<br />

Erfahrungen.<br />

Es ist vor allem diese stille, sich im Arbeitshandeln e<strong>in</strong>zelner betrieblicher Personen und<br />

Gruppen vollziehende Wissenserzeugung und -<strong>in</strong>tegration die erklären kann, warum <strong>KMU</strong><br />

nur aus ihrer eigenen Handlungslogik begriffen werden können. Gefordert ist damit nicht nur<br />

e<strong>in</strong> Wandel der Denkweisen, sondern auch die Entwicklung anderer, <strong>KMU</strong>-geeigneter Methoden<br />

und Instrumente. Da das Lernen <strong>in</strong> der Arbeit die zentrale Aneignungsform ist und große<br />

Teile des Wissens implizit s<strong>in</strong>d, sollte sich das Augenmerk verstärkt auf dazu passende Möglichkeiten<br />

der Erfahrungsreflexion und Wissens<strong>in</strong>tegration richten.<br />

7


Abb. 1: Zentrale Merkmale von <strong>KMU</strong><br />

<strong>KMU</strong> s<strong>in</strong>d eigen<br />

Jedes Unternehmen hat se<strong>in</strong>e eigene Herkunft, Kultur und Organisation, durchläuft e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Phase se<strong>in</strong>es Lebenszyklus, steckt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er spezifischen Markt- und Wettbewerbssituation<br />

und ist dementsprechend <strong>in</strong>dividuell zu behandeln: es gibt ke<strong>in</strong>en one-best-way.<br />

Während die Eigenheit jedes <strong>KMU</strong>s e<strong>in</strong> gegebenes Faktum ist, gilt dies <strong>für</strong> den Begriff der<br />

E<strong>in</strong>zigartigkeit nicht. E<strong>in</strong>zigartigkeit muss vielmehr erarbeitet werden. Wie <strong>in</strong>sbesondere die<br />

Krisenerfahrungen der letzten Jahre zeigten, ist es <strong>für</strong> <strong>KMU</strong> existenzbedrohend, wenn es<br />

ihnen nicht gel<strong>in</strong>gt sich <strong>in</strong> ihren Märkten durch besondere, dem Kunden nützliche und durch<br />

Konkurrenten schwer kopierbare und damit e<strong>in</strong>zigartige Leistungen zu unterscheiden. Diese<br />

setzen entwickelte Kernkompetenzen bzw. e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige Komb<strong>in</strong>ation verschiedener Wissensgebiete<br />

voraus. Wissenserzeugung ist wiederum die Quelle aus der sich die Kompetenzen<br />

speisen – und die Art der Wissenserzeugung und -<strong>in</strong>tegration hat <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> e<strong>in</strong>en ganz besonderen<br />

Charakter, wie oben skizziert.<br />

Es geht also bei der strategischen Arbeit mit <strong>KMU</strong> nicht nur darum ihre gegebene Eigenheit<br />

zu akzeptieren und zu berücksichtigen, sondern darüber h<strong>in</strong>aus ganz gezielt zu fördern. Ersteres<br />

heißt, nicht mehr alle Firmen über e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Leisten zu schlagen und nach sche<strong>in</strong>bar<br />

allgeme<strong>in</strong>gültigen Regeln zu gestalten und letzteres bedeutet die Ausrichtung auf e<strong>in</strong>zigartige<br />

Leistungen.<br />

8<br />

ger<strong>in</strong>ge<br />

Arbeitsteilung<br />

und<br />

Expertendichte / /<br />

vielfältige<br />

Aufgaben / / breites<br />

Wissen<br />

knappe zeitliche<br />

und f<strong>in</strong>anzielle<br />

Ressourcen<br />

kurze Wege / /<br />

abstimmen auf<br />

Zuruf / / Hand <strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Hand arbeiten / /<br />

Lernen <strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />

Arbeit<br />

zentrale Stellung<br />

des Inhabers / /<br />

übersichtliche<br />

Führung / / schnelle<br />

Entscheidungen


2.3 Eigenschaften erfolgreicher Werkzeuge<br />

Die bisherigen Ausführungen verdeutlichten, dass es zwischen Großbetrieben und <strong>KMU</strong><br />

wesentliche Unterschiede bis h<strong>in</strong> zu äußerst differenten Handlungslogiken gibt. Deshalb s<strong>in</strong>d<br />

die zumeist im großbetrieblichen Kontext entstandenen Instrumente und Methoden auch nicht<br />

umstandslos auf kle<strong>in</strong>ere Firmen zu übertragen. Damit Methoden und Instrumente auch<br />

tatsächlich erfolgreiche Werkzeuge der Problemlösung <strong>für</strong> <strong>KMU</strong> werden, müssen sie bestimmte<br />

Voraussetzungen erfüllen. Dies zeigt die Abb. 2:<br />

Ergebnisorientierung<br />

Wozu?<br />

Handlungserfolge<br />

(schnelle)<br />

Abb. 2: Erfolgsfaktoren von Instrumenten 3<br />

In jedem Falle müssen Instrumente e<strong>in</strong>e Antwort auf die folgenden drei Fragen geben können:<br />

Sach-, Ergebnis- und Prozessorientierung<br />

Mitlernen Dritter<br />

(geme<strong>in</strong>sames Verständnis)<br />

UnternehmensUnternehmenskontext/-zielekontext/-ziele<br />

Sachorientierung<br />

Was?<br />

• das Was: Auf welche Sache beziehen sie sich, s<strong>in</strong>d sie fachlich richtig?<br />

• das Wozu: Welches Ergebnis wird <strong>in</strong>tendiert?<br />

Prozessorientierung<br />

Wer, wie?<br />

Können<br />

(nicht nur Verstehen)<br />

Herausforderung: nachhaltigen Anwendungserfolg und Verbreitung sichern<br />

���� impulssetzende Lösungen<br />

• das Wer und Wie: Welche Anwendungsregeln leiten den Prozess und welche Personen,<br />

Funktionsträger s<strong>in</strong>d beteiligt?<br />

3<br />

Vgl. Volkholz, V. (2001). GfAH-Methodenbank im Gestaltungsfeld „Personal und Wissen“.<br />

Unveröffentlichtes Manuskript.<br />

9


Mit der Darlegung dieser allgeme<strong>in</strong>sten Faktoren s<strong>in</strong>d die M<strong>in</strong>destbed<strong>in</strong>gungen <strong>für</strong><br />

Instrumente benannt. Sie reichen aber bei weitem nicht <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en tatsächlich erfolgreichen<br />

E<strong>in</strong>satz aus. Es fehlt die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> die konkreten Unternehmenszusammenhänge, die<br />

Inhalte, die Ziele und die sozialen Beziehungen. Verharrt e<strong>in</strong> Instrument auf e<strong>in</strong>er abstrakten<br />

Ebene lässt es sich natürlich leicht auf verschiedenartigste Situationen übertragen, jedoch ist<br />

se<strong>in</strong> Scheitern <strong>in</strong> der Anwendung vorprogrammiert. Erfolgreiche Werkzeuge zeichnen sich<br />

demgegenüber über die Sach-, Ergebnis- und Prozessorientierung h<strong>in</strong>aus durch folgende<br />

weitere Faktoren aus:<br />

Kontextb<strong>in</strong>dung<br />

Kontextgebundene Instrumente überw<strong>in</strong>den die Abstrahierung von den Inhalten und gehen<br />

auf die konkreten Zusammenhänge, Erfahrungen, Probleme und Ziele des <strong>in</strong> Frage stehenden<br />

Unternehmens e<strong>in</strong>. Sie orientieren sich dabei auch an den Charakteristika von <strong>KMU</strong> (wie sie<br />

im Kap. 2.2 „<strong>KMU</strong> haben e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik“ ausgeführt s<strong>in</strong>d) und benennen den<br />

fassbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg.<br />

Mitlernen Dritter<br />

In Unternehmen wird immer <strong>in</strong> umfangreichen sozialen Beziehungen gehandelt. Deshalb<br />

reicht es nicht, wenn e<strong>in</strong> Instrument sich nur an e<strong>in</strong>zelne Individuen wendet. Es ist erst dann<br />

handhabbar, wenn es von den wichtigsten Akteuren beherrscht wird und e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />

Verständnis entwickelt wurde.<br />

Verhaltenssicherheit (Können)<br />

Es reicht nicht Instrumente lediglich verstanden zu haben. Sie werden erst dann genutzt, wenn<br />

die Beteiligten h<strong>in</strong>reichend geübt und Verhaltenssicherheit erworben haben: Verstehen reicht<br />

nicht aus, erst das Können schafft Anwendung.<br />

Handlungserfolge<br />

Instrumente werden dann <strong>in</strong> Unternehmen angewandt, wenn sie zum e<strong>in</strong>en erlernbar s<strong>in</strong>d und<br />

zum anderen nachvollziehbare Handlungserfolge erbr<strong>in</strong>gen. Insbesondere möglichst schnelle<br />

Anfangserfolge können die Motivation der Akteure sichern.<br />

Impulssetzende Lösungen<br />

Erfolgreiche Instrumente zielen auf impulssetzende Lösungen und e<strong>in</strong>en nachhaltigen Anwendungserfolg.<br />

Sie regen die Akteure an über Initiativen zur Lösungsverbesserung sowie die<br />

Übertragung <strong>in</strong> andere Bereiche und die Verallgeme<strong>in</strong>erung nachzudenken. Instrumente mit<br />

solchen Eigenschaften s<strong>in</strong>d beispielsweise Konzepte <strong>für</strong> die Arbeit <strong>in</strong>terner Promotoren von<br />

Wandlungsprozessen, <strong>für</strong> Multiplikatoren <strong>in</strong> Qualifizierungsprozessen oder, wie im folgenden<br />

aufzuzeigen ist, <strong>für</strong> die <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>.<br />

10


3 Der Potenzial-Check: E<strong>in</strong> Weg zur systematischen<br />

<strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong><br />

3.1 Das Werkzeug<br />

Der Potenzial-Check ist e<strong>in</strong> Werkzeug <strong>für</strong> <strong>KMU</strong> zur Ausarbeitung und Verankerung e<strong>in</strong>er<br />

zukunftsorientierten, unternehmens<strong>in</strong>dividuellen Strategie. Er umfasst sowohl e<strong>in</strong>en Leitfaden<br />

<strong>für</strong> die Unternehmensanalyse als auch Handlungsanweisungen <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e sach- und situationsgerechte<br />

Vorgehensweise und unterstützt e<strong>in</strong> Mitlernen der Beteiligten. Partizipation und<br />

Konsensorientierung sichern das Verständnis, die Akzeptanz und die aktive Mitwirkung der<br />

Beschäftigten. Darüber h<strong>in</strong>aus begreift der Potenzial-Check strategische Aktivitäten nicht als<br />

E<strong>in</strong>mal-Veranstaltung, sondern als e<strong>in</strong>en zyklischen Prozess von Analyse, Zielbestimmung,<br />

Planung, Umsetzung und Ergebniskontrolle oder, anders gesagt, als e<strong>in</strong>en beständigen Lernund<br />

Gestaltungsprozess. In die Ausgestaltung des Instruments wurde also die Umsetzung und<br />

die Verankerung der <strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen mit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> gedacht.<br />

Die zentrale Methode ist der leitfaden- und visualisierungsgestützte Dialog. Dabei werden<br />

zunächst die leistungsbestimmenden <strong>in</strong>ternen und externen Faktoren entfaltet, ausgeleuchtet<br />

und bewertet, danach <strong>in</strong> der Unternehmensstrategie und notwendigen Verbesserungserfordernissen<br />

überschaubar verdichtet und auf der Grundlage der geme<strong>in</strong>samen Orientierung entsprechende<br />

Maßnahmen abgeleitet und <strong>in</strong>itiiert. Der <strong>in</strong>haltliche Fokus liegt auf der Erarbeitung<br />

von Strategien, die e<strong>in</strong>en nachhaltigen Wettbewerbsvorteil sichern. Dies bedeutet zweierlei:<br />

Zum e<strong>in</strong>en nicht nur „Jedermanns-Kompetenzen“ zu besitzen, sondern wenigstens auf<br />

e<strong>in</strong>em Gebiet das <strong>für</strong> die Kunden wesentlich ist besser zu se<strong>in</strong> als die Wettbewerber; die<br />

Andersartigkeit sichert die Effektivität (das Richtige tun). Zum anderen heißt es, den besten<br />

Unternehmen möglichst ähnlich zu se<strong>in</strong>; dies sichert die Effizienz (etwas richtig tun). E<strong>in</strong>zigartigkeit<br />

liegt nun <strong>in</strong> der Balance von Ähnlichkeit und Andersartigkeit.<br />

Hervorzuheben ist, dass die Inhalte und die Vorgehensweise des Potenzial-Checks nur e<strong>in</strong><br />

Vorschlag oder e<strong>in</strong>e Anregung se<strong>in</strong> können. Sie s<strong>in</strong>d immer an die jeweiligen Eigenheiten und<br />

die spezifischen Problem- und Zielstellungen des Unternehmens anzupassen.<br />

3.2 Die Vorgehensweise: Strategien entwickeln, umsetzen und<br />

verankern<br />

Nach den notwendigen Vorbereitungen seitens des Beraters und der Unternehmensleitung wie<br />

e<strong>in</strong>em orientierenden Betriebsrundgang, der Sichtung ausgewählter Dokumente und der<br />

Absprache der Vorgehensweise schlägt der Potenzial-Check e<strong>in</strong> dreistufiges Vorgehen vor,<br />

wie die folgende Abbildung darlegt:<br />

11


Ziel:<br />

Ablauf:<br />

Ergebnis:<br />

12<br />

Workshop I<br />

„Bestandsaufnahme“<br />

die Unternehmenspotenziale<br />

e<strong>in</strong>schätzen<br />

die Stärken und<br />

Schwächen des<br />

Unternehmens mit Hilfe<br />

des Leitfadens feststellen<br />

�������� komplexe<br />

betriebliche Abläufe<br />

und das Innovationsgeschehen<br />

s<strong>in</strong>d erkannt und<br />

bewertet<br />

�������� die Ergebnisse s<strong>in</strong>d<br />

dokumentiert und<br />

visualisiert<br />

Workshop II<br />

„Positionierung“<br />

die Unternehmenspotenziale<br />

darstellen<br />

auf der Grundlage der<br />

Bestandsaufnahme die<br />

Unternehmensstrategie<br />

ausarbeiten und die<br />

Verbesserungserfordernisse<br />

ableiten<br />

�������� die Unternehmensstrategie<br />

ist formuliert<br />

und die Verbesserungserfordernisse<br />

s<strong>in</strong>d festgehalten<br />

�������� die Ergebnisse s<strong>in</strong>d<br />

dokumentiert und<br />

visualisiert<br />

Dauer: 1 Tag 1 Tag 1 Tag<br />

Beteiligte:<br />

übergeordnetes<br />

Ziel:<br />

Geschäftsführung /<br />

1 Berater<br />

Geschäftsführung /<br />

1 Berater<br />

Workshop III<br />

„Beteiligung“<br />

die Umsetzung e<strong>in</strong>leiten<br />

die Führungskräfte über die<br />

Bestandsaufnahme und<br />

Positionierung <strong>in</strong>formieren;<br />

die Ergebnisse geme<strong>in</strong>sam<br />

überprüfen und Maßnahmen<br />

festlegen<br />

�������� die Schlüsselmitarbeiter<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>formiert und<br />

zu Akteuren des Geschehens<br />

geworden<br />

�������� kritische Maßnahmen,<br />

Verantwortlichkeiten<br />

und Zeitfenster s<strong>in</strong>d<br />

bestimmt und dokumentiert.<br />

Geschäftsführung /<br />

Führungskräfte / 1 Berater<br />

e<strong>in</strong>en Prozess der systematischen Strategieentwicklung, -umsetzung und<br />

-überprüfung implementieren<br />

Abb. 3: Die drei Stufen der Strategieentwicklung<br />

Die Abbildung verdeutlicht die Ziele, die Inhalte, das Ergebnis, die Dauer und die Beteiligten<br />

jeder e<strong>in</strong>zelnen Stufe sowie deren Abfolge. Der Potenzial-Check verfolgt das ehrgeizige Ziel,<br />

den Prozess der Stärken-Schwächen-Analyse, die Erarbeitung der Unternehmensstrategie, die<br />

Bestimmung von Verbesserungsbereichen, die Festlegung und Initiierung von Maßnahmen<br />

e<strong>in</strong>schließlich der Beteiligung von Schlüsselmitarbeitern <strong>in</strong> nur drei Arbeitstagen zu<br />

bewältigen. Da jede Stufe mit e<strong>in</strong>em brauchbaren, konkreten Ergebnis abschließt, können<br />

Unternehmen nach Bedarf e<strong>in</strong>e, zwei oder alle drei Stufen wählen. So zeigte die Erfahrung<br />

mit den 15 <strong>KMU</strong>, dass e<strong>in</strong> Teil der Unternehmen zunächst alle<strong>in</strong> den Workshop I<br />

„Bestandsaufnahme“ als „Schnuppertag“ vere<strong>in</strong>barte und erst danach die nächsten beiden<br />

Stufen. Im folgenden werden die Inhalte und die Vorgehensweise jeder e<strong>in</strong>zelnen Stufe<br />

detailliert ausgeführt.<br />

3.2.1 Workshop I und II: „Bestandsaufnahme und Positionierung“<br />

E<strong>in</strong>gedenk der meist knappen Ressourcen und der <strong>in</strong> der Regel herausragenden Rolle des<br />

Unternehmers <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>, ist bei den ersten zwei Workshops alle<strong>in</strong> die oberste Führung<br />

e<strong>in</strong>bezogen – dies s<strong>in</strong>d erfahrungsgemäss zumeist e<strong>in</strong> bis zwei Leitungspersonen. Die Arbeit<br />

wird durch e<strong>in</strong>en Berater unterstützt. Aufgabe des Workshop I ist e<strong>in</strong>e leitfadenorientierte<br />

Bestandsaufnahme der <strong>in</strong>ternen und externen Leistungsbed<strong>in</strong>gungen des Unternehmens. Die<br />

zentralen Ergebnisse werden ausgearbeitet, im Leitfaden dokumentiert und dienen als<br />

Arbeitsgrundlage des Workshops II „Positionierung“. In diesem werden die Ergebnisse nun


sukzessive nochmals geprüft und parallel dazu mit Hilfe der Metaplantechnik die<br />

Unternehmensstrategie ausgearbeitet und Verbesserungserfordernisse festgehalten. In e<strong>in</strong>em<br />

Prozess des Sortierens, Zuordnens, Überprüfens und Korrigierens schälen sich allmählich die<br />

relevanten Aspekte von Strategie und Verbesserungen heraus und verdichten sich zu e<strong>in</strong>er<br />

Gesamtstrategie und dazu gehörigen Verbesserungsthemen.<br />

Angemerkt werden soll, dass der zweitägige <strong>in</strong>tensive Dialog mit der Unternehmensführung<br />

e<strong>in</strong>e Doppelfunktion aufweist: Er erbr<strong>in</strong>gt nicht nur e<strong>in</strong>e Fülle von strategierelevanten Informationen,<br />

sondern dient den Unternehmern zugleich als e<strong>in</strong>e der dünn gesäten Gelegenheit zu<br />

e<strong>in</strong>em Austausch über e<strong>in</strong>e Vielzahl ihnen persönlich wichtiger Themen im Feld Unternehmen.<br />

Darstellungstechnisch soll zunächst alle<strong>in</strong> die Arbeit mit dem Leitfaden weiter veranschaulicht<br />

werden. Die anderen oben erwähnten Aktivitäten zur weiteren Ausarbeitung der<br />

Strategie werden im Rahmen des Workshops III „Beteiligung“ dargelegt. Zunächst zu den<br />

Erfolgsvoraussetzungen und den Rollen der Beteiligten bei der Bestandsaufnahme.<br />

Diskurs<br />

Geschäftsführer:<br />

Fragen beantworten,<br />

Unternehmenssituation skizzieren;<br />

(Erfahrung, Offenheit,<br />

selbstkritische Haltung)<br />

Berater:<br />

Fragen stellen,<br />

Antworten festhalten,<br />

Gespräch moderieren;<br />

(Erfahrung,<br />

Konzeptwissen)<br />

Abb. 4: Erfolgsvoraussetzungen und Rollen der Beteiligten<br />

Leitfaden:<br />

die 5 Basismodule<br />

als Orientierung und<br />

Gesprächsleitl<strong>in</strong>ie<br />

Die Abbildung verdeutlicht, dass e<strong>in</strong>e erfolgreiche Bestandsaufnahme den gelungenen Dialog<br />

zwischen Führungspersonen und Berater voraussetzt. Dieser gründet wiederum <strong>in</strong> der Offenheit<br />

und selbstkritischen Haltung der Führungspersonen, e<strong>in</strong>er situationsangemessenen Gesprächsführung<br />

des Beraters und <strong>in</strong> der wechselseitigen, kritischen Würdigung des komplementären<br />

Wissens der Gesprächspartner. Letztlich gilt aber, dass ohne e<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende<br />

Vertrauensbasis alle Bemühungen <strong>in</strong> den Misserfolg führen (<strong>für</strong> weitere Ausführungen zu<br />

diesem Aspekt siehe die Erläuterungen zur Abb. 6: „Beschäftigtenzahl“ weiter unten).<br />

Die dritte Erfolgsvoraussetzung ist der Leitfaden. Er wird Schritt <strong>für</strong> Schritt durchgearbeitet<br />

und leitet die Teilnehmer durch das „Dickicht“ strategierelevanter Themen des überkomplexen<br />

Systems Unternehmen. Der Leitfaden strukturiert den Dialog, regt das Denken an und<br />

dient zur parallelen Dokumentation der Gesprächsergebnisse. Die folgende Abbildung zeigt<br />

die Inhalte des Leitfadens im Überblick.<br />

13


Abb. 5: Die Inhalte der Basismodule<br />

Der Leitfaden zur Bestandsaufnahme der Unternehmenspotenziale besteht aus fünf Modulen,<br />

die Schritt <strong>für</strong> Schritt im Dialog von Geschäftsführung und Berater durchgearbeitet werden.<br />

Modul A reflektiert, das Unternehmen e<strong>in</strong> Herkunft haben, die auch Gegenwart und Zukunft<br />

bee<strong>in</strong>flusst; Modul B stellt die schwierige Aufgabe, e<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> mögliche Zukünfte zu<br />

wagen; Modul C befasst sich mit unternehmerischen Kernaufgaben; Modul D mit Erfolgsfaktoren<br />

von Innovationen und Modul E fordert e<strong>in</strong>e zusammenfassende Bewertung des<br />

Unternehmens, angelehnt an das Excellence-Modell der EFQM (European Foundation of<br />

Qualitymanagement) 4 . Je nach der Fragestellung des Unternehmens können e<strong>in</strong>zelne Module<br />

herausgelassen oder ausgewählt werden.<br />

Der Leitfaden kann als e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegriertes Konzept-, Modell- und Methodentableau beschrieben<br />

werden, mit dem <strong>in</strong> vergleichsweise kurzer Zeit alle zukunftsrelevanten Potenziale des hochkomplexen<br />

Systems Unternehmen zu erfassen und zu bewerten s<strong>in</strong>d (die Abb. 5: „Die drei<br />

Stufen der Strategieentwicklung“ weiter oben zeigte auf, dass der Workshop I „Bestandsauf-<br />

4 Vgl. EFQM (1999). Die grundlegenden Konzepte der EFQM und ihr Nutzen.<br />

14<br />

Modul A: Orientierung<br />

(Erfahrung reflektieren)<br />

• Beschäftigte<br />

• Umsatz/Geschäftsfelder<br />

• Innovationen<br />

• Geschäftsprozesse<br />

• Wertschöpfungskette<br />

• Ziele u. Geschäftsideen<br />

Modul C: Kernaufgaben<br />

(Können erkennen)<br />

• Märkte und<br />

Leistungsangebote<br />

• Kundenorientierung<br />

• Mitarbeiterorientierung<br />

• Führungsverantwortung<br />

• Kernkompetenzen<br />

• F<strong>in</strong>anzen<br />

Modul B: Früherkennung<br />

(Zukunft antizipieren)<br />

• Marktentwicklungen<br />

- wirtschaftlich<br />

- organisatorisch/techn.<br />

- soziologisch<br />

- politisch<br />

• Früherkennungstreppe<br />

Modul D: Innovationsystem<br />

(Chancen begreifen)<br />

• Marktpositionierung<br />

• Kooperation<br />

• Organisation<br />

• Führung/Management<br />

• Kommunikation/<br />

Information<br />

• Projektmanagement<br />

Modul E: Excellence Modell<br />

• Die Stufen der Unternehmensreife


nahme“ wie auch die anderen beiden Workshops nicht länger als e<strong>in</strong>en Tag dauert). Neben<br />

arbeits- und sozialwissenschaftlichen Aspekten be<strong>in</strong>haltet der Leitfaden betriebswirtschaftliche<br />

und managementwissenschaftliche Schwerpunkte und Elemente.<br />

Das Tableau ist so konstruiert, dass die zentralen Inhalte wie z.B. „Kundenorientierung“ aus<br />

der Perspektive mehrerer Konzepte und Modelle betrachtet und analysiert werden. Die bewusste<br />

partielle Redundanz dient e<strong>in</strong>erseits der <strong>in</strong>haltlichen Vertiefung, andererseits soll dadurch<br />

das Verstehen und das Denken im Analysegespräch gefördert werden. Der Gesprächsleitfaden<br />

ist nicht wie e<strong>in</strong> klassischer Fragebogen aufgebaut. Vielmehr s<strong>in</strong>d farblich bebilderte<br />

und gestaltete Charts die Grundlage des Gesprächs und der Dokumentation. Diese Form der<br />

Visualisierung fördert wiederum das Verstehen und Denken im Gespräch.<br />

E<strong>in</strong>ige ausgewählte Aspekte bzw. Charts aus der Bestandsaufnahme mehrerer Unternehmen<br />

sollen e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> den Charakter des Leitfadens geben. Zunächst zur Entwicklung der<br />

Beschäftigungszahl.<br />

15


16<br />

A.1 Beschäftigtenzahl<br />

A.1 Beschäftigtenzahl<br />

Bestimmen Sie zunächst die Funktionsgruppen und die jeweilige, aktuelle Mitarbeiteranzahl. Tragen Sie dann die Beschäftigtenzahlen<br />

der letzten Jahre e<strong>in</strong> und geben Sie e<strong>in</strong>e Zukunftsprognose. Nennen Sie die H<strong>in</strong>tergründe der Entwicklungen.<br />

Funktionsgruppen/Anzahl: a) Lagerverwalter (2) b) Lagerpersonal (9����) c) Disposition (4����)<br />

d) Fahrer (5) e) Konfektion (10����) f) Buchhaltung (1)<br />

g) Sicherheit / Technik (1)<br />

Abb. 6: Beschäftigtenzahl<br />

55-60<br />

46 45<br />

46<br />

48<br />

40<br />

42<br />

41<br />

40<br />

35-40<br />

Baugenehmigungen<br />

liegen vor<br />

37<br />

Müller-Effekt<br />

(Kundenverlust)<br />

34<br />

34<br />

30<br />

Autopflegemittelhändler<br />

verloren (hat se<strong>in</strong> Lager<br />

zentralisiert)<br />

temporäre<br />

Marktsättigung<br />

Feuerzeuge<br />

27<br />

RAO-Cater<strong>in</strong>g<br />

h<strong>in</strong>zugewonnen<br />

1<br />

1990 91 92 93 94 95 96 97 98 99 2000 ´01 ´02 ´03 ´04 ´05 ´06 ´08 ´09<br />

Historie Ist Prognose<br />

´84<br />

Firmengründung<br />

Fragen: Wie werden sich die Funktionsgruppen zukünftig entwickeln? Wie ist die Altersstruktur?


Die Abbildung verdeutlicht, wie der Unternehmer am Beispiel der Beschäftigtenzahl im<br />

„Blick zurück nach vorn“ deren Entwicklung reflektiert, entscheidende Faktoren vergegenwärtigt,<br />

Wendepunkte markiert und se<strong>in</strong>e teilweise weitreichenden Entscheidungen skizziert.<br />

So zeigen sich als Konsequenz von Vorkommnissen wie e<strong>in</strong>er temporären Sättigung des<br />

Marktes e<strong>in</strong>es Hauptkunden, dem Verlust von wichtigen Kunden wie dem Autopflegemittelhändler<br />

und e<strong>in</strong>em weiteren Unternehmen (der Müller-Effekt) oder der fehlenden Baugenehmigung<br />

zur Erweiterung von Lagerhallen, direkte Konsequenzen <strong>in</strong> der Beschäftigtenzahl:<br />

sie nimmt nämlich ab. Im Kontrast dazu resultiert aus Erfolgen wie der Akquisition e<strong>in</strong>es<br />

großen Cater<strong>in</strong>g-Kunden oder der endlich vorliegenden Baugenehmigung e<strong>in</strong> konkreter und<br />

<strong>für</strong> die weitere Zukunft antizipierter Anstieg der Beschäftigtenzahlen. Das Chart sagt also<br />

auch aus, dass es sich um e<strong>in</strong> Unternehmen mit Wachstumsabsichten handelt.<br />

Über die oben skizzierten Inhalte h<strong>in</strong>aus zeigte sich, dass die Vergegenwärtigung und Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit der Unternehmensvergangenheit konstituierend wichtig <strong>für</strong> das geme<strong>in</strong>sam<br />

zu erarbeitende Verständnis der Lage des Unternehmens ist. Darüber h<strong>in</strong>aus eignet sich<br />

das Thema Erfahrung und Vergangenheit <strong>in</strong> der Regel als hervorragender Eisbrecher zu Beg<strong>in</strong>n<br />

des Gesprächs: die Rekonstruktion der Historie von Unternehmen (die häufig eng mit<br />

der Biographie des Unternehmers verwoben ist) schafft nicht nur E<strong>in</strong>sicht, sondern auch Nähe<br />

– und ohne Nähe als e<strong>in</strong>er Vorbed<strong>in</strong>gung <strong>für</strong> Vertrauen, ist e<strong>in</strong> offener Diskurs überlebenswichtiger,<br />

sensibler, strategischer Themen mit e<strong>in</strong>em zunächst fremden, im günstigen Fall<br />

empfohlenen Berater schwerlich möglich.<br />

Es folgt nun das Thema Früherkennung.<br />

17


18<br />

Perspektive: 5-7 Jahre<br />

B.1 Früherkennung von wichtigen Entwicklungen auf den Absatz- und Faktormärkten<br />

(vgl. A1, A2, A3, A4, A6)<br />

Wirtschaftlicher<br />

Bereich<br />

� Stärke der<br />

Konkurrenz<br />

� Marktpotenzial<br />

� Preissituation<br />

� Ersatzprodukte/<br />

-dienstleistungen<br />

� VolkswirtschaftlicheE<strong>in</strong>flussgrößen<br />

Organ./techn.<br />

Bereich<br />

� Entwicklung<br />

der <strong>in</strong>ternen<br />

Verfahren<br />

� Entwicklung<br />

der Produkte/<br />

Dienstleistungen<br />

Soziologischer<br />

Bereich<br />

� Bevölkerungsstruktur<br />

� Verbrauchergewohnheiten<br />

Politischer<br />

Bereich<br />

� Gesetzliche<br />

Regelungen<br />

Sonstige Faktoren<br />

Absatzmarkt<br />

• ODC wird sich behaupten,<br />

etablierte Konkurrenten<br />

bleiben, hohe<br />

Zugangsbarrieren<br />

• Potenzial bleibt<br />

• Preise fallen<br />

• Konfektionierung,<br />

Individualisierung nimmt<br />

zu<br />

• EU-Ost-Erweiterung => ?<br />

• klass. Logistiknutzer<br />

werden zu Anbietern<br />

(Chem Industrie)<br />

• unterstützende<br />

Gefahrstoff-EDV /<br />

Barcode-System<br />

• Gefährlichkeit der<br />

Produkte nimmt ab<br />

(Gesetzgebung).<br />

• Gefahrstoffe vermehrt<br />

auf die Schiene => LKW<br />

regionale Verteilung<br />

(Gleis am Flugplatz<br />

nutzen)<br />

• Mitentscheid nimmt zu<br />

• größeres<br />

Umweltbewusstse<strong>in</strong><br />

• verschärfte Gesetze =><br />

höhere Zugangsbarrieren<br />

im Gefahrstoffbereich<br />

• es werden mehr Stoffe<br />

zu Gefahrstoffen<br />

deklariert<br />

• Billiganbieter aus dem<br />

Ausland aufgrund anderer<br />

gesetzl. Regelungen<br />

Güter- und<br />

Dienstleistungsmarkt<br />

(Lieferanten)<br />

Lieferantenzahl<br />

wird durch<br />

Konzentrationsprozesse<br />

und<br />

Geschäftsaufgabe<br />

abnehmen<br />

Frage: Betreibt Ihr Unternehmen e<strong>in</strong>e systematische Früherkennung?<br />

Abb. 7: Früherkennung<br />

• Chancen <strong>für</strong> ODC liegt beim Mittelstand, nicht bei<br />

Großkonzernen<br />

• Synergien bei Konfektionierung anstreben<br />

Arbeitsmarkt<br />

(Mitarbeiter)<br />

• Qualifikation<br />

und Motivation<br />

der Mitarbeiter<br />

verr<strong>in</strong>gern sich<br />

• ODC kann<br />

weiterh<strong>in</strong> aus<br />

dem „Fundus“<br />

Arbeitsloser<br />

schöpfen<br />

• forcierte Ausund<br />

Weiterbildung<br />

wird notwendig<br />

Kapitalmarkt<br />

• Zugangsvoraussetzungen<br />

erschwert<br />

=>Rat<strong>in</strong>g<br />

Durch die Arbeit mit dem Chart „Früherkennung“ sollen absehbare und/oder mögliche Zukunftsentwicklungen<br />

<strong>in</strong> den Absatz- und Faktorenmärkten vorhergesagt werden. Die zu prognostizierenden<br />

Entwicklungen beziehen sich vor allem auf die Bereiche Wirtschaft, Technologie,<br />

Organisation, <strong>Gesellschaft</strong> und Politik sowie die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens<br />

und wurden am Beispiel des Logistik-Unternehmens „ODC“ wie folgt ausgeführt:


Die Geschäftsführung von ODC rechnet <strong>für</strong> die nächsten fünf Jahre damit, dass das Marktpotenzial<br />

zwar gleich bleibt, die Preise aber fallen werden. Welche Konsequenzen die EU-<br />

Osterweiterung haben wird, ist noch nicht ganz klar. Dieser Markt muss im weiteren streng<br />

beobachtet werden. Die Konkurrenz wird <strong>in</strong>sgesamt zunehmen, da z.B. klassische Logistiknutzer<br />

wie die chemische Industrie zukünftig zu Logistikanbietern werden. Insgesamt werden<br />

sich aber die etablierten Konkurrenten bei hohen Marktzugangsbarrieren halten. Aufgrund der<br />

skizzierten Tendenzen und e<strong>in</strong>em anhaltenden Trend zu <strong>in</strong>dividuellen und ganzheitlichen<br />

Leistungen, sieht ODC se<strong>in</strong>e Zukunftschancen vor allem <strong>in</strong> zusätzlichen Angeboten zur Konfektionierung<br />

gelagerter Produkte und im Ausbau des Segments mittelständischer Kunden.<br />

Wegen des zunehmenden Umweltbewusstse<strong>in</strong>s geht ODC davon aus, dass durch Gesetzesverschärfungen<br />

mehr Stoffe als bisher zu Gefahrstoffen deklariert werden und zugleich höhere<br />

Zugangsbarrieren zum Gefahrstoffmarkt entstehen. Neben diesen von ODC <strong>für</strong> die eigene<br />

Position positiv e<strong>in</strong>geschätzten Tendenzen entsteht aber auch aller Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit nach<br />

e<strong>in</strong>e neue Konkurrenz aus dem Ausland. Diese könnten andere, weniger restriktive<br />

gesetzliche Regelungen zu Billigangeboten nutzen.<br />

E<strong>in</strong>e Abnahme der Gefährlichkeit der Produkte aufgrund von Auflagen des Gesetzgebers wird<br />

nur wenig Auswirkungen auf das Geschäft von ODC haben. E<strong>in</strong>stellen muss sich ODC aber<br />

darauf, dass <strong>in</strong> der Zukunft Gefahrstoffe voraussichtlich vermehrt auf der Schiene transportiert<br />

werden und LKWs deren regionale Verteilung übernehmen. Deswegen plant ODC se<strong>in</strong>e<br />

Lagerkapazitäten im Gefahrstoffbereich und Serviceangebote (wie Konfektionierung) auszubauen.<br />

Technische Neuerungen werden primär im Bereich von neuen Gefahrstoff-EDV- und<br />

Barcode-Systemen gesehen. ODC ist zur Zeit dabei entsprechende Systeme zu implementieren.<br />

Von Seiten der Lieferanten erwartet ODC trotz Konzentrationsprozessen ke<strong>in</strong>e gravierenden<br />

Veränderungen <strong>für</strong> das eigene Geschäft. Bzgl. der Mitarbeiterqualifikation be<strong>für</strong>chtet ODC,<br />

dass sie zukünftig ger<strong>in</strong>ger wird. Zwar geht das Unternehmen davon aus, auch <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>e<br />

h<strong>in</strong>reichende Zahl benötigter Mitarbeiter aus dem Fundus Arbeitsloser schöpfen zu können,<br />

sieht aber die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er forcierten Aus- und Weiterbildung auf sich zu kommen.<br />

Da sich die Zugangsvoraussetzungen <strong>für</strong> die Kreditaufnahme erhöhen, antizipiert ODC auch<br />

im Bankenbereich neue Schwierigkeiten und Anstrengungen.<br />

Festzuhalten ist, das ke<strong>in</strong>es der beteiligten 15 <strong>KMU</strong> e<strong>in</strong>e irgendwie geartete, systematisierte<br />

und dokumentierte Früherkennung betreibt. Ebenso sah es so gut wie ke<strong>in</strong>es der Unternehmen<br />

als s<strong>in</strong>nvoll an, e<strong>in</strong>en Zeitraum von mehr als 5 Jahren zu überschauen. <strong>KMU</strong> denken und<br />

planen eher kurzfristig, im allerbesten Fall mit e<strong>in</strong>er mittelfristigen Perspektive.<br />

Längerfristige Trends (>5 Jahre) spielen <strong>in</strong> ihren Zukunftsantizipationen e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Rolle.<br />

Dieses Faktum gilt es bei der Suche nach sowohl zukunfts- als auch <strong>KMU</strong>-gerechten Formen<br />

der <strong>Strategiearbeit</strong> mit zu bedenken (siehe dazu unten im Kap. 7.3 „Die Verankerung der<br />

<strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen, Variante 3: Konzeptgeleitete Revision“).<br />

Als abschließendes Beispiel soll e<strong>in</strong> Weg zur E<strong>in</strong>schätzung der Kundenzufriedenheit dargelegt<br />

werden.<br />

19


20<br />

Kundenorientierung<br />

C.4 Kundenzufriedenheit e<strong>in</strong>schätzen (vgl. A5, C1)<br />

Geben Sie die Zufriedenheit Ihrer wichtigsten Kunden/Kundengruppen an (Erheben Sie<br />

systematisch Kunden<strong>in</strong>fos?).<br />

Kundenverlust Kundenb<strong>in</strong>dung<br />

Nr. Kunden/<br />

Kundengruppen<br />

unzufrieden<br />

selbstverständliche<br />

Leistung<br />

Kundenzufriedenheit<br />

niedrig mittel hoch sehr hoch<br />

I Polyester Deutschland X<br />

II Polyester Europa X<br />

III Mischfarbe X<br />

IV Cellulose Deutschland X<br />

V Cellulose Europa X<br />

VI Cellulose Welt X<br />

+ +<br />

zufrieden<br />

erwartete Leistung<br />

begeistert<br />

nicht erwartete<br />

Leistung<br />

Fragen:<br />

� Wer s<strong>in</strong>d Ihre Gesprächspartner im Kundenunternehmen?<br />

� Wor<strong>in</strong> unterscheiden sich neue vs. erfahrene Kunden?<br />

� Wor<strong>in</strong> unterscheiden sich zufriedene vs. begeisterte Kunden?<br />

� Anteil Stammkunden? Weiterempfehlung? Positive Rückmeldungen? Auszeichnungen?<br />

Beschwerden? Garantiekosten? Rückgesandte Lieferungen?<br />

Abb. 8: Kundenzufriedenheit<br />

Mit Hilfe dieses Charts schätzen die Leitungspersonen die Zufriedenheit ihrer Kunden bzw.<br />

Kundengruppen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Überblick e<strong>in</strong>. Dabei werden bewusst strenge Maßstäbe <strong>für</strong><br />

die Bewertung der Unzufriedenheit, Zufriedenheit und Begeisterung angelegt. Diese fordern<br />

zu e<strong>in</strong>er selbstkritischen E<strong>in</strong>schätzung auf und erzeugen die notwendige Sensibilität <strong>für</strong> die<br />

zentrale Aufgabe der Kundenpflege und Neukundengew<strong>in</strong>nung.


• Unzufriedenheit: Die selbstverständlichen Leistungen werden zwar erbracht, jedoch ist die<br />

wahrgenommene Unternehmensleistung ger<strong>in</strong>ger als die erwartete Leistung. Die Gefahr<br />

den Kunden zu verlieren ist sehr groß.<br />

• Zufriedenheit: Die Wahrnehmung der Kunden im Vergleich von Preis und Leistung<br />

entspricht den Erwartungen. Sie stehen dem Unternehmen aber eher gleichgültig<br />

gegenüber und können daher im Pr<strong>in</strong>zip jederzeit abwandern.<br />

• Begeisterung: E<strong>in</strong> hohes Maß an Zufriedenheit liegt dann vor, wenn die vom Kunden<br />

gesetzten Erwartungen übertroffen werden, bzw. nicht erwartete Leistungen geboten<br />

werden. Begeisterte Kunden weisen die höchste B<strong>in</strong>dung auf und s<strong>in</strong>d die besten Werber;<br />

sie empfehlen den Lieferanten und se<strong>in</strong>e Leistung weiter.<br />

Die abfallende Kurve vom begeisterten über den zufriedenen zum unzufriedenen Kunden<br />

weist auf die Gefahr h<strong>in</strong>, dass aus zufriedenen Kunden schnell unzufriedene werden können.<br />

Es sei denn, das Unternehmen arbeitet kont<strong>in</strong>uierlich an der Verbesserung se<strong>in</strong>er Kundenorientierung:<br />

Kundenzufriedenheit und Kundenb<strong>in</strong>dung s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Zustand, sondern e<strong>in</strong><br />

Prozess.<br />

Das Unternehmensbeispiel zeigt, dass zwei Kundengruppen als begeistert e<strong>in</strong>geschätzt werden,<br />

e<strong>in</strong>e als hoch zufrieden und drei lediglich als gerade noch zufrieden. Bei letzteren besteht<br />

die akute Gefahr, sie <strong>in</strong> nächster Zeit zu verlieren. Das Unternehmen hat aus den Ergebnissen<br />

der Bewertung bereits Konsequenzen gezogen und Maßnahmen wie verbesserte Marktstudien<br />

und Information, Reorganisationen und Weiterbildung sowie Verbesserungen von Produkten<br />

und Serviceleistungen e<strong>in</strong>geleitet.<br />

3.2.2 Der Workshop III: „Beteiligung“<br />

Zentrale Ziele der dritten Stufe s<strong>in</strong>d die Information und E<strong>in</strong>beziehung der Schlüsselmitarbeiter<br />

(bzw. des erweiterten Führungskreises) und die Ableitung und Initiierung von notwendigen<br />

Verbesserungsaktivitäten. Dazu stellt die Unternehmensleitung zunächst wichtige<br />

Ergebnisse des Leitfadens als E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das Thema vor. Danach skizziert sie den Vorschlag<br />

zur Unternehmensstrategie und leitet anschließend zur Darlegung der Verbesserungserfordernisse<br />

über. Der Berater moderiert den Workshop und hält die relevanten Diskussionsergebnisse<br />

mittels Metaplantechnik fest. Im gelungenen Fall werden die „Vorschläge von<br />

oben“ und die „Anregungen von unten“ gleichberechtigt aufgegriffen, an den zentralen<br />

Unternehmenszielen gespiegelt und im Konsens entweder be<strong>für</strong>wortet oder verworfen.<br />

Da bisher lediglich e<strong>in</strong>es der 15 Unternehmen Vorerfahrungen mit e<strong>in</strong>er expliziten, partizipativen<br />

<strong>Strategiearbeit</strong> besaß, bedurfte es <strong>in</strong> der Mehrzahl der Fälle e<strong>in</strong>er „Aufwärmphase“, bis<br />

die Mitarbeiter den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Diskussion wagten. Er gelang aber <strong>in</strong> jedem Fall über die<br />

konkreten, von den Praktikern leicht nachvollziehbaren Verbesserungserfordernisse. Ist das<br />

Eis erst e<strong>in</strong>mal gebrochen, werden auch strategische Implikationen als ehemalige Domäne der<br />

Geschäftsführung zunehmend <strong>in</strong> die Diskussion e<strong>in</strong>bezogen, nachgefragt und auch modifiziert.<br />

Aber im Kern drehten sich die Gedanken der Mitarbeiter weiter um die ihnen näher<br />

21


stehenden Verbesserungserfordernisse und die daraus abzuleitenden Maßnahmen. E<strong>in</strong> stärkeres<br />

Gewicht strategischer Themen im betrieblichen Dialog bedarf e<strong>in</strong>es längerfristigen<br />

Lern- und Veränderungsprozesses von E<strong>in</strong>stellungen, Kompetenzen, Kultur, Strukturen und<br />

Prozessen <strong>in</strong> Richtung ermächtige Mitarbeiter, gezielte Information und <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>er<br />

lernenden Organisation.<br />

Der Workshop ist abgeschlossen, wenn alle Beteiligten mit dem Gesamtergebnis e<strong>in</strong>verstanden<br />

s<strong>in</strong>d, Verantwortlichkeiten <strong>für</strong> die Maßnahmenumsetzung und weitere Planungen<br />

festgelegt wurden und jedem Beteiligten klar ist, wie der angestoßene Prozess weiter verläuft.<br />

Die parallel zur Diskussion festgehaltenen Ergebnisse e<strong>in</strong>es Beteiligungsworkshops sollen im<br />

folgenden Unternehmensbeispiel verdeutlicht werden.<br />

4 Der Potenzial-Check im Beispiel der Firma „AKRA“<br />

4.1 Das Unternehmen, se<strong>in</strong>e Ziele und Potenziale<br />

Das im weiteren mit dem Namen „AKRA“ bezeichnete Unternehmen ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>habergeführtes<br />

Stahlbau-Unternehmen im E<strong>in</strong>zugsbereich e<strong>in</strong>es groß<strong>in</strong>dustriellen Ballungsraums. Das Unternehmen<br />

besteht seit ca. fünf Jahren und wuchs <strong>in</strong> dieser Zeit von ehemals 29 auf heute 41<br />

Mitarbeiter. Die Kernkompetenzen, also die Fähigkeiten, die e<strong>in</strong>en zusätzlichen Kundennutzen<br />

erbr<strong>in</strong>gen, von Wettbewerbern deutlich schlechter beherrscht werden und den potenziellen<br />

Zugang zu e<strong>in</strong>er Vielzahl von Märkten eröffnen, liegen bei AKRA <strong>in</strong> folgendem<br />

Leistungsensemble:<br />

22<br />

• der Erfahrung und Qualifikation der Mitarbeiter im Umgang mit sehr groß<br />

dimensionierten Produkten und Spezialstählen,<br />

• der Komb<strong>in</strong>ation e<strong>in</strong>er Vielfalt technischer Verfahren e<strong>in</strong>schließlich der großzügigen<br />

Halle mit Krananlagen und dem gut ausgestatteten, robusten Masch<strong>in</strong>enpark,<br />

• teamförmigen Strukturen, die e<strong>in</strong>e schnelle Reaktion auf Kundenwünsche <strong>in</strong><br />

Herstellung und Service mit hoher Effizienz verb<strong>in</strong>den.<br />

Nicht nur <strong>für</strong> AKRA, sondern <strong>für</strong> alle 15 <strong>KMU</strong> war charakteristisch, dass ihre Kernkompetenzen<br />

nicht aus e<strong>in</strong>zelnen, isolierten Fähigkeiten resultieren (z.B. e<strong>in</strong>er bestimmten Technologie),<br />

sondern vielmehr aus e<strong>in</strong>er langjährig gewachsenen Gefügeleistung verschiedenster,<br />

grundlegender Leistungsfaktoren. Sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e koord<strong>in</strong>ierte Ganzheit aus Technologien,<br />

Know-how, Organisation, Anlagen und Räumlichkeiten etc.<br />

Im Kern g<strong>in</strong>g es <strong>für</strong> AKRA zum Zeitpunkt des Potenzial-Checks darum, vom Anbieter e<strong>in</strong>er<br />

sehr breit gestreuten Produktpalette <strong>in</strong> vielen verschiedenen Marktsegmenten zum Komplettanbieter<br />

ausgewählter Produkte und Leistungen <strong>in</strong> lukrativen Märkten zu werden. Es galt<br />

Märkte zu erproben, Kunden zu akquirieren, das Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g und die geme<strong>in</strong>same Entwicklungsarbeit<br />

mit Kunden auszubauen und <strong>in</strong>sgesamt die Kernkompetenzen als Produktionsspezialist<br />

weiter zu entwickeln und mit e<strong>in</strong>em Netzwerk von komplementären Zulieferern zu<br />

ergänzen. Das Motto hieß: „AKRA entwickelt sich <strong>in</strong> den nächsten drei Jahren vom Bauch-


laden mit vielen Pufferprodukten zum spezialisierten Komplettanbieter mit vertiefter Wertschöpfung“.<br />

Dies verdeutlicht das Strategieschema <strong>in</strong> der folgenden Abbildung.<br />

Produkte /<br />

Leistungen<br />

Produkte /<br />

Leistungen<br />

Abb. 9: Die Entwicklungsstrategie der Firma AKRA<br />

vom „Bauchladen“<br />

mit vielen „Pufferprodukten“<br />

0 X 0 X X 0 0 X 0 X 0 0<br />

Firma AKRA<br />

Maßnahmen ➧ Märkte erproben<br />

➧ Kunden akquirieren<br />

➧ Orientieren auf<br />

Kernkompetenzen<br />

<strong>in</strong>sbesondere:<br />

– Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />

– Entwickeln mit Kunden<br />

Zulieferer Firma AKRA<br />

Zulieferer<br />

0 0 0 0 X X X X X 0 0 0<br />

zum - Komplettanbieter<br />

- Netzwerkkoord<strong>in</strong>ator<br />

- Produktionsspezialist<br />

2002<br />

2005<br />

23


4.2 Die Ergebnisse des Beteiligungsworkshops<br />

Auf der Grundlage der Vorarbeiten der Geschäftsführung im Workshop I und II wird im<br />

Beteiligungsworkshop geme<strong>in</strong>sam mit dem erweiterten Führungszirkel (im Falle von AKRA<br />

10 Beschäftigten aus allen Bereichen e<strong>in</strong>schließlich Betriebsrat) die Strategie und die<br />

Verbesserungsh<strong>in</strong>weise weiter ausgearbeitet und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Maßnahmenplan konkretisiert.<br />

Ergebnis s<strong>in</strong>d vier große, mittels Metaplantechnik ausgearbeitete Papierbahnen. Auf der<br />

ersten s<strong>in</strong>d die Kernsätze zur Unternehmensstrategie festgehalten, auf den nächsten beiden die<br />

Verbesserungsh<strong>in</strong>weise, geordnet nach den Bereichen Prozesse, Lernen / Mitarbeiter, Kunden<br />

und F<strong>in</strong>anzen (<strong>in</strong> Anlehnung an das Schema der Balanced Scorecard 5 ) und auf der letzten der<br />

Maßnahmenplan. Beispielhaft werden im folgenden die Verbesserungsbereiche „Kunden und<br />

F<strong>in</strong>anzen“ sowie der Maßnahmenplan von AKRA dargelegt.<br />

24<br />

F<strong>in</strong>anzen<br />

Liquidität sichern<br />

Förderprogramme<br />

nutzen<br />

Bereiche<br />

prioritäre<br />

Geschäftsfelder:<br />

-Masch<strong>in</strong>enbau<br />

-Behälter/Apparate<br />

-Dienstleistungen<br />

Kundenanalyse<br />

„Masch<strong>in</strong>enbau“<br />

(bisher diffus)<br />

1. Kunden<br />

bewerten<br />

Wertungskriterien<br />

erarbeiten<br />

Systematisch<br />

Kunden<strong>in</strong>fo´s sammeln<br />

und bewerten<br />

Technik<br />

(Betrieb)<br />

Auftragsabwicklung<br />

Dienstleistungen<br />

=>Effektivität prüfen<br />

2. Konzepte<br />

entwickeln<br />

differenzierte Sicht und<br />

Behandlung <strong>für</strong> Kunden<br />

entwickeln<br />

Differenziertes Konzept<br />

<strong>für</strong> Akquisition<br />

erarbeiten<br />

gezielte Aktionen zur<br />

Kundenansprache<br />

Akquisition<br />

Wir brauchen Zeit <strong>für</strong><br />

Kundenakquisition<br />

3. Konzepte<br />

umsetzen<br />

persönl.<br />

Kundenkontakte<br />

aufbauen<br />

direkte Kundenkontakte<br />

aufbauen - ke<strong>in</strong>e<br />

„Durchlauferhitzer“<br />

Kunden<br />

-Akquisition Aufträge<br />

- Montage<br />

-Reparatur<br />

-AUG<br />

-Schulung <strong>für</strong> Kunden<br />

-gläserne Fabrik<br />

Kunden über<br />

Kostenpositionen<br />

aufklären/ Folgekosten<br />

mittelfristig Vertrieb<br />

ausbauen<br />

(Diversifizierung)<br />

alle Bereiche müssen<br />

dazu beitrage n<br />

Market<strong>in</strong>g durch<br />

Mitarbeiter beim<br />

Kunden<br />

mehr Recherchen<br />

über Auftragsabläufe/<br />

Kundensicht<br />

Kunden Kompetenz<br />

von AKRA aufzeigen<br />

(müssen) können<br />

Abb. 10: Verbesserungsbereiche der Firma AKRA, Ausschnitt „Kunden und F<strong>in</strong>anzen“<br />

5 Kaplan, S. & Norton D. (1997). Balanced Scorecard. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.


Im Bereich „F<strong>in</strong>anzen“ g<strong>in</strong>g es bei AKRA um die zentrale Frage, die Liquiditätssicherung<br />

nicht aus den Augen zu verlieren. Zwar bestand ke<strong>in</strong>e akute Gefährdung, da die Liquiditätsreserve<br />

als h<strong>in</strong>reichend e<strong>in</strong>geschätzt wurde, aber im kommenden Jahr galt es bei Außenständen,<br />

großen Kundenaufträgen mit hoher Vorleistung und größeren Investitionen genau zu<br />

rechnen. Als e<strong>in</strong>e Möglichkeit zusätzlicher f<strong>in</strong>anzieller Unterstützung se<strong>in</strong>er Innovationsvorhaben,<br />

wollte AKRA verstärkt Förderprogramme der öffentlichen Hand nutzen.<br />

In konsequenter Umsetzung des Unternehmensziels Komplettanbieter ausgewählter Produkte<br />

<strong>in</strong> lukrativen Märkten zu werden, sah AKRA se<strong>in</strong>e primären Aufgabe <strong>in</strong> der systematischen<br />

Kundenakquisition <strong>in</strong> ausgewählten Geschäftsfeldern wie Masch<strong>in</strong>enbau, Behälter- und<br />

Apparatebau und Dienstleistungen. Neben H<strong>in</strong>weisen auf die Notwendigkeit, die Kunden<br />

mehr zu schulen und zu <strong>in</strong>formieren g<strong>in</strong>g es zentral darum, mittelfristig den Vertrieb anforderungsgerecht<br />

auszubauen. Dazu sollte mit e<strong>in</strong>er Kundenanalyse im Segment Masch<strong>in</strong>enbau<br />

begonnen und darauf aufbauend e<strong>in</strong> Konzept zur Gestaltung der Kundenbeziehung entwickelt<br />

und umgesetzt werden. Wenn alle Unternehmensbereiche ihren Beitrag wie abgesprochen<br />

leisten, sieht AKRA gute Chancen den Plan erfolgreich zu realisieren.<br />

25


1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

26<br />

Nr. Was Wer bis wann Rückmeldung<br />

Projektablauf prüfen und<br />

verbessern � planen<br />

Erfahrungsaustausch mit<br />

Hersteller und Schweißer<br />

Zielvere<strong>in</strong>barung /<br />

Weiterqualifizierung � Überblick<br />

/ Matrix<br />

Aktion Ordnung und Sauberkeit<br />

<strong>in</strong> der Produktion planen<br />

Qualität sicher stellen: planen<br />

(Qualitätszirkel)<br />

zu 1 Abweichungsberichte sammeln<br />

6<br />

7<br />

Zuständigkeiten der<br />

Geschäftsfelder <strong>in</strong><br />

Angebotsphase +<br />

Kundenzuordnung<br />

Projekt Neukunden<br />

Masch<strong>in</strong>enbau<br />

a) Sofortmaßnahmen<br />

b) Systematik/Konzept<br />

Abb. 11: Maßnahmenplan der Firma AKRA<br />

H. Meier 28 KW<br />

H. Müller bis 33 KW<br />

H. Schmidt 26. KW<br />

H. Müller<br />

(Schmitz/Meier)<br />

Ende 20.<br />

KW<br />

Team Sitzung<br />

29 KW<br />

Kom.-<br />

Besprechung<br />

27 KW<br />

Team-Sitzung<br />

23. KW<br />

Kom-Besprechung<br />

21. KW<br />

H. Müller Ende 22 KW Kom-Besprechung<br />

23.KW<br />

H. Meier<br />

(alle)<br />

26. KW<br />

H. Schmidt 20. KW<br />

(Müller/Meier)<br />

H. Schmidt<br />

Ende 22 KW<br />

Team-Sitzung<br />

27 KW<br />

Team-Sitzung<br />

21 KW<br />

Team-Sitzung<br />

23. KW<br />

Im Maßnahmenplan von AKRA f<strong>in</strong>den sich die angesprochenen Verbesserungsthemen<br />

wieder. Zum e<strong>in</strong>en wurden kle<strong>in</strong>ere, unmittelbar umsetzbare Aktivitäten wie die Aktion<br />

„Sauberkeit und Ordnung“, der „Erfahrungsaustausch der Schweißer mit dem Hersteller“ oder<br />

das „Sammeln der Abweichberichte“ bestimmt. Ihre Realisierung verspricht unmittelbare<br />

Erfolge und so e<strong>in</strong>e Stärkung der Motivation von Beteiligten. Diese kle<strong>in</strong>eren Maßnahmen<br />

wurden ke<strong>in</strong>eswegs willkürlich ausgewählt, sondern Hauptkriterium war neben der e<strong>in</strong>fachen<br />

Umsetzbarkeit, dass sie <strong>in</strong> ihrer Wirkung die strategische Orientierung von AKRA unterstützten.<br />

Andere Vorhaben wie die „Verbesserung des Projektablaufs“ oder „Neukunden im<br />

Masch<strong>in</strong>enbau“ s<strong>in</strong>d überlebenswichtige Initiativen, die sich nicht neben der Alltagsarbeit her<br />

bewältigen lassen, sondern Projektcharakter besitzen. Sie bedürfen zusätzlicher zeitlicher,<br />

personeller und f<strong>in</strong>anzieller Ressourcen und e<strong>in</strong>er systematischeren Vorbereitung, Planung,<br />

Durchführung und Kontrolle.<br />

Der Maßnahmenplan benennt auch verantwortliche Personen und Personengruppen. Dies s<strong>in</strong>d<br />

zum e<strong>in</strong>en die „Kümmerer“, die als Treiber <strong>für</strong> die Umsetzung fungieren. Zum anderen<br />

werden, soweit nicht schon vorhanden, Gremien benannt, die <strong>für</strong> die regelmäßige und bedarfsweise<br />

Diskussion und Entscheidung wichtiger Fragestellungen zuständig s<strong>in</strong>d. Dies ist<br />

im Falle von AKRA e<strong>in</strong> bereits bestehendes „Führungs-Team“ <strong>für</strong> bereichsübergreifende<br />

Fragestellungen und e<strong>in</strong>e „Produktionsbesprechung“ <strong>für</strong> den Fertigungsbereich. Diese Gremien<br />

s<strong>in</strong>d <strong>für</strong> die weitere Planung, Koord<strong>in</strong>ation und die Ergebnisprüfung von Aktivitäten <strong>in</strong><br />

ihrem Verantwortungsbereich zuständig.


4.3 Die nächsten Schritte - Planung, Umsetzung und Revision<br />

Mit der Formulierung von Maßnahmen und der Festlegung von Verantwortlichkeiten,<br />

Term<strong>in</strong>en und Lenkungsgremien wird die Maßnahmenumsetzung e<strong>in</strong>geleitet. Damit endet der<br />

Potenzial-Check im engeren S<strong>in</strong>ne 6 . Strategische Diskussionen s<strong>in</strong>d aber ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>malveranstaltung,<br />

sondern müssen <strong>in</strong> angemessenen Zeiträumen wiederholt werden - <strong>in</strong> turbulenten,<br />

une<strong>in</strong>sichtigen Märkten und Umfeldern des öfteren, <strong>in</strong> stabileren, durchschaubareren weniger<br />

häufig. Deshalb be<strong>in</strong>haltet der Potenzial-Check auch e<strong>in</strong>en Vorschlag zur Prüfung und<br />

Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie. Dies verdeutlicht die folgende Abbildung:<br />

Revision<br />

• Strategie umfassend<br />

prüfen und anpassen,<br />

• Verbesserungsbereiche<br />

identifizieren<br />

• kritische Maßnahmen<br />

<strong>in</strong>itiieren<br />

konzeptgeleitet<br />

konzeptgeleitet<br />

Abb. 12: Die lernende Strategie<br />

Erstmaliger Potenzial-Check<br />

• Stärken/Schwächen e<strong>in</strong>schätzen<br />

• Strategie ausarbeiten<br />

• Verbesserungsbereiche identifizieren<br />

• kritische Maßnahmen <strong>in</strong>itiieren<br />

Bestandsaufnahme/<br />

Zwischenrevision<br />

Strategie u. Maßnahmen<br />

prüfen, abgleichen und<br />

optimieren<br />

e<strong>in</strong>gebettet<br />

Maßnahmen:<br />

• planen,<br />

• umsetzen,<br />

• prüfen<br />

Danach wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er abgestimmten Aufe<strong>in</strong>anderfolge von erstmaligem Potenzial-Check,<br />

Maßnahmenumsetzung, Zwischenrevision / Bestandsaufnahme und umfassender Revision die<br />

Maßnahmenumsetzung und die Unternehmensstrategie immer wieder geprüft und wenn<br />

erforderlich an neue Gegebenheiten angepasst. Mit anderen Worten ausgedrückt: es wird e<strong>in</strong><br />

beständiger Optimierungszyklus nach dem Schema „Plan-Do-Check-Act“ (der sogenannte<br />

„P-D-C-A-Zyklus“) <strong>in</strong> Gang gesetzt und e<strong>in</strong>e Lernspirale <strong>in</strong>itiiert 7 .<br />

Es bleibt festzuhalten, dass nahezu alle Unternehmen mit dem Potenzial-Check und se<strong>in</strong>er<br />

systematischen, partizipativen <strong>Strategiearbeit</strong> Neuland betraten. Ihnen erschien der Vorschlag<br />

6 Mit der Umsetzung stehen die Beschäftigten nun vor e<strong>in</strong>er Vielfalt von Aufgaben, die sie sukzessive<br />

bewältigen müssen. Möglichkeiten und Wege sie dabei zu unterstützen werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren Broschüre zum<br />

Thema Projektmanagement dargelegt.<br />

7 Die <strong>in</strong> der Abbildung oben benutzten Begriffe „konzeptgeleitete“ und „e<strong>in</strong>gebettete“ <strong>Strategiearbeit</strong> werden im<br />

folgenden Kapitel 5.2 „Von der konzeptgeleiteten zur e<strong>in</strong>gebetteten <strong>Strategiearbeit</strong>: das Beispiel der Firma<br />

KREM“ erläutert.<br />

27


zwar erfolgversprechend, se<strong>in</strong>e Brauchbarkeit <strong>für</strong> ihre Zwecke konnten sie natürlich erst<br />

wirklich beurteilen, als sie ihn im Prozess persönlich erlebt hatten. Danach waren sie mit der<br />

Vorgehensweise und den Ergebnissen zufrieden und bewerteten den Potenzial-Check<br />

e<strong>in</strong>hellig als e<strong>in</strong> sehr gutes Instrument. Er sei anregend, klärend, orientierend, motivierend<br />

und Impulsgeber <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Vielzahl von Veränderungsaktivitäten. War die Methode e<strong>in</strong>mal<br />

akzeptiert, wurden ohne weiter Umstände die Konsequenzen aus den gewonnenen Erkenntnissen<br />

gezogen: die schnelle Entscheidung und die Nutzung von Chancen ist e<strong>in</strong>e der herausragenden<br />

Stärken von <strong>KMU</strong>.<br />

28


5 Formen der <strong>Strategiearbeit</strong><br />

Trotz des Angebots e<strong>in</strong>es firmenspezifischen Zuschnitts von Vorgehensweise und Leitfaden<br />

hielt sich die Mehrheit der 15 Unternehmen an den vorgeschlagenen Weg der dreistufigen<br />

Strategieerarbeitung, wie er beispielhaft <strong>für</strong> AKRA beschrieben wurde. Auch machte ke<strong>in</strong>es<br />

von der Möglichkeit der Auswahl von Leitfadenmodulen Gebrauch. Lediglich vier Unternehmen<br />

wichen von dem Vorschlag des Potenzial-Checks aufgrund ihrer spezifischen Konstellation<br />

und aktuellen Problemstellungen <strong>in</strong> Teilen ab.<br />

So führten drei Firmen mit unterschiedlichen Begründungen nur die ersten beiden Workshops<br />

durch. E<strong>in</strong> Unternehmer wollte sich lediglich se<strong>in</strong>er persönlichen strategischen Orientierung<br />

vergewissern; e<strong>in</strong> Zweiter explizierte und modifizierte zwar se<strong>in</strong>e Strategie <strong>in</strong> großem Umfang,<br />

sah aber aufgrund der hierarchischen Grundstruktur der Firma zum jetzigen Zeitpunkt<br />

wenig Nutzen im Partizipationsworkshop; bei e<strong>in</strong>em Dritten verfestigte sich im Rahmen der<br />

Diskussionen die latente Verkaufsabsicht - damit erübrigte sich <strong>für</strong> ihn der Workshop mit den<br />

Mitarbeitern; beim vierten Unternehmen standen neben e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>leitenden Darlegung der<br />

Unternehmensziele deren Abstimmung mit den ganz persönlichen Zielen der<br />

Schlüsselmitarbeiter im Zentrum.<br />

Im folgenden geht es nun darum aufzuzeigen, welche Pfade die Unternehmen <strong>in</strong> ihrer weiteren<br />

praktischen <strong>Strategiearbeit</strong> e<strong>in</strong>schlugen und welche Erfahrungen sie damit machten.<br />

Zwei exemplarische Unternehmensbeispiele sollen dies verdeutlichen.<br />

5.1 Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong>: das Beispiel der Firma „STABA“<br />

5.1.1 Das Unternehmen, se<strong>in</strong>e Ziele und Potenziale<br />

STABA ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>habergeführtes Unternehmen im Bereich Anlagenbau und produziert Unikate<br />

und Kle<strong>in</strong>serien im Kundenauftrag. Es wurde vor 8 Jahren gegründet und wuchs von<br />

damals 30 bis auf 82 Beschäftigte im Jahre 2003. Se<strong>in</strong>e Kernkompetenzen sieht STABA<br />

ähnlich wie AKRA <strong>in</strong> folgendem Leistungsensemble:<br />

• den Kompetenzen der Mitarbeiter, <strong>in</strong>sbesondere im Bereich Schweißen<br />

e<strong>in</strong>schließlich Zertifikaten,<br />

• den Synergien aus der engen Zusammenarbeit von Vertrieb, Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g und<br />

Produktion,<br />

• dem abgestimmten E<strong>in</strong>satz modernster Arbeitsmittel und Masch<strong>in</strong>en, geräumigen<br />

Hallen und passenden Krananlagen,<br />

• der Fähigkeit vielfältigste, kundenspezifische, komplette Systeme (Hard- und<br />

Software) aus e<strong>in</strong>er Hand <strong>in</strong> vere<strong>in</strong>barter Qualität und verabredetem Service zu<br />

günstigen Kosten herzustellen.<br />

STABA bietet als Systemhersteller e<strong>in</strong>e umfassende Leistung an, will weiter wachsen und <strong>in</strong><br />

längerfristiger Perspektive Know-how- und Kostenführer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Märkten werden. In der<br />

29


Zusammenarbeit mit Zulieferern strebt STABA danach, alle kundensensiblen Leistungen<br />

soweit wie möglich selbst zu erbr<strong>in</strong>gen.<br />

Der erstmalige Potenzial-Check wurde Anfang 2001 durchgeführt und die erste und zweite<br />

Revision jeweils ca. e<strong>in</strong> Jahr später. Darüber h<strong>in</strong>aus führte der Berater mehrere Workshops<br />

zur Initiierung und Planung von Umsetzungsaktivitäten durch. Zugleich dienten diese als<br />

Möglichkeit zu e<strong>in</strong>er Bestandaufnahme der Umsetzungserfahrungen.<br />

5.1.2 Die erstmalige Durchführung des Potenzial-Checks<br />

Die erstmalige Durchführung des Potenzial-Checks Anfang 2001 machte deutlich, dass das<br />

Unternehmen vor e<strong>in</strong>er doppelten Aufgabe stand. Es musste sowohl weiter daran arbeiten sich<br />

auf den angezielten Märkten zu etablieren und neue Kunden zu gew<strong>in</strong>nen als auch die <strong>in</strong>terne<br />

Unternehmensorganisation darauf abgestimmt auszubauen. Dies bedeutete nicht mehr und<br />

nicht weniger als die Umsetzung e<strong>in</strong>er Vielzahl größerer und kle<strong>in</strong>erer Aktivitäten e<strong>in</strong>schließlich<br />

der Etablierung e<strong>in</strong>es passenden strategischen Managements. Neben kle<strong>in</strong>eren, direkt von<br />

verantwortlichen Mitarbeitern umsetzbaren Maßnahmen, wurden auch mehrere umfassendere<br />

Vorhaben als Projekte def<strong>in</strong>iert. Dies waren beispielsweise e<strong>in</strong>e Reorganisation der Zusammenarbeit<br />

von Vertrieb und Konstruktion als prioritäre Aufgabe; ferner die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es<br />

systematischen Market<strong>in</strong>gs und umfangreichere Qualifizierungsmaßnahmen als längerfristige<br />

Vorhaben.<br />

STABA hatte von vornehere<strong>in</strong> das Ziel, e<strong>in</strong>e systematische <strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen<br />

zu verankern. Deshalb führte es alle drei Stufen des Potenzial-Checks wie vorgeschlagen<br />

durch. Mit Beendigung des 3. Workshops waren zwar alle Beteiligten schlauer als vorher,<br />

standen aber nun vor e<strong>in</strong>em Berg an Arbeit, der nur schrittweise abzutragen war. Unter Berücksichtigung<br />

der gegebenen Ressourcen wurden mit Hilfe des Maßnahmenplans Aktivitäten<br />

festgehalten, priorisiert, term<strong>in</strong>iert und Verantwortlichkeiten bestimmt. Auswahlkriterien <strong>für</strong><br />

aufwändigere Vorhaben waren: Strategiekonformität, Wichtigkeit und Dr<strong>in</strong>glichkeit, Machbarkeit,<br />

F<strong>in</strong>anzierbarkeit und die Erzielung kurzfristiger, motivierender Erfolge. Kle<strong>in</strong>ere<br />

Maßnahmen wurden <strong>in</strong> der Alltagsarbeit sofort umgesetzt. Sie mussten aber „<strong>in</strong> die richtige<br />

Richtung weisen“ bzw. im angezielten Ergebnis strategiekonform se<strong>in</strong>.<br />

5.1.3 Revisionen, Bestandsaufnahmen und Umsetzungsworkshops<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>es Workshops zur Reorganisation der Zusammenarbeit von Vertrieb und Konstruktion<br />

e<strong>in</strong> halbes Jahr nach dem ersten Potenzial-Check, wurden die Teilnehmer bzgl. ihrer<br />

Umsetzungserfahrungen befragt. Tenor war, dass zwar vieles begonnen worden sei, aber<br />

bisher wenig umgesetzt werden konnte. Das Tagesgeschäft dom<strong>in</strong>iere alles und ungeplante<br />

Sonderwünsche von Kunden kosteten viel Zeit. Es sei e<strong>in</strong>e Überprüfung der Maßnahmeneffekte<br />

nötig und <strong>in</strong>sgesamt gelte es die Rechenschaftspflicht der im Maßnahmenplan<br />

benannten verantwortlichen „Kümmerer“ e<strong>in</strong>zufordern.<br />

Die Erfahrung, dass es e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> wirklich großer Schritt ist systematisch e<strong>in</strong>e Strategie zu<br />

entwickeln und Aktivitäten abzuleiten, andererseits aber e<strong>in</strong>e völlig andere Sache sie umzusetzen,<br />

teilte STABA mit den anderen Firmen. Diese führten Gründe <strong>für</strong> das Scheitern oder<br />

30


Verschleppen von Aktivitäten an wie mangelnde Unterstützung der Geschäftsführung, unzureichende<br />

Koord<strong>in</strong>ation der Aktivitäten, ke<strong>in</strong> Kostenplan, unklare Regelung der Leitung von<br />

Projekten, viel Streit im Team, ke<strong>in</strong>e regelmäßigen Besprechungen, ke<strong>in</strong>e klare Def<strong>in</strong>ition<br />

von Aufgaben, nachlassende Anfangsbegeisterung und e<strong>in</strong>iges mehr.<br />

Die weiteren Revisionen und Bestandsaufnahmen im Verlaufe der folgenden zwei Jahre zeigten,<br />

dass nach den skizzierten ersten Anlaufschwierigkeiten die Mehrheit der kle<strong>in</strong>en, im<br />

Kompetenzbereich der zuständigen Mitarbeiter liegenden Maßnahmen auch umgesetzt wurden.<br />

Es zeigte sich aber auch, dass e<strong>in</strong>ige größere Vorhaben nie soweit gediehen, dass sie zu<br />

greifbaren Ergebnissen führten. Das Unternehmen hatte sich überfordert und <strong>in</strong> zu kurzer Zeit<br />

zu viele „Baustellen“ eröffnet. Es musste auf der e<strong>in</strong>en Seite lernen, sich auf das unter den<br />

jeweils gegebenen Bed<strong>in</strong>gungen Machbare zu beschränken zugleich aber auch feststellen,<br />

dass se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternen Kompetenzen und Regelungsmechanismen zur Steuerung größerer<br />

Reorganisationsprojekte verbesserungsbedürftig s<strong>in</strong>d.<br />

5.1.4 Revisions-Experimente<br />

Die erste Strategierevision Anfang 2002 fand unter Beteiligung des gesamten erweiterten<br />

Führungsteams (12 Personen) der beiden Geschäftsführer und des Beraters statt und sollte<br />

nach der Planung e<strong>in</strong>en Tag dauern. Obwohl die Veränderungen der strategischen Lage des<br />

Unternehmens überschaubar waren und mit dem visualisierten Ergebnissen des ersten Potenzial-Checks<br />

e<strong>in</strong>e diskussionsunterstützende Vorlage vorhanden war, zeigte sich sehr schnell,<br />

dass der angesetzte Zeitraum zu kurz war. Es dauerte nicht nur e<strong>in</strong>en, sondern <strong>in</strong>sgesamt zwei<br />

Tage, die strategisch wichtigen Aspekte h<strong>in</strong>reichend zu diskutieren und Veränderungen <strong>in</strong> den<br />

Charts des Leitfadens festzuhalten, Verbesserungserfordernisse festzustellen und Maßnahmen<br />

zu bestimmen.<br />

Damit waren natürlich die Möglichkeiten e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en Unternehmens überstrapaziert. Der<br />

Hauptgrund war <strong>in</strong> der ausgeprägt operativen Orientierung der Führungskräfte zu suchen. Sie<br />

<strong>in</strong>teressierte weniger die strategische Situation des Unternehmens als vielmehr die Schwierigkeiten<br />

<strong>in</strong> ihrem Verantwortungsbereich. Die Alltagsprobleme verschütteten die vorhandenen<br />

Ansätze e<strong>in</strong>er übergreifenderen Perspektive immer wieder. Sicher ist <strong>für</strong> STABA, dass vor<br />

dem nächsten Versuch e<strong>in</strong>er systematischen, geme<strong>in</strong>samen Strategieausarbeitung mit den<br />

Führungskräften noch e<strong>in</strong> längerer Lernprozess liegt. In den nächsten Jahren wird Strategieentwicklung<br />

weiterh<strong>in</strong> vorwiegend e<strong>in</strong>e Sache der Geschäftsführung bleiben.<br />

Die zweite Revision Anfang 2003 wurde <strong>in</strong> der Konsequenz analog zur Vorgehensweise des<br />

ersten Potenzial-Checks durchgeführt: Die Geschäftsführung arbeitete unterstützt vom Berater<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>tägigen Workshops den Leitfaden durch, hielt die Veränderungen und<br />

Verbesserungserfordernisse fest und nutzte diese Vorlage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em halbtägigen Beteiligungsworkshop<br />

mit den Führungskräften. Diese Vorgehensweise erbrachte <strong>für</strong> STABA die erwünschten<br />

Erfolge mit akzeptablem Aufwand.<br />

31


5.1.5 Strategie- und Werkzeuglernen<br />

Das missglückte Experiment e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>schaftlichen Strategieentwicklung im erweiterten<br />

Führungskreis hieß aber ke<strong>in</strong>esfalls, dass bei den Beschäftigten ke<strong>in</strong> Strategielernen stattfand.<br />

So konnte vom Berater im Rahmen der Begleitung von Umsetzungsaktivitäten sehr wohl e<strong>in</strong><br />

zunehmender Bezug auf Fragen der Gesamtlage des Unternehmens und se<strong>in</strong>e Zielstellungen<br />

registriert werden. Zudem können Umsetzungsaktivitäten gezielt zur Reflektion der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />

e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelmaßnahme <strong>in</strong> die Unternehmensstrategie genutzt werden. Hier f<strong>in</strong>det sukzessive<br />

im Umsetzungsprozess e<strong>in</strong> Strategielernen der Beteiligten statt (auf diese Lernform<br />

wird unten im Rahmen des Beispiels der Firma KREM Kap. 5.2.3 „Revisionen,<br />

Bestandsaufnahmen und Maßnahmenumsetzung: e<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong>“ weiter<br />

e<strong>in</strong>gegangen).<br />

Den Nachweis <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en mehrfachen Lernprozess im Unternehmen, nämlich Strategie- und<br />

Werkzeuglernen, liefert die folgende Abbildung:<br />

32


33<br />

33<br />

Abb. 13: Die Stufen der Unternehmensreife der Firma STABA<br />

Die Stufen der Unternehmensreife<br />

1. Ergebnisorientierung<br />

Exellence hängt davon ab, dass man die Interessen aller relevanten<br />

Interessengruppen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> ausgewogenes Verhältnis br<strong>in</strong>gt (dazu gehören<br />

Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und die <strong>Gesellschaft</strong> im<br />

allgeme<strong>in</strong>en).<br />

2. Kundenorientierung<br />

Kundenloyalität, Kundenb<strong>in</strong>dung und Marktanteil werden am besten durch e<strong>in</strong>e<br />

klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse von bestehenden und potentiellen<br />

Kunden optimiert.<br />

3. Führung und Zielkonsequenzen<br />

Die Führungskräfte schaffen mit ihrem Verhalten <strong>in</strong> der Organisation Klarheit<br />

und E<strong>in</strong>igkeit h<strong>in</strong>sichtlich des Zwecks sowie e<strong>in</strong> Umfeld, <strong>in</strong> dem die Organisation<br />

und ihre Mitarbeiter überragende Leistungen erbr<strong>in</strong>gen können.<br />

4. Management mit Prozessen und Fakten<br />

Organisationen funktionieren effektiver, wenn alle mite<strong>in</strong>ander verknüpften Ak-<br />

x<br />

tivitäten auf zuverlässigen Info´s beruhen, verstanden und systematisch gemanagt<br />

werden.<br />

5. Mitarbeiterentwicklung und –beteiligung<br />

x<br />

Das volle Potential von Mitarbeitern wird am besten durch geme<strong>in</strong>same Werte<br />

und e<strong>in</strong>e Kultur des Vertrauens und der Ermächtigung freigesetzt. Es ermutigt<br />

alle Mitarbeiter sich zu beteiligen.<br />

6. Verbesserung und kont<strong>in</strong>uierliches Lernen<br />

Die Leistung e<strong>in</strong>er Organisation kann stetig gesteigert werden, wenn sie auf<br />

x<br />

kont<strong>in</strong>uierliche Verbesserung ausgerichtet und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kultur stetigen Lernens<br />

e<strong>in</strong>gebettet ist.<br />

7. Innovation und Wissensaustausch<br />

Innovationen bei Produkten, Dienstleistungen, Verfahren und Prozessen s<strong>in</strong>d<br />

am besten geeignet, um e<strong>in</strong>zigartige Lösungen <strong>für</strong> Kunden zu erreichen. Die<br />

x<br />

Basis ist die Reflexion von Erfahrungen und der systematische Wissensaustausch.<br />

8. Aufbau von Partnerschaften<br />

E<strong>in</strong>e Organisation arbeitet effektiver, wenn sie <strong>für</strong> beide Seiten vorteilhafte Be-<br />

x<br />

ziehungen mit ihren Partner unterhält. Diese beruhen auf Vertrauen,<br />

Austausch und Integration von Wissen.<br />

9. Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit<br />

Den langfristigen Interessen der Organisation und ihrer Mitarbeiter ist am bes-<br />

xx<br />

ten gedient, wenn sie e<strong>in</strong> ethisch korrektes Vorgehen praktiziert und die Erwartungen<br />

und Vorschriften der <strong>Gesellschaft</strong> im weitesten S<strong>in</strong>ne übertrifft. x Anfänge<br />

wenig Systematik erkennbar,<br />

sporadisch, <strong>in</strong>transparent - aber<br />

Problem erkannt, erste Veränderungsaktivitäten<br />

e<strong>in</strong>geleitet.<br />

10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %<br />

05/01<br />

aus<br />

Sicht<br />

05/02<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

05/01<br />

x<br />

x<br />

x<br />

xx<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

05/02 05/03<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

auf dem Wege<br />

systematisch und transparent<br />

<strong>in</strong> Teilbereichen - Aktivitäten z.T.<br />

<strong>in</strong>tegriert.<br />

reife Organisation<br />

systematisch, transparent und<br />

verankert im Gesamtbetrieb -<br />

Aktivitäten voll <strong>in</strong>tegriert.


Als Abschluss jeder Potenzialanalyse wird die Unternehmensreife nach den neun grundlegenden<br />

Konzepten von Excellence 8 im S<strong>in</strong>ne der European Foundation of Qualitymanagement<br />

(EFQM) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Überblick bewertet.<br />

Die <strong>in</strong>sgesamt neun Konzepte „Ergebnisorientierung, Kundenorientierung, Führung und Zielkonsequenzen,<br />

Management mit Prozessen und Fakten, Mitarbeiterentwicklung und -beteiligung,<br />

Verbesserung und kont<strong>in</strong>uierliches Lernen, Innovation und Wissensaustausch, Aufbau<br />

von Partnerschaften und Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit“ (ihre Operationalisierung<br />

ist <strong>in</strong> der Abbildung oben ausgeführt) werden dabei bzgl. des Grades der Systematik,<br />

Verbreitung, Integration und Transparenz <strong>in</strong> der Vorgehensweise, der Umsetzung, und der<br />

Ergebnisbewertung und -überprüfung e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

Es wird <strong>für</strong> jedes Konzept gefragt 9 :<br />

34<br />

• ob das Unternehmen noch <strong>in</strong> den Anfängen steckt; also das Vorgehen, die Umsetzung,<br />

Bewertung und Überprüfung sporadisch, <strong>in</strong>transparent und wenig systematisch<br />

ist, aber das Problem erkannt wurde und erste Veränderungen e<strong>in</strong>geleitet s<strong>in</strong>d,<br />

• ob das Unternehmen auf dem Weg ist; also das Vorgehen, die Umsetzung, Bewertung<br />

und Überprüfung wenigstens <strong>in</strong> Teilbereichen des Unternehmens systematisch<br />

und transparent und mit anderen Aktivitäten verknüpft ist,<br />

• und ob das Unternehmen e<strong>in</strong>e reife Organisation ist, also das Vorgehen, die Umsetzung,<br />

Bewertung und Überprüfung systematisch, transparent, <strong>in</strong>tegriert und im<br />

Gesamtunternehmen verankert s<strong>in</strong>d.<br />

Die Abbildung zeigt nun das Ergebnis der E<strong>in</strong>schätzungen der Geschäftsführung von STABA<br />

aus drei Strategieentwicklungs-Workshops der Jahre 2001, 2002 und 2003 und zusätzlich e<strong>in</strong>e<br />

rückblickende Bewertung des Unternehmens <strong>für</strong> das Jahr 2001 aus der Sicht von 2002. Während<br />

STABA nach E<strong>in</strong>schätzung der Geschäftsführung 2001 noch auf der Stufe der Anfänge<br />

steckt, bef<strong>in</strong>det sich das Unternehmen im Jahr 2002 schon auf dem Weg zur Excellence.<br />

Lediglich beim „Aufbau von Partnerschaften“ hat sich das Unternehmen verschlechtert (die<br />

Ursache der Bewertung lag <strong>in</strong> schlechten Erfahrungen mit Zulieferern und e<strong>in</strong>em Wunsch-<br />

Kooperationspartner mit komplementärem Leistungsprofil). Im Jahre 2003 bef<strong>in</strong>det sich das<br />

Unternehmen <strong>in</strong> allen Konzepten auf dem Weg zur Excellence.<br />

Die Ausführungen verdeutlichen, dass sich das Unternehmen sukzessive <strong>in</strong> allen Konzepten<br />

wesentlich verbessert hat: es wurde umgestaltet und hat Strategie gelernt. Sie zeigen aber<br />

auch, dass die größten Sprünge am Anfang des Gestaltungsprozesses möglich waren. Danach<br />

werden die Schritte wesentlich kle<strong>in</strong>er bzw. die weitere Verbesserung wird immer schwieriger.<br />

Der Weg zur Excellence bedarf zwar erster, möglichst kurzfristiger, motivierender Erfolge.<br />

Er erfordert vor allem aber e<strong>in</strong>en langen Atem und e<strong>in</strong>e größere Ausdauer als die meisten<br />

Unternehmen zu Beg<strong>in</strong>n ahnen (dies zeigt die Erfahrung von Reorganisationsprojekten).<br />

Hervorzuheben s<strong>in</strong>d die Ergebnisse der Bewertung der Jahre 2001 und 2002 sowie die rückblickende,<br />

nochmalige E<strong>in</strong>schätzung des Jahres 2001. Die Korrektur der erstmaligen Bewertung<br />

beim Blick von vorn zurück, also von 2002 auf 2001, ergab e<strong>in</strong>e weit schlechtere E<strong>in</strong>-<br />

8 Der hier benutzte Begriff von Excellence lehnt sich an das Modell der EFQM an, wurde aber um das Konzept<br />

„Innovation und Wissensaustausch“ ergänzt. Durch die Betonung des Innovationsthemas soll die Orientierung<br />

auf die Effektivität („das Richtige tun“) gestärkt werden - im Unterschiede zur bisher zumeist im Fokus der<br />

Wandlungsbemühungen stehenden Effizienzorientierung („etwas richtig tun“).<br />

9 Die Zehner-Skala (10% bis 100%) im oberen Teil der Abbildung wurde zusätzlich aufgenommen, um dem<br />

Bedürfnis der betrieblichen Gesprächspartner nach e<strong>in</strong>er stärkeren Differenzierung nachzukommen.


schätzung der Ausgangssituation des Unternehmens. Die Ursachen der veränderten Bewertung<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mehrfachen Lernprozess zu suchen, <strong>in</strong>dem sich STABA nicht nur tatsächlich<br />

verbesserte, sondern darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e realistischere Sicht der Unternehmenspotenziale<br />

erwerben und zugleich die Instrumenten- und Anwendungskenntnisse verbessern konnte.<br />

Schritt <strong>für</strong> Schritt im Wechsel von Gespräch und Tun, Planung und Umsetzung wurden die<br />

allgeme<strong>in</strong>en Konzepte des Leitfadens, sozusagen die leere Form, durch den Kontext und die<br />

Ziele des Unternehmens gefüllt, konkretisiert und selbst auch neu geformt – also die Theorie<br />

und der Leitfaden weiter entwickelt.<br />

Das Beispiel STABA steht da<strong>für</strong>, dass die Bewertung von Unternehmen von der E<strong>in</strong>sicht und<br />

Reflektionsfähigkeit der Beteiligten abhängt, dass erste E<strong>in</strong>schätzungen häufig zu günstig<br />

ausfallen und dass es e<strong>in</strong>es längeren Lernprozesses bedarf, e<strong>in</strong>e realistischere Sichtweise des<br />

Unternehmens zu erlangen. Im gelungenen Fall wird aber sowohl die Entwicklung e<strong>in</strong>es<br />

geme<strong>in</strong>samen Verständnisses, e<strong>in</strong> Mitlernen aller Beteiligten und die Entwicklung von<br />

Können als auch die Weiterentwicklung des Leitfadens gefördert. Das sukzessive Strategieund<br />

Werkzeuglernen ist e<strong>in</strong>e Chance <strong>für</strong> das Unternehmen e<strong>in</strong>e zunehmende Selbstständigkeit<br />

<strong>in</strong> der <strong>Strategiearbeit</strong> zu erlangen.<br />

5.2 Von der konzeptgeleiteten zur e<strong>in</strong>gebetteten <strong>Strategiearbeit</strong>: das<br />

Beispiel der Firma KREM<br />

5.2.1 Das Unternehmen, die Ziele und Potenziale<br />

Die Firma KREM ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>habergeführtes Stahlbauunternehmen und mit 21 Mitarbeitern<br />

wesentlich kle<strong>in</strong>er als STABA und AKRA. Sie besteht seit Mitte der 90iger Jahre und ist als<br />

Hersteller<strong>in</strong> von Unikaten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vielzahl verschiedener Marktsegmente tätig. Im Unterschied<br />

zu den anderen beiden oben dargestellten Stahlbaufirmen arbeitet die Mehrheit der<br />

Mitarbeiter im Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gbereich. KREM ist als e<strong>in</strong> Ingenieurbüro zu charakterisieren, dass<br />

sich auch e<strong>in</strong>e Fertigung leistet. Die Kernkompetenzen liegen <strong>in</strong> folgendem<br />

Leistungsensemble:<br />

• der engen Verknüpfung von Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gleistungen mit Produktionsarbeit <strong>in</strong> den<br />

Projekten, um Qualität, Effizienz und vor allem das Lernen zu sichern,<br />

• der Qualifikation, Flexibilität und dem Engagement der Schlüsselmitarbeiter und der<br />

teamförmigen Projektarbeit,<br />

• dem E<strong>in</strong>satz leistungsstarker, modernster Informationstechnologien im Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gbereich,<br />

• der Entwicklung und Pflege von Unternehmensnetzwerken, um alle Leistungen<br />

jederzeit <strong>in</strong> geforderter Qualität kostengünstig aus e<strong>in</strong>er Hand anbieten zu können.<br />

Die Firma KREM will <strong>in</strong> den nächsten Jahren wachsen und <strong>in</strong> den lukrativsten Märken neue<br />

Kunden gew<strong>in</strong>nen. Es bleiben jedoch alle bisher bedienten Marktsegmente erhalten, um<br />

Nachfrageschwankungen ausgleichen zu können. Dazu soll der Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gbereich erweitert,<br />

neue CAD-Systeme angeschafft, <strong>in</strong> Teilbereichen modulare Produktstrukturen entwickelt, die<br />

Teamarbeit und Projektprozesse stabilisiert, e<strong>in</strong> systematisches Market<strong>in</strong>g aufgebaut und das<br />

35


Zulieferernetzwerk geprüft, gepflegt und neue Partnerschaften erprobt werden. KREM achtet<br />

streng darauf, se<strong>in</strong>e Wissenssouveränität und Eigenständigkeit zu erhalten.<br />

5.2.2 Erstmaliger Potenzial-Check: konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong><br />

Der erstmalige Potenzial-Check wurde Mitte 2001 durchgeführt. Er zeigte, dass KREM zwar<br />

e<strong>in</strong> Unternehmen ist, das sich im Markt bisher behaupten konnte, Ideen hat und e<strong>in</strong>e klare<br />

Wachstumsperspektive besitzt, dass dazu aber e<strong>in</strong>e Fülle von personellen, organisatorischen<br />

und technischen Verbesserungsaufgaben im <strong>in</strong>ternen und externen Bereich zu erfüllen s<strong>in</strong>d.<br />

Dies wurde im Rahmen der Workshops I und II mit dem Unternehmer klar herausgearbeitet.<br />

Beide Workshops wurden wie im Potenzial-Check vorgeschlagen durchgeführt, der dritte mit<br />

den Schlüsselmitarbeitern aber aufgrund von Personalproblemen im Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gbereich <strong>in</strong><br />

Zielen, Form und Inhalt abgewandelt.<br />

Im Workshop III erhielt jeder Beteiligte nach e<strong>in</strong>er Vorstellung und Diskussion der ausgearbeiteten<br />

Strategie die Möglichkeit <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zel- und Gruppenarbeit se<strong>in</strong>e persönlichen Berufsund<br />

Arbeitsziele auszuformulieren, mit den Unternehmenszielen abzugleichen und über Wege<br />

der Verknüpfung beider Zielstellungen zu diskutieren. Mit e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en und e<strong>in</strong>em<br />

persönlichem Maßnahmenplan und viel Arbeit <strong>für</strong> alle Beteiligten schloss der modifizierte<br />

Workshop ab.<br />

5.2.3 Revisionen, Bestandsaufnahmen und Maßnahmenumsetzung: e<strong>in</strong>gebettete<br />

<strong>Strategiearbeit</strong><br />

Im Unterschied zur von STABA praktizierten systematisierten, turnusmäßigen, vor den<br />

E<strong>in</strong>flüssen des Tagesgeschäfts abgeschirmten Strategieentwicklung <strong>in</strong> Form von Workshops,<br />

ergaben sich bei KREM andere Varianten der <strong>Strategiearbeit</strong>.<br />

1) Problemgebundener Strategiediskurs<br />

In den folgenden zwei Jahren nach dem erstmaligen Potenzial-Check, nutzten der Unternehmer<br />

und der Berater Term<strong>in</strong>e zur Vorbereitung von Umsetzungsaktivitäten, um sich <strong>in</strong><br />

gebotener Kürze (e<strong>in</strong> bis zwei Stunden) über neueste strategierelevante Entwicklungen <strong>in</strong><br />

Märkten und dem Unternehmen auszutauschen. Der rote Faden der Gespräche ergab sich zum<br />

e<strong>in</strong>en aus den Erfahrungen des Geschäftsführers mit wichtigen, aktuellen Veränderungen und<br />

deren Chronologie, zum anderen aus dem „Leitfaden“ im Kopf des Beraters. Die Ergebnisse<br />

wurden später <strong>in</strong> die Ergebnisdokumentation des ersten Potenzial-Checks e<strong>in</strong>gearbeitet und<br />

g<strong>in</strong>gen dem Unternehmer zu.<br />

Das Beispiel zeigt, dass es weniger um e<strong>in</strong>e umfassende Betrachtung der Lage des<br />

Unternehmens g<strong>in</strong>g, sondern vielmehr um e<strong>in</strong> „Auffrischen“ e<strong>in</strong>zelner, <strong>für</strong> konkrete Probleme<br />

und Maßnahmen bedeutsame Aspekte der Unternehmensstrategie. Metaphorisch gesprochen,<br />

sollte nicht die grundsätzliche Richtung des Kompasses geändert werden, sondern lediglich<br />

die Marschzahl um e<strong>in</strong> paar Striche korrigiert. Bedenkt man die Eigenheiten von <strong>KMU</strong> ist es<br />

sicherlich nicht überraschend, dass der problemgebundene Strategiediskurs e<strong>in</strong>e auch von<br />

anderen Unternehmen präferierte Vorgehensweise war. Sie ist ökonomisch, brauchbar und<br />

36


erfolgreich – zum<strong>in</strong>dest solange, wie sich die Umfeldbed<strong>in</strong>gungen oder Zielstellungen des<br />

Unternehmens nicht grundlegend ändern.<br />

2) Situations<strong>in</strong>duzierter Strategiediskurs<br />

E<strong>in</strong>e andere Variante der <strong>Strategiearbeit</strong> wurde auch schon oben beim Unternehmensbeispiel<br />

STABA angesprochen (Kap. 5.15 „Strategie- und Werkzeuglernen“). Dabei nutzte der Berater<br />

die konkreten Umsetzungsaktivitäten als Gelegenheit, den Mitarbeitern orientierende strategische<br />

Informationen zu vermitteln, die anstehenden Aktivitäten <strong>in</strong> die Unternehmensstrategie<br />

e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den und mite<strong>in</strong>ander über strategische Implikationen ihres aktuellen Planens und<br />

Tuns nachzudenken.<br />

3) Strategische Initiativen von unten<br />

E<strong>in</strong>e dritte Möglichkeit der <strong>Strategiearbeit</strong> zeigt das Beispiel e<strong>in</strong>es Workshops, der von den<br />

Mitarbeitern explizit als Versuch <strong>in</strong>itiiert wurde, eigenständige Vorschläge zur Verbesserung<br />

der Unternehmensprozesse zu erarbeiten. H<strong>in</strong>tergrund war, dass die Geschäftsführung die<br />

Lösung aktueller betrieblichen Probleme primär im Bereich Personal- und Qualifikationsfragen<br />

vermutete, während die Mitarbeiter die Ursachen eher <strong>in</strong> der Arbeitsorganisation und<br />

bei den Zulieferern suchten. In dieser verfahrenen Situation sahen alle Beteiligten e<strong>in</strong>schließlich<br />

der Geschäftsführung e<strong>in</strong>en eigenständigen Mitarbeiter-Workshop als guten Weg an. Die<br />

Mitarbeiter sicherten sich die Unterstützung des Beraters <strong>für</strong> die Planung und Umsetzung<br />

ihres Vorhabens.<br />

In zwei je e<strong>in</strong>tägigen Workshops wurden die wichtigsten Auftragsabläufe nach ihren Stärken<br />

und Schwächen analysiert, Lösungsvorschläge erarbeitet und notwendige Maßnahmen festgehalten.<br />

Zum Auftakt aber behandelten die Mitarbeiter mit Unterstützung des Beraters explizit<br />

strategische Themen. Sie machten sich die Wettbewerbssituation auf den Märkten klar<br />

und überprüften mittels Portfoliotechnik differenziert die Zufriedenheit der Kunden <strong>in</strong> den<br />

wichtigsten Marktsegmenten. Damit hatten sie nicht nur e<strong>in</strong> Leitl<strong>in</strong>eal zur Bewertung ihrer<br />

Prozesse und zur Priorisierung von Maßnahmen, sondern auch e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>tergrund <strong>für</strong> Vorschläge<br />

zur Positionierung des Unternehmens und zur Gestaltung der Wertschöpfungskette.<br />

Die Mitarbeiter unternahmen also nicht nur e<strong>in</strong>e Umsetzungs-, sondern auch e<strong>in</strong>e strategische<br />

Initiative. Solchermaßen präpariert g<strong>in</strong>gen sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sitzung mit dem Geschäftsführer und<br />

präsentierten ihre Workshopergebnisse. Die Vorschläge wurden akzeptiert und die schrittweise<br />

Umsetzung e<strong>in</strong>geleitet.<br />

Die drei beschriebenen Varianten e<strong>in</strong>gebetteter <strong>Strategiearbeit</strong> zeigen, dass weder die strategische<br />

Diskussion im Unternehmen nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Form aufweist und an e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen<br />

Ort stattf<strong>in</strong>den kann noch, dass die konzeptgeleiteten Strategieworkshops mit der Geschäftsführung<br />

der alle<strong>in</strong> mögliche Weg s<strong>in</strong>d. Vielmehr hat e<strong>in</strong>e erfolgversprechende <strong>Strategiearbeit</strong><br />

ihren Platz an vielen Orten im Unternehmen und kann <strong>in</strong> vielen verschiedenen Formen stattf<strong>in</strong>den<br />

– e<strong>in</strong>ige Möglichkeiten wurden hier aufgezeigt. Deutlich geworden ist auch, dass die<br />

Unternehmensstrategie nicht zum Leben erweckt werden kann und e<strong>in</strong>e leere Hülle bleibt,<br />

wenn es den Unternehmen missl<strong>in</strong>gt, strategisches Denken und Handeln <strong>in</strong> die Umsetzung<br />

e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den und e<strong>in</strong>e Vielzahl von Wegen <strong>für</strong> das Entstehen und die Artikulation strategischer<br />

Initiativen zu öffnen. Mit anderen Worten: es geht nicht nur um e<strong>in</strong>e systematische,<br />

explizite, geme<strong>in</strong>schaftliche Entwicklung von Strategien, sondern auch um ihre E<strong>in</strong>bettung <strong>in</strong><br />

die Umsetzung.<br />

37


Mit dem Begriff der E<strong>in</strong>bettung lässt sich auch die Arbeit des Beraters charakterisieren. Sie<br />

erschöpft sich nicht, wie vielfach üblich, alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> konzeptgeleiteten Aktivitäten zur Entwicklung<br />

der Unternehmensstrategie (siehe die Abb. 3: „Die drei Stufen der Strategieentwicklung“),<br />

sondern schließt auch Umsetzungsaktivitäten und die dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gebundenen strategischen<br />

Diskurse e<strong>in</strong> - die oben ausgeführten Varianten strategischer Arbeit zeigten Möglichkeiten<br />

auf. In den geme<strong>in</strong>samen Lernprozessen wird <strong>für</strong> alle Beteiligten nicht nur e<strong>in</strong> vertieftes<br />

Verstehen <strong>in</strong>terner und externer betrieblicher Zusammenhänge und strategischer Implikationen<br />

möglich, sondern auch die Entwicklung von Können im Umgang mit Werkzeugen<br />

gefördert (z.B. von Instrumenten zur Unterstützung von Analyse- und Planungsprozessen <strong>in</strong><br />

Teams). Der Leitfaden des Potenzial-Checks erhält dabei e<strong>in</strong>e weitere Funktion: er wird vom<br />

Instrument e<strong>in</strong>er systematischen Analyse der Unternehmenspotenziale zum Werkzeugkasten<br />

<strong>für</strong> die e<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong>. Je nach Bedarf werden <strong>für</strong> e<strong>in</strong>zelne Fragestellung passende<br />

Hilfen ausgewählt (wie Portfolios zum E<strong>in</strong>schätzen der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit<br />

oder Charts zur Bestimmung von Kernkompetenzen).<br />

6 Kompetenzmuster von <strong>KMU</strong><br />

Wie die Potenzialanalysen mit den 15 <strong>KMU</strong> ergaben, stehen alle Firmen vor großen Herausforderungen<br />

wie Wachstum <strong>in</strong> umkämpften Märkten, Entwicklung dazu passender <strong>in</strong>terner<br />

Prozesse, systematisches Market<strong>in</strong>g, Aufbau von Lieferantennetzwerken und vieles mehr.<br />

Während im Fokus der bisherige Ausführungen das „WIE“ bzw. die Wege erfolgreicher<br />

<strong>Strategiearbeit</strong> standen, geht es im folgenden Abschnitt um das „WAS“, also die Kompetenzen<br />

der Unternehmen. Bisher wurde anhand der Unternehmensbeispiele AKRA, STABA, und<br />

KREM e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> ihre Potenziale gegeben (siehe die skizzierten Strategien, Kernkompetenzen<br />

und Verbesserungsbereiche). Im folgenden soll vertiefter geklärt werden, auf welche<br />

Stärken die Unternehmen bei der Bewältigung der Gegenwarts- und Zukunftsanforderungen<br />

zurückgreifen können und wo ihre Schwachstellen liegen. Die Beantwortung dieser Fragestellung<br />

verspricht weitere H<strong>in</strong>weise auf Entwicklungsbedarfe der Unternehmen. Grundlage<br />

ist die E<strong>in</strong>schätzung der Unternehmensreife nach den neun Kernkonzepten 10 von Excellence<br />

der EFQM), wie sie im Rahmen der Potenzialanalysen <strong>in</strong> den 15 <strong>KMU</strong> durchgeführt wurden.<br />

E<strong>in</strong>e Bewertung im Überblick<br />

Wie sehen sich nun die 15 <strong>KMU</strong> im Lichte des Modells zur Bewertung von Excellence? Dazu<br />

die folgende Abbildung auf Seite 39:<br />

Die Selbste<strong>in</strong>schätzung der Unternehmer zeigt, dass ke<strong>in</strong>es der <strong>KMU</strong> e<strong>in</strong>e durchgängig „reife<br />

Organisation“ besitzt. Lediglich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Konzepten werden von e<strong>in</strong>igen Unternehmen<br />

höchste Stufen der Excellence erreicht. Die übergroße Mehrheit aber ist im besten Falle „auf<br />

dem Weg“ zur Reife oder steckt bei e<strong>in</strong>em Teil der Konzepte noch <strong>in</strong> den ersten „Anfängen“.<br />

10<br />

Diese wurden bereits oben im Rahmen des Unternehmensbeispiels STABA, Kap. 5.1.5 „Strategie- und<br />

Werkzeuglernen“ im Detail erläutert<br />

38


39<br />

Abb. 14: Rangreihe der Excellence-Konzepte nach der Reifestufe der 15 <strong>KMU</strong><br />

Die Stufen der Unternehmensreife<br />

Welchen Stand hat Ihr Unternehmen bzgl. der 9 Konzepte <strong>für</strong> Excellence erreicht? Insbesondere geht es bei dieser E<strong>in</strong>schätzung um den Grad der<br />

Systematik, Verbreitung, Integration und Transparenz von Vorgehen, Umsetzung, Bewertung und Überprüfung.<br />

10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %<br />

1. Kundenorientierung<br />

Kundenloyalität, Kundenb<strong>in</strong>dung und Marktanteil werden am besten durch e<strong>in</strong>e<br />

klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse von bestehenden und potentiellen<br />

Kunden optimiert.<br />

2. Innovation und Wissensaustausch<br />

Innovationen bei Produkten, Dienstleistungen, Verfahren und Prozessen s<strong>in</strong>d<br />

am besten geeignet, um e<strong>in</strong>zigartige Lösungen <strong>für</strong> Kunden zu erreichen. Die<br />

Basis ist die Reflexion von Erfahrungen und der systematische Wissensaustausch.<br />

3. Verbesserung und kont<strong>in</strong>uierliches Lernen<br />

Die Leistung e<strong>in</strong>er Organisation kann stetig gesteigert werden, wenn sie auf<br />

kont<strong>in</strong>uierliche Verbesserung ausgerichtet und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kultur stetigen Lernens<br />

e<strong>in</strong>gebettet ist.<br />

4. Aufbau von Partnerschaften<br />

E<strong>in</strong>e Organisation arbeitet effektiver, wenn sie <strong>für</strong> beide Seiten vorteilhafte Beziehungen<br />

mit ihren Partner unterhält. Diese beruhen auf Vertrauen,<br />

Austausch und Integration von Wissen.<br />

5. Mitarbeiterentwicklung und –beteiligung<br />

Das volle Potential von Mitarbeitern wird am besten durch geme<strong>in</strong>same Werte<br />

und e<strong>in</strong>e Kultur des Vertrauens und der Ermächtigung freigesetzt. Es ermutigt<br />

alle Mitarbeiter sich zu beteiligen.<br />

6. Ergebnisorientierung<br />

Exellence hängt davon ab, dass man die Interessen aller relevanten<br />

Interessengruppen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> ausgewogenes Verhältnis br<strong>in</strong>gt (dazu gehören<br />

Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und die <strong>Gesellschaft</strong> im<br />

allgeme<strong>in</strong>en).<br />

7. Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit<br />

Den langfristigen Interessen der Organisation und ihrer Mitarbeiter ist am besten<br />

gedient, wenn sie e<strong>in</strong> ethisch korrektes Vorgehen praktiziert und die Erwartungen<br />

und Vorschriften der <strong>Gesellschaft</strong> im weitesten S<strong>in</strong>ne übertrifft.<br />

8. Führung und Zielkonsequenzen<br />

Die Führungskräfte schaffen mit ihrem Verhalten <strong>in</strong> der Organisation Klarheit<br />

und E<strong>in</strong>igkeit h<strong>in</strong>sichtlich des Zwecks sowie e<strong>in</strong> Umfeld, <strong>in</strong> dem die Organisation<br />

und ihre Mitarbeiter überragende Leistungen erbr<strong>in</strong>gen können.<br />

9. Management mit Prozessen und Fakten<br />

Organisationen funktionieren effizienter, wenn alle mite<strong>in</strong>ander verknüpften Aktivitäten<br />

auf zuverlässigen Info´s beruhen, verstanden und systematisch gemanagt<br />

werden.<br />

(Die Buchstaben A bis Y bezeichnen<br />

verschiedene Firmen.)<br />

E<br />

B K H<br />

B<br />

C<br />

JL<br />

F<br />

D<br />

FG<br />

HK<br />

N<br />

J<br />

M<br />

G H MY<br />

BJ<br />

D Y<br />

Anfänge<br />

wenig Systematik erkennbar,<br />

sporadisch, <strong>in</strong>transparent - aber<br />

Problem erkannt, erste Veränderungsaktivitäten<br />

e<strong>in</strong>geleitet.<br />

F<br />

K<br />

E J M<br />

F K<br />

Y<br />

A E<br />

F L<br />

Y<br />

B M<br />

F X<br />

F M<br />

J Y<br />

D J<br />

G X<br />

A E<br />

B J<br />

K X<br />

DG M<br />

X Y<br />

A G<br />

B L<br />

H X<br />

K N<br />

X<br />

CE A<br />

DG<br />

K<br />

AEM<br />

CFN<br />

L Y<br />

E M A D F<br />

X G K J<br />

Y N H<br />

E M<br />

L N<br />

X A<br />

J A<br />

E<br />

L<br />

B H<br />

G<br />

B<br />

H<br />

L<br />

C<br />

auf dem Wege<br />

systematisch und transparent<br />

<strong>in</strong> Teilbereichen - Aktivitäten z.T.<br />

<strong>in</strong>tegriert.<br />

B C<br />

H<br />

C D<br />

C N<br />

D<br />

A D K<br />

G H Y J C N<br />

C N<br />

N<br />

reife Organisation<br />

systematisch, transparent und<br />

verankert im Gesamtbetrieb -<br />

Aktivitäten voll <strong>in</strong>tegriert.


Die Ergebnisse legten offen, dass nahezu alle bewerteten Unternehmen e<strong>in</strong>en enormen Verbesserungsbedarf<br />

haben. Sie s<strong>in</strong>d zwar <strong>in</strong> ihrer Mehrzahl „auf dem Weg“ zur Excellence aber<br />

noch lange nicht dort angekommen. Zudem ist die Entwicklung von der ersten Stufe „Anfänge“<br />

zur nächsten „auf dem Weg“ <strong>in</strong> der Regel leichter als der Sprung von e<strong>in</strong>er Mittelposition<br />

zur Spitze bzw. zur „reifen Organisation“. Deshalb kann die mittlere Reifestufe „auf<br />

dem Weg“ <strong>für</strong> Unternehmen, die <strong>in</strong> ihren Innovationsanstrengungen nachlassen, schnell zum<br />

Scheideweg werden und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Abwärtsspirale münden.<br />

E<strong>in</strong>e differenzierte Betrachtung<br />

Im nächsten Schritt sollen die e<strong>in</strong>zelnen Konzepte mite<strong>in</strong>ander bzgl. des erreichten Grades der<br />

Excellence über alle Unternehmen verglichen werden. Dazu wurden sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rangreihe<br />

gebracht. Rang 1 bedeutet, dass die 15 Unternehmen <strong>in</strong> diesem Konzept im Durchschnitt die<br />

höchste Reifestufe erreicht haben, Rang 2 e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere etc. Wie die Abb. 14 oben aufwies,<br />

ließen sich die Konzepte zwar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rangordnung br<strong>in</strong>gen, sie wiesen jedoch bis<br />

e<strong>in</strong>schließlich dem Konzept auf Rang 5 nur ger<strong>in</strong>gfügige Unterschiede auf. Erst <strong>für</strong> die<br />

folgenden vier Konzepte ist die Reife von den meisten Unternehmen deutlich niedriger<br />

bewertet worden.<br />

Den vergleichsweise höchsten Grad der Reife erreichte die Mehrzahl der 15 <strong>KMU</strong> <strong>in</strong> den<br />

Konzepten Kundenorientierung, Innovation und Wissensaustausch, Verbesserung und<br />

kont<strong>in</strong>uierliches Lernen, Aufbau von Partnerschaften und Mitarbeiterentwicklung und<br />

Beteiligung. Es ist sicherlich ke<strong>in</strong>e Überraschung, dass die Kundenorientierung <strong>in</strong> der<br />

Rangreihe der Konzepte an oberster Stelle steht. Sie gilt als e<strong>in</strong>e der größten Stärken von<br />

<strong>KMU</strong>. Ähnliches trifft auch <strong>für</strong> Innovation und Wissensaustausch und Verbesserung und<br />

kont<strong>in</strong>uierliches Lernen zu. Erstaunlich ist aber der relativ hohe Reifegrad, den die<br />

Unternehmer dem Thema Aufbau von Partnerschaften gaben. Dies weist daraufh<strong>in</strong>, dass sie<br />

erkannt haben, dass ihre Zukunft weniger im E<strong>in</strong>zelkämpfertum liegt, als vielmehr <strong>in</strong> der<br />

Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen.<br />

Im Unterschied zu den oben diskutierten fünf Konzepten weisen die <strong>in</strong> der Rangreihe folgenden<br />

vier bei der Mehrzahl der Unternehmen e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren Reifegrad auf. Während die<br />

Ergebnisorientierung und die Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit <strong>in</strong> ihrer Bewertung<br />

sichtbar aber doch noch relativ ger<strong>in</strong>gfügig abfallen, ist die schlechtere E<strong>in</strong>schätzung bei<br />

Führung und Zielkonsequenzen und Management mit Prozessen und Fakten recht deutlich.<br />

Die e<strong>in</strong>e Hälfte der Unternehmen steckt hier noch <strong>in</strong> den „Anfängen“ und die andere Hälfte<br />

beg<strong>in</strong>nt gerade die ersten Schritte auf der folgenden Stufe der Unternehmensreife (also „auf<br />

dem Weg“ zu se<strong>in</strong>).<br />

Festzuhalten ist, dass <strong>in</strong> den Themenbereichen Führung und Management sowie Management<br />

mit Prozessen und Fakten die größten Defizite <strong>für</strong> die Mehrheit der 15 <strong>KMU</strong> liegen. Es fehlt<br />

an Systematik, Transparenz, Integration und Verankerung.<br />

Abschließend soll darauf h<strong>in</strong>gewiesen werden, dass die primäre Funktion der E<strong>in</strong>schätzung<br />

der Unternehmensreife natürlich nicht <strong>in</strong> den hier dargelegten Tendenzaussagen zur<br />

Kompetenz von <strong>KMU</strong> liegen, sondern vielmehr <strong>in</strong> H<strong>in</strong>weisen zu Stärken und Schwächen des<br />

speziellen e<strong>in</strong>zelnen Unternehmens. So zeigt beispielsweise das Profil des Unternehmens mit<br />

dem Buchstaben „N“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Konzepten exzellente Ausprägungen und <strong>in</strong> anderen starke<br />

E<strong>in</strong>brüche. Der Chart „Die Stufen der Unternehmensreife“ verdeutlicht solche Inkonsistenzen<br />

und gibt H<strong>in</strong>weise auf Entwicklungsbedarfe.<br />

40


7 Schlussfolgerungen<br />

Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit Schlussfolgerungen zu den Unternehmenspotenzialen,<br />

Wegen der <strong>Strategiearbeit</strong> und Eigenschaften <strong>KMU</strong>-gerechter Werkzeuge.<br />

Erfahrungen mit der Umsetzung von Maßnahmen werden nur so weit wie nötig gestreift. Sie<br />

s<strong>in</strong>d Thema e<strong>in</strong>er weiteren Broschüre zum Thema Projektmanagement. E<strong>in</strong>en ersten Überblick<br />

wichtiger Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> gibt die Abbildung 15.<br />

Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> – e<strong>in</strong> Überblick<br />

❐ Jedes Unternehmen muss se<strong>in</strong>en eigenen, spezifischen Weg der <strong>Strategiearbeit</strong><br />

f<strong>in</strong>den.<br />

❐ <strong>Strategiearbeit</strong> besitzt viele Formen und Orte im Unternehmen und bedarf e<strong>in</strong>er<br />

passenden Mischung von top-down und bottom-up sowie konzeptgeleiteter und <strong>in</strong><br />

die Umsetzung e<strong>in</strong>gebetteter Varianten.<br />

❐ Kernproblem e<strong>in</strong>er Vielzahl von <strong>KMU</strong> ist die mangelnde Systematik, Transparenz,<br />

Integration und Verankerung überlebenswichtiger Themen im Unternehmen.<br />

❐ Es mangelt an passenden Formen der Institutionalisierung, orientierenden<br />

Standards und unterstützenden Werkzeugen.<br />

❐ Die meist knappen Ressourcen, die ger<strong>in</strong>ge Expertendichte und das Lernen <strong>in</strong> der<br />

Arbeit als zentrale Lernform s<strong>in</strong>d setzende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen der<br />

<strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>.<br />

❐ <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> ist <strong>in</strong> der Regel „hemdsärmelig“ und eher kurzfristig<br />

orientiert.<br />

• Deshalb gilt es zum e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> möglichst kurzen zeitlichen Abständen die<br />

Richtigkeit der Schlussfolgerungen zu prüfen,<br />

• zum anderen die Fähigkeit zu verbessern, auf veränderte Anforderungen<br />

möglichst schnell zu reagieren.<br />

❐ <strong>KMU</strong>-gerechte Werkzeuge s<strong>in</strong>d:<br />

• pragmatisch orientiert, „hemdsärmelig“ konstruiert, weniger ist oft mehr,<br />

• nicht nur am konkreten Ergebnis, der Sache und dem Prozess orientiert,<br />

sondern auch am Mitlernen, erlebbaren Handlungserfolgen und<br />

Könnenserwerb; sie setzen Impulse.<br />

❐ Ohne unmittelbaren, erkennbaren Nutzen schlafen Maßnahmen vielfach frühzeitig<br />

e<strong>in</strong>.<br />

❐ Ohne feste Vere<strong>in</strong>barungen und konsequente Treiber und Organisatoren scheitert<br />

die Maßnahmenumsetzung zumeist.<br />

❐ Die Schwierigkeit der Vermittlung erarbeiteter Strategien und Unternehmensziele<br />

an die Mitarbeiter wird <strong>in</strong> der Regel unterschätzt - die operative Orientierung der<br />

Mitarbeiter erschwert das Strategielernen.<br />

❐ Die Etablierung e<strong>in</strong>er lernenden Strategie bedarf e<strong>in</strong>es mehrjährigen<br />

Lernprozesses und e<strong>in</strong>es langen Atems.<br />

Abb. 15: Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong><br />

41


7.1 Die Kompetenzen<br />

Wie sich <strong>in</strong> der Arbeit mit den 15 <strong>KMU</strong> zeigte, können sie bei der Realisierung ihrer z.T.<br />

anspruchsvollen Ziele e<strong>in</strong>erseits auf e<strong>in</strong>igen beachtenswerten und <strong>KMU</strong>-typischen Stärken<br />

aufbauen (wie Kundennähe, Flexibilität, schnelle Entscheidungen, große Handlungsspielräume,<br />

persönliche Entfaltungsmöglichkeiten, Mitarbeiterengagement etc.). Sie stehen auf der<br />

anderen Seite aber vor der Herausforderung gravierende H<strong>in</strong>dernisse zu überw<strong>in</strong>den. So gilt<br />

<strong>für</strong> nahezu alle <strong>KMU</strong>, dass sie nach dem Bewertungsmodell der EFQM e<strong>in</strong>en großen<br />

Nachholbedarf <strong>in</strong> allen neun Konzepten der Excellence aufweisen: ihr Kernproblem ist <strong>in</strong> der<br />

mangelnden Systematik, Transparenz, Integration und Verankerung der Themen im Gesamtbetrieb<br />

zu suchen. Aufgrund der Kluft zwischen den meist anspruchsvollen Zielstellungen<br />

(und den dah<strong>in</strong>ter stehenden Marktforderungen und -chancen) und den Fähigkeiten zu ihrer<br />

Umsetzung, ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er generellen Bewertung die Zukunftsfähigkeit der Mehrzahl der<br />

Unternehmen als e<strong>in</strong>geschränkt anzusehen. Alle 15 Unternehmen arbeiten aber hart an e<strong>in</strong>er<br />

Verbesserung der Lage.<br />

In e<strong>in</strong>er differenzierteren Betrachtungsweise zeigen sich aber sehr wohl Unterschiede<br />

zwischen den Konzepten im durchschnittlich erreichten Reifegrad. So ist die Mehrzahl der<br />

Unternehmen bei Themen, die als traditionelle Stärken von <strong>KMU</strong> gelten, wie Kundenorientierung,<br />

Innovation, Verbesserung und Mitarbeiterbezug vergleichsweise stark. Demgegenüber<br />

schälten sich als zentrale Problemstellungen der meisten Unternehmen ihre<br />

Schwächen <strong>in</strong> der Führung und im Prozess- und Informationsmanagement heraus. Wer<br />

herausfordernden Zielen nachstrebt wie Systemhersteller zu werden, alle Leistungen aus e<strong>in</strong>er<br />

Hand zu bieten, neue Märkte zu gew<strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>zigartigkeit zu erreichen, der muss auf der<br />

anderen Seite auch <strong>für</strong> Orientierung, Aktivierung und leistungsfähige Prozesse sorgen – oder,<br />

mit anderen Worten, Effektivität (das Richtige tun) und Effizienz (etwas richtig tun) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Balance halten. Genau an dieser Balance mangelt es den meisten der 15 <strong>KMU</strong>.<br />

7.2 Das Werkzeug<br />

<strong>KMU</strong>-gerechte Werkzeuggestaltung<br />

Die zentrale Forderung nach e<strong>in</strong>em systematisierteren Arbeiten kann auf ke<strong>in</strong>en Fall heißen,<br />

den Expertentaylorismus der Groß<strong>in</strong>dustrie und die dort entwickelten Konzepte und Instrumente<br />

umstandslos auf <strong>KMU</strong> zu übertragen. Denn <strong>KMU</strong> besitzen e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik<br />

(vgl. auch Kap. 2.2 „<strong>KMU</strong> haben e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik“). Es gilt deshalb vorhandene<br />

Werkzeuge und Vorgehensweisen auf diese Bedarfe zuzuschneiden oder neue zu entwickeln.<br />

<strong>KMU</strong>-gerechte Werkzeuge müssen <strong>in</strong>sbesondere das Lernen <strong>in</strong> der Arbeit und die Erfahrungsreflexion<br />

unterstützen, e<strong>in</strong> Mitlernen und e<strong>in</strong>e Instrumentenaneignung erlauben, die<br />

meist knappen Ressourcen berücksichtigen, widersprüchliche Anforderungen mitdenken und<br />

abgleichen (wie z.B. die Widersprüche zwischen Produktion und Vertrieb) und Eigenschaften<br />

wie Flexibilität, schnelle Entscheidungen und Mitarbeiterengagement erhalten und stärken.<br />

42


Der Leitfaden als Verstehens-, Denk- , Dokumentations- und Informationsmittel<br />

Der Leitfaden hilft, das Dickicht undurchsichtiger, überkomplexer sich ständig wandelnder<br />

unternehmens<strong>in</strong>terner und -externer Bed<strong>in</strong>gungen zu durchleuchten, zu sortieren und überschaubar<br />

zu machen. Er spricht die wesentlichen, erfolgsrelevanten <strong>in</strong>ternen und externen<br />

Unternehmensaspekte an und berücksichtigt die Unternehmensherkunft die -gegenwart und<br />

die -zukunft.<br />

Der systematische Wechsel von Analyse und Synthese sowie der Wechsel von punktueller<br />

Vertiefung relevanter Teilaspekte und deren grobgerasterter Zusammenschau <strong>in</strong> wichtigen<br />

(Teil-) Systemen (wie z.B. der <strong>in</strong>ternen Wertschöpfungskette) verschafft sukzessive E<strong>in</strong>blick,<br />

Überblick und neue Erkenntnisse. Für das Verstehen der Erfolgsbed<strong>in</strong>gungen des Unternehmens<br />

ist weiterh<strong>in</strong> das Wechselspiel von analoger, abbildender Fassung <strong>in</strong> Form der farblich<br />

bebilderten Charts des Leitfadens und der begrifflichen Fassung im Dialog von Unternehmensführung<br />

und Berater konstituierend. Es wächst e<strong>in</strong>e anschaulich gestützte Vorstellung<br />

vom System Unternehmen. Die diskussionsbegleitende Visualisierung wichtiger Aussagen<br />

fördert nicht nur das Verstehen, das Denken und den Dialog, sondern ist auch die Grundlage<br />

der Ergebnisdokumentation und Information der beteiligten betrieblichen Akteure.<br />

Die Veranschaulichung von Strategie und Verbesserungsbereichen<br />

Die im Leitfaden dokumentierten Ergebnisse s<strong>in</strong>d die Basis <strong>für</strong> die Ausarbeitung der Unternehmensstrategie<br />

und die Bestimmung von Verbesserungserfordernissen. Der Leitfaden wird<br />

Schritt <strong>für</strong> Schritt durchgearbeitet, strategierelevante Aspekte und Verbesserungsh<strong>in</strong>weise<br />

abgeleitet und mittels Metaplantechnik visualisiert. Mit der Zeit und e<strong>in</strong>igen Optimierungsschleifen<br />

wird der Pool vielfältiger Ergebnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anschaulichen, unternehmens<strong>in</strong>dividuellen<br />

Strategiemuster verdichtet und parallel dazu schälen sich die Verbesserungsschwerpunkte<br />

heraus.<br />

Die orientierenden Vorlagen <strong>für</strong> die Diskussion mit den Mitarbeitern<br />

In Unternehmen ohne e<strong>in</strong>e Tradition geme<strong>in</strong>schaftlicher strategischer Arbeit s<strong>in</strong>d Führungskräfte<br />

<strong>in</strong> der Regel vom Thema Strategie überfordert. E<strong>in</strong>gedenk der meist knappen Ressourcen<br />

von <strong>KMU</strong> wird deswegen zunächst alle<strong>in</strong> mit den wenigen strategiegeübten Akteuren im<br />

Unternehmen (also der Geschäftsführung), als Vorarbeit die Stärken-, Schwächen-Analyse<br />

durchgeführt sowie e<strong>in</strong> Vorschlag zur Unternehmensstrategie und zu Verbesserungsbereichen<br />

ausgearbeitet. Dieser wird <strong>in</strong> Form des Leitfadens und der Metaplanausarbeitungen festgehalten.<br />

Auf der Grundlage dieser gezielt offen gehaltenen Vorlage wird e<strong>in</strong>e Darlegung und<br />

fokussierte Diskussion strategischer Themen auch im größeren Kreis möglich und korrigierende<br />

und ergänzende Vorschläge und H<strong>in</strong>weise können aufgenommen werden.<br />

Der Dialog und das geme<strong>in</strong>same Lernen<br />

Im Unterschied zu den häufig angewandten, expertenzentrierten und allgeme<strong>in</strong> gehaltenen<br />

Befragungsmethoden ist beim Potenzial-Check der Dialog, das gegenseitige Verstehen und<br />

das geme<strong>in</strong>same Lernen zentral. Experten aus verschiedenen betrieblichen Bereichen mit<br />

unterschiedlichen Funktionen erhalten die Gelegenheit ihr divergentes Wissen und ihre vielfach<br />

konträren, Konflikte <strong>in</strong>duzierenden Perspektiven <strong>in</strong> die strategische Diskussion e<strong>in</strong>zu-<br />

43


<strong>in</strong>gen, sich auszutauschen, geme<strong>in</strong>same Standpunkte zu erarbeiten oder zum<strong>in</strong>dest Kompromisse<br />

zu schließen und Maßnahmen zu verabreden.<br />

Der Lernprozess des Beraters<br />

Nicht nur die Beschäftigten der Unternehmen lernten, sondern auch der Berater erwarb <strong>in</strong> der<br />

Kumulation der Handhabungen und der zunehmenden Kontextualisierung der Werkzeuge und<br />

Konzepte e<strong>in</strong> Mehr an Kompetenz und Souveränität. Erst dadurch wurden die vielfältigen<br />

Brüche zwischen der allgeme<strong>in</strong>en Logik von Konzepten und der je spezifischen Handlungslogik<br />

von Unternehmen überbrückbar und die im Rahmen der Potenzialanalyse aufgebaute<br />

Komplexität handhabbar. Die Fähigkeit des Beraters sich auf <strong>in</strong>dividuelle Lösungen e<strong>in</strong>zulassen<br />

ist e<strong>in</strong>e der Kernvoraussetzungen erfolgreicher <strong>Strategiearbeit</strong>.<br />

7.3 Die Verankerung der <strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen<br />

Jedes Unternehmen ist eigen und dementsprechend <strong>in</strong>dividuell zu behandeln. Deshalb kann es<br />

auch ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Vorgehen der Strategieentwicklung und –umsetzung geben. Vielmehr<br />

ist auf der Grundlage der aktuellen Unternehmenssituation und der Problem- und Zielstellungen<br />

e<strong>in</strong>e je unternehmensspezifische Vorgehensweise zu erarbeiten und im Unternehmen<br />

sukzessive <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegrierten Lern- und Gestaltungsprozess zu verankern. Werkzeuge wie<br />

der Potenzial-Check können diesen Prozess unterstützen. Im folgenden werden verschiedene<br />

Varianten der <strong>Strategiearbeit</strong> und des Strategie- und Werkzeuglernens <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> aufgezeigt.<br />

Variante 1: Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong> – „erstmaliger Potenzialcheck“<br />

Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong> me<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e Vorgehensweise, die sich im Kern an den Vorschlägen<br />

des Potenzial-Checks orientiert, <strong>in</strong> ihren konkreten Details aber sehr wohl an die<br />

<strong>in</strong>dividuellen Bedarfe des Unternehmens angepasst werden kann und muss. Deshalb s<strong>in</strong>d sowohl<br />

der Leitfaden als auch die drei Workshops modular aufgebaut So kann der Workshop I<br />

alle<strong>in</strong> oder <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit Workshop II je nach Zielstellung h<strong>in</strong>reichende Anregungen<br />

liefern. Das hier vorgeschlagene Drei-Stufen-Modell und der Leitfaden mit se<strong>in</strong>en fünf<br />

Modulen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle und erprobte Variante, aber eben nur e<strong>in</strong>e Möglichkeit unter<br />

verschiedenen anderen.<br />

In den Workshops werden im Dialog, gestützt durch e<strong>in</strong>e begleitende Visualisierung der<br />

wichtigsten Ergebnisse, Schritt <strong>für</strong> Schritt die allgeme<strong>in</strong>en Konzepte des Potenzial-Checks<br />

durch den Kontext und die Ziele des Unternehmens konkretisiert und auch neu geformt – also<br />

nicht nur die Unternehmensstrategie, sondern auch das Werkzeug weiterentwickelt. Auf diese<br />

Art und Weise entwickelt sich allmählich e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Verständnis, die Beteiligten<br />

lernen mit, der Könnenserwerb wird gefördert und die Eigenständigkeit im Umgang mit<br />

strategischen Fragestellungen nimmt zu.<br />

Variante 2: E<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong><br />

Die strategische Diskussion im Unternehmen besitzt nicht nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Form und e<strong>in</strong>en<br />

e<strong>in</strong>zigen Ort, sondern kann an vielen Stellen im Unternehmen und <strong>in</strong> verschiedenen Formen<br />

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stattf<strong>in</strong>den. Dies zeigen die Beispiele des „problemgebundenen“ und „situations<strong>in</strong>duzierten<br />

Strategiediskurses“ oder der „strategischen Initiative von unten“ auf. Strategisches Denken<br />

und Handeln ist dabei <strong>in</strong> die Umsetzung e<strong>in</strong>gebunden und es werden Chancen <strong>für</strong> e<strong>in</strong> Entstehen<br />

und e<strong>in</strong>e Artikulation strategischer Initiativen eröffnet. Es s<strong>in</strong>d Prozesse der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />

von Strategie <strong>in</strong> die Umsetzung oder anders ausgedrückt, es ist e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong>.<br />

Der Leitfaden erhält dabei e<strong>in</strong>e weitere Funktion: er wird vom Instrument e<strong>in</strong>er<br />

systematischen Analyse und Bewertung der Unternehmenspotenziale zum Werkzeugkasten<br />

<strong>für</strong> ausgewählte strategische Fragestellungen.<br />

Variante 3: Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong> – „Revision“<br />

Veränderte Unternehmensumwelten fordern über die begrenzten Möglichkeiten e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>gebetteten<br />

<strong>Strategiearbeit</strong> h<strong>in</strong>aus von Zeit zu Zeit e<strong>in</strong>e erneute, systematische Form Standortbestimmung<br />

des Unternehmens. Diese be<strong>in</strong>haltet neben Fragen zu den Potenzialen und zur<br />

Positionierung des Unternehmens nicht zuletzt e<strong>in</strong>e Sichtung der „Baustellen“ und e<strong>in</strong>e Bewertung<br />

des Erfolgs oder Misserfolgs der Umsetzungsaktivitäten. Genau die Erfahrungsreflexion<br />

als die zentrale Lernform von <strong>KMU</strong> wies aber bedenkliche Schwachstellen auf.<br />

Weiterh<strong>in</strong> legten die Firmen ihren Zukunftsüberlegungen <strong>in</strong> der Regel nur e<strong>in</strong>en recht begrenzten<br />

Zeithorizont zugrunde (maximal fünf Jahre, zumeist weniger) und führten darüber<br />

h<strong>in</strong>aus aufgrund ihrer meist knappen Ressourcen zeitlich eng limitierte und damit notwendigerweise<br />

relativ „grobkörnige“ Analysen durch. Deshalb empfiehlt es sich, die Phasen<br />

zwischen den grundsätzlichen Standortbestimmungen möglichst kurz zu halten – denn wer<br />

den Blick beim Gehen nicht weit genug hebt, muss des öfteren stehen bleiben und sich des<br />

Wegs vergewissern. Anders ausgedrückt heißt das, den Zyklus von Zielbestimmung, Planung,<br />

Umsetzung, Ergebniskontrolle und Verbesserung möglichst oft zu durchlaufen - natürlich<br />

immer <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Grad der Umfeldturbulenz und eigenen, evtl. veränderten Zielstellungen<br />

(man kann durch Innovationen und aktive Gestaltung se<strong>in</strong>er Märkte auch selbst<br />

Turbulenzen erzeugen).<br />

Bisher erachteten drei der 15 <strong>KMU</strong> e<strong>in</strong>e umfassende, systematische Bestandsaufnahme und<br />

Revision der Strategie als notwendig. Aufgrund der dargelegten Anforderungen erfolgreicher<br />

<strong>Strategiearbeit</strong>, ist auch den anderen Unternehmen zum passenden Zeitpunkt e<strong>in</strong>e konzeptgeleitete<br />

Art der Strategie-Revision anzuraten. Der Potenzial-Check bietet da<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e „hemdsärmelige“,<br />

auf die Bedürfnisse von <strong>KMU</strong> zugeschnittene Hilfestellung an.<br />

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