Unternehmensindividuelle Strategiearbeit in KMU - Gesellschaft für ...
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<strong>Unternehmens<strong>in</strong>dividuelle</strong><br />
<strong>Strategiearbeit</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>KMU</strong>*<br />
Erfahrungen, Beispiele und Werkzeuge<br />
*kle<strong>in</strong>e und mittlere Unternehmen<br />
Dr. Jürgen Dahmer<br />
Romanus Hagemann<br />
Stefan Kaiser<br />
GfAH
<strong>Unternehmens<strong>in</strong>dividuelle</strong><br />
kle<strong>in</strong>ere und mittlere Unternehmen<br />
<strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>*<br />
Erfahrungen, Beispiele und Werkzeuge<br />
Dr. Jürgen Dahmer, GfAH mbH, Dortmund<br />
Romanus Hagemann, SOVITAL Life & Nutri-Science GmbH, Karben<br />
Stefan Kaiser, Kaiser Lacke GmbH, Nürnberg<br />
Diese Arbeit ist im Rahmen des Verbundvorhabens „Instrumente zur Etablierung<br />
kunden<strong>in</strong>dividueller Geschäftsmodelle <strong>in</strong> der Chargen<strong>in</strong>dustrie“ entstanden.<br />
Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde mit Mitteln des<br />
Bundesm<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Bildung und Forschung (BMBF) <strong>in</strong>nerhalb des<br />
Rahmenkonzeptes „Forschung <strong>für</strong> die Produktion von morgen“<br />
(Förderkennzeichen 02 PD 1161) gefördert und vom Projektträger<br />
Forschungszentrum Karlsruhe (PTKA), Bereich Produktion und<br />
Fertigungstechnologien (PFT), betreut.<br />
Vorlaufende Erfahrungen mit e<strong>in</strong>er systematischen <strong>Strategiearbeit</strong> wurden <strong>in</strong><br />
den folgenden beiden Verbundprojekten gewonnen:<br />
�� „Humanressourcen als Engpassfaktor <strong>für</strong> die Entwicklung von kle<strong>in</strong>en<br />
und mittleren Unternehmen“ gefördert von DLR, PT Arbeitsgestaltung<br />
und Dienstleistungen beim Bundesm<strong>in</strong>isterium <strong>für</strong> Bildung und<br />
Forschung; Förderkennzeichen 01 HL 0021.<br />
�� „Stetige Innovation von Produkten und Prozessen als Voraussetzung<br />
nachhaltiger Entwicklung von kle<strong>in</strong>eren Unternehmen“, e<strong>in</strong>e vom Land<br />
NRW und von der Europäischen Union f<strong>in</strong>anzierte QUATRO-<br />
Maßnahme (Qualifizierung, Arbeit, Technik, Arbeitsorganisation);<br />
Aktenzeichen 92-V52A-0236.<br />
Die Broschüre „<strong>Unternehmens<strong>in</strong>dividuelle</strong> <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>“ ist als kostenloser Download<br />
unter www.potenzial-check.de erhältlich oder zum Preis von 7,50 EUR zu beziehen bei:<br />
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Arbeitsschutz- und<br />
Humanisierungsforschung mbH (GfAH)<br />
Friedensplatz 6<br />
44135 Dortmund<br />
Telefon: (0231) 55 69 76-0<br />
Fax: (0231) 55 69 76-30<br />
e-mail: <strong>in</strong>fo@gfah-do.de<br />
www.gfah.de<br />
www.potenzial-check.de<br />
ISBN: 3-927671-55-Y<br />
Copyright© by GfAH, Dortmund 2003<br />
Verlag: Verlag der <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> Arbeitsschutz-<br />
und Humanisierungsforschung mbH (GfAH), Dortmund
Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................... 3<br />
Abbildungsverzeichnis................................................................................................................ 4<br />
1 E<strong>in</strong>führung .........................................................................................................................5<br />
2 Die Herausforderung.........................................................................................................6<br />
2.1 E<strong>in</strong> neues strategisches Denken und Handeln ist gefordert.......................................6<br />
2.2 <strong>KMU</strong> haben e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik..................................................................7<br />
2.3 Eigenschaften erfolgreicher Werkzeuge....................................................................9<br />
3 Der Potenzial-Check: E<strong>in</strong> Weg zur systematischen <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>KMU</strong> .................................................................................................................................11<br />
3.1 Das Werkzeug .........................................................................................................11<br />
3.2 Die Vorgehensweise: Strategien entwickeln, umsetzen und verankern ..................11<br />
3.2.1 Workshop I und II: „Bestandsaufnahme und Positionierung“ ...................12<br />
3.2.2 Der Workshop III: „Beteiligung“ ...............................................................21<br />
4 Der Potenzial-Check im Beispiel der Firma „AKRA“ .................................................22<br />
4.1 Das Unternehmen, se<strong>in</strong>e Ziele und Potenziale ........................................................22<br />
4.2 Die Ergebnisse des Beteiligungsworkshops............................................................24<br />
4.3 Die nächsten Schritte - Planung, Umsetzung und Revision ....................................27<br />
5 Formen der <strong>Strategiearbeit</strong> ............................................................................................29<br />
5.1 Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong>: das Beispiel der Firma „STABA“......................29<br />
5.1.1 Das Unternehmen, se<strong>in</strong>e Ziele und Potenziale ...........................................29<br />
5.1.2 Die erstmalige Durchführung des Potenzial-Checks..................................30<br />
5.1.3 Revisionen, Bestandsaufnahmen und Umsetzungsworkshops ...................30<br />
5.1.4 Revisions-Experimente...............................................................................31<br />
5.1.5 Strategie- und Werkzeuglernen ..................................................................32<br />
5.2 Von der konzeptgeleiteten zur e<strong>in</strong>gebetteten <strong>Strategiearbeit</strong>: das<br />
Beispiel der Firma KREM.......................................................................................35<br />
5.2.1 Das Unternehmen, die Ziele und Potenziale ..............................................35<br />
5.2.2 Erstmaliger Potenzial-Check: konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong>..................36<br />
5.2.3 Revisionen, Bestandsaufnahmen und Maßnahmenumsetzung:<br />
e<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong>.........................................................................36<br />
6 Kompetenzmuster von <strong>KMU</strong>..........................................................................................38<br />
7 Schlussfolgerungen ..........................................................................................................41<br />
7.1 Die Kompetenzen....................................................................................................42<br />
7.2 Das Werkzeug .........................................................................................................42<br />
7.3 Die Verankerung der <strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen ...........................................44<br />
3
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 1: Zentrale Merkmale von <strong>KMU</strong> .....................................................................................8<br />
Abb. 2: Erfolgsfaktoren von Instrumenten...............................................................................9<br />
Abb. 3: Die drei Stufen der Strategieentwicklung..................................................................12<br />
Abb. 4: Erfolgsvoraussetzungen und Rollen der Beteiligten..................................................13<br />
Abb. 5: Die Inhalte der Basismodule......................................................................................14<br />
Abb. 6: Beschäftigtenzahl ......................................................................................................16<br />
Abb. 7: Früherkennung...........................................................................................................18<br />
Abb. 8: Kundenzufriedenheit .................................................................................................20<br />
Abb. 9: Die Entwicklungsstrategie der Firma AKRA............................................................23<br />
Abb. 10: Verbesserungsbereiche der Firma AKRA,<br />
Ausschnitt „Kunden und F<strong>in</strong>anzen“ ..........................................................................24<br />
Abb. 11: Maßnahmenplan der Firma AKRA ...........................................................................26<br />
Abb. 12: Die lernende Strategie ...............................................................................................27<br />
Abb. 13: Die Stufen der Unternehmensreife der Firma STABA ............................................. 33<br />
Abb. 14: Rangreihe der Excellence-Konzepte nach der Reifestufe der 15 <strong>KMU</strong> ....................39<br />
Abb. 15: Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>............................................................41<br />
4
1 E<strong>in</strong>führung<br />
Ziel dieser Broschüre ist es, Wege und Werkzeuge zur Entwicklung, Umsetzung und Verankerung<br />
von Strategie <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en und mittleren Unternehmen aufzuzeigen (im folgenden als<br />
„<strong>KMU</strong>“ abgekürzt).<br />
Um den Besonderheiten von <strong>KMU</strong> gerecht zu werden, gilt es <strong>in</strong>sbesondere zu fragen:<br />
• Was wissen und können <strong>KMU</strong>? Wo s<strong>in</strong>d ihre Stärken? Wo liegen ihre Schwachstellen<br />
und wie gehen sie damit um?<br />
• Wie sieht die Art und Weise der Strategieentwicklung, -umsetzung und -verankerung<br />
aus? Was zeichnet geeignete Hilfsmittel und Werkzeuge aus?<br />
E<strong>in</strong> Werkzeug, das die <strong>Strategiearbeit</strong> von <strong>KMU</strong> unterstützen kann, ist der „Potenzial-Check“.<br />
Er ist an die Voraussetzungen und Möglichkeiten von <strong>KMU</strong> angepasst, antizipiert die Vielfalt<br />
der Bed<strong>in</strong>gungen und bietet deshalb nicht nur Anleitung zu e<strong>in</strong>er systematischen<br />
<strong>Strategiearbeit</strong>, sondern lässt auch Zwischenstufen zu. Im Spannungsfeld zwischen den<br />
Besonderheiten und der Individualität von <strong>KMU</strong> auf der e<strong>in</strong>en Seite und den allgeme<strong>in</strong>en<br />
Konzepten des Potenzial-Checks auf der anderen Seite wird e<strong>in</strong> Lernprozess im Unternehmen<br />
<strong>in</strong>itiiert. In dessen Verlauf werden die allgeme<strong>in</strong>en Konzepte sukzessive kontextualisiert und<br />
angeeignet, e<strong>in</strong>e unternehmens<strong>in</strong>dividuelle Strategie entwickelt und e<strong>in</strong>e geeignete Vorgehensweise<br />
herausgearbeitet.<br />
Die Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> werden anhand ausgewählter Ergebnisse von Strategieberatungen<br />
<strong>in</strong> <strong>in</strong>sgesamt 15 <strong>KMU</strong> dargelegt. Sie wurden im Zeitraum von Anfang 2000<br />
bis Mitte 2003 durchgeführt. Mit e<strong>in</strong>er Ausnahme s<strong>in</strong>d alle Unternehmen von den Eigentümern<br />
geführt. In der Mehrzahl der Unternehmen bewegt sich die Mitarbeiterzahl zwischen<br />
40 und 60 Beschäftigten; das kle<strong>in</strong>ste Unternehmen hat 5 und das größte 82 Mitarbeiter. Die<br />
Firmen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em breiten Spektrum verschiedenster Branchen angesiedelt, die vom Stahlund<br />
Anlagenbau über Druck, Leder, Logistik, Baustoffhandel, Lack und Nahrungsmittel bis<br />
zum Garten- und Landschaftsbau reichen. Insgesamt gehören vier Firmen zum Dienstleistungsbereich,<br />
die Mehrzahl aber s<strong>in</strong>d produzierende Unternehmen. Davon s<strong>in</strong>d vier Chargenproduzenten,<br />
die sich durch e<strong>in</strong>e „kunden<strong>in</strong>dividuelle Massenproduktion“ auszeichnen 1 ; die<br />
anderen fertigen vorwiegend Unikate und Kle<strong>in</strong>stserien. Aus Gründen des Datenschutzes und<br />
der Vertraulichkeit werden Namen und sensible betriebliche Daten herausgenommen oder<br />
verfremdet. H<strong>in</strong>zuweisen ist auf die beiden Unternehmen Kaiser Lacke, Nürnberg und<br />
SOVITAL & Nutri-Science, Karben. Als Partner im Verbundprojekt „Instrumente zur<br />
Etablierung kunden<strong>in</strong>dividueller Geschäftsmodelle <strong>in</strong> der Charge<strong>in</strong>dustrie“, gefördert vom<br />
Projektträger PFT, Projektträgerschaft Produktion und Fertigungstechnologie des<br />
Bundesm<strong>in</strong>isteriums <strong>für</strong> Bildung und Forschung, leisteten sie e<strong>in</strong>en wesentlichen Beitrag im<br />
Prozess der Entwicklung des Potenzial-Checks.<br />
Im Fokus der folgenden Darstellung stehen strategische Aktivitäten der Unternehmen im<br />
engeren S<strong>in</strong>ne. Erfahrungen und Vorschläge zur Gestaltung der konkreten Umsetzung von<br />
Maßnahmen werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Broschüre zum Thema Projektmanagement dargelegt. Ferner ist<br />
darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass die Beherrschung der F<strong>in</strong>anzen als e<strong>in</strong>e der Kernaufgaben des<br />
Unternehmens natürlich die entsprechende Berücksichtigung im Potenzial-Check f<strong>in</strong>det, aber<br />
nicht im Zentrum dieses Beitrages steht.<br />
1 P<strong>in</strong>e, B. J. (1993). Mass Customization: The New Frontier <strong>in</strong> Bus<strong>in</strong>ess Competition. Boston.<br />
5
2 Die Herausforderung<br />
2.1 E<strong>in</strong> neues strategisches Denken und Handeln ist gefordert<br />
E<strong>in</strong>es der grundlegenden Probleme von Unternehmen besteht dar<strong>in</strong>, die Zukunft nicht vorhersagen<br />
zu können oder gar, im extremsten Fall, mit e<strong>in</strong>er pr<strong>in</strong>zipiellen Unprognostizierbarkeit<br />
von Markt-, Kunden- und Wettbewerbsstrukturen konfrontiert zu se<strong>in</strong>. Diese Schwierigkeiten<br />
werden durch e<strong>in</strong>e zunehmende Intransparenz, Dynamik, Diskont<strong>in</strong>uität und Vielfalt der<br />
relevanten Bed<strong>in</strong>gungen im Unternehmensumfeld und dem Unternehmen noch gesteigert. Die<br />
Leitung von Unternehmen ist deshalb e<strong>in</strong>em hohen Maß an Unsicherheit bei gleichzeitiger<br />
Forderung nach Führung, Vorgaben und Planungssicherheit ausgesetzt. Persönliche Grenzen<br />
werden erreicht und es wächst die E<strong>in</strong>sicht, dass e<strong>in</strong>e veränderte, <strong>in</strong>tensivere Beschäftigung<br />
mit Zukunfts- und Überlebensfragen des Unternehmens dr<strong>in</strong>gend notwendig ist.<br />
Strategische Unternehmensführung f<strong>in</strong>det zwar <strong>in</strong> jedem Unternehmen statt, häufig jedoch <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er vorwiegend impliziten, <strong>in</strong>tuitiven Form. Demgegenüber will der Begriff strategisches<br />
Management strategisches Denken und Handeln explizit bewusst machen, rationalisieren und<br />
die Entwicklung von Unternehmen gezielt gestalten. Aufgegriffen werden Themen, die als<br />
überlebenswichtig <strong>für</strong> die Entwicklung des Unternehmens nach außen zur Umwelt und nach<br />
<strong>in</strong>nen zu sich selbst angesehen werden.<br />
Im Unterschied zu Modellen der Totalplanung, die davon ausgehen, die Entwicklung von<br />
Unternehmen könne vollumfänglich gesteuert werden oder zu Annahmen, nach denen die<br />
Unternehmensentwicklung pr<strong>in</strong>zipiell unsteuerbar ist und nur e<strong>in</strong> Durchwursteln bleibt, wird<br />
hier e<strong>in</strong>e dritte Sichtweise favorisiert: Strategieentwicklung als geplante Evolution 2 . Dabei<br />
dient e<strong>in</strong>e grob gerasterte, konzeptionelle Gesamtsicht des Unternehmens zur Steuerung der<br />
e<strong>in</strong>zelnen Unternehmensschritte und jeder konkrete Schritt hat wiederum Auswirkungen auf<br />
die Gesamtsicht und führt zu deren Modifikation und Konkretisierung. Woh<strong>in</strong> die<br />
Unternehmensentwicklung letztlich geht bleibt offen.<br />
Die beteiligten Akteure lernen im Prozess aus ihren Erfahrungen und gew<strong>in</strong>nen Rückschlüsse<br />
<strong>für</strong> ihre weiteren Vorgehensweisen. In dem fortlaufenden kollektiven Lernprozess werden<br />
Ideen generiert, geprüft und durch Erfahrungen bestätigt oder revidiert. Dieser Prozess bewegt<br />
sich im Spannungsfeld von deduktiv abgeleiteten Ideen und <strong>in</strong>duktiv gewonnener Erfahrung<br />
sowie top-down-Planungen und bottom-up-Initiativen. In e<strong>in</strong>er solchen erweiterten Sicht s<strong>in</strong>d<br />
strategische Aktivitäten nun nicht mehr e<strong>in</strong>e exklusive Aufgabe der betrieblichen Führung,<br />
sondern sie werden vielmehr zur betrieblichen Geme<strong>in</strong>schaftsaufgabe. E<strong>in</strong>e lebendige, erfolgreiche<br />
Strategie besteht nicht nur aus Analysieren und Planen, sondern auch aus Umsetzen,<br />
Prüfen und Korrigieren und bedarf weit mehr als ausschließlich Managementaktivitäten: Für<br />
e<strong>in</strong>e solche umfassenden Perspektive steht der Begriff „<strong>Strategiearbeit</strong>“.<br />
2<br />
vgl. dazu Kirsch, W. (1997). Wegweiser zur Konstruktion e<strong>in</strong>er evolutionären Theorie der strategischen<br />
Führung. München.<br />
6
2.2 <strong>KMU</strong> haben e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik<br />
<strong>KMU</strong> s<strong>in</strong>d anders<br />
Viele Aktivitäten e<strong>in</strong>er professionellen Unternehmensgestaltung <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> folgten und folgen<br />
der Prämisse „lernt von den Großen und übertragt deren Konzepte auf die Kle<strong>in</strong>en“. Bei all<br />
diesen Ansätzen ist man jedoch mehr oder weniger schnell auf schier unüberw<strong>in</strong>dbare H<strong>in</strong>dernisse<br />
gestoßen: <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> s<strong>in</strong>d nicht nur die f<strong>in</strong>anziellen und personellen Ressourcen knapp<br />
und lediglich e<strong>in</strong> begrenzter Zugriff auf externe F<strong>in</strong>anzierungsquellen möglich, sondern es<br />
fehlt auch an Experten und systematisierten, im Unternehmen verbreiteten Planungs- und<br />
Regelsystemen. So scheiterten beispielsweise Bemühungen Controll<strong>in</strong>gsysteme wie die<br />
Balanced Scorecard oder fortschrittliche Entgeltsysteme e<strong>in</strong>zuführen schon daran, dass <strong>in</strong> der<br />
Regel ke<strong>in</strong>e Kennzahlen vorhanden s<strong>in</strong>d. Ferner ist <strong>in</strong> der Mehrzahl der Betriebe weder e<strong>in</strong><br />
Konzept zur Personalentwicklung und Weiterbildung noch zum Innovations- und Wissensmanagement<br />
erkennbar, elaborierte Konzepte zur Früherkennung von Chancen und Risiken<br />
s<strong>in</strong>d weitgehend unbekannt und auch das strategische Management ist als unzureichend zu<br />
kennzeichnen.<br />
Während im skizzierten Defizit-Modell den <strong>KMU</strong> vorwiegend Schwächen zugewiesen werden,<br />
gesteht ihnen e<strong>in</strong>e andere Perspektive e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik zu. Damit eröffnen<br />
sich völlig neue Möglichkeiten ihrer Beurteilung. So werden <strong>KMU</strong> folgende wesentliche<br />
Eigenschaft zugeschrieben: Sie s<strong>in</strong>d ausgeprägt kundenorientiert, können aufgrund der zentralen<br />
Position des Eigentümers und des übersichtlichen Führungssystems sehr schnell Entscheidungen<br />
treffen und besitzen im Unterschied zu den Großbetrieben e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere<br />
Arbeitsteilung und e<strong>in</strong>e damit e<strong>in</strong>hergehende ger<strong>in</strong>ge Expertendichte <strong>in</strong> unterstützenden<br />
Bereichen. In der Konsequenz s<strong>in</strong>d die Leitungstätigkeiten multifunktional und e<strong>in</strong> ansonsten<br />
verteiltes Wissen ist auf wenige Köpfe zentriert. Insgesamt ist die Integration verschiedener<br />
Wissensgebiete <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Köpfen sehr ausgeprägt und die Schlüssel-Integratoren des<br />
Wissens s<strong>in</strong>d weniger explizite, theoriebegründete Strukturen, als vielmehr implizite, arbeitsbed<strong>in</strong>gte<br />
Erfahrungen.<br />
Es ist vor allem diese stille, sich im Arbeitshandeln e<strong>in</strong>zelner betrieblicher Personen und<br />
Gruppen vollziehende Wissenserzeugung und -<strong>in</strong>tegration die erklären kann, warum <strong>KMU</strong><br />
nur aus ihrer eigenen Handlungslogik begriffen werden können. Gefordert ist damit nicht nur<br />
e<strong>in</strong> Wandel der Denkweisen, sondern auch die Entwicklung anderer, <strong>KMU</strong>-geeigneter Methoden<br />
und Instrumente. Da das Lernen <strong>in</strong> der Arbeit die zentrale Aneignungsform ist und große<br />
Teile des Wissens implizit s<strong>in</strong>d, sollte sich das Augenmerk verstärkt auf dazu passende Möglichkeiten<br />
der Erfahrungsreflexion und Wissens<strong>in</strong>tegration richten.<br />
7
Abb. 1: Zentrale Merkmale von <strong>KMU</strong><br />
<strong>KMU</strong> s<strong>in</strong>d eigen<br />
Jedes Unternehmen hat se<strong>in</strong>e eigene Herkunft, Kultur und Organisation, durchläuft e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Phase se<strong>in</strong>es Lebenszyklus, steckt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er spezifischen Markt- und Wettbewerbssituation<br />
und ist dementsprechend <strong>in</strong>dividuell zu behandeln: es gibt ke<strong>in</strong>en one-best-way.<br />
Während die Eigenheit jedes <strong>KMU</strong>s e<strong>in</strong> gegebenes Faktum ist, gilt dies <strong>für</strong> den Begriff der<br />
E<strong>in</strong>zigartigkeit nicht. E<strong>in</strong>zigartigkeit muss vielmehr erarbeitet werden. Wie <strong>in</strong>sbesondere die<br />
Krisenerfahrungen der letzten Jahre zeigten, ist es <strong>für</strong> <strong>KMU</strong> existenzbedrohend, wenn es<br />
ihnen nicht gel<strong>in</strong>gt sich <strong>in</strong> ihren Märkten durch besondere, dem Kunden nützliche und durch<br />
Konkurrenten schwer kopierbare und damit e<strong>in</strong>zigartige Leistungen zu unterscheiden. Diese<br />
setzen entwickelte Kernkompetenzen bzw. e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>malige Komb<strong>in</strong>ation verschiedener Wissensgebiete<br />
voraus. Wissenserzeugung ist wiederum die Quelle aus der sich die Kompetenzen<br />
speisen – und die Art der Wissenserzeugung und -<strong>in</strong>tegration hat <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> e<strong>in</strong>en ganz besonderen<br />
Charakter, wie oben skizziert.<br />
Es geht also bei der strategischen Arbeit mit <strong>KMU</strong> nicht nur darum ihre gegebene Eigenheit<br />
zu akzeptieren und zu berücksichtigen, sondern darüber h<strong>in</strong>aus ganz gezielt zu fördern. Ersteres<br />
heißt, nicht mehr alle Firmen über e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Leisten zu schlagen und nach sche<strong>in</strong>bar<br />
allgeme<strong>in</strong>gültigen Regeln zu gestalten und letzteres bedeutet die Ausrichtung auf e<strong>in</strong>zigartige<br />
Leistungen.<br />
8<br />
ger<strong>in</strong>ge<br />
Arbeitsteilung<br />
und<br />
Expertendichte / /<br />
vielfältige<br />
Aufgaben / / breites<br />
Wissen<br />
knappe zeitliche<br />
und f<strong>in</strong>anzielle<br />
Ressourcen<br />
kurze Wege / /<br />
abstimmen auf<br />
Zuruf / / Hand <strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
Hand arbeiten / /<br />
Lernen <strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />
Arbeit<br />
zentrale Stellung<br />
des Inhabers / /<br />
übersichtliche<br />
Führung / / schnelle<br />
Entscheidungen
2.3 Eigenschaften erfolgreicher Werkzeuge<br />
Die bisherigen Ausführungen verdeutlichten, dass es zwischen Großbetrieben und <strong>KMU</strong><br />
wesentliche Unterschiede bis h<strong>in</strong> zu äußerst differenten Handlungslogiken gibt. Deshalb s<strong>in</strong>d<br />
die zumeist im großbetrieblichen Kontext entstandenen Instrumente und Methoden auch nicht<br />
umstandslos auf kle<strong>in</strong>ere Firmen zu übertragen. Damit Methoden und Instrumente auch<br />
tatsächlich erfolgreiche Werkzeuge der Problemlösung <strong>für</strong> <strong>KMU</strong> werden, müssen sie bestimmte<br />
Voraussetzungen erfüllen. Dies zeigt die Abb. 2:<br />
Ergebnisorientierung<br />
Wozu?<br />
Handlungserfolge<br />
(schnelle)<br />
Abb. 2: Erfolgsfaktoren von Instrumenten 3<br />
In jedem Falle müssen Instrumente e<strong>in</strong>e Antwort auf die folgenden drei Fragen geben können:<br />
Sach-, Ergebnis- und Prozessorientierung<br />
Mitlernen Dritter<br />
(geme<strong>in</strong>sames Verständnis)<br />
UnternehmensUnternehmenskontext/-zielekontext/-ziele<br />
Sachorientierung<br />
Was?<br />
• das Was: Auf welche Sache beziehen sie sich, s<strong>in</strong>d sie fachlich richtig?<br />
• das Wozu: Welches Ergebnis wird <strong>in</strong>tendiert?<br />
Prozessorientierung<br />
Wer, wie?<br />
Können<br />
(nicht nur Verstehen)<br />
Herausforderung: nachhaltigen Anwendungserfolg und Verbreitung sichern<br />
���� impulssetzende Lösungen<br />
• das Wer und Wie: Welche Anwendungsregeln leiten den Prozess und welche Personen,<br />
Funktionsträger s<strong>in</strong>d beteiligt?<br />
3<br />
Vgl. Volkholz, V. (2001). GfAH-Methodenbank im Gestaltungsfeld „Personal und Wissen“.<br />
Unveröffentlichtes Manuskript.<br />
9
Mit der Darlegung dieser allgeme<strong>in</strong>sten Faktoren s<strong>in</strong>d die M<strong>in</strong>destbed<strong>in</strong>gungen <strong>für</strong><br />
Instrumente benannt. Sie reichen aber bei weitem nicht <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en tatsächlich erfolgreichen<br />
E<strong>in</strong>satz aus. Es fehlt die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> die konkreten Unternehmenszusammenhänge, die<br />
Inhalte, die Ziele und die sozialen Beziehungen. Verharrt e<strong>in</strong> Instrument auf e<strong>in</strong>er abstrakten<br />
Ebene lässt es sich natürlich leicht auf verschiedenartigste Situationen übertragen, jedoch ist<br />
se<strong>in</strong> Scheitern <strong>in</strong> der Anwendung vorprogrammiert. Erfolgreiche Werkzeuge zeichnen sich<br />
demgegenüber über die Sach-, Ergebnis- und Prozessorientierung h<strong>in</strong>aus durch folgende<br />
weitere Faktoren aus:<br />
Kontextb<strong>in</strong>dung<br />
Kontextgebundene Instrumente überw<strong>in</strong>den die Abstrahierung von den Inhalten und gehen<br />
auf die konkreten Zusammenhänge, Erfahrungen, Probleme und Ziele des <strong>in</strong> Frage stehenden<br />
Unternehmens e<strong>in</strong>. Sie orientieren sich dabei auch an den Charakteristika von <strong>KMU</strong> (wie sie<br />
im Kap. 2.2 „<strong>KMU</strong> haben e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik“ ausgeführt s<strong>in</strong>d) und benennen den<br />
fassbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg.<br />
Mitlernen Dritter<br />
In Unternehmen wird immer <strong>in</strong> umfangreichen sozialen Beziehungen gehandelt. Deshalb<br />
reicht es nicht, wenn e<strong>in</strong> Instrument sich nur an e<strong>in</strong>zelne Individuen wendet. Es ist erst dann<br />
handhabbar, wenn es von den wichtigsten Akteuren beherrscht wird und e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />
Verständnis entwickelt wurde.<br />
Verhaltenssicherheit (Können)<br />
Es reicht nicht Instrumente lediglich verstanden zu haben. Sie werden erst dann genutzt, wenn<br />
die Beteiligten h<strong>in</strong>reichend geübt und Verhaltenssicherheit erworben haben: Verstehen reicht<br />
nicht aus, erst das Können schafft Anwendung.<br />
Handlungserfolge<br />
Instrumente werden dann <strong>in</strong> Unternehmen angewandt, wenn sie zum e<strong>in</strong>en erlernbar s<strong>in</strong>d und<br />
zum anderen nachvollziehbare Handlungserfolge erbr<strong>in</strong>gen. Insbesondere möglichst schnelle<br />
Anfangserfolge können die Motivation der Akteure sichern.<br />
Impulssetzende Lösungen<br />
Erfolgreiche Instrumente zielen auf impulssetzende Lösungen und e<strong>in</strong>en nachhaltigen Anwendungserfolg.<br />
Sie regen die Akteure an über Initiativen zur Lösungsverbesserung sowie die<br />
Übertragung <strong>in</strong> andere Bereiche und die Verallgeme<strong>in</strong>erung nachzudenken. Instrumente mit<br />
solchen Eigenschaften s<strong>in</strong>d beispielsweise Konzepte <strong>für</strong> die Arbeit <strong>in</strong>terner Promotoren von<br />
Wandlungsprozessen, <strong>für</strong> Multiplikatoren <strong>in</strong> Qualifizierungsprozessen oder, wie im folgenden<br />
aufzuzeigen ist, <strong>für</strong> die <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>.<br />
10
3 Der Potenzial-Check: E<strong>in</strong> Weg zur systematischen<br />
<strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong><br />
3.1 Das Werkzeug<br />
Der Potenzial-Check ist e<strong>in</strong> Werkzeug <strong>für</strong> <strong>KMU</strong> zur Ausarbeitung und Verankerung e<strong>in</strong>er<br />
zukunftsorientierten, unternehmens<strong>in</strong>dividuellen Strategie. Er umfasst sowohl e<strong>in</strong>en Leitfaden<br />
<strong>für</strong> die Unternehmensanalyse als auch Handlungsanweisungen <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e sach- und situationsgerechte<br />
Vorgehensweise und unterstützt e<strong>in</strong> Mitlernen der Beteiligten. Partizipation und<br />
Konsensorientierung sichern das Verständnis, die Akzeptanz und die aktive Mitwirkung der<br />
Beschäftigten. Darüber h<strong>in</strong>aus begreift der Potenzial-Check strategische Aktivitäten nicht als<br />
E<strong>in</strong>mal-Veranstaltung, sondern als e<strong>in</strong>en zyklischen Prozess von Analyse, Zielbestimmung,<br />
Planung, Umsetzung und Ergebniskontrolle oder, anders gesagt, als e<strong>in</strong>en beständigen Lernund<br />
Gestaltungsprozess. In die Ausgestaltung des Instruments wurde also die Umsetzung und<br />
die Verankerung der <strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen mit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> gedacht.<br />
Die zentrale Methode ist der leitfaden- und visualisierungsgestützte Dialog. Dabei werden<br />
zunächst die leistungsbestimmenden <strong>in</strong>ternen und externen Faktoren entfaltet, ausgeleuchtet<br />
und bewertet, danach <strong>in</strong> der Unternehmensstrategie und notwendigen Verbesserungserfordernissen<br />
überschaubar verdichtet und auf der Grundlage der geme<strong>in</strong>samen Orientierung entsprechende<br />
Maßnahmen abgeleitet und <strong>in</strong>itiiert. Der <strong>in</strong>haltliche Fokus liegt auf der Erarbeitung<br />
von Strategien, die e<strong>in</strong>en nachhaltigen Wettbewerbsvorteil sichern. Dies bedeutet zweierlei:<br />
Zum e<strong>in</strong>en nicht nur „Jedermanns-Kompetenzen“ zu besitzen, sondern wenigstens auf<br />
e<strong>in</strong>em Gebiet das <strong>für</strong> die Kunden wesentlich ist besser zu se<strong>in</strong> als die Wettbewerber; die<br />
Andersartigkeit sichert die Effektivität (das Richtige tun). Zum anderen heißt es, den besten<br />
Unternehmen möglichst ähnlich zu se<strong>in</strong>; dies sichert die Effizienz (etwas richtig tun). E<strong>in</strong>zigartigkeit<br />
liegt nun <strong>in</strong> der Balance von Ähnlichkeit und Andersartigkeit.<br />
Hervorzuheben ist, dass die Inhalte und die Vorgehensweise des Potenzial-Checks nur e<strong>in</strong><br />
Vorschlag oder e<strong>in</strong>e Anregung se<strong>in</strong> können. Sie s<strong>in</strong>d immer an die jeweiligen Eigenheiten und<br />
die spezifischen Problem- und Zielstellungen des Unternehmens anzupassen.<br />
3.2 Die Vorgehensweise: Strategien entwickeln, umsetzen und<br />
verankern<br />
Nach den notwendigen Vorbereitungen seitens des Beraters und der Unternehmensleitung wie<br />
e<strong>in</strong>em orientierenden Betriebsrundgang, der Sichtung ausgewählter Dokumente und der<br />
Absprache der Vorgehensweise schlägt der Potenzial-Check e<strong>in</strong> dreistufiges Vorgehen vor,<br />
wie die folgende Abbildung darlegt:<br />
11
Ziel:<br />
Ablauf:<br />
Ergebnis:<br />
12<br />
Workshop I<br />
„Bestandsaufnahme“<br />
die Unternehmenspotenziale<br />
e<strong>in</strong>schätzen<br />
die Stärken und<br />
Schwächen des<br />
Unternehmens mit Hilfe<br />
des Leitfadens feststellen<br />
�������� komplexe<br />
betriebliche Abläufe<br />
und das Innovationsgeschehen<br />
s<strong>in</strong>d erkannt und<br />
bewertet<br />
�������� die Ergebnisse s<strong>in</strong>d<br />
dokumentiert und<br />
visualisiert<br />
Workshop II<br />
„Positionierung“<br />
die Unternehmenspotenziale<br />
darstellen<br />
auf der Grundlage der<br />
Bestandsaufnahme die<br />
Unternehmensstrategie<br />
ausarbeiten und die<br />
Verbesserungserfordernisse<br />
ableiten<br />
�������� die Unternehmensstrategie<br />
ist formuliert<br />
und die Verbesserungserfordernisse<br />
s<strong>in</strong>d festgehalten<br />
�������� die Ergebnisse s<strong>in</strong>d<br />
dokumentiert und<br />
visualisiert<br />
Dauer: 1 Tag 1 Tag 1 Tag<br />
Beteiligte:<br />
übergeordnetes<br />
Ziel:<br />
Geschäftsführung /<br />
1 Berater<br />
Geschäftsführung /<br />
1 Berater<br />
Workshop III<br />
„Beteiligung“<br />
die Umsetzung e<strong>in</strong>leiten<br />
die Führungskräfte über die<br />
Bestandsaufnahme und<br />
Positionierung <strong>in</strong>formieren;<br />
die Ergebnisse geme<strong>in</strong>sam<br />
überprüfen und Maßnahmen<br />
festlegen<br />
�������� die Schlüsselmitarbeiter<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>formiert und<br />
zu Akteuren des Geschehens<br />
geworden<br />
�������� kritische Maßnahmen,<br />
Verantwortlichkeiten<br />
und Zeitfenster s<strong>in</strong>d<br />
bestimmt und dokumentiert.<br />
Geschäftsführung /<br />
Führungskräfte / 1 Berater<br />
e<strong>in</strong>en Prozess der systematischen Strategieentwicklung, -umsetzung und<br />
-überprüfung implementieren<br />
Abb. 3: Die drei Stufen der Strategieentwicklung<br />
Die Abbildung verdeutlicht die Ziele, die Inhalte, das Ergebnis, die Dauer und die Beteiligten<br />
jeder e<strong>in</strong>zelnen Stufe sowie deren Abfolge. Der Potenzial-Check verfolgt das ehrgeizige Ziel,<br />
den Prozess der Stärken-Schwächen-Analyse, die Erarbeitung der Unternehmensstrategie, die<br />
Bestimmung von Verbesserungsbereichen, die Festlegung und Initiierung von Maßnahmen<br />
e<strong>in</strong>schließlich der Beteiligung von Schlüsselmitarbeitern <strong>in</strong> nur drei Arbeitstagen zu<br />
bewältigen. Da jede Stufe mit e<strong>in</strong>em brauchbaren, konkreten Ergebnis abschließt, können<br />
Unternehmen nach Bedarf e<strong>in</strong>e, zwei oder alle drei Stufen wählen. So zeigte die Erfahrung<br />
mit den 15 <strong>KMU</strong>, dass e<strong>in</strong> Teil der Unternehmen zunächst alle<strong>in</strong> den Workshop I<br />
„Bestandsaufnahme“ als „Schnuppertag“ vere<strong>in</strong>barte und erst danach die nächsten beiden<br />
Stufen. Im folgenden werden die Inhalte und die Vorgehensweise jeder e<strong>in</strong>zelnen Stufe<br />
detailliert ausgeführt.<br />
3.2.1 Workshop I und II: „Bestandsaufnahme und Positionierung“<br />
E<strong>in</strong>gedenk der meist knappen Ressourcen und der <strong>in</strong> der Regel herausragenden Rolle des<br />
Unternehmers <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>, ist bei den ersten zwei Workshops alle<strong>in</strong> die oberste Führung<br />
e<strong>in</strong>bezogen – dies s<strong>in</strong>d erfahrungsgemäss zumeist e<strong>in</strong> bis zwei Leitungspersonen. Die Arbeit<br />
wird durch e<strong>in</strong>en Berater unterstützt. Aufgabe des Workshop I ist e<strong>in</strong>e leitfadenorientierte<br />
Bestandsaufnahme der <strong>in</strong>ternen und externen Leistungsbed<strong>in</strong>gungen des Unternehmens. Die<br />
zentralen Ergebnisse werden ausgearbeitet, im Leitfaden dokumentiert und dienen als<br />
Arbeitsgrundlage des Workshops II „Positionierung“. In diesem werden die Ergebnisse nun
sukzessive nochmals geprüft und parallel dazu mit Hilfe der Metaplantechnik die<br />
Unternehmensstrategie ausgearbeitet und Verbesserungserfordernisse festgehalten. In e<strong>in</strong>em<br />
Prozess des Sortierens, Zuordnens, Überprüfens und Korrigierens schälen sich allmählich die<br />
relevanten Aspekte von Strategie und Verbesserungen heraus und verdichten sich zu e<strong>in</strong>er<br />
Gesamtstrategie und dazu gehörigen Verbesserungsthemen.<br />
Angemerkt werden soll, dass der zweitägige <strong>in</strong>tensive Dialog mit der Unternehmensführung<br />
e<strong>in</strong>e Doppelfunktion aufweist: Er erbr<strong>in</strong>gt nicht nur e<strong>in</strong>e Fülle von strategierelevanten Informationen,<br />
sondern dient den Unternehmern zugleich als e<strong>in</strong>e der dünn gesäten Gelegenheit zu<br />
e<strong>in</strong>em Austausch über e<strong>in</strong>e Vielzahl ihnen persönlich wichtiger Themen im Feld Unternehmen.<br />
Darstellungstechnisch soll zunächst alle<strong>in</strong> die Arbeit mit dem Leitfaden weiter veranschaulicht<br />
werden. Die anderen oben erwähnten Aktivitäten zur weiteren Ausarbeitung der<br />
Strategie werden im Rahmen des Workshops III „Beteiligung“ dargelegt. Zunächst zu den<br />
Erfolgsvoraussetzungen und den Rollen der Beteiligten bei der Bestandsaufnahme.<br />
Diskurs<br />
Geschäftsführer:<br />
Fragen beantworten,<br />
Unternehmenssituation skizzieren;<br />
(Erfahrung, Offenheit,<br />
selbstkritische Haltung)<br />
Berater:<br />
Fragen stellen,<br />
Antworten festhalten,<br />
Gespräch moderieren;<br />
(Erfahrung,<br />
Konzeptwissen)<br />
Abb. 4: Erfolgsvoraussetzungen und Rollen der Beteiligten<br />
Leitfaden:<br />
die 5 Basismodule<br />
als Orientierung und<br />
Gesprächsleitl<strong>in</strong>ie<br />
Die Abbildung verdeutlicht, dass e<strong>in</strong>e erfolgreiche Bestandsaufnahme den gelungenen Dialog<br />
zwischen Führungspersonen und Berater voraussetzt. Dieser gründet wiederum <strong>in</strong> der Offenheit<br />
und selbstkritischen Haltung der Führungspersonen, e<strong>in</strong>er situationsangemessenen Gesprächsführung<br />
des Beraters und <strong>in</strong> der wechselseitigen, kritischen Würdigung des komplementären<br />
Wissens der Gesprächspartner. Letztlich gilt aber, dass ohne e<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende<br />
Vertrauensbasis alle Bemühungen <strong>in</strong> den Misserfolg führen (<strong>für</strong> weitere Ausführungen zu<br />
diesem Aspekt siehe die Erläuterungen zur Abb. 6: „Beschäftigtenzahl“ weiter unten).<br />
Die dritte Erfolgsvoraussetzung ist der Leitfaden. Er wird Schritt <strong>für</strong> Schritt durchgearbeitet<br />
und leitet die Teilnehmer durch das „Dickicht“ strategierelevanter Themen des überkomplexen<br />
Systems Unternehmen. Der Leitfaden strukturiert den Dialog, regt das Denken an und<br />
dient zur parallelen Dokumentation der Gesprächsergebnisse. Die folgende Abbildung zeigt<br />
die Inhalte des Leitfadens im Überblick.<br />
13
Abb. 5: Die Inhalte der Basismodule<br />
Der Leitfaden zur Bestandsaufnahme der Unternehmenspotenziale besteht aus fünf Modulen,<br />
die Schritt <strong>für</strong> Schritt im Dialog von Geschäftsführung und Berater durchgearbeitet werden.<br />
Modul A reflektiert, das Unternehmen e<strong>in</strong> Herkunft haben, die auch Gegenwart und Zukunft<br />
bee<strong>in</strong>flusst; Modul B stellt die schwierige Aufgabe, e<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> mögliche Zukünfte zu<br />
wagen; Modul C befasst sich mit unternehmerischen Kernaufgaben; Modul D mit Erfolgsfaktoren<br />
von Innovationen und Modul E fordert e<strong>in</strong>e zusammenfassende Bewertung des<br />
Unternehmens, angelehnt an das Excellence-Modell der EFQM (European Foundation of<br />
Qualitymanagement) 4 . Je nach der Fragestellung des Unternehmens können e<strong>in</strong>zelne Module<br />
herausgelassen oder ausgewählt werden.<br />
Der Leitfaden kann als e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegriertes Konzept-, Modell- und Methodentableau beschrieben<br />
werden, mit dem <strong>in</strong> vergleichsweise kurzer Zeit alle zukunftsrelevanten Potenziale des hochkomplexen<br />
Systems Unternehmen zu erfassen und zu bewerten s<strong>in</strong>d (die Abb. 5: „Die drei<br />
Stufen der Strategieentwicklung“ weiter oben zeigte auf, dass der Workshop I „Bestandsauf-<br />
4 Vgl. EFQM (1999). Die grundlegenden Konzepte der EFQM und ihr Nutzen.<br />
14<br />
Modul A: Orientierung<br />
(Erfahrung reflektieren)<br />
• Beschäftigte<br />
• Umsatz/Geschäftsfelder<br />
• Innovationen<br />
• Geschäftsprozesse<br />
• Wertschöpfungskette<br />
• Ziele u. Geschäftsideen<br />
Modul C: Kernaufgaben<br />
(Können erkennen)<br />
• Märkte und<br />
Leistungsangebote<br />
• Kundenorientierung<br />
• Mitarbeiterorientierung<br />
• Führungsverantwortung<br />
• Kernkompetenzen<br />
• F<strong>in</strong>anzen<br />
Modul B: Früherkennung<br />
(Zukunft antizipieren)<br />
• Marktentwicklungen<br />
- wirtschaftlich<br />
- organisatorisch/techn.<br />
- soziologisch<br />
- politisch<br />
• Früherkennungstreppe<br />
Modul D: Innovationsystem<br />
(Chancen begreifen)<br />
• Marktpositionierung<br />
• Kooperation<br />
• Organisation<br />
• Führung/Management<br />
• Kommunikation/<br />
Information<br />
• Projektmanagement<br />
Modul E: Excellence Modell<br />
• Die Stufen der Unternehmensreife
nahme“ wie auch die anderen beiden Workshops nicht länger als e<strong>in</strong>en Tag dauert). Neben<br />
arbeits- und sozialwissenschaftlichen Aspekten be<strong>in</strong>haltet der Leitfaden betriebswirtschaftliche<br />
und managementwissenschaftliche Schwerpunkte und Elemente.<br />
Das Tableau ist so konstruiert, dass die zentralen Inhalte wie z.B. „Kundenorientierung“ aus<br />
der Perspektive mehrerer Konzepte und Modelle betrachtet und analysiert werden. Die bewusste<br />
partielle Redundanz dient e<strong>in</strong>erseits der <strong>in</strong>haltlichen Vertiefung, andererseits soll dadurch<br />
das Verstehen und das Denken im Analysegespräch gefördert werden. Der Gesprächsleitfaden<br />
ist nicht wie e<strong>in</strong> klassischer Fragebogen aufgebaut. Vielmehr s<strong>in</strong>d farblich bebilderte<br />
und gestaltete Charts die Grundlage des Gesprächs und der Dokumentation. Diese Form der<br />
Visualisierung fördert wiederum das Verstehen und Denken im Gespräch.<br />
E<strong>in</strong>ige ausgewählte Aspekte bzw. Charts aus der Bestandsaufnahme mehrerer Unternehmen<br />
sollen e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> den Charakter des Leitfadens geben. Zunächst zur Entwicklung der<br />
Beschäftigungszahl.<br />
15
16<br />
A.1 Beschäftigtenzahl<br />
A.1 Beschäftigtenzahl<br />
Bestimmen Sie zunächst die Funktionsgruppen und die jeweilige, aktuelle Mitarbeiteranzahl. Tragen Sie dann die Beschäftigtenzahlen<br />
der letzten Jahre e<strong>in</strong> und geben Sie e<strong>in</strong>e Zukunftsprognose. Nennen Sie die H<strong>in</strong>tergründe der Entwicklungen.<br />
Funktionsgruppen/Anzahl: a) Lagerverwalter (2) b) Lagerpersonal (9����) c) Disposition (4����)<br />
d) Fahrer (5) e) Konfektion (10����) f) Buchhaltung (1)<br />
g) Sicherheit / Technik (1)<br />
Abb. 6: Beschäftigtenzahl<br />
55-60<br />
46 45<br />
46<br />
48<br />
40<br />
42<br />
41<br />
40<br />
35-40<br />
Baugenehmigungen<br />
liegen vor<br />
37<br />
Müller-Effekt<br />
(Kundenverlust)<br />
34<br />
34<br />
30<br />
Autopflegemittelhändler<br />
verloren (hat se<strong>in</strong> Lager<br />
zentralisiert)<br />
temporäre<br />
Marktsättigung<br />
Feuerzeuge<br />
27<br />
RAO-Cater<strong>in</strong>g<br />
h<strong>in</strong>zugewonnen<br />
1<br />
1990 91 92 93 94 95 96 97 98 99 2000 ´01 ´02 ´03 ´04 ´05 ´06 ´08 ´09<br />
Historie Ist Prognose<br />
´84<br />
Firmengründung<br />
Fragen: Wie werden sich die Funktionsgruppen zukünftig entwickeln? Wie ist die Altersstruktur?
Die Abbildung verdeutlicht, wie der Unternehmer am Beispiel der Beschäftigtenzahl im<br />
„Blick zurück nach vorn“ deren Entwicklung reflektiert, entscheidende Faktoren vergegenwärtigt,<br />
Wendepunkte markiert und se<strong>in</strong>e teilweise weitreichenden Entscheidungen skizziert.<br />
So zeigen sich als Konsequenz von Vorkommnissen wie e<strong>in</strong>er temporären Sättigung des<br />
Marktes e<strong>in</strong>es Hauptkunden, dem Verlust von wichtigen Kunden wie dem Autopflegemittelhändler<br />
und e<strong>in</strong>em weiteren Unternehmen (der Müller-Effekt) oder der fehlenden Baugenehmigung<br />
zur Erweiterung von Lagerhallen, direkte Konsequenzen <strong>in</strong> der Beschäftigtenzahl:<br />
sie nimmt nämlich ab. Im Kontrast dazu resultiert aus Erfolgen wie der Akquisition e<strong>in</strong>es<br />
großen Cater<strong>in</strong>g-Kunden oder der endlich vorliegenden Baugenehmigung e<strong>in</strong> konkreter und<br />
<strong>für</strong> die weitere Zukunft antizipierter Anstieg der Beschäftigtenzahlen. Das Chart sagt also<br />
auch aus, dass es sich um e<strong>in</strong> Unternehmen mit Wachstumsabsichten handelt.<br />
Über die oben skizzierten Inhalte h<strong>in</strong>aus zeigte sich, dass die Vergegenwärtigung und Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit der Unternehmensvergangenheit konstituierend wichtig <strong>für</strong> das geme<strong>in</strong>sam<br />
zu erarbeitende Verständnis der Lage des Unternehmens ist. Darüber h<strong>in</strong>aus eignet sich<br />
das Thema Erfahrung und Vergangenheit <strong>in</strong> der Regel als hervorragender Eisbrecher zu Beg<strong>in</strong>n<br />
des Gesprächs: die Rekonstruktion der Historie von Unternehmen (die häufig eng mit<br />
der Biographie des Unternehmers verwoben ist) schafft nicht nur E<strong>in</strong>sicht, sondern auch Nähe<br />
– und ohne Nähe als e<strong>in</strong>er Vorbed<strong>in</strong>gung <strong>für</strong> Vertrauen, ist e<strong>in</strong> offener Diskurs überlebenswichtiger,<br />
sensibler, strategischer Themen mit e<strong>in</strong>em zunächst fremden, im günstigen Fall<br />
empfohlenen Berater schwerlich möglich.<br />
Es folgt nun das Thema Früherkennung.<br />
17
18<br />
Perspektive: 5-7 Jahre<br />
B.1 Früherkennung von wichtigen Entwicklungen auf den Absatz- und Faktormärkten<br />
(vgl. A1, A2, A3, A4, A6)<br />
Wirtschaftlicher<br />
Bereich<br />
� Stärke der<br />
Konkurrenz<br />
� Marktpotenzial<br />
� Preissituation<br />
� Ersatzprodukte/<br />
-dienstleistungen<br />
� VolkswirtschaftlicheE<strong>in</strong>flussgrößen<br />
Organ./techn.<br />
Bereich<br />
� Entwicklung<br />
der <strong>in</strong>ternen<br />
Verfahren<br />
� Entwicklung<br />
der Produkte/<br />
Dienstleistungen<br />
Soziologischer<br />
Bereich<br />
� Bevölkerungsstruktur<br />
� Verbrauchergewohnheiten<br />
Politischer<br />
Bereich<br />
� Gesetzliche<br />
Regelungen<br />
Sonstige Faktoren<br />
Absatzmarkt<br />
• ODC wird sich behaupten,<br />
etablierte Konkurrenten<br />
bleiben, hohe<br />
Zugangsbarrieren<br />
• Potenzial bleibt<br />
• Preise fallen<br />
• Konfektionierung,<br />
Individualisierung nimmt<br />
zu<br />
• EU-Ost-Erweiterung => ?<br />
• klass. Logistiknutzer<br />
werden zu Anbietern<br />
(Chem Industrie)<br />
• unterstützende<br />
Gefahrstoff-EDV /<br />
Barcode-System<br />
• Gefährlichkeit der<br />
Produkte nimmt ab<br />
(Gesetzgebung).<br />
• Gefahrstoffe vermehrt<br />
auf die Schiene => LKW<br />
regionale Verteilung<br />
(Gleis am Flugplatz<br />
nutzen)<br />
• Mitentscheid nimmt zu<br />
• größeres<br />
Umweltbewusstse<strong>in</strong><br />
• verschärfte Gesetze =><br />
höhere Zugangsbarrieren<br />
im Gefahrstoffbereich<br />
• es werden mehr Stoffe<br />
zu Gefahrstoffen<br />
deklariert<br />
• Billiganbieter aus dem<br />
Ausland aufgrund anderer<br />
gesetzl. Regelungen<br />
Güter- und<br />
Dienstleistungsmarkt<br />
(Lieferanten)<br />
Lieferantenzahl<br />
wird durch<br />
Konzentrationsprozesse<br />
und<br />
Geschäftsaufgabe<br />
abnehmen<br />
Frage: Betreibt Ihr Unternehmen e<strong>in</strong>e systematische Früherkennung?<br />
Abb. 7: Früherkennung<br />
• Chancen <strong>für</strong> ODC liegt beim Mittelstand, nicht bei<br />
Großkonzernen<br />
• Synergien bei Konfektionierung anstreben<br />
Arbeitsmarkt<br />
(Mitarbeiter)<br />
• Qualifikation<br />
und Motivation<br />
der Mitarbeiter<br />
verr<strong>in</strong>gern sich<br />
• ODC kann<br />
weiterh<strong>in</strong> aus<br />
dem „Fundus“<br />
Arbeitsloser<br />
schöpfen<br />
• forcierte Ausund<br />
Weiterbildung<br />
wird notwendig<br />
Kapitalmarkt<br />
• Zugangsvoraussetzungen<br />
erschwert<br />
=>Rat<strong>in</strong>g<br />
Durch die Arbeit mit dem Chart „Früherkennung“ sollen absehbare und/oder mögliche Zukunftsentwicklungen<br />
<strong>in</strong> den Absatz- und Faktorenmärkten vorhergesagt werden. Die zu prognostizierenden<br />
Entwicklungen beziehen sich vor allem auf die Bereiche Wirtschaft, Technologie,<br />
Organisation, <strong>Gesellschaft</strong> und Politik sowie die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens<br />
und wurden am Beispiel des Logistik-Unternehmens „ODC“ wie folgt ausgeführt:
Die Geschäftsführung von ODC rechnet <strong>für</strong> die nächsten fünf Jahre damit, dass das Marktpotenzial<br />
zwar gleich bleibt, die Preise aber fallen werden. Welche Konsequenzen die EU-<br />
Osterweiterung haben wird, ist noch nicht ganz klar. Dieser Markt muss im weiteren streng<br />
beobachtet werden. Die Konkurrenz wird <strong>in</strong>sgesamt zunehmen, da z.B. klassische Logistiknutzer<br />
wie die chemische Industrie zukünftig zu Logistikanbietern werden. Insgesamt werden<br />
sich aber die etablierten Konkurrenten bei hohen Marktzugangsbarrieren halten. Aufgrund der<br />
skizzierten Tendenzen und e<strong>in</strong>em anhaltenden Trend zu <strong>in</strong>dividuellen und ganzheitlichen<br />
Leistungen, sieht ODC se<strong>in</strong>e Zukunftschancen vor allem <strong>in</strong> zusätzlichen Angeboten zur Konfektionierung<br />
gelagerter Produkte und im Ausbau des Segments mittelständischer Kunden.<br />
Wegen des zunehmenden Umweltbewusstse<strong>in</strong>s geht ODC davon aus, dass durch Gesetzesverschärfungen<br />
mehr Stoffe als bisher zu Gefahrstoffen deklariert werden und zugleich höhere<br />
Zugangsbarrieren zum Gefahrstoffmarkt entstehen. Neben diesen von ODC <strong>für</strong> die eigene<br />
Position positiv e<strong>in</strong>geschätzten Tendenzen entsteht aber auch aller Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit nach<br />
e<strong>in</strong>e neue Konkurrenz aus dem Ausland. Diese könnten andere, weniger restriktive<br />
gesetzliche Regelungen zu Billigangeboten nutzen.<br />
E<strong>in</strong>e Abnahme der Gefährlichkeit der Produkte aufgrund von Auflagen des Gesetzgebers wird<br />
nur wenig Auswirkungen auf das Geschäft von ODC haben. E<strong>in</strong>stellen muss sich ODC aber<br />
darauf, dass <strong>in</strong> der Zukunft Gefahrstoffe voraussichtlich vermehrt auf der Schiene transportiert<br />
werden und LKWs deren regionale Verteilung übernehmen. Deswegen plant ODC se<strong>in</strong>e<br />
Lagerkapazitäten im Gefahrstoffbereich und Serviceangebote (wie Konfektionierung) auszubauen.<br />
Technische Neuerungen werden primär im Bereich von neuen Gefahrstoff-EDV- und<br />
Barcode-Systemen gesehen. ODC ist zur Zeit dabei entsprechende Systeme zu implementieren.<br />
Von Seiten der Lieferanten erwartet ODC trotz Konzentrationsprozessen ke<strong>in</strong>e gravierenden<br />
Veränderungen <strong>für</strong> das eigene Geschäft. Bzgl. der Mitarbeiterqualifikation be<strong>für</strong>chtet ODC,<br />
dass sie zukünftig ger<strong>in</strong>ger wird. Zwar geht das Unternehmen davon aus, auch <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>e<br />
h<strong>in</strong>reichende Zahl benötigter Mitarbeiter aus dem Fundus Arbeitsloser schöpfen zu können,<br />
sieht aber die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er forcierten Aus- und Weiterbildung auf sich zu kommen.<br />
Da sich die Zugangsvoraussetzungen <strong>für</strong> die Kreditaufnahme erhöhen, antizipiert ODC auch<br />
im Bankenbereich neue Schwierigkeiten und Anstrengungen.<br />
Festzuhalten ist, das ke<strong>in</strong>es der beteiligten 15 <strong>KMU</strong> e<strong>in</strong>e irgendwie geartete, systematisierte<br />
und dokumentierte Früherkennung betreibt. Ebenso sah es so gut wie ke<strong>in</strong>es der Unternehmen<br />
als s<strong>in</strong>nvoll an, e<strong>in</strong>en Zeitraum von mehr als 5 Jahren zu überschauen. <strong>KMU</strong> denken und<br />
planen eher kurzfristig, im allerbesten Fall mit e<strong>in</strong>er mittelfristigen Perspektive.<br />
Längerfristige Trends (>5 Jahre) spielen <strong>in</strong> ihren Zukunftsantizipationen e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Rolle.<br />
Dieses Faktum gilt es bei der Suche nach sowohl zukunfts- als auch <strong>KMU</strong>-gerechten Formen<br />
der <strong>Strategiearbeit</strong> mit zu bedenken (siehe dazu unten im Kap. 7.3 „Die Verankerung der<br />
<strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen, Variante 3: Konzeptgeleitete Revision“).<br />
Als abschließendes Beispiel soll e<strong>in</strong> Weg zur E<strong>in</strong>schätzung der Kundenzufriedenheit dargelegt<br />
werden.<br />
19
20<br />
Kundenorientierung<br />
C.4 Kundenzufriedenheit e<strong>in</strong>schätzen (vgl. A5, C1)<br />
Geben Sie die Zufriedenheit Ihrer wichtigsten Kunden/Kundengruppen an (Erheben Sie<br />
systematisch Kunden<strong>in</strong>fos?).<br />
Kundenverlust Kundenb<strong>in</strong>dung<br />
Nr. Kunden/<br />
Kundengruppen<br />
unzufrieden<br />
selbstverständliche<br />
Leistung<br />
Kundenzufriedenheit<br />
niedrig mittel hoch sehr hoch<br />
I Polyester Deutschland X<br />
II Polyester Europa X<br />
III Mischfarbe X<br />
IV Cellulose Deutschland X<br />
V Cellulose Europa X<br />
VI Cellulose Welt X<br />
+ +<br />
zufrieden<br />
erwartete Leistung<br />
begeistert<br />
nicht erwartete<br />
Leistung<br />
Fragen:<br />
� Wer s<strong>in</strong>d Ihre Gesprächspartner im Kundenunternehmen?<br />
� Wor<strong>in</strong> unterscheiden sich neue vs. erfahrene Kunden?<br />
� Wor<strong>in</strong> unterscheiden sich zufriedene vs. begeisterte Kunden?<br />
� Anteil Stammkunden? Weiterempfehlung? Positive Rückmeldungen? Auszeichnungen?<br />
Beschwerden? Garantiekosten? Rückgesandte Lieferungen?<br />
Abb. 8: Kundenzufriedenheit<br />
Mit Hilfe dieses Charts schätzen die Leitungspersonen die Zufriedenheit ihrer Kunden bzw.<br />
Kundengruppen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Überblick e<strong>in</strong>. Dabei werden bewusst strenge Maßstäbe <strong>für</strong><br />
die Bewertung der Unzufriedenheit, Zufriedenheit und Begeisterung angelegt. Diese fordern<br />
zu e<strong>in</strong>er selbstkritischen E<strong>in</strong>schätzung auf und erzeugen die notwendige Sensibilität <strong>für</strong> die<br />
zentrale Aufgabe der Kundenpflege und Neukundengew<strong>in</strong>nung.
• Unzufriedenheit: Die selbstverständlichen Leistungen werden zwar erbracht, jedoch ist die<br />
wahrgenommene Unternehmensleistung ger<strong>in</strong>ger als die erwartete Leistung. Die Gefahr<br />
den Kunden zu verlieren ist sehr groß.<br />
• Zufriedenheit: Die Wahrnehmung der Kunden im Vergleich von Preis und Leistung<br />
entspricht den Erwartungen. Sie stehen dem Unternehmen aber eher gleichgültig<br />
gegenüber und können daher im Pr<strong>in</strong>zip jederzeit abwandern.<br />
• Begeisterung: E<strong>in</strong> hohes Maß an Zufriedenheit liegt dann vor, wenn die vom Kunden<br />
gesetzten Erwartungen übertroffen werden, bzw. nicht erwartete Leistungen geboten<br />
werden. Begeisterte Kunden weisen die höchste B<strong>in</strong>dung auf und s<strong>in</strong>d die besten Werber;<br />
sie empfehlen den Lieferanten und se<strong>in</strong>e Leistung weiter.<br />
Die abfallende Kurve vom begeisterten über den zufriedenen zum unzufriedenen Kunden<br />
weist auf die Gefahr h<strong>in</strong>, dass aus zufriedenen Kunden schnell unzufriedene werden können.<br />
Es sei denn, das Unternehmen arbeitet kont<strong>in</strong>uierlich an der Verbesserung se<strong>in</strong>er Kundenorientierung:<br />
Kundenzufriedenheit und Kundenb<strong>in</strong>dung s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Zustand, sondern e<strong>in</strong><br />
Prozess.<br />
Das Unternehmensbeispiel zeigt, dass zwei Kundengruppen als begeistert e<strong>in</strong>geschätzt werden,<br />
e<strong>in</strong>e als hoch zufrieden und drei lediglich als gerade noch zufrieden. Bei letzteren besteht<br />
die akute Gefahr, sie <strong>in</strong> nächster Zeit zu verlieren. Das Unternehmen hat aus den Ergebnissen<br />
der Bewertung bereits Konsequenzen gezogen und Maßnahmen wie verbesserte Marktstudien<br />
und Information, Reorganisationen und Weiterbildung sowie Verbesserungen von Produkten<br />
und Serviceleistungen e<strong>in</strong>geleitet.<br />
3.2.2 Der Workshop III: „Beteiligung“<br />
Zentrale Ziele der dritten Stufe s<strong>in</strong>d die Information und E<strong>in</strong>beziehung der Schlüsselmitarbeiter<br />
(bzw. des erweiterten Führungskreises) und die Ableitung und Initiierung von notwendigen<br />
Verbesserungsaktivitäten. Dazu stellt die Unternehmensleitung zunächst wichtige<br />
Ergebnisse des Leitfadens als E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das Thema vor. Danach skizziert sie den Vorschlag<br />
zur Unternehmensstrategie und leitet anschließend zur Darlegung der Verbesserungserfordernisse<br />
über. Der Berater moderiert den Workshop und hält die relevanten Diskussionsergebnisse<br />
mittels Metaplantechnik fest. Im gelungenen Fall werden die „Vorschläge von<br />
oben“ und die „Anregungen von unten“ gleichberechtigt aufgegriffen, an den zentralen<br />
Unternehmenszielen gespiegelt und im Konsens entweder be<strong>für</strong>wortet oder verworfen.<br />
Da bisher lediglich e<strong>in</strong>es der 15 Unternehmen Vorerfahrungen mit e<strong>in</strong>er expliziten, partizipativen<br />
<strong>Strategiearbeit</strong> besaß, bedurfte es <strong>in</strong> der Mehrzahl der Fälle e<strong>in</strong>er „Aufwärmphase“, bis<br />
die Mitarbeiter den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Diskussion wagten. Er gelang aber <strong>in</strong> jedem Fall über die<br />
konkreten, von den Praktikern leicht nachvollziehbaren Verbesserungserfordernisse. Ist das<br />
Eis erst e<strong>in</strong>mal gebrochen, werden auch strategische Implikationen als ehemalige Domäne der<br />
Geschäftsführung zunehmend <strong>in</strong> die Diskussion e<strong>in</strong>bezogen, nachgefragt und auch modifiziert.<br />
Aber im Kern drehten sich die Gedanken der Mitarbeiter weiter um die ihnen näher<br />
21
stehenden Verbesserungserfordernisse und die daraus abzuleitenden Maßnahmen. E<strong>in</strong> stärkeres<br />
Gewicht strategischer Themen im betrieblichen Dialog bedarf e<strong>in</strong>es längerfristigen<br />
Lern- und Veränderungsprozesses von E<strong>in</strong>stellungen, Kompetenzen, Kultur, Strukturen und<br />
Prozessen <strong>in</strong> Richtung ermächtige Mitarbeiter, gezielte Information und <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>er<br />
lernenden Organisation.<br />
Der Workshop ist abgeschlossen, wenn alle Beteiligten mit dem Gesamtergebnis e<strong>in</strong>verstanden<br />
s<strong>in</strong>d, Verantwortlichkeiten <strong>für</strong> die Maßnahmenumsetzung und weitere Planungen<br />
festgelegt wurden und jedem Beteiligten klar ist, wie der angestoßene Prozess weiter verläuft.<br />
Die parallel zur Diskussion festgehaltenen Ergebnisse e<strong>in</strong>es Beteiligungsworkshops sollen im<br />
folgenden Unternehmensbeispiel verdeutlicht werden.<br />
4 Der Potenzial-Check im Beispiel der Firma „AKRA“<br />
4.1 Das Unternehmen, se<strong>in</strong>e Ziele und Potenziale<br />
Das im weiteren mit dem Namen „AKRA“ bezeichnete Unternehmen ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>habergeführtes<br />
Stahlbau-Unternehmen im E<strong>in</strong>zugsbereich e<strong>in</strong>es groß<strong>in</strong>dustriellen Ballungsraums. Das Unternehmen<br />
besteht seit ca. fünf Jahren und wuchs <strong>in</strong> dieser Zeit von ehemals 29 auf heute 41<br />
Mitarbeiter. Die Kernkompetenzen, also die Fähigkeiten, die e<strong>in</strong>en zusätzlichen Kundennutzen<br />
erbr<strong>in</strong>gen, von Wettbewerbern deutlich schlechter beherrscht werden und den potenziellen<br />
Zugang zu e<strong>in</strong>er Vielzahl von Märkten eröffnen, liegen bei AKRA <strong>in</strong> folgendem<br />
Leistungsensemble:<br />
22<br />
• der Erfahrung und Qualifikation der Mitarbeiter im Umgang mit sehr groß<br />
dimensionierten Produkten und Spezialstählen,<br />
• der Komb<strong>in</strong>ation e<strong>in</strong>er Vielfalt technischer Verfahren e<strong>in</strong>schließlich der großzügigen<br />
Halle mit Krananlagen und dem gut ausgestatteten, robusten Masch<strong>in</strong>enpark,<br />
• teamförmigen Strukturen, die e<strong>in</strong>e schnelle Reaktion auf Kundenwünsche <strong>in</strong><br />
Herstellung und Service mit hoher Effizienz verb<strong>in</strong>den.<br />
Nicht nur <strong>für</strong> AKRA, sondern <strong>für</strong> alle 15 <strong>KMU</strong> war charakteristisch, dass ihre Kernkompetenzen<br />
nicht aus e<strong>in</strong>zelnen, isolierten Fähigkeiten resultieren (z.B. e<strong>in</strong>er bestimmten Technologie),<br />
sondern vielmehr aus e<strong>in</strong>er langjährig gewachsenen Gefügeleistung verschiedenster,<br />
grundlegender Leistungsfaktoren. Sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e koord<strong>in</strong>ierte Ganzheit aus Technologien,<br />
Know-how, Organisation, Anlagen und Räumlichkeiten etc.<br />
Im Kern g<strong>in</strong>g es <strong>für</strong> AKRA zum Zeitpunkt des Potenzial-Checks darum, vom Anbieter e<strong>in</strong>er<br />
sehr breit gestreuten Produktpalette <strong>in</strong> vielen verschiedenen Marktsegmenten zum Komplettanbieter<br />
ausgewählter Produkte und Leistungen <strong>in</strong> lukrativen Märkten zu werden. Es galt<br />
Märkte zu erproben, Kunden zu akquirieren, das Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g und die geme<strong>in</strong>same Entwicklungsarbeit<br />
mit Kunden auszubauen und <strong>in</strong>sgesamt die Kernkompetenzen als Produktionsspezialist<br />
weiter zu entwickeln und mit e<strong>in</strong>em Netzwerk von komplementären Zulieferern zu<br />
ergänzen. Das Motto hieß: „AKRA entwickelt sich <strong>in</strong> den nächsten drei Jahren vom Bauch-
laden mit vielen Pufferprodukten zum spezialisierten Komplettanbieter mit vertiefter Wertschöpfung“.<br />
Dies verdeutlicht das Strategieschema <strong>in</strong> der folgenden Abbildung.<br />
Produkte /<br />
Leistungen<br />
Produkte /<br />
Leistungen<br />
Abb. 9: Die Entwicklungsstrategie der Firma AKRA<br />
vom „Bauchladen“<br />
mit vielen „Pufferprodukten“<br />
0 X 0 X X 0 0 X 0 X 0 0<br />
Firma AKRA<br />
Maßnahmen ➧ Märkte erproben<br />
➧ Kunden akquirieren<br />
➧ Orientieren auf<br />
Kernkompetenzen<br />
<strong>in</strong>sbesondere:<br />
– Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />
– Entwickeln mit Kunden<br />
Zulieferer Firma AKRA<br />
Zulieferer<br />
0 0 0 0 X X X X X 0 0 0<br />
zum - Komplettanbieter<br />
- Netzwerkkoord<strong>in</strong>ator<br />
- Produktionsspezialist<br />
2002<br />
2005<br />
23
4.2 Die Ergebnisse des Beteiligungsworkshops<br />
Auf der Grundlage der Vorarbeiten der Geschäftsführung im Workshop I und II wird im<br />
Beteiligungsworkshop geme<strong>in</strong>sam mit dem erweiterten Führungszirkel (im Falle von AKRA<br />
10 Beschäftigten aus allen Bereichen e<strong>in</strong>schließlich Betriebsrat) die Strategie und die<br />
Verbesserungsh<strong>in</strong>weise weiter ausgearbeitet und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Maßnahmenplan konkretisiert.<br />
Ergebnis s<strong>in</strong>d vier große, mittels Metaplantechnik ausgearbeitete Papierbahnen. Auf der<br />
ersten s<strong>in</strong>d die Kernsätze zur Unternehmensstrategie festgehalten, auf den nächsten beiden die<br />
Verbesserungsh<strong>in</strong>weise, geordnet nach den Bereichen Prozesse, Lernen / Mitarbeiter, Kunden<br />
und F<strong>in</strong>anzen (<strong>in</strong> Anlehnung an das Schema der Balanced Scorecard 5 ) und auf der letzten der<br />
Maßnahmenplan. Beispielhaft werden im folgenden die Verbesserungsbereiche „Kunden und<br />
F<strong>in</strong>anzen“ sowie der Maßnahmenplan von AKRA dargelegt.<br />
24<br />
F<strong>in</strong>anzen<br />
Liquidität sichern<br />
Förderprogramme<br />
nutzen<br />
Bereiche<br />
prioritäre<br />
Geschäftsfelder:<br />
-Masch<strong>in</strong>enbau<br />
-Behälter/Apparate<br />
-Dienstleistungen<br />
Kundenanalyse<br />
„Masch<strong>in</strong>enbau“<br />
(bisher diffus)<br />
1. Kunden<br />
bewerten<br />
Wertungskriterien<br />
erarbeiten<br />
Systematisch<br />
Kunden<strong>in</strong>fo´s sammeln<br />
und bewerten<br />
Technik<br />
(Betrieb)<br />
Auftragsabwicklung<br />
Dienstleistungen<br />
=>Effektivität prüfen<br />
2. Konzepte<br />
entwickeln<br />
differenzierte Sicht und<br />
Behandlung <strong>für</strong> Kunden<br />
entwickeln<br />
Differenziertes Konzept<br />
<strong>für</strong> Akquisition<br />
erarbeiten<br />
gezielte Aktionen zur<br />
Kundenansprache<br />
Akquisition<br />
Wir brauchen Zeit <strong>für</strong><br />
Kundenakquisition<br />
3. Konzepte<br />
umsetzen<br />
persönl.<br />
Kundenkontakte<br />
aufbauen<br />
direkte Kundenkontakte<br />
aufbauen - ke<strong>in</strong>e<br />
„Durchlauferhitzer“<br />
Kunden<br />
-Akquisition Aufträge<br />
- Montage<br />
-Reparatur<br />
-AUG<br />
-Schulung <strong>für</strong> Kunden<br />
-gläserne Fabrik<br />
Kunden über<br />
Kostenpositionen<br />
aufklären/ Folgekosten<br />
mittelfristig Vertrieb<br />
ausbauen<br />
(Diversifizierung)<br />
alle Bereiche müssen<br />
dazu beitrage n<br />
Market<strong>in</strong>g durch<br />
Mitarbeiter beim<br />
Kunden<br />
mehr Recherchen<br />
über Auftragsabläufe/<br />
Kundensicht<br />
Kunden Kompetenz<br />
von AKRA aufzeigen<br />
(müssen) können<br />
Abb. 10: Verbesserungsbereiche der Firma AKRA, Ausschnitt „Kunden und F<strong>in</strong>anzen“<br />
5 Kaplan, S. & Norton D. (1997). Balanced Scorecard. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Im Bereich „F<strong>in</strong>anzen“ g<strong>in</strong>g es bei AKRA um die zentrale Frage, die Liquiditätssicherung<br />
nicht aus den Augen zu verlieren. Zwar bestand ke<strong>in</strong>e akute Gefährdung, da die Liquiditätsreserve<br />
als h<strong>in</strong>reichend e<strong>in</strong>geschätzt wurde, aber im kommenden Jahr galt es bei Außenständen,<br />
großen Kundenaufträgen mit hoher Vorleistung und größeren Investitionen genau zu<br />
rechnen. Als e<strong>in</strong>e Möglichkeit zusätzlicher f<strong>in</strong>anzieller Unterstützung se<strong>in</strong>er Innovationsvorhaben,<br />
wollte AKRA verstärkt Förderprogramme der öffentlichen Hand nutzen.<br />
In konsequenter Umsetzung des Unternehmensziels Komplettanbieter ausgewählter Produkte<br />
<strong>in</strong> lukrativen Märkten zu werden, sah AKRA se<strong>in</strong>e primären Aufgabe <strong>in</strong> der systematischen<br />
Kundenakquisition <strong>in</strong> ausgewählten Geschäftsfeldern wie Masch<strong>in</strong>enbau, Behälter- und<br />
Apparatebau und Dienstleistungen. Neben H<strong>in</strong>weisen auf die Notwendigkeit, die Kunden<br />
mehr zu schulen und zu <strong>in</strong>formieren g<strong>in</strong>g es zentral darum, mittelfristig den Vertrieb anforderungsgerecht<br />
auszubauen. Dazu sollte mit e<strong>in</strong>er Kundenanalyse im Segment Masch<strong>in</strong>enbau<br />
begonnen und darauf aufbauend e<strong>in</strong> Konzept zur Gestaltung der Kundenbeziehung entwickelt<br />
und umgesetzt werden. Wenn alle Unternehmensbereiche ihren Beitrag wie abgesprochen<br />
leisten, sieht AKRA gute Chancen den Plan erfolgreich zu realisieren.<br />
25
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
26<br />
Nr. Was Wer bis wann Rückmeldung<br />
Projektablauf prüfen und<br />
verbessern � planen<br />
Erfahrungsaustausch mit<br />
Hersteller und Schweißer<br />
Zielvere<strong>in</strong>barung /<br />
Weiterqualifizierung � Überblick<br />
/ Matrix<br />
Aktion Ordnung und Sauberkeit<br />
<strong>in</strong> der Produktion planen<br />
Qualität sicher stellen: planen<br />
(Qualitätszirkel)<br />
zu 1 Abweichungsberichte sammeln<br />
6<br />
7<br />
Zuständigkeiten der<br />
Geschäftsfelder <strong>in</strong><br />
Angebotsphase +<br />
Kundenzuordnung<br />
Projekt Neukunden<br />
Masch<strong>in</strong>enbau<br />
a) Sofortmaßnahmen<br />
b) Systematik/Konzept<br />
Abb. 11: Maßnahmenplan der Firma AKRA<br />
H. Meier 28 KW<br />
H. Müller bis 33 KW<br />
H. Schmidt 26. KW<br />
H. Müller<br />
(Schmitz/Meier)<br />
Ende 20.<br />
KW<br />
Team Sitzung<br />
29 KW<br />
Kom.-<br />
Besprechung<br />
27 KW<br />
Team-Sitzung<br />
23. KW<br />
Kom-Besprechung<br />
21. KW<br />
H. Müller Ende 22 KW Kom-Besprechung<br />
23.KW<br />
H. Meier<br />
(alle)<br />
26. KW<br />
H. Schmidt 20. KW<br />
(Müller/Meier)<br />
H. Schmidt<br />
Ende 22 KW<br />
Team-Sitzung<br />
27 KW<br />
Team-Sitzung<br />
21 KW<br />
Team-Sitzung<br />
23. KW<br />
Im Maßnahmenplan von AKRA f<strong>in</strong>den sich die angesprochenen Verbesserungsthemen<br />
wieder. Zum e<strong>in</strong>en wurden kle<strong>in</strong>ere, unmittelbar umsetzbare Aktivitäten wie die Aktion<br />
„Sauberkeit und Ordnung“, der „Erfahrungsaustausch der Schweißer mit dem Hersteller“ oder<br />
das „Sammeln der Abweichberichte“ bestimmt. Ihre Realisierung verspricht unmittelbare<br />
Erfolge und so e<strong>in</strong>e Stärkung der Motivation von Beteiligten. Diese kle<strong>in</strong>eren Maßnahmen<br />
wurden ke<strong>in</strong>eswegs willkürlich ausgewählt, sondern Hauptkriterium war neben der e<strong>in</strong>fachen<br />
Umsetzbarkeit, dass sie <strong>in</strong> ihrer Wirkung die strategische Orientierung von AKRA unterstützten.<br />
Andere Vorhaben wie die „Verbesserung des Projektablaufs“ oder „Neukunden im<br />
Masch<strong>in</strong>enbau“ s<strong>in</strong>d überlebenswichtige Initiativen, die sich nicht neben der Alltagsarbeit her<br />
bewältigen lassen, sondern Projektcharakter besitzen. Sie bedürfen zusätzlicher zeitlicher,<br />
personeller und f<strong>in</strong>anzieller Ressourcen und e<strong>in</strong>er systematischeren Vorbereitung, Planung,<br />
Durchführung und Kontrolle.<br />
Der Maßnahmenplan benennt auch verantwortliche Personen und Personengruppen. Dies s<strong>in</strong>d<br />
zum e<strong>in</strong>en die „Kümmerer“, die als Treiber <strong>für</strong> die Umsetzung fungieren. Zum anderen<br />
werden, soweit nicht schon vorhanden, Gremien benannt, die <strong>für</strong> die regelmäßige und bedarfsweise<br />
Diskussion und Entscheidung wichtiger Fragestellungen zuständig s<strong>in</strong>d. Dies ist<br />
im Falle von AKRA e<strong>in</strong> bereits bestehendes „Führungs-Team“ <strong>für</strong> bereichsübergreifende<br />
Fragestellungen und e<strong>in</strong>e „Produktionsbesprechung“ <strong>für</strong> den Fertigungsbereich. Diese Gremien<br />
s<strong>in</strong>d <strong>für</strong> die weitere Planung, Koord<strong>in</strong>ation und die Ergebnisprüfung von Aktivitäten <strong>in</strong><br />
ihrem Verantwortungsbereich zuständig.
4.3 Die nächsten Schritte - Planung, Umsetzung und Revision<br />
Mit der Formulierung von Maßnahmen und der Festlegung von Verantwortlichkeiten,<br />
Term<strong>in</strong>en und Lenkungsgremien wird die Maßnahmenumsetzung e<strong>in</strong>geleitet. Damit endet der<br />
Potenzial-Check im engeren S<strong>in</strong>ne 6 . Strategische Diskussionen s<strong>in</strong>d aber ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>malveranstaltung,<br />
sondern müssen <strong>in</strong> angemessenen Zeiträumen wiederholt werden - <strong>in</strong> turbulenten,<br />
une<strong>in</strong>sichtigen Märkten und Umfeldern des öfteren, <strong>in</strong> stabileren, durchschaubareren weniger<br />
häufig. Deshalb be<strong>in</strong>haltet der Potenzial-Check auch e<strong>in</strong>en Vorschlag zur Prüfung und<br />
Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie. Dies verdeutlicht die folgende Abbildung:<br />
Revision<br />
• Strategie umfassend<br />
prüfen und anpassen,<br />
• Verbesserungsbereiche<br />
identifizieren<br />
• kritische Maßnahmen<br />
<strong>in</strong>itiieren<br />
konzeptgeleitet<br />
konzeptgeleitet<br />
Abb. 12: Die lernende Strategie<br />
Erstmaliger Potenzial-Check<br />
• Stärken/Schwächen e<strong>in</strong>schätzen<br />
• Strategie ausarbeiten<br />
• Verbesserungsbereiche identifizieren<br />
• kritische Maßnahmen <strong>in</strong>itiieren<br />
Bestandsaufnahme/<br />
Zwischenrevision<br />
Strategie u. Maßnahmen<br />
prüfen, abgleichen und<br />
optimieren<br />
e<strong>in</strong>gebettet<br />
Maßnahmen:<br />
• planen,<br />
• umsetzen,<br />
• prüfen<br />
Danach wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er abgestimmten Aufe<strong>in</strong>anderfolge von erstmaligem Potenzial-Check,<br />
Maßnahmenumsetzung, Zwischenrevision / Bestandsaufnahme und umfassender Revision die<br />
Maßnahmenumsetzung und die Unternehmensstrategie immer wieder geprüft und wenn<br />
erforderlich an neue Gegebenheiten angepasst. Mit anderen Worten ausgedrückt: es wird e<strong>in</strong><br />
beständiger Optimierungszyklus nach dem Schema „Plan-Do-Check-Act“ (der sogenannte<br />
„P-D-C-A-Zyklus“) <strong>in</strong> Gang gesetzt und e<strong>in</strong>e Lernspirale <strong>in</strong>itiiert 7 .<br />
Es bleibt festzuhalten, dass nahezu alle Unternehmen mit dem Potenzial-Check und se<strong>in</strong>er<br />
systematischen, partizipativen <strong>Strategiearbeit</strong> Neuland betraten. Ihnen erschien der Vorschlag<br />
6 Mit der Umsetzung stehen die Beschäftigten nun vor e<strong>in</strong>er Vielfalt von Aufgaben, die sie sukzessive<br />
bewältigen müssen. Möglichkeiten und Wege sie dabei zu unterstützen werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren Broschüre zum<br />
Thema Projektmanagement dargelegt.<br />
7 Die <strong>in</strong> der Abbildung oben benutzten Begriffe „konzeptgeleitete“ und „e<strong>in</strong>gebettete“ <strong>Strategiearbeit</strong> werden im<br />
folgenden Kapitel 5.2 „Von der konzeptgeleiteten zur e<strong>in</strong>gebetteten <strong>Strategiearbeit</strong>: das Beispiel der Firma<br />
KREM“ erläutert.<br />
27
zwar erfolgversprechend, se<strong>in</strong>e Brauchbarkeit <strong>für</strong> ihre Zwecke konnten sie natürlich erst<br />
wirklich beurteilen, als sie ihn im Prozess persönlich erlebt hatten. Danach waren sie mit der<br />
Vorgehensweise und den Ergebnissen zufrieden und bewerteten den Potenzial-Check<br />
e<strong>in</strong>hellig als e<strong>in</strong> sehr gutes Instrument. Er sei anregend, klärend, orientierend, motivierend<br />
und Impulsgeber <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Vielzahl von Veränderungsaktivitäten. War die Methode e<strong>in</strong>mal<br />
akzeptiert, wurden ohne weiter Umstände die Konsequenzen aus den gewonnenen Erkenntnissen<br />
gezogen: die schnelle Entscheidung und die Nutzung von Chancen ist e<strong>in</strong>e der herausragenden<br />
Stärken von <strong>KMU</strong>.<br />
28
5 Formen der <strong>Strategiearbeit</strong><br />
Trotz des Angebots e<strong>in</strong>es firmenspezifischen Zuschnitts von Vorgehensweise und Leitfaden<br />
hielt sich die Mehrheit der 15 Unternehmen an den vorgeschlagenen Weg der dreistufigen<br />
Strategieerarbeitung, wie er beispielhaft <strong>für</strong> AKRA beschrieben wurde. Auch machte ke<strong>in</strong>es<br />
von der Möglichkeit der Auswahl von Leitfadenmodulen Gebrauch. Lediglich vier Unternehmen<br />
wichen von dem Vorschlag des Potenzial-Checks aufgrund ihrer spezifischen Konstellation<br />
und aktuellen Problemstellungen <strong>in</strong> Teilen ab.<br />
So führten drei Firmen mit unterschiedlichen Begründungen nur die ersten beiden Workshops<br />
durch. E<strong>in</strong> Unternehmer wollte sich lediglich se<strong>in</strong>er persönlichen strategischen Orientierung<br />
vergewissern; e<strong>in</strong> Zweiter explizierte und modifizierte zwar se<strong>in</strong>e Strategie <strong>in</strong> großem Umfang,<br />
sah aber aufgrund der hierarchischen Grundstruktur der Firma zum jetzigen Zeitpunkt<br />
wenig Nutzen im Partizipationsworkshop; bei e<strong>in</strong>em Dritten verfestigte sich im Rahmen der<br />
Diskussionen die latente Verkaufsabsicht - damit erübrigte sich <strong>für</strong> ihn der Workshop mit den<br />
Mitarbeitern; beim vierten Unternehmen standen neben e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>leitenden Darlegung der<br />
Unternehmensziele deren Abstimmung mit den ganz persönlichen Zielen der<br />
Schlüsselmitarbeiter im Zentrum.<br />
Im folgenden geht es nun darum aufzuzeigen, welche Pfade die Unternehmen <strong>in</strong> ihrer weiteren<br />
praktischen <strong>Strategiearbeit</strong> e<strong>in</strong>schlugen und welche Erfahrungen sie damit machten.<br />
Zwei exemplarische Unternehmensbeispiele sollen dies verdeutlichen.<br />
5.1 Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong>: das Beispiel der Firma „STABA“<br />
5.1.1 Das Unternehmen, se<strong>in</strong>e Ziele und Potenziale<br />
STABA ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>habergeführtes Unternehmen im Bereich Anlagenbau und produziert Unikate<br />
und Kle<strong>in</strong>serien im Kundenauftrag. Es wurde vor 8 Jahren gegründet und wuchs von<br />
damals 30 bis auf 82 Beschäftigte im Jahre 2003. Se<strong>in</strong>e Kernkompetenzen sieht STABA<br />
ähnlich wie AKRA <strong>in</strong> folgendem Leistungsensemble:<br />
• den Kompetenzen der Mitarbeiter, <strong>in</strong>sbesondere im Bereich Schweißen<br />
e<strong>in</strong>schließlich Zertifikaten,<br />
• den Synergien aus der engen Zusammenarbeit von Vertrieb, Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g und<br />
Produktion,<br />
• dem abgestimmten E<strong>in</strong>satz modernster Arbeitsmittel und Masch<strong>in</strong>en, geräumigen<br />
Hallen und passenden Krananlagen,<br />
• der Fähigkeit vielfältigste, kundenspezifische, komplette Systeme (Hard- und<br />
Software) aus e<strong>in</strong>er Hand <strong>in</strong> vere<strong>in</strong>barter Qualität und verabredetem Service zu<br />
günstigen Kosten herzustellen.<br />
STABA bietet als Systemhersteller e<strong>in</strong>e umfassende Leistung an, will weiter wachsen und <strong>in</strong><br />
längerfristiger Perspektive Know-how- und Kostenführer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Märkten werden. In der<br />
29
Zusammenarbeit mit Zulieferern strebt STABA danach, alle kundensensiblen Leistungen<br />
soweit wie möglich selbst zu erbr<strong>in</strong>gen.<br />
Der erstmalige Potenzial-Check wurde Anfang 2001 durchgeführt und die erste und zweite<br />
Revision jeweils ca. e<strong>in</strong> Jahr später. Darüber h<strong>in</strong>aus führte der Berater mehrere Workshops<br />
zur Initiierung und Planung von Umsetzungsaktivitäten durch. Zugleich dienten diese als<br />
Möglichkeit zu e<strong>in</strong>er Bestandaufnahme der Umsetzungserfahrungen.<br />
5.1.2 Die erstmalige Durchführung des Potenzial-Checks<br />
Die erstmalige Durchführung des Potenzial-Checks Anfang 2001 machte deutlich, dass das<br />
Unternehmen vor e<strong>in</strong>er doppelten Aufgabe stand. Es musste sowohl weiter daran arbeiten sich<br />
auf den angezielten Märkten zu etablieren und neue Kunden zu gew<strong>in</strong>nen als auch die <strong>in</strong>terne<br />
Unternehmensorganisation darauf abgestimmt auszubauen. Dies bedeutete nicht mehr und<br />
nicht weniger als die Umsetzung e<strong>in</strong>er Vielzahl größerer und kle<strong>in</strong>erer Aktivitäten e<strong>in</strong>schließlich<br />
der Etablierung e<strong>in</strong>es passenden strategischen Managements. Neben kle<strong>in</strong>eren, direkt von<br />
verantwortlichen Mitarbeitern umsetzbaren Maßnahmen, wurden auch mehrere umfassendere<br />
Vorhaben als Projekte def<strong>in</strong>iert. Dies waren beispielsweise e<strong>in</strong>e Reorganisation der Zusammenarbeit<br />
von Vertrieb und Konstruktion als prioritäre Aufgabe; ferner die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es<br />
systematischen Market<strong>in</strong>gs und umfangreichere Qualifizierungsmaßnahmen als längerfristige<br />
Vorhaben.<br />
STABA hatte von vornehere<strong>in</strong> das Ziel, e<strong>in</strong>e systematische <strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen<br />
zu verankern. Deshalb führte es alle drei Stufen des Potenzial-Checks wie vorgeschlagen<br />
durch. Mit Beendigung des 3. Workshops waren zwar alle Beteiligten schlauer als vorher,<br />
standen aber nun vor e<strong>in</strong>em Berg an Arbeit, der nur schrittweise abzutragen war. Unter Berücksichtigung<br />
der gegebenen Ressourcen wurden mit Hilfe des Maßnahmenplans Aktivitäten<br />
festgehalten, priorisiert, term<strong>in</strong>iert und Verantwortlichkeiten bestimmt. Auswahlkriterien <strong>für</strong><br />
aufwändigere Vorhaben waren: Strategiekonformität, Wichtigkeit und Dr<strong>in</strong>glichkeit, Machbarkeit,<br />
F<strong>in</strong>anzierbarkeit und die Erzielung kurzfristiger, motivierender Erfolge. Kle<strong>in</strong>ere<br />
Maßnahmen wurden <strong>in</strong> der Alltagsarbeit sofort umgesetzt. Sie mussten aber „<strong>in</strong> die richtige<br />
Richtung weisen“ bzw. im angezielten Ergebnis strategiekonform se<strong>in</strong>.<br />
5.1.3 Revisionen, Bestandsaufnahmen und Umsetzungsworkshops<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>es Workshops zur Reorganisation der Zusammenarbeit von Vertrieb und Konstruktion<br />
e<strong>in</strong> halbes Jahr nach dem ersten Potenzial-Check, wurden die Teilnehmer bzgl. ihrer<br />
Umsetzungserfahrungen befragt. Tenor war, dass zwar vieles begonnen worden sei, aber<br />
bisher wenig umgesetzt werden konnte. Das Tagesgeschäft dom<strong>in</strong>iere alles und ungeplante<br />
Sonderwünsche von Kunden kosteten viel Zeit. Es sei e<strong>in</strong>e Überprüfung der Maßnahmeneffekte<br />
nötig und <strong>in</strong>sgesamt gelte es die Rechenschaftspflicht der im Maßnahmenplan<br />
benannten verantwortlichen „Kümmerer“ e<strong>in</strong>zufordern.<br />
Die Erfahrung, dass es e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> wirklich großer Schritt ist systematisch e<strong>in</strong>e Strategie zu<br />
entwickeln und Aktivitäten abzuleiten, andererseits aber e<strong>in</strong>e völlig andere Sache sie umzusetzen,<br />
teilte STABA mit den anderen Firmen. Diese führten Gründe <strong>für</strong> das Scheitern oder<br />
30
Verschleppen von Aktivitäten an wie mangelnde Unterstützung der Geschäftsführung, unzureichende<br />
Koord<strong>in</strong>ation der Aktivitäten, ke<strong>in</strong> Kostenplan, unklare Regelung der Leitung von<br />
Projekten, viel Streit im Team, ke<strong>in</strong>e regelmäßigen Besprechungen, ke<strong>in</strong>e klare Def<strong>in</strong>ition<br />
von Aufgaben, nachlassende Anfangsbegeisterung und e<strong>in</strong>iges mehr.<br />
Die weiteren Revisionen und Bestandsaufnahmen im Verlaufe der folgenden zwei Jahre zeigten,<br />
dass nach den skizzierten ersten Anlaufschwierigkeiten die Mehrheit der kle<strong>in</strong>en, im<br />
Kompetenzbereich der zuständigen Mitarbeiter liegenden Maßnahmen auch umgesetzt wurden.<br />
Es zeigte sich aber auch, dass e<strong>in</strong>ige größere Vorhaben nie soweit gediehen, dass sie zu<br />
greifbaren Ergebnissen führten. Das Unternehmen hatte sich überfordert und <strong>in</strong> zu kurzer Zeit<br />
zu viele „Baustellen“ eröffnet. Es musste auf der e<strong>in</strong>en Seite lernen, sich auf das unter den<br />
jeweils gegebenen Bed<strong>in</strong>gungen Machbare zu beschränken zugleich aber auch feststellen,<br />
dass se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternen Kompetenzen und Regelungsmechanismen zur Steuerung größerer<br />
Reorganisationsprojekte verbesserungsbedürftig s<strong>in</strong>d.<br />
5.1.4 Revisions-Experimente<br />
Die erste Strategierevision Anfang 2002 fand unter Beteiligung des gesamten erweiterten<br />
Führungsteams (12 Personen) der beiden Geschäftsführer und des Beraters statt und sollte<br />
nach der Planung e<strong>in</strong>en Tag dauern. Obwohl die Veränderungen der strategischen Lage des<br />
Unternehmens überschaubar waren und mit dem visualisierten Ergebnissen des ersten Potenzial-Checks<br />
e<strong>in</strong>e diskussionsunterstützende Vorlage vorhanden war, zeigte sich sehr schnell,<br />
dass der angesetzte Zeitraum zu kurz war. Es dauerte nicht nur e<strong>in</strong>en, sondern <strong>in</strong>sgesamt zwei<br />
Tage, die strategisch wichtigen Aspekte h<strong>in</strong>reichend zu diskutieren und Veränderungen <strong>in</strong> den<br />
Charts des Leitfadens festzuhalten, Verbesserungserfordernisse festzustellen und Maßnahmen<br />
zu bestimmen.<br />
Damit waren natürlich die Möglichkeiten e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en Unternehmens überstrapaziert. Der<br />
Hauptgrund war <strong>in</strong> der ausgeprägt operativen Orientierung der Führungskräfte zu suchen. Sie<br />
<strong>in</strong>teressierte weniger die strategische Situation des Unternehmens als vielmehr die Schwierigkeiten<br />
<strong>in</strong> ihrem Verantwortungsbereich. Die Alltagsprobleme verschütteten die vorhandenen<br />
Ansätze e<strong>in</strong>er übergreifenderen Perspektive immer wieder. Sicher ist <strong>für</strong> STABA, dass vor<br />
dem nächsten Versuch e<strong>in</strong>er systematischen, geme<strong>in</strong>samen Strategieausarbeitung mit den<br />
Führungskräften noch e<strong>in</strong> längerer Lernprozess liegt. In den nächsten Jahren wird Strategieentwicklung<br />
weiterh<strong>in</strong> vorwiegend e<strong>in</strong>e Sache der Geschäftsführung bleiben.<br />
Die zweite Revision Anfang 2003 wurde <strong>in</strong> der Konsequenz analog zur Vorgehensweise des<br />
ersten Potenzial-Checks durchgeführt: Die Geschäftsführung arbeitete unterstützt vom Berater<br />
im Rahmen e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>tägigen Workshops den Leitfaden durch, hielt die Veränderungen und<br />
Verbesserungserfordernisse fest und nutzte diese Vorlage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em halbtägigen Beteiligungsworkshop<br />
mit den Führungskräften. Diese Vorgehensweise erbrachte <strong>für</strong> STABA die erwünschten<br />
Erfolge mit akzeptablem Aufwand.<br />
31
5.1.5 Strategie- und Werkzeuglernen<br />
Das missglückte Experiment e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>schaftlichen Strategieentwicklung im erweiterten<br />
Führungskreis hieß aber ke<strong>in</strong>esfalls, dass bei den Beschäftigten ke<strong>in</strong> Strategielernen stattfand.<br />
So konnte vom Berater im Rahmen der Begleitung von Umsetzungsaktivitäten sehr wohl e<strong>in</strong><br />
zunehmender Bezug auf Fragen der Gesamtlage des Unternehmens und se<strong>in</strong>e Zielstellungen<br />
registriert werden. Zudem können Umsetzungsaktivitäten gezielt zur Reflektion der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />
e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelmaßnahme <strong>in</strong> die Unternehmensstrategie genutzt werden. Hier f<strong>in</strong>det sukzessive<br />
im Umsetzungsprozess e<strong>in</strong> Strategielernen der Beteiligten statt (auf diese Lernform<br />
wird unten im Rahmen des Beispiels der Firma KREM Kap. 5.2.3 „Revisionen,<br />
Bestandsaufnahmen und Maßnahmenumsetzung: e<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong>“ weiter<br />
e<strong>in</strong>gegangen).<br />
Den Nachweis <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en mehrfachen Lernprozess im Unternehmen, nämlich Strategie- und<br />
Werkzeuglernen, liefert die folgende Abbildung:<br />
32
33<br />
33<br />
Abb. 13: Die Stufen der Unternehmensreife der Firma STABA<br />
Die Stufen der Unternehmensreife<br />
1. Ergebnisorientierung<br />
Exellence hängt davon ab, dass man die Interessen aller relevanten<br />
Interessengruppen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> ausgewogenes Verhältnis br<strong>in</strong>gt (dazu gehören<br />
Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und die <strong>Gesellschaft</strong> im<br />
allgeme<strong>in</strong>en).<br />
2. Kundenorientierung<br />
Kundenloyalität, Kundenb<strong>in</strong>dung und Marktanteil werden am besten durch e<strong>in</strong>e<br />
klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse von bestehenden und potentiellen<br />
Kunden optimiert.<br />
3. Führung und Zielkonsequenzen<br />
Die Führungskräfte schaffen mit ihrem Verhalten <strong>in</strong> der Organisation Klarheit<br />
und E<strong>in</strong>igkeit h<strong>in</strong>sichtlich des Zwecks sowie e<strong>in</strong> Umfeld, <strong>in</strong> dem die Organisation<br />
und ihre Mitarbeiter überragende Leistungen erbr<strong>in</strong>gen können.<br />
4. Management mit Prozessen und Fakten<br />
Organisationen funktionieren effektiver, wenn alle mite<strong>in</strong>ander verknüpften Ak-<br />
x<br />
tivitäten auf zuverlässigen Info´s beruhen, verstanden und systematisch gemanagt<br />
werden.<br />
5. Mitarbeiterentwicklung und –beteiligung<br />
x<br />
Das volle Potential von Mitarbeitern wird am besten durch geme<strong>in</strong>same Werte<br />
und e<strong>in</strong>e Kultur des Vertrauens und der Ermächtigung freigesetzt. Es ermutigt<br />
alle Mitarbeiter sich zu beteiligen.<br />
6. Verbesserung und kont<strong>in</strong>uierliches Lernen<br />
Die Leistung e<strong>in</strong>er Organisation kann stetig gesteigert werden, wenn sie auf<br />
x<br />
kont<strong>in</strong>uierliche Verbesserung ausgerichtet und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kultur stetigen Lernens<br />
e<strong>in</strong>gebettet ist.<br />
7. Innovation und Wissensaustausch<br />
Innovationen bei Produkten, Dienstleistungen, Verfahren und Prozessen s<strong>in</strong>d<br />
am besten geeignet, um e<strong>in</strong>zigartige Lösungen <strong>für</strong> Kunden zu erreichen. Die<br />
x<br />
Basis ist die Reflexion von Erfahrungen und der systematische Wissensaustausch.<br />
8. Aufbau von Partnerschaften<br />
E<strong>in</strong>e Organisation arbeitet effektiver, wenn sie <strong>für</strong> beide Seiten vorteilhafte Be-<br />
x<br />
ziehungen mit ihren Partner unterhält. Diese beruhen auf Vertrauen,<br />
Austausch und Integration von Wissen.<br />
9. Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit<br />
Den langfristigen Interessen der Organisation und ihrer Mitarbeiter ist am bes-<br />
xx<br />
ten gedient, wenn sie e<strong>in</strong> ethisch korrektes Vorgehen praktiziert und die Erwartungen<br />
und Vorschriften der <strong>Gesellschaft</strong> im weitesten S<strong>in</strong>ne übertrifft. x Anfänge<br />
wenig Systematik erkennbar,<br />
sporadisch, <strong>in</strong>transparent - aber<br />
Problem erkannt, erste Veränderungsaktivitäten<br />
e<strong>in</strong>geleitet.<br />
10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %<br />
05/01<br />
aus<br />
Sicht<br />
05/02<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
05/01<br />
x<br />
x<br />
x<br />
xx<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
05/02 05/03<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
auf dem Wege<br />
systematisch und transparent<br />
<strong>in</strong> Teilbereichen - Aktivitäten z.T.<br />
<strong>in</strong>tegriert.<br />
reife Organisation<br />
systematisch, transparent und<br />
verankert im Gesamtbetrieb -<br />
Aktivitäten voll <strong>in</strong>tegriert.
Als Abschluss jeder Potenzialanalyse wird die Unternehmensreife nach den neun grundlegenden<br />
Konzepten von Excellence 8 im S<strong>in</strong>ne der European Foundation of Qualitymanagement<br />
(EFQM) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Überblick bewertet.<br />
Die <strong>in</strong>sgesamt neun Konzepte „Ergebnisorientierung, Kundenorientierung, Führung und Zielkonsequenzen,<br />
Management mit Prozessen und Fakten, Mitarbeiterentwicklung und -beteiligung,<br />
Verbesserung und kont<strong>in</strong>uierliches Lernen, Innovation und Wissensaustausch, Aufbau<br />
von Partnerschaften und Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit“ (ihre Operationalisierung<br />
ist <strong>in</strong> der Abbildung oben ausgeführt) werden dabei bzgl. des Grades der Systematik,<br />
Verbreitung, Integration und Transparenz <strong>in</strong> der Vorgehensweise, der Umsetzung, und der<br />
Ergebnisbewertung und -überprüfung e<strong>in</strong>geschätzt.<br />
Es wird <strong>für</strong> jedes Konzept gefragt 9 :<br />
34<br />
• ob das Unternehmen noch <strong>in</strong> den Anfängen steckt; also das Vorgehen, die Umsetzung,<br />
Bewertung und Überprüfung sporadisch, <strong>in</strong>transparent und wenig systematisch<br />
ist, aber das Problem erkannt wurde und erste Veränderungen e<strong>in</strong>geleitet s<strong>in</strong>d,<br />
• ob das Unternehmen auf dem Weg ist; also das Vorgehen, die Umsetzung, Bewertung<br />
und Überprüfung wenigstens <strong>in</strong> Teilbereichen des Unternehmens systematisch<br />
und transparent und mit anderen Aktivitäten verknüpft ist,<br />
• und ob das Unternehmen e<strong>in</strong>e reife Organisation ist, also das Vorgehen, die Umsetzung,<br />
Bewertung und Überprüfung systematisch, transparent, <strong>in</strong>tegriert und im<br />
Gesamtunternehmen verankert s<strong>in</strong>d.<br />
Die Abbildung zeigt nun das Ergebnis der E<strong>in</strong>schätzungen der Geschäftsführung von STABA<br />
aus drei Strategieentwicklungs-Workshops der Jahre 2001, 2002 und 2003 und zusätzlich e<strong>in</strong>e<br />
rückblickende Bewertung des Unternehmens <strong>für</strong> das Jahr 2001 aus der Sicht von 2002. Während<br />
STABA nach E<strong>in</strong>schätzung der Geschäftsführung 2001 noch auf der Stufe der Anfänge<br />
steckt, bef<strong>in</strong>det sich das Unternehmen im Jahr 2002 schon auf dem Weg zur Excellence.<br />
Lediglich beim „Aufbau von Partnerschaften“ hat sich das Unternehmen verschlechtert (die<br />
Ursache der Bewertung lag <strong>in</strong> schlechten Erfahrungen mit Zulieferern und e<strong>in</strong>em Wunsch-<br />
Kooperationspartner mit komplementärem Leistungsprofil). Im Jahre 2003 bef<strong>in</strong>det sich das<br />
Unternehmen <strong>in</strong> allen Konzepten auf dem Weg zur Excellence.<br />
Die Ausführungen verdeutlichen, dass sich das Unternehmen sukzessive <strong>in</strong> allen Konzepten<br />
wesentlich verbessert hat: es wurde umgestaltet und hat Strategie gelernt. Sie zeigen aber<br />
auch, dass die größten Sprünge am Anfang des Gestaltungsprozesses möglich waren. Danach<br />
werden die Schritte wesentlich kle<strong>in</strong>er bzw. die weitere Verbesserung wird immer schwieriger.<br />
Der Weg zur Excellence bedarf zwar erster, möglichst kurzfristiger, motivierender Erfolge.<br />
Er erfordert vor allem aber e<strong>in</strong>en langen Atem und e<strong>in</strong>e größere Ausdauer als die meisten<br />
Unternehmen zu Beg<strong>in</strong>n ahnen (dies zeigt die Erfahrung von Reorganisationsprojekten).<br />
Hervorzuheben s<strong>in</strong>d die Ergebnisse der Bewertung der Jahre 2001 und 2002 sowie die rückblickende,<br />
nochmalige E<strong>in</strong>schätzung des Jahres 2001. Die Korrektur der erstmaligen Bewertung<br />
beim Blick von vorn zurück, also von 2002 auf 2001, ergab e<strong>in</strong>e weit schlechtere E<strong>in</strong>-<br />
8 Der hier benutzte Begriff von Excellence lehnt sich an das Modell der EFQM an, wurde aber um das Konzept<br />
„Innovation und Wissensaustausch“ ergänzt. Durch die Betonung des Innovationsthemas soll die Orientierung<br />
auf die Effektivität („das Richtige tun“) gestärkt werden - im Unterschiede zur bisher zumeist im Fokus der<br />
Wandlungsbemühungen stehenden Effizienzorientierung („etwas richtig tun“).<br />
9 Die Zehner-Skala (10% bis 100%) im oberen Teil der Abbildung wurde zusätzlich aufgenommen, um dem<br />
Bedürfnis der betrieblichen Gesprächspartner nach e<strong>in</strong>er stärkeren Differenzierung nachzukommen.
schätzung der Ausgangssituation des Unternehmens. Die Ursachen der veränderten Bewertung<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mehrfachen Lernprozess zu suchen, <strong>in</strong>dem sich STABA nicht nur tatsächlich<br />
verbesserte, sondern darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e realistischere Sicht der Unternehmenspotenziale<br />
erwerben und zugleich die Instrumenten- und Anwendungskenntnisse verbessern konnte.<br />
Schritt <strong>für</strong> Schritt im Wechsel von Gespräch und Tun, Planung und Umsetzung wurden die<br />
allgeme<strong>in</strong>en Konzepte des Leitfadens, sozusagen die leere Form, durch den Kontext und die<br />
Ziele des Unternehmens gefüllt, konkretisiert und selbst auch neu geformt – also die Theorie<br />
und der Leitfaden weiter entwickelt.<br />
Das Beispiel STABA steht da<strong>für</strong>, dass die Bewertung von Unternehmen von der E<strong>in</strong>sicht und<br />
Reflektionsfähigkeit der Beteiligten abhängt, dass erste E<strong>in</strong>schätzungen häufig zu günstig<br />
ausfallen und dass es e<strong>in</strong>es längeren Lernprozesses bedarf, e<strong>in</strong>e realistischere Sichtweise des<br />
Unternehmens zu erlangen. Im gelungenen Fall wird aber sowohl die Entwicklung e<strong>in</strong>es<br />
geme<strong>in</strong>samen Verständnisses, e<strong>in</strong> Mitlernen aller Beteiligten und die Entwicklung von<br />
Können als auch die Weiterentwicklung des Leitfadens gefördert. Das sukzessive Strategieund<br />
Werkzeuglernen ist e<strong>in</strong>e Chance <strong>für</strong> das Unternehmen e<strong>in</strong>e zunehmende Selbstständigkeit<br />
<strong>in</strong> der <strong>Strategiearbeit</strong> zu erlangen.<br />
5.2 Von der konzeptgeleiteten zur e<strong>in</strong>gebetteten <strong>Strategiearbeit</strong>: das<br />
Beispiel der Firma KREM<br />
5.2.1 Das Unternehmen, die Ziele und Potenziale<br />
Die Firma KREM ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>habergeführtes Stahlbauunternehmen und mit 21 Mitarbeitern<br />
wesentlich kle<strong>in</strong>er als STABA und AKRA. Sie besteht seit Mitte der 90iger Jahre und ist als<br />
Hersteller<strong>in</strong> von Unikaten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vielzahl verschiedener Marktsegmente tätig. Im Unterschied<br />
zu den anderen beiden oben dargestellten Stahlbaufirmen arbeitet die Mehrheit der<br />
Mitarbeiter im Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gbereich. KREM ist als e<strong>in</strong> Ingenieurbüro zu charakterisieren, dass<br />
sich auch e<strong>in</strong>e Fertigung leistet. Die Kernkompetenzen liegen <strong>in</strong> folgendem<br />
Leistungsensemble:<br />
• der engen Verknüpfung von Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gleistungen mit Produktionsarbeit <strong>in</strong> den<br />
Projekten, um Qualität, Effizienz und vor allem das Lernen zu sichern,<br />
• der Qualifikation, Flexibilität und dem Engagement der Schlüsselmitarbeiter und der<br />
teamförmigen Projektarbeit,<br />
• dem E<strong>in</strong>satz leistungsstarker, modernster Informationstechnologien im Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gbereich,<br />
• der Entwicklung und Pflege von Unternehmensnetzwerken, um alle Leistungen<br />
jederzeit <strong>in</strong> geforderter Qualität kostengünstig aus e<strong>in</strong>er Hand anbieten zu können.<br />
Die Firma KREM will <strong>in</strong> den nächsten Jahren wachsen und <strong>in</strong> den lukrativsten Märken neue<br />
Kunden gew<strong>in</strong>nen. Es bleiben jedoch alle bisher bedienten Marktsegmente erhalten, um<br />
Nachfrageschwankungen ausgleichen zu können. Dazu soll der Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gbereich erweitert,<br />
neue CAD-Systeme angeschafft, <strong>in</strong> Teilbereichen modulare Produktstrukturen entwickelt, die<br />
Teamarbeit und Projektprozesse stabilisiert, e<strong>in</strong> systematisches Market<strong>in</strong>g aufgebaut und das<br />
35
Zulieferernetzwerk geprüft, gepflegt und neue Partnerschaften erprobt werden. KREM achtet<br />
streng darauf, se<strong>in</strong>e Wissenssouveränität und Eigenständigkeit zu erhalten.<br />
5.2.2 Erstmaliger Potenzial-Check: konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong><br />
Der erstmalige Potenzial-Check wurde Mitte 2001 durchgeführt. Er zeigte, dass KREM zwar<br />
e<strong>in</strong> Unternehmen ist, das sich im Markt bisher behaupten konnte, Ideen hat und e<strong>in</strong>e klare<br />
Wachstumsperspektive besitzt, dass dazu aber e<strong>in</strong>e Fülle von personellen, organisatorischen<br />
und technischen Verbesserungsaufgaben im <strong>in</strong>ternen und externen Bereich zu erfüllen s<strong>in</strong>d.<br />
Dies wurde im Rahmen der Workshops I und II mit dem Unternehmer klar herausgearbeitet.<br />
Beide Workshops wurden wie im Potenzial-Check vorgeschlagen durchgeführt, der dritte mit<br />
den Schlüsselmitarbeitern aber aufgrund von Personalproblemen im Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>gbereich <strong>in</strong><br />
Zielen, Form und Inhalt abgewandelt.<br />
Im Workshop III erhielt jeder Beteiligte nach e<strong>in</strong>er Vorstellung und Diskussion der ausgearbeiteten<br />
Strategie die Möglichkeit <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zel- und Gruppenarbeit se<strong>in</strong>e persönlichen Berufsund<br />
Arbeitsziele auszuformulieren, mit den Unternehmenszielen abzugleichen und über Wege<br />
der Verknüpfung beider Zielstellungen zu diskutieren. Mit e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en und e<strong>in</strong>em<br />
persönlichem Maßnahmenplan und viel Arbeit <strong>für</strong> alle Beteiligten schloss der modifizierte<br />
Workshop ab.<br />
5.2.3 Revisionen, Bestandsaufnahmen und Maßnahmenumsetzung: e<strong>in</strong>gebettete<br />
<strong>Strategiearbeit</strong><br />
Im Unterschied zur von STABA praktizierten systematisierten, turnusmäßigen, vor den<br />
E<strong>in</strong>flüssen des Tagesgeschäfts abgeschirmten Strategieentwicklung <strong>in</strong> Form von Workshops,<br />
ergaben sich bei KREM andere Varianten der <strong>Strategiearbeit</strong>.<br />
1) Problemgebundener Strategiediskurs<br />
In den folgenden zwei Jahren nach dem erstmaligen Potenzial-Check, nutzten der Unternehmer<br />
und der Berater Term<strong>in</strong>e zur Vorbereitung von Umsetzungsaktivitäten, um sich <strong>in</strong><br />
gebotener Kürze (e<strong>in</strong> bis zwei Stunden) über neueste strategierelevante Entwicklungen <strong>in</strong><br />
Märkten und dem Unternehmen auszutauschen. Der rote Faden der Gespräche ergab sich zum<br />
e<strong>in</strong>en aus den Erfahrungen des Geschäftsführers mit wichtigen, aktuellen Veränderungen und<br />
deren Chronologie, zum anderen aus dem „Leitfaden“ im Kopf des Beraters. Die Ergebnisse<br />
wurden später <strong>in</strong> die Ergebnisdokumentation des ersten Potenzial-Checks e<strong>in</strong>gearbeitet und<br />
g<strong>in</strong>gen dem Unternehmer zu.<br />
Das Beispiel zeigt, dass es weniger um e<strong>in</strong>e umfassende Betrachtung der Lage des<br />
Unternehmens g<strong>in</strong>g, sondern vielmehr um e<strong>in</strong> „Auffrischen“ e<strong>in</strong>zelner, <strong>für</strong> konkrete Probleme<br />
und Maßnahmen bedeutsame Aspekte der Unternehmensstrategie. Metaphorisch gesprochen,<br />
sollte nicht die grundsätzliche Richtung des Kompasses geändert werden, sondern lediglich<br />
die Marschzahl um e<strong>in</strong> paar Striche korrigiert. Bedenkt man die Eigenheiten von <strong>KMU</strong> ist es<br />
sicherlich nicht überraschend, dass der problemgebundene Strategiediskurs e<strong>in</strong>e auch von<br />
anderen Unternehmen präferierte Vorgehensweise war. Sie ist ökonomisch, brauchbar und<br />
36
erfolgreich – zum<strong>in</strong>dest solange, wie sich die Umfeldbed<strong>in</strong>gungen oder Zielstellungen des<br />
Unternehmens nicht grundlegend ändern.<br />
2) Situations<strong>in</strong>duzierter Strategiediskurs<br />
E<strong>in</strong>e andere Variante der <strong>Strategiearbeit</strong> wurde auch schon oben beim Unternehmensbeispiel<br />
STABA angesprochen (Kap. 5.15 „Strategie- und Werkzeuglernen“). Dabei nutzte der Berater<br />
die konkreten Umsetzungsaktivitäten als Gelegenheit, den Mitarbeitern orientierende strategische<br />
Informationen zu vermitteln, die anstehenden Aktivitäten <strong>in</strong> die Unternehmensstrategie<br />
e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den und mite<strong>in</strong>ander über strategische Implikationen ihres aktuellen Planens und<br />
Tuns nachzudenken.<br />
3) Strategische Initiativen von unten<br />
E<strong>in</strong>e dritte Möglichkeit der <strong>Strategiearbeit</strong> zeigt das Beispiel e<strong>in</strong>es Workshops, der von den<br />
Mitarbeitern explizit als Versuch <strong>in</strong>itiiert wurde, eigenständige Vorschläge zur Verbesserung<br />
der Unternehmensprozesse zu erarbeiten. H<strong>in</strong>tergrund war, dass die Geschäftsführung die<br />
Lösung aktueller betrieblichen Probleme primär im Bereich Personal- und Qualifikationsfragen<br />
vermutete, während die Mitarbeiter die Ursachen eher <strong>in</strong> der Arbeitsorganisation und<br />
bei den Zulieferern suchten. In dieser verfahrenen Situation sahen alle Beteiligten e<strong>in</strong>schließlich<br />
der Geschäftsführung e<strong>in</strong>en eigenständigen Mitarbeiter-Workshop als guten Weg an. Die<br />
Mitarbeiter sicherten sich die Unterstützung des Beraters <strong>für</strong> die Planung und Umsetzung<br />
ihres Vorhabens.<br />
In zwei je e<strong>in</strong>tägigen Workshops wurden die wichtigsten Auftragsabläufe nach ihren Stärken<br />
und Schwächen analysiert, Lösungsvorschläge erarbeitet und notwendige Maßnahmen festgehalten.<br />
Zum Auftakt aber behandelten die Mitarbeiter mit Unterstützung des Beraters explizit<br />
strategische Themen. Sie machten sich die Wettbewerbssituation auf den Märkten klar<br />
und überprüften mittels Portfoliotechnik differenziert die Zufriedenheit der Kunden <strong>in</strong> den<br />
wichtigsten Marktsegmenten. Damit hatten sie nicht nur e<strong>in</strong> Leitl<strong>in</strong>eal zur Bewertung ihrer<br />
Prozesse und zur Priorisierung von Maßnahmen, sondern auch e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>tergrund <strong>für</strong> Vorschläge<br />
zur Positionierung des Unternehmens und zur Gestaltung der Wertschöpfungskette.<br />
Die Mitarbeiter unternahmen also nicht nur e<strong>in</strong>e Umsetzungs-, sondern auch e<strong>in</strong>e strategische<br />
Initiative. Solchermaßen präpariert g<strong>in</strong>gen sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sitzung mit dem Geschäftsführer und<br />
präsentierten ihre Workshopergebnisse. Die Vorschläge wurden akzeptiert und die schrittweise<br />
Umsetzung e<strong>in</strong>geleitet.<br />
Die drei beschriebenen Varianten e<strong>in</strong>gebetteter <strong>Strategiearbeit</strong> zeigen, dass weder die strategische<br />
Diskussion im Unternehmen nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Form aufweist und an e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen<br />
Ort stattf<strong>in</strong>den kann noch, dass die konzeptgeleiteten Strategieworkshops mit der Geschäftsführung<br />
der alle<strong>in</strong> mögliche Weg s<strong>in</strong>d. Vielmehr hat e<strong>in</strong>e erfolgversprechende <strong>Strategiearbeit</strong><br />
ihren Platz an vielen Orten im Unternehmen und kann <strong>in</strong> vielen verschiedenen Formen stattf<strong>in</strong>den<br />
– e<strong>in</strong>ige Möglichkeiten wurden hier aufgezeigt. Deutlich geworden ist auch, dass die<br />
Unternehmensstrategie nicht zum Leben erweckt werden kann und e<strong>in</strong>e leere Hülle bleibt,<br />
wenn es den Unternehmen missl<strong>in</strong>gt, strategisches Denken und Handeln <strong>in</strong> die Umsetzung<br />
e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den und e<strong>in</strong>e Vielzahl von Wegen <strong>für</strong> das Entstehen und die Artikulation strategischer<br />
Initiativen zu öffnen. Mit anderen Worten: es geht nicht nur um e<strong>in</strong>e systematische,<br />
explizite, geme<strong>in</strong>schaftliche Entwicklung von Strategien, sondern auch um ihre E<strong>in</strong>bettung <strong>in</strong><br />
die Umsetzung.<br />
37
Mit dem Begriff der E<strong>in</strong>bettung lässt sich auch die Arbeit des Beraters charakterisieren. Sie<br />
erschöpft sich nicht, wie vielfach üblich, alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> konzeptgeleiteten Aktivitäten zur Entwicklung<br />
der Unternehmensstrategie (siehe die Abb. 3: „Die drei Stufen der Strategieentwicklung“),<br />
sondern schließt auch Umsetzungsaktivitäten und die dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gebundenen strategischen<br />
Diskurse e<strong>in</strong> - die oben ausgeführten Varianten strategischer Arbeit zeigten Möglichkeiten<br />
auf. In den geme<strong>in</strong>samen Lernprozessen wird <strong>für</strong> alle Beteiligten nicht nur e<strong>in</strong> vertieftes<br />
Verstehen <strong>in</strong>terner und externer betrieblicher Zusammenhänge und strategischer Implikationen<br />
möglich, sondern auch die Entwicklung von Können im Umgang mit Werkzeugen<br />
gefördert (z.B. von Instrumenten zur Unterstützung von Analyse- und Planungsprozessen <strong>in</strong><br />
Teams). Der Leitfaden des Potenzial-Checks erhält dabei e<strong>in</strong>e weitere Funktion: er wird vom<br />
Instrument e<strong>in</strong>er systematischen Analyse der Unternehmenspotenziale zum Werkzeugkasten<br />
<strong>für</strong> die e<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong>. Je nach Bedarf werden <strong>für</strong> e<strong>in</strong>zelne Fragestellung passende<br />
Hilfen ausgewählt (wie Portfolios zum E<strong>in</strong>schätzen der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit<br />
oder Charts zur Bestimmung von Kernkompetenzen).<br />
6 Kompetenzmuster von <strong>KMU</strong><br />
Wie die Potenzialanalysen mit den 15 <strong>KMU</strong> ergaben, stehen alle Firmen vor großen Herausforderungen<br />
wie Wachstum <strong>in</strong> umkämpften Märkten, Entwicklung dazu passender <strong>in</strong>terner<br />
Prozesse, systematisches Market<strong>in</strong>g, Aufbau von Lieferantennetzwerken und vieles mehr.<br />
Während im Fokus der bisherige Ausführungen das „WIE“ bzw. die Wege erfolgreicher<br />
<strong>Strategiearbeit</strong> standen, geht es im folgenden Abschnitt um das „WAS“, also die Kompetenzen<br />
der Unternehmen. Bisher wurde anhand der Unternehmensbeispiele AKRA, STABA, und<br />
KREM e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> ihre Potenziale gegeben (siehe die skizzierten Strategien, Kernkompetenzen<br />
und Verbesserungsbereiche). Im folgenden soll vertiefter geklärt werden, auf welche<br />
Stärken die Unternehmen bei der Bewältigung der Gegenwarts- und Zukunftsanforderungen<br />
zurückgreifen können und wo ihre Schwachstellen liegen. Die Beantwortung dieser Fragestellung<br />
verspricht weitere H<strong>in</strong>weise auf Entwicklungsbedarfe der Unternehmen. Grundlage<br />
ist die E<strong>in</strong>schätzung der Unternehmensreife nach den neun Kernkonzepten 10 von Excellence<br />
der EFQM), wie sie im Rahmen der Potenzialanalysen <strong>in</strong> den 15 <strong>KMU</strong> durchgeführt wurden.<br />
E<strong>in</strong>e Bewertung im Überblick<br />
Wie sehen sich nun die 15 <strong>KMU</strong> im Lichte des Modells zur Bewertung von Excellence? Dazu<br />
die folgende Abbildung auf Seite 39:<br />
Die Selbste<strong>in</strong>schätzung der Unternehmer zeigt, dass ke<strong>in</strong>es der <strong>KMU</strong> e<strong>in</strong>e durchgängig „reife<br />
Organisation“ besitzt. Lediglich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Konzepten werden von e<strong>in</strong>igen Unternehmen<br />
höchste Stufen der Excellence erreicht. Die übergroße Mehrheit aber ist im besten Falle „auf<br />
dem Weg“ zur Reife oder steckt bei e<strong>in</strong>em Teil der Konzepte noch <strong>in</strong> den ersten „Anfängen“.<br />
10<br />
Diese wurden bereits oben im Rahmen des Unternehmensbeispiels STABA, Kap. 5.1.5 „Strategie- und<br />
Werkzeuglernen“ im Detail erläutert<br />
38
39<br />
Abb. 14: Rangreihe der Excellence-Konzepte nach der Reifestufe der 15 <strong>KMU</strong><br />
Die Stufen der Unternehmensreife<br />
Welchen Stand hat Ihr Unternehmen bzgl. der 9 Konzepte <strong>für</strong> Excellence erreicht? Insbesondere geht es bei dieser E<strong>in</strong>schätzung um den Grad der<br />
Systematik, Verbreitung, Integration und Transparenz von Vorgehen, Umsetzung, Bewertung und Überprüfung.<br />
10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %<br />
1. Kundenorientierung<br />
Kundenloyalität, Kundenb<strong>in</strong>dung und Marktanteil werden am besten durch e<strong>in</strong>e<br />
klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse von bestehenden und potentiellen<br />
Kunden optimiert.<br />
2. Innovation und Wissensaustausch<br />
Innovationen bei Produkten, Dienstleistungen, Verfahren und Prozessen s<strong>in</strong>d<br />
am besten geeignet, um e<strong>in</strong>zigartige Lösungen <strong>für</strong> Kunden zu erreichen. Die<br />
Basis ist die Reflexion von Erfahrungen und der systematische Wissensaustausch.<br />
3. Verbesserung und kont<strong>in</strong>uierliches Lernen<br />
Die Leistung e<strong>in</strong>er Organisation kann stetig gesteigert werden, wenn sie auf<br />
kont<strong>in</strong>uierliche Verbesserung ausgerichtet und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kultur stetigen Lernens<br />
e<strong>in</strong>gebettet ist.<br />
4. Aufbau von Partnerschaften<br />
E<strong>in</strong>e Organisation arbeitet effektiver, wenn sie <strong>für</strong> beide Seiten vorteilhafte Beziehungen<br />
mit ihren Partner unterhält. Diese beruhen auf Vertrauen,<br />
Austausch und Integration von Wissen.<br />
5. Mitarbeiterentwicklung und –beteiligung<br />
Das volle Potential von Mitarbeitern wird am besten durch geme<strong>in</strong>same Werte<br />
und e<strong>in</strong>e Kultur des Vertrauens und der Ermächtigung freigesetzt. Es ermutigt<br />
alle Mitarbeiter sich zu beteiligen.<br />
6. Ergebnisorientierung<br />
Exellence hängt davon ab, dass man die Interessen aller relevanten<br />
Interessengruppen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> ausgewogenes Verhältnis br<strong>in</strong>gt (dazu gehören<br />
Eigentümer, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und die <strong>Gesellschaft</strong> im<br />
allgeme<strong>in</strong>en).<br />
7. Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit<br />
Den langfristigen Interessen der Organisation und ihrer Mitarbeiter ist am besten<br />
gedient, wenn sie e<strong>in</strong> ethisch korrektes Vorgehen praktiziert und die Erwartungen<br />
und Vorschriften der <strong>Gesellschaft</strong> im weitesten S<strong>in</strong>ne übertrifft.<br />
8. Führung und Zielkonsequenzen<br />
Die Führungskräfte schaffen mit ihrem Verhalten <strong>in</strong> der Organisation Klarheit<br />
und E<strong>in</strong>igkeit h<strong>in</strong>sichtlich des Zwecks sowie e<strong>in</strong> Umfeld, <strong>in</strong> dem die Organisation<br />
und ihre Mitarbeiter überragende Leistungen erbr<strong>in</strong>gen können.<br />
9. Management mit Prozessen und Fakten<br />
Organisationen funktionieren effizienter, wenn alle mite<strong>in</strong>ander verknüpften Aktivitäten<br />
auf zuverlässigen Info´s beruhen, verstanden und systematisch gemanagt<br />
werden.<br />
(Die Buchstaben A bis Y bezeichnen<br />
verschiedene Firmen.)<br />
E<br />
B K H<br />
B<br />
C<br />
JL<br />
F<br />
D<br />
FG<br />
HK<br />
N<br />
J<br />
M<br />
G H MY<br />
BJ<br />
D Y<br />
Anfänge<br />
wenig Systematik erkennbar,<br />
sporadisch, <strong>in</strong>transparent - aber<br />
Problem erkannt, erste Veränderungsaktivitäten<br />
e<strong>in</strong>geleitet.<br />
F<br />
K<br />
E J M<br />
F K<br />
Y<br />
A E<br />
F L<br />
Y<br />
B M<br />
F X<br />
F M<br />
J Y<br />
D J<br />
G X<br />
A E<br />
B J<br />
K X<br />
DG M<br />
X Y<br />
A G<br />
B L<br />
H X<br />
K N<br />
X<br />
CE A<br />
DG<br />
K<br />
AEM<br />
CFN<br />
L Y<br />
E M A D F<br />
X G K J<br />
Y N H<br />
E M<br />
L N<br />
X A<br />
J A<br />
E<br />
L<br />
B H<br />
G<br />
B<br />
H<br />
L<br />
C<br />
auf dem Wege<br />
systematisch und transparent<br />
<strong>in</strong> Teilbereichen - Aktivitäten z.T.<br />
<strong>in</strong>tegriert.<br />
B C<br />
H<br />
C D<br />
C N<br />
D<br />
A D K<br />
G H Y J C N<br />
C N<br />
N<br />
reife Organisation<br />
systematisch, transparent und<br />
verankert im Gesamtbetrieb -<br />
Aktivitäten voll <strong>in</strong>tegriert.
Die Ergebnisse legten offen, dass nahezu alle bewerteten Unternehmen e<strong>in</strong>en enormen Verbesserungsbedarf<br />
haben. Sie s<strong>in</strong>d zwar <strong>in</strong> ihrer Mehrzahl „auf dem Weg“ zur Excellence aber<br />
noch lange nicht dort angekommen. Zudem ist die Entwicklung von der ersten Stufe „Anfänge“<br />
zur nächsten „auf dem Weg“ <strong>in</strong> der Regel leichter als der Sprung von e<strong>in</strong>er Mittelposition<br />
zur Spitze bzw. zur „reifen Organisation“. Deshalb kann die mittlere Reifestufe „auf<br />
dem Weg“ <strong>für</strong> Unternehmen, die <strong>in</strong> ihren Innovationsanstrengungen nachlassen, schnell zum<br />
Scheideweg werden und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Abwärtsspirale münden.<br />
E<strong>in</strong>e differenzierte Betrachtung<br />
Im nächsten Schritt sollen die e<strong>in</strong>zelnen Konzepte mite<strong>in</strong>ander bzgl. des erreichten Grades der<br />
Excellence über alle Unternehmen verglichen werden. Dazu wurden sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rangreihe<br />
gebracht. Rang 1 bedeutet, dass die 15 Unternehmen <strong>in</strong> diesem Konzept im Durchschnitt die<br />
höchste Reifestufe erreicht haben, Rang 2 e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere etc. Wie die Abb. 14 oben aufwies,<br />
ließen sich die Konzepte zwar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Rangordnung br<strong>in</strong>gen, sie wiesen jedoch bis<br />
e<strong>in</strong>schließlich dem Konzept auf Rang 5 nur ger<strong>in</strong>gfügige Unterschiede auf. Erst <strong>für</strong> die<br />
folgenden vier Konzepte ist die Reife von den meisten Unternehmen deutlich niedriger<br />
bewertet worden.<br />
Den vergleichsweise höchsten Grad der Reife erreichte die Mehrzahl der 15 <strong>KMU</strong> <strong>in</strong> den<br />
Konzepten Kundenorientierung, Innovation und Wissensaustausch, Verbesserung und<br />
kont<strong>in</strong>uierliches Lernen, Aufbau von Partnerschaften und Mitarbeiterentwicklung und<br />
Beteiligung. Es ist sicherlich ke<strong>in</strong>e Überraschung, dass die Kundenorientierung <strong>in</strong> der<br />
Rangreihe der Konzepte an oberster Stelle steht. Sie gilt als e<strong>in</strong>e der größten Stärken von<br />
<strong>KMU</strong>. Ähnliches trifft auch <strong>für</strong> Innovation und Wissensaustausch und Verbesserung und<br />
kont<strong>in</strong>uierliches Lernen zu. Erstaunlich ist aber der relativ hohe Reifegrad, den die<br />
Unternehmer dem Thema Aufbau von Partnerschaften gaben. Dies weist daraufh<strong>in</strong>, dass sie<br />
erkannt haben, dass ihre Zukunft weniger im E<strong>in</strong>zelkämpfertum liegt, als vielmehr <strong>in</strong> der<br />
Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen.<br />
Im Unterschied zu den oben diskutierten fünf Konzepten weisen die <strong>in</strong> der Rangreihe folgenden<br />
vier bei der Mehrzahl der Unternehmen e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>geren Reifegrad auf. Während die<br />
Ergebnisorientierung und die Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit <strong>in</strong> ihrer Bewertung<br />
sichtbar aber doch noch relativ ger<strong>in</strong>gfügig abfallen, ist die schlechtere E<strong>in</strong>schätzung bei<br />
Führung und Zielkonsequenzen und Management mit Prozessen und Fakten recht deutlich.<br />
Die e<strong>in</strong>e Hälfte der Unternehmen steckt hier noch <strong>in</strong> den „Anfängen“ und die andere Hälfte<br />
beg<strong>in</strong>nt gerade die ersten Schritte auf der folgenden Stufe der Unternehmensreife (also „auf<br />
dem Weg“ zu se<strong>in</strong>).<br />
Festzuhalten ist, dass <strong>in</strong> den Themenbereichen Führung und Management sowie Management<br />
mit Prozessen und Fakten die größten Defizite <strong>für</strong> die Mehrheit der 15 <strong>KMU</strong> liegen. Es fehlt<br />
an Systematik, Transparenz, Integration und Verankerung.<br />
Abschließend soll darauf h<strong>in</strong>gewiesen werden, dass die primäre Funktion der E<strong>in</strong>schätzung<br />
der Unternehmensreife natürlich nicht <strong>in</strong> den hier dargelegten Tendenzaussagen zur<br />
Kompetenz von <strong>KMU</strong> liegen, sondern vielmehr <strong>in</strong> H<strong>in</strong>weisen zu Stärken und Schwächen des<br />
speziellen e<strong>in</strong>zelnen Unternehmens. So zeigt beispielsweise das Profil des Unternehmens mit<br />
dem Buchstaben „N“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Konzepten exzellente Ausprägungen und <strong>in</strong> anderen starke<br />
E<strong>in</strong>brüche. Der Chart „Die Stufen der Unternehmensreife“ verdeutlicht solche Inkonsistenzen<br />
und gibt H<strong>in</strong>weise auf Entwicklungsbedarfe.<br />
40
7 Schlussfolgerungen<br />
Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich mit Schlussfolgerungen zu den Unternehmenspotenzialen,<br />
Wegen der <strong>Strategiearbeit</strong> und Eigenschaften <strong>KMU</strong>-gerechter Werkzeuge.<br />
Erfahrungen mit der Umsetzung von Maßnahmen werden nur so weit wie nötig gestreift. Sie<br />
s<strong>in</strong>d Thema e<strong>in</strong>er weiteren Broschüre zum Thema Projektmanagement. E<strong>in</strong>en ersten Überblick<br />
wichtiger Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> gibt die Abbildung 15.<br />
Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> – e<strong>in</strong> Überblick<br />
❐ Jedes Unternehmen muss se<strong>in</strong>en eigenen, spezifischen Weg der <strong>Strategiearbeit</strong><br />
f<strong>in</strong>den.<br />
❐ <strong>Strategiearbeit</strong> besitzt viele Formen und Orte im Unternehmen und bedarf e<strong>in</strong>er<br />
passenden Mischung von top-down und bottom-up sowie konzeptgeleiteter und <strong>in</strong><br />
die Umsetzung e<strong>in</strong>gebetteter Varianten.<br />
❐ Kernproblem e<strong>in</strong>er Vielzahl von <strong>KMU</strong> ist die mangelnde Systematik, Transparenz,<br />
Integration und Verankerung überlebenswichtiger Themen im Unternehmen.<br />
❐ Es mangelt an passenden Formen der Institutionalisierung, orientierenden<br />
Standards und unterstützenden Werkzeugen.<br />
❐ Die meist knappen Ressourcen, die ger<strong>in</strong>ge Expertendichte und das Lernen <strong>in</strong> der<br />
Arbeit als zentrale Lernform s<strong>in</strong>d setzende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen der<br />
<strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong>.<br />
❐ <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> ist <strong>in</strong> der Regel „hemdsärmelig“ und eher kurzfristig<br />
orientiert.<br />
• Deshalb gilt es zum e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> möglichst kurzen zeitlichen Abständen die<br />
Richtigkeit der Schlussfolgerungen zu prüfen,<br />
• zum anderen die Fähigkeit zu verbessern, auf veränderte Anforderungen<br />
möglichst schnell zu reagieren.<br />
❐ <strong>KMU</strong>-gerechte Werkzeuge s<strong>in</strong>d:<br />
• pragmatisch orientiert, „hemdsärmelig“ konstruiert, weniger ist oft mehr,<br />
• nicht nur am konkreten Ergebnis, der Sache und dem Prozess orientiert,<br />
sondern auch am Mitlernen, erlebbaren Handlungserfolgen und<br />
Könnenserwerb; sie setzen Impulse.<br />
❐ Ohne unmittelbaren, erkennbaren Nutzen schlafen Maßnahmen vielfach frühzeitig<br />
e<strong>in</strong>.<br />
❐ Ohne feste Vere<strong>in</strong>barungen und konsequente Treiber und Organisatoren scheitert<br />
die Maßnahmenumsetzung zumeist.<br />
❐ Die Schwierigkeit der Vermittlung erarbeiteter Strategien und Unternehmensziele<br />
an die Mitarbeiter wird <strong>in</strong> der Regel unterschätzt - die operative Orientierung der<br />
Mitarbeiter erschwert das Strategielernen.<br />
❐ Die Etablierung e<strong>in</strong>er lernenden Strategie bedarf e<strong>in</strong>es mehrjährigen<br />
Lernprozesses und e<strong>in</strong>es langen Atems.<br />
Abb. 15: Erfahrungen mit der <strong>Strategiearbeit</strong> <strong>in</strong> <strong>KMU</strong><br />
41
7.1 Die Kompetenzen<br />
Wie sich <strong>in</strong> der Arbeit mit den 15 <strong>KMU</strong> zeigte, können sie bei der Realisierung ihrer z.T.<br />
anspruchsvollen Ziele e<strong>in</strong>erseits auf e<strong>in</strong>igen beachtenswerten und <strong>KMU</strong>-typischen Stärken<br />
aufbauen (wie Kundennähe, Flexibilität, schnelle Entscheidungen, große Handlungsspielräume,<br />
persönliche Entfaltungsmöglichkeiten, Mitarbeiterengagement etc.). Sie stehen auf der<br />
anderen Seite aber vor der Herausforderung gravierende H<strong>in</strong>dernisse zu überw<strong>in</strong>den. So gilt<br />
<strong>für</strong> nahezu alle <strong>KMU</strong>, dass sie nach dem Bewertungsmodell der EFQM e<strong>in</strong>en großen<br />
Nachholbedarf <strong>in</strong> allen neun Konzepten der Excellence aufweisen: ihr Kernproblem ist <strong>in</strong> der<br />
mangelnden Systematik, Transparenz, Integration und Verankerung der Themen im Gesamtbetrieb<br />
zu suchen. Aufgrund der Kluft zwischen den meist anspruchsvollen Zielstellungen<br />
(und den dah<strong>in</strong>ter stehenden Marktforderungen und -chancen) und den Fähigkeiten zu ihrer<br />
Umsetzung, ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er generellen Bewertung die Zukunftsfähigkeit der Mehrzahl der<br />
Unternehmen als e<strong>in</strong>geschränkt anzusehen. Alle 15 Unternehmen arbeiten aber hart an e<strong>in</strong>er<br />
Verbesserung der Lage.<br />
In e<strong>in</strong>er differenzierteren Betrachtungsweise zeigen sich aber sehr wohl Unterschiede<br />
zwischen den Konzepten im durchschnittlich erreichten Reifegrad. So ist die Mehrzahl der<br />
Unternehmen bei Themen, die als traditionelle Stärken von <strong>KMU</strong> gelten, wie Kundenorientierung,<br />
Innovation, Verbesserung und Mitarbeiterbezug vergleichsweise stark. Demgegenüber<br />
schälten sich als zentrale Problemstellungen der meisten Unternehmen ihre<br />
Schwächen <strong>in</strong> der Führung und im Prozess- und Informationsmanagement heraus. Wer<br />
herausfordernden Zielen nachstrebt wie Systemhersteller zu werden, alle Leistungen aus e<strong>in</strong>er<br />
Hand zu bieten, neue Märkte zu gew<strong>in</strong>nen und E<strong>in</strong>zigartigkeit zu erreichen, der muss auf der<br />
anderen Seite auch <strong>für</strong> Orientierung, Aktivierung und leistungsfähige Prozesse sorgen – oder,<br />
mit anderen Worten, Effektivität (das Richtige tun) und Effizienz (etwas richtig tun) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Balance halten. Genau an dieser Balance mangelt es den meisten der 15 <strong>KMU</strong>.<br />
7.2 Das Werkzeug<br />
<strong>KMU</strong>-gerechte Werkzeuggestaltung<br />
Die zentrale Forderung nach e<strong>in</strong>em systematisierteren Arbeiten kann auf ke<strong>in</strong>en Fall heißen,<br />
den Expertentaylorismus der Groß<strong>in</strong>dustrie und die dort entwickelten Konzepte und Instrumente<br />
umstandslos auf <strong>KMU</strong> zu übertragen. Denn <strong>KMU</strong> besitzen e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik<br />
(vgl. auch Kap. 2.2 „<strong>KMU</strong> haben e<strong>in</strong>e eigene Handlungslogik“). Es gilt deshalb vorhandene<br />
Werkzeuge und Vorgehensweisen auf diese Bedarfe zuzuschneiden oder neue zu entwickeln.<br />
<strong>KMU</strong>-gerechte Werkzeuge müssen <strong>in</strong>sbesondere das Lernen <strong>in</strong> der Arbeit und die Erfahrungsreflexion<br />
unterstützen, e<strong>in</strong> Mitlernen und e<strong>in</strong>e Instrumentenaneignung erlauben, die<br />
meist knappen Ressourcen berücksichtigen, widersprüchliche Anforderungen mitdenken und<br />
abgleichen (wie z.B. die Widersprüche zwischen Produktion und Vertrieb) und Eigenschaften<br />
wie Flexibilität, schnelle Entscheidungen und Mitarbeiterengagement erhalten und stärken.<br />
42
Der Leitfaden als Verstehens-, Denk- , Dokumentations- und Informationsmittel<br />
Der Leitfaden hilft, das Dickicht undurchsichtiger, überkomplexer sich ständig wandelnder<br />
unternehmens<strong>in</strong>terner und -externer Bed<strong>in</strong>gungen zu durchleuchten, zu sortieren und überschaubar<br />
zu machen. Er spricht die wesentlichen, erfolgsrelevanten <strong>in</strong>ternen und externen<br />
Unternehmensaspekte an und berücksichtigt die Unternehmensherkunft die -gegenwart und<br />
die -zukunft.<br />
Der systematische Wechsel von Analyse und Synthese sowie der Wechsel von punktueller<br />
Vertiefung relevanter Teilaspekte und deren grobgerasterter Zusammenschau <strong>in</strong> wichtigen<br />
(Teil-) Systemen (wie z.B. der <strong>in</strong>ternen Wertschöpfungskette) verschafft sukzessive E<strong>in</strong>blick,<br />
Überblick und neue Erkenntnisse. Für das Verstehen der Erfolgsbed<strong>in</strong>gungen des Unternehmens<br />
ist weiterh<strong>in</strong> das Wechselspiel von analoger, abbildender Fassung <strong>in</strong> Form der farblich<br />
bebilderten Charts des Leitfadens und der begrifflichen Fassung im Dialog von Unternehmensführung<br />
und Berater konstituierend. Es wächst e<strong>in</strong>e anschaulich gestützte Vorstellung<br />
vom System Unternehmen. Die diskussionsbegleitende Visualisierung wichtiger Aussagen<br />
fördert nicht nur das Verstehen, das Denken und den Dialog, sondern ist auch die Grundlage<br />
der Ergebnisdokumentation und Information der beteiligten betrieblichen Akteure.<br />
Die Veranschaulichung von Strategie und Verbesserungsbereichen<br />
Die im Leitfaden dokumentierten Ergebnisse s<strong>in</strong>d die Basis <strong>für</strong> die Ausarbeitung der Unternehmensstrategie<br />
und die Bestimmung von Verbesserungserfordernissen. Der Leitfaden wird<br />
Schritt <strong>für</strong> Schritt durchgearbeitet, strategierelevante Aspekte und Verbesserungsh<strong>in</strong>weise<br />
abgeleitet und mittels Metaplantechnik visualisiert. Mit der Zeit und e<strong>in</strong>igen Optimierungsschleifen<br />
wird der Pool vielfältiger Ergebnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anschaulichen, unternehmens<strong>in</strong>dividuellen<br />
Strategiemuster verdichtet und parallel dazu schälen sich die Verbesserungsschwerpunkte<br />
heraus.<br />
Die orientierenden Vorlagen <strong>für</strong> die Diskussion mit den Mitarbeitern<br />
In Unternehmen ohne e<strong>in</strong>e Tradition geme<strong>in</strong>schaftlicher strategischer Arbeit s<strong>in</strong>d Führungskräfte<br />
<strong>in</strong> der Regel vom Thema Strategie überfordert. E<strong>in</strong>gedenk der meist knappen Ressourcen<br />
von <strong>KMU</strong> wird deswegen zunächst alle<strong>in</strong> mit den wenigen strategiegeübten Akteuren im<br />
Unternehmen (also der Geschäftsführung), als Vorarbeit die Stärken-, Schwächen-Analyse<br />
durchgeführt sowie e<strong>in</strong> Vorschlag zur Unternehmensstrategie und zu Verbesserungsbereichen<br />
ausgearbeitet. Dieser wird <strong>in</strong> Form des Leitfadens und der Metaplanausarbeitungen festgehalten.<br />
Auf der Grundlage dieser gezielt offen gehaltenen Vorlage wird e<strong>in</strong>e Darlegung und<br />
fokussierte Diskussion strategischer Themen auch im größeren Kreis möglich und korrigierende<br />
und ergänzende Vorschläge und H<strong>in</strong>weise können aufgenommen werden.<br />
Der Dialog und das geme<strong>in</strong>same Lernen<br />
Im Unterschied zu den häufig angewandten, expertenzentrierten und allgeme<strong>in</strong> gehaltenen<br />
Befragungsmethoden ist beim Potenzial-Check der Dialog, das gegenseitige Verstehen und<br />
das geme<strong>in</strong>same Lernen zentral. Experten aus verschiedenen betrieblichen Bereichen mit<br />
unterschiedlichen Funktionen erhalten die Gelegenheit ihr divergentes Wissen und ihre vielfach<br />
konträren, Konflikte <strong>in</strong>duzierenden Perspektiven <strong>in</strong> die strategische Diskussion e<strong>in</strong>zu-<br />
43
<strong>in</strong>gen, sich auszutauschen, geme<strong>in</strong>same Standpunkte zu erarbeiten oder zum<strong>in</strong>dest Kompromisse<br />
zu schließen und Maßnahmen zu verabreden.<br />
Der Lernprozess des Beraters<br />
Nicht nur die Beschäftigten der Unternehmen lernten, sondern auch der Berater erwarb <strong>in</strong> der<br />
Kumulation der Handhabungen und der zunehmenden Kontextualisierung der Werkzeuge und<br />
Konzepte e<strong>in</strong> Mehr an Kompetenz und Souveränität. Erst dadurch wurden die vielfältigen<br />
Brüche zwischen der allgeme<strong>in</strong>en Logik von Konzepten und der je spezifischen Handlungslogik<br />
von Unternehmen überbrückbar und die im Rahmen der Potenzialanalyse aufgebaute<br />
Komplexität handhabbar. Die Fähigkeit des Beraters sich auf <strong>in</strong>dividuelle Lösungen e<strong>in</strong>zulassen<br />
ist e<strong>in</strong>e der Kernvoraussetzungen erfolgreicher <strong>Strategiearbeit</strong>.<br />
7.3 Die Verankerung der <strong>Strategiearbeit</strong> im Unternehmen<br />
Jedes Unternehmen ist eigen und dementsprechend <strong>in</strong>dividuell zu behandeln. Deshalb kann es<br />
auch ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Vorgehen der Strategieentwicklung und –umsetzung geben. Vielmehr<br />
ist auf der Grundlage der aktuellen Unternehmenssituation und der Problem- und Zielstellungen<br />
e<strong>in</strong>e je unternehmensspezifische Vorgehensweise zu erarbeiten und im Unternehmen<br />
sukzessive <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegrierten Lern- und Gestaltungsprozess zu verankern. Werkzeuge wie<br />
der Potenzial-Check können diesen Prozess unterstützen. Im folgenden werden verschiedene<br />
Varianten der <strong>Strategiearbeit</strong> und des Strategie- und Werkzeuglernens <strong>in</strong> <strong>KMU</strong> aufgezeigt.<br />
Variante 1: Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong> – „erstmaliger Potenzialcheck“<br />
Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong> me<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e Vorgehensweise, die sich im Kern an den Vorschlägen<br />
des Potenzial-Checks orientiert, <strong>in</strong> ihren konkreten Details aber sehr wohl an die<br />
<strong>in</strong>dividuellen Bedarfe des Unternehmens angepasst werden kann und muss. Deshalb s<strong>in</strong>d sowohl<br />
der Leitfaden als auch die drei Workshops modular aufgebaut So kann der Workshop I<br />
alle<strong>in</strong> oder <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit Workshop II je nach Zielstellung h<strong>in</strong>reichende Anregungen<br />
liefern. Das hier vorgeschlagene Drei-Stufen-Modell und der Leitfaden mit se<strong>in</strong>en fünf<br />
Modulen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle und erprobte Variante, aber eben nur e<strong>in</strong>e Möglichkeit unter<br />
verschiedenen anderen.<br />
In den Workshops werden im Dialog, gestützt durch e<strong>in</strong>e begleitende Visualisierung der<br />
wichtigsten Ergebnisse, Schritt <strong>für</strong> Schritt die allgeme<strong>in</strong>en Konzepte des Potenzial-Checks<br />
durch den Kontext und die Ziele des Unternehmens konkretisiert und auch neu geformt – also<br />
nicht nur die Unternehmensstrategie, sondern auch das Werkzeug weiterentwickelt. Auf diese<br />
Art und Weise entwickelt sich allmählich e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Verständnis, die Beteiligten<br />
lernen mit, der Könnenserwerb wird gefördert und die Eigenständigkeit im Umgang mit<br />
strategischen Fragestellungen nimmt zu.<br />
Variante 2: E<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong><br />
Die strategische Diskussion im Unternehmen besitzt nicht nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Form und e<strong>in</strong>en<br />
e<strong>in</strong>zigen Ort, sondern kann an vielen Stellen im Unternehmen und <strong>in</strong> verschiedenen Formen<br />
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stattf<strong>in</strong>den. Dies zeigen die Beispiele des „problemgebundenen“ und „situations<strong>in</strong>duzierten<br />
Strategiediskurses“ oder der „strategischen Initiative von unten“ auf. Strategisches Denken<br />
und Handeln ist dabei <strong>in</strong> die Umsetzung e<strong>in</strong>gebunden und es werden Chancen <strong>für</strong> e<strong>in</strong> Entstehen<br />
und e<strong>in</strong>e Artikulation strategischer Initiativen eröffnet. Es s<strong>in</strong>d Prozesse der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />
von Strategie <strong>in</strong> die Umsetzung oder anders ausgedrückt, es ist e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gebettete <strong>Strategiearbeit</strong>.<br />
Der Leitfaden erhält dabei e<strong>in</strong>e weitere Funktion: er wird vom Instrument e<strong>in</strong>er<br />
systematischen Analyse und Bewertung der Unternehmenspotenziale zum Werkzeugkasten<br />
<strong>für</strong> ausgewählte strategische Fragestellungen.<br />
Variante 3: Konzeptgeleitete <strong>Strategiearbeit</strong> – „Revision“<br />
Veränderte Unternehmensumwelten fordern über die begrenzten Möglichkeiten e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>gebetteten<br />
<strong>Strategiearbeit</strong> h<strong>in</strong>aus von Zeit zu Zeit e<strong>in</strong>e erneute, systematische Form Standortbestimmung<br />
des Unternehmens. Diese be<strong>in</strong>haltet neben Fragen zu den Potenzialen und zur<br />
Positionierung des Unternehmens nicht zuletzt e<strong>in</strong>e Sichtung der „Baustellen“ und e<strong>in</strong>e Bewertung<br />
des Erfolgs oder Misserfolgs der Umsetzungsaktivitäten. Genau die Erfahrungsreflexion<br />
als die zentrale Lernform von <strong>KMU</strong> wies aber bedenkliche Schwachstellen auf.<br />
Weiterh<strong>in</strong> legten die Firmen ihren Zukunftsüberlegungen <strong>in</strong> der Regel nur e<strong>in</strong>en recht begrenzten<br />
Zeithorizont zugrunde (maximal fünf Jahre, zumeist weniger) und führten darüber<br />
h<strong>in</strong>aus aufgrund ihrer meist knappen Ressourcen zeitlich eng limitierte und damit notwendigerweise<br />
relativ „grobkörnige“ Analysen durch. Deshalb empfiehlt es sich, die Phasen<br />
zwischen den grundsätzlichen Standortbestimmungen möglichst kurz zu halten – denn wer<br />
den Blick beim Gehen nicht weit genug hebt, muss des öfteren stehen bleiben und sich des<br />
Wegs vergewissern. Anders ausgedrückt heißt das, den Zyklus von Zielbestimmung, Planung,<br />
Umsetzung, Ergebniskontrolle und Verbesserung möglichst oft zu durchlaufen - natürlich<br />
immer <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Grad der Umfeldturbulenz und eigenen, evtl. veränderten Zielstellungen<br />
(man kann durch Innovationen und aktive Gestaltung se<strong>in</strong>er Märkte auch selbst<br />
Turbulenzen erzeugen).<br />
Bisher erachteten drei der 15 <strong>KMU</strong> e<strong>in</strong>e umfassende, systematische Bestandsaufnahme und<br />
Revision der Strategie als notwendig. Aufgrund der dargelegten Anforderungen erfolgreicher<br />
<strong>Strategiearbeit</strong>, ist auch den anderen Unternehmen zum passenden Zeitpunkt e<strong>in</strong>e konzeptgeleitete<br />
Art der Strategie-Revision anzuraten. Der Potenzial-Check bietet da<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e „hemdsärmelige“,<br />
auf die Bedürfnisse von <strong>KMU</strong> zugeschnittene Hilfestellung an.<br />
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