Wolf/laif
33Dokfest_Programm_161027_1002_o
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48<br />
GLORIA | DO. 17.11. | 14:30<br />
junges dokfest in Kooperation mit DokfestGeneration<br />
Das letzte halbe Jahr<br />
The Last Six Months<br />
DokfestGeneration<br />
FILMLADEN | DO. 17.11. | 14:30<br />
Havarie<br />
BALI | DO. 17.11. | 16:00<br />
Blindfeld<br />
Blind Frame<br />
49<br />
SCREENING<br />
SCREENING<br />
Das letzte halbe Jahr<br />
The Last Six Months<br />
Die Gegend zwischen Kassel und Fulda wird<br />
mehr oder weniger liebevoll „Hessisch-Sibirien“<br />
genannt. Das Klima dort ist rau, die Busse fahren<br />
selten und die Straßen schlängeln sich vorbei<br />
an Dörfern, die Schrecksbach und Knüll heißen.<br />
Hier wachsen Josh, Laura, Hannah, Philipp,<br />
Tobi und Leonie auf. Sie werden gerade 16 und<br />
fahren Gefühlsachterbahn. Nach den Sommerferien<br />
werden die Schüler/innen die Schule verlassen,<br />
um andernorts ihr Oberstufenglück zu<br />
suchen. DAS LETZTE HALBE JAHR erzählt davon,<br />
was sie in dieser Zeit vor dem Abschluss<br />
erleben, worum sie kämpfen, welche Entscheidungen<br />
sie treffen, sich verlieben und enttäuscht<br />
werden, sich fragen, was sie eigentlich vom Leben<br />
wollen und darauf ihre eigenen Antworten<br />
finden oder manchmal auch ratlos bleiben. Josh<br />
will nach der Schule ins weit entfernte Frankfurt<br />
zu seiner Freundin. Laura ist neu an der<br />
Schule und lebt im Heim, was es nicht leichter<br />
macht, Freunde zu finden. Hannah hilft immer<br />
allen und merkt, dass sie das eigentlich gar nicht<br />
will. Philipp spielt zusammen mit seiner Schwester<br />
Trompete auf Profiniveau und kämpft um<br />
seine Motivation, als sie für ein halbes Jahr nach<br />
Frankreich geht. Tobi will seine Schüchternheit<br />
überwinden und endlich Tabea ansprechen. Leonie<br />
muss realisieren, dass auch beste Freundinnen<br />
nicht automatisch für immer und ewig für<br />
sie da sind. Kurz: das ganz normale Leben, das<br />
ganz normale Chaos.<br />
Die Kölner Filmemacherin Anna Wahle wirft<br />
einen Blick auf Nordhessen und holt Jugendliche<br />
direkt ab, sie verklausuliert nicht und<br />
bleibt mit ihrem Film konkret. In einer vielschichtigen<br />
Collage aus Erinnertem und Erträumten,<br />
Erzähltem und Erlebtem tauchen wir<br />
in die Perspektive der Protagonist/innen ein<br />
und erleben die Konflikte, Gedanken und Gefühle<br />
der befreundeten Charaktere aus verschiedenen<br />
Perspektiven. Der Film hat Elemente<br />
eines Episodenfilms und folgt doch einem gemeinsamen<br />
Fluss. Es werden dokumentarische<br />
Szenen mit Erzählerstimmen, Traumsequenzen,<br />
Chat-Texten, Stills und Animationen gemischt.<br />
DAS LETZTE HALBE JAHR ist echt,<br />
nicht nur weil die Jugendlichen ihr Drehbuch<br />
selbst mitgeschrieben haben, sondern auch, weil<br />
während des Drehs nicht nur dokumentarisch<br />
beobachtet, sondern auch gemeinsam inszeniert<br />
wurde: Die Jugendlichen spielen sich selbst in<br />
Szenen, die sie erlebt oder auch erfunden haben.<br />
Endstanden ist eine spannende Mischung aus<br />
Realität und Fiktion, nah an den Held/innen des<br />
Films.<br />
// In the middle of Germany, there’s a region which locals<br />
call – more or less affectionately – the Siberia of<br />
Hesse. The climate is rough, buses drive seldom, and the<br />
next big city feels a daytrip away and there’s not much<br />
to do or see for adolescents.<br />
This is where Joshua, Laura, Hannah, Philipp, Tobi and<br />
Leonie are growing up. They’ve just turned 16 and ride<br />
the emotional rollercoaster of adolescence. After the<br />
summer holidays they will leave school to try their luck<br />
at further education somewhere else. THE LAST SIX<br />
MONTHS deals with their experiences during the last<br />
months before graduation: what they fight for, which<br />
resolutions they make, how they fall in and out of love.<br />
They wonder what to expect from life; sometimes finding<br />
their own answers and sometimes remaining helpless.<br />
The film mixes real scenes with narratives and dream<br />
sequences. Text messages as captions alternate with<br />
WhatsApp chats. The narrative tone is torn between<br />
self-mockery and self-pity, despair and ecstasy and is<br />
very charming in its authenticity – as the adolescents<br />
are writing their own screenplay.<br />
Deutschland 2016 / 75:00 Min. / deutsch / englische UT<br />
Regie: Anna Wahle<br />
Produzent: Meike Martens<br />
Kamera: Andreas Köhler<br />
Schnitt: Gaby Kull-Neujahr<br />
Musik: Dürbeck & Dohmen<br />
Ton: Bernd Hackmann<br />
Havarie<br />
Am 14.9.2012 um 14:56 Uhr meldet das Kreuzfahrtschiff<br />
„Adventure of the Seas“ der spanischen<br />
Seenotrettung die Sichtung eines havarierten<br />
Schlauchbootes mit 13 Personen an<br />
Bord. Aus einem Youtube-Clip und biografischen<br />
Szenen entsteht eine Choreografie, in der<br />
sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der<br />
Reisenden auf dem Mittelmeer spiegeln.<br />
Die Koordinaten 37°28.6’N und 0°3.8’E markieren<br />
einen Punkt im Mittelmeer – 38 Seemeilen<br />
vor der Hafenstadt Cartagena in Spanien oder<br />
100 Seemeilen von der algerischen Hafenstadt<br />
Oran entfernt – je nach Perspektive der Erzählung.<br />
Von diesem Punkt im Meer aus betrachtet,<br />
besteht die ganze Welt aus Wasser, Himmel und<br />
einem grenzenlosen Horizont. Ein „Meer der<br />
Möglichkeiten“, aufgeladen mit Hoffnungen,<br />
Ängsten und Träumen von Reisenden.<br />
In Sichtweite.<br />
90 Minuten.<br />
Winken.<br />
Warten.<br />
Der Funkverkehr zwischen dem Kreuzfahrtschiff,<br />
der Zentrale im Hafen von Cartagena,<br />
dem Seenotrettungskreuzer „Salvamar Mimosa“<br />
und dem Helikopter „Helimer 211“ strukturiert<br />
den akustischen Raum des Films. Auf der Bildebene<br />
zieht sich der filmische Raum zu einer<br />
einzigen, ungeschnittenen Sequenz zusammen,<br />
die sich über die gesamte Laufzeit des Films<br />
wölbt. Es ist ein kurzer Youtube-Clip, der uns<br />
heute wie die Essenz, die Verdichtung der Situation<br />
auf dem Mittelmeer erscheint. In Einzelbildern<br />
wird das Schlauchboot mit 13 Gestalten an<br />
Bord zur Ikone der täglichen Nachrichtenbilder,<br />
wir sind gezwungen hinzusehen.<br />
Aus Aufnahmen mit Tourist/innen und Offizieren<br />
auf dem Cruise Liner, mit der Besatzung<br />
eines Containerschiffes, mit Harraga, les bruleurs<br />
– „die ihre Pässe verbrennen“, und ihren<br />
Familien werden die biografischen Fluchtlinien<br />
des dokumentarischen Materials in eine filmische<br />
Imagination hinein verlängert.<br />
Es entsteht eine Choreografie, in der sich Vergangenheit,<br />
Gegenwart und Zukunft der Reisenden<br />
spiegeln: Wird ein anderer, ein neuer Möglichkeitsraum<br />
sichtbar, wenn sie sich erneut – im<br />
filmischen Raum – begegnen?<br />
// At 2:56 pm on 14.9.2012 the cruise ship “Adventure<br />
of the Seas” informed the Spanish sea rescue service<br />
that a damaged inflatable boat with 13 people on board<br />
had been sighted. From a fragmented YouTube clip and<br />
biographical scenes, a choreography is created, in which<br />
the travellers’ past, present and futures are reflected<br />
onto the Mediterranean. Can another, a new, possibility<br />
become visible when they meet again – this time<br />
in a cinematic space? HAVARIE is a reanimation of our<br />
mass-media blunted senses – watch and listen.<br />
Deutschland 2016 / 93:00 Min. / französisch, russisch,<br />
arabisch, englisch / deutsche UT<br />
Regie / Schnitt: Philip Scheffner<br />
Produzent: Merle Kröger<br />
Kamera: Terry Diamond, Bernd Meiners<br />
Ton: Pascal Capitolin, Volker Zeigermann<br />
Verstehen wir den Film als Zeigemedium, wird<br />
uns das BLINDFELD in Erstaunen versetzen.<br />
Denn wie zeigt man den Prozess, durch den sich<br />
die Spuren der Geschichte allmählich in die<br />
Landschaft einschreiben? Wie die Eindrücke<br />
von Gewalt, die sich tief in die Psyche hineingearbeitet<br />
haben? Wie das Unerhörte und Unsagbare<br />
der Vernichtungsmaschinerie der Nazis?<br />
Und wie die Umrisse des sozialen und politischen<br />
Kontextes der Herstellung eines Films?<br />
An den Grenzen des Darstellbaren finden die<br />
Filme Strategien, wahrnehmbar zu machen, was<br />
nicht gezeigt werden kann.<br />
//If we understand film as an indexical medium, the<br />
BLIND FRAME will astonish us. For how does one<br />
show the process, by which the traces of history gradually<br />
inscribe themselves into landscape? How does one<br />
show the impressions of violence that have worked their<br />
way deep into the mind? How does one show the outrageous<br />
and unutterable of the Nazi’s extermination<br />
complex? And how does one show the contours of the<br />
social and political contexts of the making of a film? At<br />
the limits of representability, the films find strategies to<br />
make perceivable what cannot be shown.<br />
Wunderschön und ruhig gelegen<br />
In a Beautiful and Quiet Location<br />
Jakub Vrba und Lukas Marxt fahren nach Nordwest-Böhmen.<br />
Jakub Vrba stammt aus dieser<br />
Gegend, Lukas Marxt war noch nie dort. WUN-<br />
DERSCHÖN UND RUHIG GELEGEN setzt sich<br />
mit einem Ort auseinander, der sich in permanentem<br />
Wandel befindet. Ein Ort, an dem sich<br />
historisch bedingte Veränderungen und Grenzverschiebungen<br />
tief in die Landschaft eingeschrieben<br />
haben. Vrba und Marxt behandeln die<br />
Verschränkung von Landschaft und Geschichte<br />
vor Ort. Im Prozess ihrer experimentellen Feldarbeit<br />
beschäftigen sie sich dabei mit den Begriffen<br />
Probe, Versuch und Scheitern. Auf Erkundungsfahrt<br />
durch das geschichtsträchtige Hinterland<br />
versuchen die beiden Künstler, sich<br />
selbst in diese Landschaft einzuschreiben, sei es<br />
auch nur für einen kurzen Moment.<br />
Österreich, Tschechische Republik 2015 / 13:00 Min. /<br />
keine Dialoge<br />
Regie: Jakub Vrba, Lukas Marxt<br />
In the Soldier’s Head<br />
Der Wahn ergießt sich aus einem von Gewalt verheerten<br />
Geist. Eine Vision wächst aus dem Innen<br />
heraus. Wie eine Fata Morgana in der Leere der<br />
Wüste erscheint, ruft das Unbelebte, das zum<br />
Leben erwacht, die Geister herbei. Schwirrende<br />
Maschinen stottern, Getriebe mahlen und Hebel<br />
drehen durch während die unablässig feuernden<br />
Synapsen eines hyperaktiven Geistes ausströmen.<br />
Der Helm wird, wie der Kopf des Soldaten<br />
selbst, zum Schmelztiegel brennender Wahnvorstellungen,<br />
die vom vergewaltigten Erdboden<br />
gespeist werden: Er ist nicht mehr als ein Gefäß<br />
für die wild fließenden Impulse des Hirnwassers.<br />
Rebets Tinten tanzen wortwörtlich auf dem<br />
Blatt und auf der Leinwand. Sie verwandeln sich<br />
in flüssigkeitsberauschte Illusionen, die im<br />
nächsten Moment weggespült werden wie eine<br />
Oase, die vor unseren Augen verschwindet.<br />
Vereinigte Staaten von Amerika, Frankreich 2015 / 04:26 Min. /<br />
keine Dialoge<br />
Regie: Christine Rebet