IM BLICK Winter 2016
Das Neuerscheinungsmagazin des Verlag Österreich - einem der führenden Verlage für juristische Fachinformation in Österreich.
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<strong>IM</strong> INTERVIEW <strong>IM</strong> <strong>BLICK</strong> 15<br />
das größte Manko. Teilweise waren<br />
die Regelungen mit großer Rechtsunsicherheit<br />
belastet und insofern<br />
auch sehr streitanfällig. Wesentliche<br />
Klarstellungen gab es im Bereich der<br />
Vermögensordnung oder zu Geschäftsführung<br />
und Vertretung. Erstmals<br />
geregelt wurden die Gesellschafternachfolge,<br />
also der Eintritt und das<br />
Ausscheiden von Gesellschaftern, sowie<br />
der Gesellschafterwechsel, der Vermögensübergang<br />
bei Gründung einer OG<br />
oder KG und auch das Liquidationsrecht.<br />
Zudem wurden auch allgemein<br />
gültige Prinzipien des Gesellschaftsrechts<br />
erstmals kodifiziert wie etwa<br />
die Interessenwahrungspflichten und<br />
das Gleichbehandlungsgebot oder die<br />
actio pro socio. In § 1175 Abs 4 wurde<br />
festgehalten, dass die Bestimmungen<br />
dieses Hauptstückes auch auf andere<br />
Gesellschaften anzuwenden sind,<br />
soweit für diese keine besonderen<br />
Vorschriften bestehen und die Anwendung<br />
dieser Bestimmungen auch unter<br />
Berücksichtigung der für die jeweilige<br />
Gesellschaft geltenden Grundsätze<br />
angemessen ist. Damit wird das GesbR-<br />
Recht zur subsidiären Rechtsquelle für<br />
alle Gesellschaftsformen, und hier gilt<br />
es nun auszuloten, welche der Prinzipien<br />
und Institutionen tatsächlich soweit<br />
rechtsformübergreifend sind, dass sie<br />
auch bei anderen Gesellschaften Anwendung<br />
finden.<br />
Über die Reform wurde lange<br />
diskutiert, ist das Reformgesetz Ihrer<br />
Meinung nach gelungen? Welche<br />
Punkte standen/stehen vor allem im<br />
Zentrum der Kritik?<br />
Artmann: Das Reformgesetz ist im<br />
Großen und Ganzen gelungen. Insbesondere<br />
wurde die strittige Frage der<br />
Vermögensordnung klar geregelt und<br />
der Verweis auf die Bestimmungen<br />
über das Miteigentum im Hinblick auf<br />
die Verwaltung durch klarere Regelungen<br />
ersetzt. Freilich gibt es manche<br />
Wermutstropfen, zumal die doch sehr<br />
weitgehende Übernahme der Regelungen<br />
des UGB, die auf den Betrieb<br />
eines Unternehmens zugeschnitten<br />
sind, nicht auf alle Erscheinungsformen<br />
passt. Zu denken ist hier etwa an die<br />
Kündigung der Gesellschaft, die zum<br />
Schluss eines Geschäftsjahres erfolgen<br />
muss, den es etwa bei einem Syndikatsvertrag<br />
oder auch einer GesbR im<br />
Familienverband nicht gibt. Ebenso<br />
erscheint die Notwendigkeit der Klage<br />
zur Abberufung eines Geschäftsführers<br />
bei Gesellschaften im Familienverband<br />
unpassend. Dazu kommt, dass diese<br />
Regelungen zwar gesellschaftsvertraglich<br />
abgeändert werden können. In all<br />
jenen Fällen, in denen sich die Gesellschafter<br />
aber der Gründung der GesbR<br />
gar nicht bewusst sind, wie etwa im<br />
Familien- oder Freizeitbereich, hilft das<br />
freilich wenig, weil dann naturgemäß<br />
keine abweichende Regelung getroffen<br />
wurde.<br />
Ist es schon abschätzbar, wie sich<br />
die Reform auf die Praxis auswirken<br />
wird? Man hört, dass Syndikatsverträge<br />
durch die GesbR bedroht sind. Gibt es<br />
dazu schon erste Erfahrungswerte?<br />
Artmann: Für die Praxis bringt die<br />
Reform sicher ein Stück mehr Rechtssicherheit,<br />
auch wenn derzeit mit<br />
Blick auf die relativ großzügigen<br />
Übergangsregelungen eine gewisse<br />
Dualität von altem und neuem Recht<br />
besteht. Die Problematik bei den<br />
Syndikatsverträgen ist bzw war das<br />
weitgehend zwingende Kündigungsrecht,<br />
das den Bedürfnissen der Praxis<br />
entgegengestanden ist. Denn die Verabredung<br />
hinsichtlich der Ausübung<br />
von Stimmrechten, über die Bestellung<br />
von Organmitgliedern, über die<br />
Unternehmensführung und ähnliches<br />
mehr macht wenig Sinn, wenn der<br />
Vertrag jederzeit wieder aufgekündigt<br />
werden kann. Insofern wurde mit dem<br />
Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz<br />
(APRÄG) <strong>2016</strong> auch schon eine<br />
erste „Reparatur“ vorgenommen. Ob<br />
die zur Gänze geglückt ist, darüber<br />
gibt die Kommentierung Auskunft.<br />
Der neue Band behandelt erstmals<br />
eingehend und umfassend das<br />
gesamte Recht der Gesellschaft bürgerlichen<br />
Rechts (GesbR), das durch<br />
das GesbR-RG (BGBl 2014/83) eine<br />
gänzliche Neuregelung erfahren hat.<br />
Der neue Gesetzestext bedarf einer<br />
ausführlichen Analyse und kritischen<br />
Würdigung, um den Besonderheiten<br />
der GesbR Rechnung zu tragen.<br />
Beides wird hier auf hohem wissenschaftlichem<br />
Niveau geleistet.<br />
Neben einem kompakten Überblick<br />
zur bisherigen Rechtslage und einer<br />
Darstellung der Übergangsbestimmung<br />
bietet das Werk der Leserschaft<br />
fundierte Antworten auf alte und<br />
neue Fragen zur GesbR. Deren Bedeutung<br />
erschließt sich ua aus ihrem<br />
vielfältigen Anwendungsbereich, ihrer<br />
Konzeption als echte Auffanggesellschaft<br />
und aus dem gesetzgeberischen<br />
Verständnis des 27. Hauptstücks<br />
als Quelle eines „Allgemeinen Teils<br />
des Gesellschaftsrechts“.<br />
Bearbeiterinnen:<br />
Univ.-Prof. Mag. Dr. Eveline Artmann<br />
Univ.-Ass. Mag. Theresa Haglmüller, MA<br />
Fenyves/Kerschner/Vonkilch(Hrsg)<br />
Großkommentar zum ABGB –<br />
Klang Kommentar<br />
§§ 1175–1216e ABGB, GesbR<br />
Kommentar, 3. Auflage<br />
ca 800 Seiten, gebunden<br />
ISBN 978-3-7046-7387-9<br />
Erscheinungsdatum: 22.12.<strong>2016</strong><br />
im Abo/zur Fortsetzung € 193,80<br />
ohne Fortsetzung ca € 228,–