IM BLICK Winter 2016
Das Neuerscheinungsmagazin des Verlag Österreich - einem der führenden Verlage für juristische Fachinformation in Österreich.
Das Neuerscheinungsmagazin des Verlag Österreich - einem der führenden Verlage für juristische Fachinformation in Österreich.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>IM</strong> INTERVIEW <strong>IM</strong> <strong>BLICK</strong> 7<br />
werden könnte oder welche Ideen es<br />
für Fusionen gibt, einzubringen. Diese<br />
Phase war relativ erfolgreich, wir haben<br />
ein paar hundert Vorschläge von<br />
den Gemeinden erhalten und diese<br />
schließlich in das Leitbild einfließen<br />
lassen. Im Jänner 2012 konnte dieses<br />
dann verabschiedet werden. Dabei<br />
wurde großer Wert darauf gelegt,<br />
dass sofort alle Bürgermeister in den<br />
Kommunikationsweg eingebunden<br />
werden. Dafür haben wir den sogenannten<br />
Bürgermeisterbrief erfunden.<br />
Was ist der Bürgermeisterbrief?<br />
Wlattnig: Das war ein Brief, der, unterschrieben<br />
von den beiden Landeshauptleuten<br />
Voves und Schützenhöfer<br />
am selben Tag einer maßgeblichen<br />
Entscheidung, allen Bürgermeistern<br />
persönlich zugestellt wurde. Er enthielt<br />
authentische Informationen zu aktuellen<br />
Vorhaben der Reform. Während<br />
des gesamten Ablaufs gab es zwölf<br />
solche Briefe, sodass die Bürgermeister<br />
immer sofort wussten, woran sie sind.<br />
Neben den tausenden persönlichen Gesprächen<br />
mit den Bürgermeistern, die<br />
die Landeshauptleute selbst, die Landtagsabgeordneten,<br />
meine Kollegin und<br />
Projektleiterin, Frau Kampus, und ich<br />
geführt haben, waren diese Briefe ein<br />
wesentliches Mittel, um Transparenz<br />
im Reformprozess zu gewährleisten.<br />
Gibt es inzwischen bereits messbare<br />
Ergebnisse?<br />
sofort starten mussten. <strong>2016</strong> können<br />
die Gemeinden nun neu planen und<br />
die Neugestaltung der Infrastruktur<br />
in Angriff nehmen. Erst gegen Ende<br />
der Wahlperiode, also 2020, werden<br />
die Vorteile sichtbarer und messbarer<br />
sein und erst in der nächsten oder<br />
übernächsten Gemeinderatsperiode<br />
wirklich wirksam werden.<br />
Warum war es Ihnen ein besonderes<br />
Anliegen Ihre Erfahrungen in<br />
einem Buch festzuhalten?<br />
Wlattnig: Erstens glauben meine<br />
Mitautoren Manfred Kindermann,<br />
Hans-Jörg Hörmann und ich, dass es<br />
zeithistorisch wichtig war, die Reform<br />
wissenschaftlich zu dokumentieren,<br />
damit auch für spätere Generationen<br />
jederzeit nachlesbar ist, was gemacht<br />
wurde, wie und warum. Zweitens<br />
wollten wir es möglichen Nachahmern<br />
leichter machen, als es für uns der Fall<br />
war. Wenn wir eine Anleitung gehabt<br />
hätten, wäre wahrscheinlich vieles noch<br />
einfacher gewesen. Sollten andere Bundesländer<br />
in Österreich, in Deutschland<br />
oder in der Schweiz einen derartigen<br />
Prozess aufsetzen wollen, dann gibt<br />
ihnen unser Handbuch konkrete Lösungen<br />
für viele Fragestellungen. Zum<br />
Dritten war klar, dass wir – die über die<br />
Primärquellen für dieses Reformwerk<br />
verfügen – dieses auch selbst in der<br />
gesamten Bandbreite als Erste niederschreiben<br />
wollen, bevor sich jemand<br />
von außen damit beschäftigt.<br />
Das Handbuch geht über eine<br />
rein juristische Handlungsanleitung<br />
hinaus…<br />
Wlattnig: Das Buch beinhaltet mehrere<br />
Aspekte: Die politischen Entscheidungsprozesse,<br />
den Widerstand<br />
gegen die Reform, aber natürlich als<br />
Schwerpunkt die vielen rechtlichen Fragen,<br />
die im Zusammenhang mit einer<br />
solchen Reform zu lösen waren. Völlig<br />
neu ist die Thematisierung der Regierungskommissäre<br />
– welche Rechtsstellung<br />
sie haben und was sie in den<br />
aufgelösten Gemeinden tun dürfen.<br />
Dazu gab es in der bisherigen Literatur<br />
nur Fragmente, wir liefern die erste<br />
umfassende Darstellung. Umfassend ist<br />
auch die Aufarbeitung der aktuellen<br />
Judikatur zu Gemeindezusammenlegungen.<br />
Wir nehmen an, dass andere Bundesländer<br />
dem steirischen Modell folgen<br />
werden, das war schon in den 1960er<br />
Jahren der Fall, als die Steiermark<br />
Vorreiter bei Gemeindezusammenlegungen<br />
war. In Tirol war es zB heuer<br />
in etlichen Gemeinden schwierig,<br />
überhaupt Kandidaten für Gemeinderatswahlen<br />
zu bekommen. Ober- und<br />
Niederösterreich haben mit 442 bzw<br />
576 ebenfalls eine hohe Anzahl an<br />
Kleinstgemeinden und damit besteht,<br />
ohne mich aufdrängen zu wollen,<br />
schon aufgrund der Kleinstrukturiertheit<br />
der Gemeindeebenen und der<br />
Finanzschwäche mancher Gemeinden<br />
Handlungsbedarf.<br />
Wlattnig: Die Messbarkeit ist eine<br />
schwierige Frage. Es gab den Wunsch<br />
der „Gemeindeinitiative“, bereits jetzt<br />
eine Studie zur Evaluierung der Ergebnisse<br />
durchzuführen. Wir haben gesagt,<br />
dass das noch viel zu früh ist. Aus<br />
meiner Sicht muss man einen Zeitraum<br />
von mindestens sieben bis zehn Jahren<br />
abwarten, um tatsächlich Auswirkungen<br />
messen und vergleichen zu können.<br />
2015 war ein Übergangsjahr, es<br />
gab Landtags- und Gemeinderatswahlen,<br />
nach denen die neuen Gemeinden<br />
Wlattnig/Kindermann/Hörmann<br />
Steiermärkische Gemeindestrukturreform<br />
2015<br />
Ablauf und rechtliche Umsetzung<br />
der größten Gebietsreform in der<br />
Steiermark seit 1945<br />
Handbuch<br />
305 Seiten, gebunden<br />
ISBN 978-3-7046-7584-2<br />
Erscheinungsdatum: 22.9.<strong>2016</strong><br />
€ 59,–