IM BLICK Winter 2016
Das Neuerscheinungsmagazin des Verlag Österreich - einem der führenden Verlage für juristische Fachinformation in Österreich.
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4 <strong>IM</strong> <strong>BLICK</strong> <strong>IM</strong> INTERVIEW<br />
FOTO: © STEIERMARK.AT / FOTO FISCHER<br />
Buchpräsentation in der Grazer Burg: (vlnr) LH A.D. MAG. MANFRED VOVES mit den Buchautoren DR. HANS-JÖRG<br />
HÖRMANN, DR. MANFRED KINDERMANN und MAG. WOLFGANG WLATTNIG und LH HERRMANN SCHÜTZENHÖFER<br />
Anleitung zur Gemeindestrukturreform<br />
Wolfgang Wlattnig ist Mitarchitekt der größten Gebietsreform in der Steiermark seit 1945. Es war ihm und<br />
seinen Mitautoren wichtig, als erste die Reform zu dokumentieren und für spätere Generationen und mögliche<br />
Nachahmer nachlesbar zu machen. Welchen Herausforderungen – nicht nur juristischer Art – sich<br />
alle Beteiligten stellen mussten, erzählt er im Interview mit Yvonne Sattler und Otto Kammerlander.<br />
Verlag Österreich: Die Gemeindestrukturreform<br />
der Steiermark ist inzwischen<br />
über die Grenzen Österreichs<br />
bekannt. Sie wurden nach Mecklenburg-Vorpommern<br />
eingeladen, um<br />
sich dort die Pläne für eine Gemeindeneuordnung<br />
anzusehen. Wurde das<br />
steirische Modell bereits kopiert?<br />
Wlattnig: Das war in der Tat sehr<br />
spannend, da Mecklenburg-Vorpommern<br />
sich die Steiermark als Vorbild für<br />
eine Gebietsreform hergenommen hat.<br />
Im Unterschied zu unserer Reform wurde<br />
das Konzept dort jedoch auf eine<br />
ausdrückliche Freiwilligkeit gestützt.<br />
Das bedeutet, dass jede Gemeinde für<br />
sich selbst ihre Zukunftsfähigkeit feststellen<br />
muss. Das wäre so, als würde<br />
ich Sie fragen, ob Sie freiwillig mehr<br />
Steuern zahlen wollen. Wenn also eine<br />
Gemeinde nicht fusionieren will, dann<br />
wird sie natürlich sagen, dass sie jedenfalls<br />
zukunftsfähig ist. In der Steiermark<br />
haben wir ein komplett anderes<br />
Konzept verfolgt, auch wenn schlussendlich<br />
80% der betroffenen Gemeinden<br />
freiwillig fusioniert haben. Wenn<br />
man eine Struktur nach bestimmten<br />
Vorstellungen verändern möchte, muss<br />
man letztlich konsequent sein, daher<br />
braucht es auch eine Steuerung von<br />
oben.<br />
Als ich nach Mecklenburg-Vorpommern<br />
eingeladen wurde, um zu seiner<br />
Gemeindereform Stellung zu nehmen,<br />
musste ich dort ehrlich sagen, dass es<br />
mit diesem Konzept – den Erfahrungen<br />
in der Steiermark nach – keinen<br />
Erfolg haben wird. Denn wenn ich als<br />
Gemeinde meine Eigenständigkeit<br />
bewahren will, liegt es in der Natur der<br />
Sache, dass ich niemals freiwillig mit<br />
einer anderen Gemeinde fusionieren<br />
werde. Ich denke, das wurde von den<br />
Abgeordneten durchaus wahrgenommen.<br />
Ob es schließlich zu einer Änderung<br />
ihrer Vorgangsweise führen wird,<br />
bleibt abzuwarten.<br />
Welches Resümee ziehen Sie zwei<br />
Jahre nach der Durchführung der<br />
Steiermärkischen Gemeindestrukturreform?<br />
Wlattnig: Das allgemeine Resümee,<br />
das ich zunächst ziehen kann, ist, dass<br />
es drei Voraussetzungen braucht, um<br />
eine Reform dieses Ausmaßes in Österreich<br />
durchzuführen: Man benötigt<br />
erstens einen geeinten Reformwillen<br />
der Entscheidungsträger, zweitens eine<br />
durchdachte Strategie und drittens